Westafrikanisches Monsunsystem

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Der westafrikanische Monsun (WAM) ist ein gekoppeltes Atmosphäre-Ozean-Land-System, das die sommerlichen Niederschläge und die Winter-Trockenheit über den Regionen West- und Zentralafrika steuert. Die Prozesse in diesem System zeichnen sich in interagierenden Raum- und Zeitskalen aus.[1] Das Wort Monsun leitet sich aus dem arabischen mausim (موسم) ab und bedeutet ursprünglich „Jahreszeit“. Arabische Kaufleute bezeichneten damit die Zeit des Jahres, während der sie auf ihren Daus über das arabische Meer nach Indien segelten. Die in der Einflusszone des Monsuns liegenden Regionen weisen im Jahresverlauf eine ausgeprägte Trocken- und Regenzeit auf.

Ausgezeichnet wird der westafrikanische Monsun dabei von einem scharfen, räumlich-zeitlich meridionalen Gradienten, d. h. an seiner nördlichen Grenze fallen im Juli/August zwischen 50 und 150 mm Niederschlag, während an seiner südlichen Grenze zwischen 1200 und 1600 mm Niederschlag fallen.[2] Auch die zeitliche Ausdehnung variiert: Regenreich sind im Süden des Einflussgebietes die vier Monate von Juni bis September, im Norden ist es meist nur einer.

Der Regengürtel des westafrikanischen Monsuns dehnt sich zur Zeit seiner stärksten Aktivität von Kap Verde über das Tschadbecken bis zum Fuße des Hochlands von Abessinien aus und ist damit nach dem australisch-indischen Monsun das zweite große Monsunsystem der Erde. Er ist das primäre Wetterphänomen, das die afrikanischen Regionen der zentralen Sahara, des Sahel, des Sudan und der Luvseite der Oberguineaschwelle mit Niederschlägen in den Sommermonaten versorgt.

Die Niederschläge in Westafrika werden durch die Lage der Innertropischen Konvergenzzone (ITCZ) beeinflusst. Sie verschiebt sich halbjährlich und sorgt insbesondere in den Monaten Mai bis Juli für höhere Niederschlagsmengen in Westafrika. In den Wintermonaten liegt die ITCZ in Äquatornähe über dem Golf von Guinea, so dass auf dem Festland Trockenzeit herrscht.

Im Norden des Einflussgebietes des westafrikanischen Monsuns stellen mesoskalige, hochgradig organisierte Böenliniensysteme (Sturmfronten) die wichtigste Quelle für den dort fallenden Regenniederschlag. Als mesoskalige atmosphärische Phänomene über Westafrika werden dabei Wetterphänomene wie Sturmfronten und Gewitterzellen beschrieben, die eine horizontale Erstreckung zwischen 2 und 2.000 Kilometern erreichen können. In der Hauptaktivitätszone des Monsuns entstehen Gewittersysteme, sogenannte MSC (Mesoscale Convective Systems „mesoskalige Konvektionssysteme“). Diese stellen einen Zusammenschluss aus einzelnen Gewitterzellen dar. Sie können eine Fläche von mehr als 100.000 km² einnehmen und erreichen innerhalb der Cloud Cluster Wolkenhöhen von bis zu 18 km. In lokal begrenzten aktiven Kernbereichen fallen dabei bis zu 50 Liter Regen pro Quadratmeter in einer halben Stunde.[3] In Richtung der feuchten Südküste Westafrikas tragen auch andere Typen organisierter und unorganisierter Feuchtkonvektion zum Jahresniederschlag bei.[4]

Einflussfaktoren

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Die Untersuchungen des Westafrikanischen Monsun Multidisziplinäre Analysen Projekts (AMMA) konnten nachweisen, dass der Zustrom von kaltem Wasser in den guineischen Golf eine entscheidende Rolle in diesem System spielt. Ähnlich dem der meteorologischen Bedingungen im Mittelmeer oder im Indischen Ozean gelten die Wassertemperaturen als die Schlüsselfaktoren in der Variabilität, Intensität und dem Rückzug der Monsunniederschläge im Herbst. Der jährliche Zyklus der Temperatur der Meeresoberfläche im Golf von Guinea ist asymmetrisch mit einer raschen Abkühlung im April auf die niedrigsten Wassertemperaturen im August und einer schrittweise Erhöhung der Wassertemperatur bis zum nächsten April. Die dabei entstehende oberflächennahen äquatoriale Kaltwasserzunge entsteht durch das Aufquellen von kaltem Wasser aus Tiefen von etwa 100 Metern und entstammt einem äquatorialen Unterstrom, der von Brasilien bis in den Ostatlantik reicht. Dabei strömen im Mittel 20 Millionen Kubikmeter Wasser pro Sekunde und kühlen die Oberflächentemperatur des Atlantiks auf 20 bis 25 °C.[5]

Weitere ausschlaggebende Faktoren sind die Ausbildung stabiler Hochdrucksysteme über dem Meer und Niederdrucksysteme über dem Kontinent. Die Niederschläge über West- und Zentralafrika werden wesentlich durch das Heranführen von feuchten Luftmassen charakterisiert, die zu einer horizontalen Bewegung der Luft über der marinen Grenzschicht zu den verschiedenen Temperaturanomalien über West- und Zentralafrika führt. Durch die Entwicklung des hohen Luftdrucks auf Meereshöhe, der die Entwicklung des Bodenwindes begünstigt, zu den Tiefdruckanomalien in der sekundären innertropischen Konvergenz. Die Untersuchungen zeigten auch, dass die saisonalen Veränderungen der Sonneneinstrahlung zu einer Nettozunahme der Energiemenge in der Atmosphärensäule führt, die diese jahreszeitlichen Veränderungen steuern. Dieser Energieüberschuss führt zu einem horizontalen Energieexport, durch den die thermische Zirkulation der feuchten Luftmassen zu einer Sammlung und Konvektion der thermisch aufgeladenen Luftfeuchtigkeit im Bereich der Innertropischen Konvergenzzone (ITCZ) führt. Die dabei entstehende Differenz des atmosphärischen Druckes und der Temperatur zwischen den Hoch- und Niederdrucksystemen gilt als entscheidender Faktor für die Intensität und Ausdehnung des Monsuns. Diese Vorgänge modulieren letztendlich im Inland die Ergiebigkeit der Niederschläge des Monsuns.[6]

Eine Studie machte 2017 zudem den (neg.) Einfluss der grönländischen Eisschmelze auf den westafrikanischen Monsun und davon abhängig auf die Sahelzone deutlich.[7]

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Der westafrikanische Monsun ist im Vergleich zu seinen asiatischen Pendants variabler, sowohl in seiner Entstehung wie auch in der Intensität. So konnte zum Beispiel für den indischen Subkontinent kein mehrjähriges Ausbleiben des Monsuns beobachtet werden, während der westafrikanische Monsun in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts über mehrere Jahre extrem schwach ausfiel und zu den großen Hungerkatastrophen im Sahel während der 1970er und 1980er Jahren führte.[8] Diese Entwicklung zu immer trockeneren Klimakonditionen über West- und Zentralafrika führten zur Einrichtung des AMMA-Programms (African Monsoon Multidisciplinary Analysis „Multidisziplinäre Analyse des westafrikanischen Monsuns“), um die Veränderungen besser zu verstehen und die theoretischen Grundlagen zum Verständnis sowie die Möglichkeiten zur Vorhersage der Intensität und Ausdehnung des Monsunsystems zu verbessern.[9] Diese Arbeiten haben eine besondere Bedeutung für die größtenteils vom Regenfeldbau abhängigen Bauern der afrikanischen Landwirtschaft. Hier ist der richtige Zeitpunkt der Aussaat ein wichtiger Faktor, der über eine ertragreiche Ernte entscheidet. Der zeitlichen Vorhersage des Monsunregens kommt somit eine besondere Bedeutung für die Ernährungssicherheit der afrikanischen Bevölkerung zu.[10]

Einzelnachweise

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  1. Serge Janicot, Jean Philippe Lafore, Chris Thorncroft: The West African Monsoon System (Memento des Originals vom 25. März 2012 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.amma-eu.org (englisch) PDF-Dokument 11,6 MB
  2. Linkage of the Boreal Spring Antarctic Oscillation to the West African Summer Monsoon (Memento des Originals vom 13. Oktober 2013 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/nzc.iap.ac.cn (PDF; 1,3 MB) Autoren: Jianqi Sun und Huijun Wang Publikation des Nansen-Zhu International Research Centre (NZC), Institute of Atmospheric Physics, Chinese Academy of Sciences, Beijing und China Meteorological Administration Training Centre, Beijing, China (englisch) PDF-Dokument 1,24 MB
  3. Starkregen in Afrika erforscht Scinexx (deutsch)
  4. A. H. Fink: Das Westafrikanische Monsunsystem (Memento des Originals vom 23. September 2015 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.dwd.de aus PROMET 32. Jahrgang, Heft 3/4, 2006 Thema: Klima und Wetter der Tropen, S. 114–122, Publikation des Deutschen Wetterdienstes (PDF-Dokument) (deutsch)
  5. Kaltes Wasser am Äquator beeinflusst Monsun über Westafrika – Internationales Forschungsprojekt untersucht Ursachen und Mechanismen –, IMF-GEOMAR, 26. November 2007 (deutsch)
  6. Überblick auf den westafrikanischen Monsun auf Amma-International.org (englisch)
  7. Jean-Paul Vanderlinden, Jorge Alvarez-Solas, François Gemenne, Christophe Dumas, Didier Swingedouw: Consequences of rapid ice sheet melting on the Sahelian population vulnerability. In: Proceedings of the National Academy of Sciences. Band 114, Nr. 25, 20. Juni 2017, ISSN 1091-6490, S. 6533–6538, doi:10.1073/pnas.1619358114, PMID 28584113 (pnas.org [abgerufen am 16. Dezember 2018]).
  8. Benjamin Sultan, Serge Janicot, Arona Diedhiou: The West African Monsoon Dynamics. Part I: Documentation of Intraseasonal Variability. In: Journal of Climate. Band 16, Nr. 21, 1. Januar 2003, S. 3389–3406 (englisch, ametsoc.org [PDF; 2,5 MB]).
  9. Geschichte von AMMA (englisch)
  10. Michael Vellinga, Alberto Arribas, Richard Graham: Seasonal forecasts for regional onset of the West African monsoon. In: Climate Dynamics. Band 40, Nr. 11/12, Juni 2003, S. 3047–3070, doi:10.1007/s00382-012-1520-z (englisch).