ʿAbd ar-Rahmān al-Kawākibī

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
(Weitergeleitet von Al-Kawākibī)
Zur Navigation springen Zur Suche springen
al-Kawakibi

ʿAbd ar-Rahmān al-Kawākibī (arabisch عبد الرحمن الكواكبي, DMG ʿAbd ar-Raḥmān al-Kawākibī; geb. 1855[1] in Aleppo; gest. 1902 in Kairo) war ein einflussreicher syrischer islamischer Theologe und Publizist.

Kindheit und Jugend

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Kawakibi verbrachte einige Jahre seiner Kindheit bei einer Tante in Antakya, da seine Mutter früh verstarb. 1865 kehrte er in seine Geburtsstadt zurück. Er lernte an der Madrasat al-Kawakibi, die seine Familie gegründet hatte und die sein Vater leitete.

Kawakibi war Propagator einer arabischen kulturellen Renaissance (Nahda[2]). Der Intellektuelle hatte einen tiefgreifenden Einfluss auf die Entwicklung der arabisch-nationalistischen Bewegungen.[3] Es ist einer der Vertreter der Strömung der Reformtradition (Islah) des Afghanen Dschamal ad-Din al-Afghani (1838–1897) und des Ägypters Muhammad Abduh (1849–1905) und seines Landsmannes Raschid Rida (1865–1935).

Von 1872 bis 1876 arbeitete er als Journalist der zweisprachigen Zeitung Firat, die in Aleppo erschien.

Als Herausgeber zweier Zeitungen, dazu gehörte die Wochenzeitung asch-Schahbāʾ, sprach er sich für den arabischen Nationalismus aus, kritisierte die türkischen Behörden unter dem osmanischen Sultan Abdülhamid II. und befürwortete soziale und religiöse Reformen. Die Zeitung asch-Schahbāʾ wurde nach der 16. Ausgabe verboten. 1879 brachte er eine weitere Wochenzeitung namens al-Iʿtidāl heraus. Diese wurde im Oktober desselben Jahres ebenfalls verboten. Al-Kawakibi wurde später festgenommen und war einige Monate inhaftiert.

Im Exil in Ägypten wurde er in Kairo mit den muslimischen reformistischen Führern Dschamal ad-Din al-Afghani, Muhammad Abduh und Raschid Rida bekannt, die ihn ideologisch beeinflussten. Er nahm an Aktivitäten zur islamischen Reform teil und war publizistisch aktiv. Als Autor predigte er religiöse Reformen und befürwortete eine Wiederbelebung der arabischen Kultur. Für seine Ziele warb er in arabischen Ländern sowie Ostafrika und Südasien.

Kawakibi wurde vom ägyptischen Khediven Abbas Hilmi Pascha mit einer Dotation und der Finanzierung seiner Reisen unterstützt. Seine Tätigkeit unterstrich die politischen Ziele des formal den Osmanen unterstehenden ägyptischen Herrschers nach einer Ausweitung seiner politischen Macht und Delegitimierung des osmanischen Führungsanspruchs.[4]

Er betonte, dass die Araber bei der Schaffung und Verbreitung der islamischen Kultur einen besonderen Beitrag für die Führung der islamischen Welt geleistet hätten und sie somit für ihre zentrale Führung verantwortlich sein sollten: Mekka (in Saudi-Arabien) statt Istanbul (die Hauptstadt des Osmanischen Reiches).

1900 veröffentlichte al-Kawakibi die Schrift Umm al-Qurā („die Mutter der Städte“[5]), worin er zu einem geheimen islamischen Kongress aufrief, der jedes Jahr während des Haddsch in Mekka zusammentreffen sollte. Er rief darin zu einem arabischen Kalifat auf und forderte die Intellektuellen zum Engagement gegen das Osmanische Reich auf.[6]

Seine Schrift über den Despotismus (arabischer Kurzname: Ṭabāʾiʿ al-istibdād) rechnet mit der demütigenden Art und Weise ab, mit der die Osmanen ihre Untertanen behandelten.[7]

In dem syrischen Film A Land for a Stranger unter der Regie von Samir Zikra aus dem Jahr 1998 wurden das Leben al-Kawakibis und sein Kampf für die Reform verfilmt.[8] Zum 100. Todesjahr wurde al-Kawakibi zu Ehren 2008 ein Kolloquium in Aleppo (Ḥalab) veranstaltet.[9]

Zitat (‚Die Natur des Despotismus‘)

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

„In den vergangenen Jahrhunderten hat die Wissenschaft zahlreiche Fakten enthüllt, und diese werden ihren Entdeckern zugeschrieben, die Europäer oder Amerikaner waren. Aber diejenigen, die den Qur’an sorgfältig untersuchen, finden, dass die meisten dieser Fakten explizit oder implizit vor dreizehn Jahrhunderten im Qur’an erwähnt wurden; und diese sollten nicht verborgen bleiben, sondern bei ihrer Entdeckung ein Wunder des Qur’an zeigen und darauf hinweisen, dass es das Wort des Herrn ist, der allein das Verborgene kennt.[10]

Schriften (Auswahl)

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  • Taba'i' al-Istibdad wa-Masari' al-Isti'bad
  • Umm al-Qura (1899)
    • in Deutsch (Auszug): 'Abdarraḥman al-Kawākibi, Wiederbelebung des arabischen Kalifats, in Andreas Meier, Hg.: Der politische Auftrag des Islam. Programme und Kritik zwischen Fundamentalismus und Reformen. Originalstimmen aus der islamischen Welt. Peter Hammer Verlag, Wuppertal 1994, ISBN 3-87294-616-1, S. 94–100 (mit Einl. des Hg.)

Ausgaben & Übersetzungen

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  • Abdulrahman al-Kawakibi: Von Naturen des Despotismus und Fatalitäten der Versklavung. Übersetzt, kommentiert und herausgegeben von Emad Alali. Mit einem Geleitwort von Udo Steinbach. LIT Verlag, Berlin 2021.
  • Abd Al Rahman Al Kawakibi: Du despotisme et autres essais. 2013 (französisch)
  • Abd ar-Rahman al-Kawakibi: Taba'i' al-Istibdad wa Masari' al-Isti'bad. Al-Kamel Verlag. 1. Édition (2006) (arabisch)
  • Ryuichi Funatsu: Al-Kawākibī’s Thesis and its Echoes in the Arab World Today. Harvard Middle Eastern and Islamic Review 7 (2006), 1–40 (PDF (Memento vom 9. Juli 2010 im Internet Archive))
  • Chamieh, Ibtissam: Socio-politique chez ʿAbd arRahmân al-Kawâkibî écrivain et réformateur du XIXe siècle. 1986. Paris 1, Univ., Diss., 1986
  • Antonino Pellitteri: ʿAbd al-Raḥmān al-Kawākibī (1853/54 - 1902): nuovi materiali bio-bibliografici. Roma: Ist. per l’Oriente C. A. Nallino, 1996 [erschienen] 1998
  • Salam Kawakibi: « Un réformateur et la science », Le courant réformiste musulman et sa réception dans les sociétés arabes, Ifpo (Institut français du Proche-Orient), Damas, 2003
  • Sylvia G. Haim: Blunt and al-Kawākibi, in: Oriente Moderno, xxxv (1955), S. 132–143.
  • Tauber, Eliezer: „Three Approaches, One Idea: Religion and State in the Thought of 'Abd al-Rahman al-Kawakibi, Najib 'Azuri and Rashid Rida.“ In British Journal of Middle Eastern Studies 21, S. 190–198 (JSTOR:195472)
  • George Antonius: The Arab Awakening, G P Putnam’s Sons, 1946.
  • George N. Atiyeh: “Humanism and Secularism in the Modern Arab Heritage: The Ideas of al-Kawakibi and Zurayk”, in: George Nicholas Atiyeh, Ibrahim Oweiss (Hrsg.): Arab Civilization: Challenges and Responses: Studies in Honor of Constantine K. Zurayk. 1988, S. 42 ff.
  • Itzchak Weismann: Abd al-Rahman al-Kawakibi: Islamic Reform and Arab Revival. Oxford, Oneworld 2015

Einzelnachweise und Fußnoten

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. Es begegnet auch das Geburtsjahr 1854.
  2. siehe auch Salafismus & Arabischer Nationalismus
  3. William L. Cleveland, Martin Bunton: A history of the modern Middle East. Perseus Books Group, New York 2016, ISBN 978-0-8133-4980-0, S. 120.
  4. Efraim Karsh: Islamic Imperialism - A History, New Haven, 2007, S. 147
  5. Umm al-Qurā ist ein Beiname der Stadt Mekka in Saudi-Arabien
  6. aljazeera.com: Profile: Abd al-Rahman al-Kawakibi
  7. elsevier.nl (Memento vom 9. Januar 2014 im Internet Archive): „In zijn werk De aard van het despotisme veegde hij de vloer aan met de vernederende manieren waarop de Ottomanen hun onderdanen behandelden.“
  8. film.at: A Land for a Stranger
  9. Colloque à l’Occasion du Centenaire de la Disparition du Cheikh ʿAbd-al-Raḥmān al-Kawākibī (Nadwat bi-Munāsabat Murūr 100 ʿĀm ʿala Wafāt ʿAbd-ar-Raḥmān al-Kawākibī)
  10. Übersetzung zitiert nach: islamic-sciences.de: Der Qur’an und die Naturwissenschaften (Institut für Human- und Islamwissenschaften e.V.)