Adbusting

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Überklebtes SPD-Wahlplakat zur Bundestagswahl 2005. Originaltext: „Wir stehen für soziale Gerechtigkeit. Aber wofür stehen die anderen?“. Neuer Text: „Wir stehen für sozialen Abbau. Aber dafür stehen die anderen auch!“

Adbusting (aus den englischen Wörtern ad – Kurzform von advertisement = ‚Werbung‘ und dem Verb to bust – umgangssprachlich = ‚zerschlagen‘)[1] ist eine Aktionsform, bei der Werbung im öffentlichen Raum (Außenwerbung) verfremdet, überklebt oder auf andere Weise umgestaltet wird, um so ihren Sinn umzudrehen oder lächerlich zu machen.[2]

Adbusting ist eine Form der Kommunikationsguerilla und kommt häufig aus der Streetart-Szene. Während der Verfassungsschutz Adbusting dem Linksextremismus zuordnet,[3][4] wird in der taz von Gareth Joswig auf die Kriminalisierung hingewiesen.[5] Heute werden neben parodistischen Kurzvideos gerne Werbesujets und Logos verfremdet, online gestellt oder über Social Media verbreitet.[6] Kritik an Adbusters kommt von Markengegnern, da auch eine verfremdete Präsenz den Marken zusätzliche Aufmerksamkeit bringt.

Bei den Aktionen der Adbusters handelt es sich oft um Kritik an der Konsumgesellschaft, an den Bildwelten der Werbefotografie und an einer von Adbusters kritisierten „visuellen Umweltverschmutzung“. Vor allem wird von ihnen beklagt, dass es kaum noch Lebensbereiche gebe, in denen man sich der Werbung entziehen könne.

Im Englischen hat sich das Kofferwort Subvertising (von subvert und advertising)[7] eingebürgert, das jedoch mehr als Adbusting umfasst.[8] In Frankreich nennen sich derart motivierte Gruppierungen Déboulonneurs (französisch für „Schraubenlöser“, „Bolzenschieber“, „Abschrauber“); sie übermalen etwa in öffentlichen Aktionen Plakatwände mit Parolen und warten, bis die Polizei sie festnimmt. Mit den erhofften folgenden Prozessen versuchen die Déboulonneurs, die Debatte um die von ihnen „Werbeterror“ genannte Wirkung von Reklame in die breite Öffentlichkeit zu tragen.

Adbusting stellt meist Sachbeschädigung, Vandalismus oder Diebstahl im Bereich der Bagatellgrenze dar. Je nach Begehungsweise können strafrechtliche Vorwürfe auch ganz ausgeschlossen sein, wenn nichts beschädigt oder weggenommen wird.[9] Der Verfassungsschutz ordnete in seinem Bericht zum Jahr 2018 polizeikritische Adbustings dem Bereich des „politischen Extremismus“ zu.[10] Seit 2018 gehen auch andere Behörden in Deutschland strenger gegen Adbusting vor.[11] So wurden Fälle von Adbusting im Gemeinsamen Extremismus- und Terrorismusabwehrzentrum behandelt. Eine kleine Anfrage der Partei die Linke nach weiteren Informationen wurde mit einem Verweis auf „schutzbedürftige Geheimhaltungsinteressen“ verweigert.[12] Der Verfassungsschutzbericht 2019[13] erwähnt Adbusting nicht mehr.[14]

  • Andreas Beaugrand, Pierre Smolarski (Hrsg.): Adbusting. Ein designrhetorisches Strategiehandbuch. transcript, Bielefeld 2016, ISBN 978-3-8376-3447-1.
  • Berlin Busters Social Club: Unerhört: Adbusting gegen die Gesamtscheiße. Münster 2020, ISBN 978-3-89771-281-2.
  • Luther Blissett, Sonja Brünzels: Handbuch der Kommunikationsguerilla. Berlin [u. a.] 2001.
  • Naomi Klein: No Logo! Der Kampf der Global Players um Marktmacht. Ein Spiel mit vielen Verlierern und Gewinnern. München 2001.
  • Julia Reinecke: Street-Art. Eine Subkultur zwischen Kunst und Kommerz. Bielefeld 2007.
  • Andreas Völlinger: Im Zeichen des Marktes. Culture Jamming, Kommunikationsguerilla und subkultureller Protest gegen die Logo-Welt der Konsumgesellschaft. Marburg 2010.
Commons: Werbekritik – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
  1. Oxford Advanced Learner’s Dictionary of Current English, Third Edition. Oxford University Press, 1974
  2. Kalle Lasn: Culture Jamming – Die Rückeroberung der Zeichen, Lizenzausgabe für die Büchergilde Gutenberg, (2005) ISBN 3-7632-5602-4
  3. Deutscher Bundestag: Einordnung von Adbusting als linksextremes Gewaltdelikt durch das Bundesamt für Verfassungsschutz. (PDF) In: Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE. Deutscher Bundestag, 29. Januar 2020, abgerufen am 24. Februar 2020.
  4. Verfassungsschutzbericht 2018. 30. September 2019, abgerufen am 24. Februar 2020.
  5. Gareth Joswig: Kriminalisierung von Adbusting: Auf die linke Tour. In: Die Tageszeitung: taz. 24. Februar 2020, ISSN 0931-9085 (taz.de [abgerufen am 24. Februar 2020]).
  6. Roland Alton: Ethify Yourself. Mit neun Werten leben und wirtschaften. Dornbirn 2010.
  7. WERBEPAUSE – the art of subvertising. Ausstellung im Kunstraum Kreuzberg, 18. Juni bis 21. August 2022.
  8. Jasmina Gherairi: Persuasion durch Protest: Protest als Form erfolgsorientierter, strategischer Kommunikation. Springer-Verlag, 2015, ISBN 978-3-658-08618-3, S. 503 ff. (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  9. Vgl. den Fall bei Pia Lorenz: Wohnungsdurchsuchung nach Adbusting - Eine Jurastudentin zieht nach Karlsruhe. In: Legal Tribune Online. 23. Oktober 2020, abgerufen am 23. Oktober 2020.
  10. Bundesministerium des innern, für Bau und Heimat (Hrsg.): Verfassungsschutzbericht 2018. 2018 (bund.de [PDF; 4,1 MB]).
  11. Markus Reuter: Adbusting - Mit Geheimdienst, Polizei und Terrorabwehrzentrum gegen ein paar veränderte Plakate. In: netzpolitik.org. 20. Juni 2020, abgerufen am 25. Juni 2020 (deutsch).
  12. Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Ulla Jelpke, Dr. André Hahn,Gökay Akbulut, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE.– Drucksache 19/18417–. In: Deutscher Bundestag (Hrsg.): Drucksache 19/18932. (bundestag.de [PDF; 277 kB]).
  13. Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat (Hrsg.): Verfassungsschutzbericht 2019. 2019 (verfassungsschutz.de (Memento vom 9. Juli 2020 im Internet Archive) [PDF; 4,0 MB]).
  14. Gareth Joswig: Repression gegen Adbusting: Wilder werben. In: Die Tageszeitung. 9. Juli 2020, ISSN 0931-9085 (taz.de [abgerufen am 10. Juli 2020]).