Altstädtisches Rathaus (Elbląg)
Koordinaten: 54° 9′ 31″ N, 19° 23′ 47″ O
Das Altstädtische Rathaus in Elbląg (polnisch Ratusz Staromiejski w Elblągu) ist ein abgegangenes Gebäude und heute ein postmoderner Neubau[1], der auf den Fundamenten des ältesten, gleichnamigen Rathauses von Elbląg (deutsch Elbing) in der Straße Stary Rynek 25 (deutsch Alter Markt 25) errichtet wurde. Das neue multifunktionale Gebäude wurde von 2009 bis 2011 gebaut.[2][3] Das ursprüngliche Altstädtische Rathaus war wie auch der Turm der St. Nikolai-Kirche bei der Feuerbrunst von 1777 zerstört worden.[4][5] Auch das zerstörte Rathaus war im Laufe seiner Geschichte multifunktional genutzt worden, unter anderem als Sitz des Rates und als Gerichtsstätte, später auch als Kaufhaus.[6]
Geschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Das ursprüngliche gotische Gebäude des Alten Rathauses in Elbing wurde im 14. Jahrhundert erbaut.[3] Im 16. Jahrhundert wurden die Fassaden im Renaissancestil umgebaut.[3] Der Lokalchronist und Wappensammler Johann Heinrich Ammelung, auch Amelung (* 27.7.1746 Elbing, † 11.10.1796 Elbing) gab eine gelungene Schilderung von der gewaltigen Feuersbrunst, welche am 26. April 1777 die Nicolaikirche und "das Rathhaus mit ihren vielgerühmten und viel bewunderten Thürmen in Ruinen verwandelte",[7] woraufhin beschlossen wurde, das Rathaus an den heutigen Plac Słowiański zu verlegen.[3]
Da das Rathaus stark zerstört war, wurden die stehengebliebenen Teile abgebrochen und es verschwand ganz aus dem Stadtbild.[6] Die wenigen chronikalischen und archivalischen Nachrichten geben nur ein unvollständiges Bild seiner Baugeschichte. Einige Zeichnungen erlauben eine gewisse Vorstellung von der äußeren Erscheinung des Rathauses und seinem Inneren, vor allem eine Ansichtszeichnung von Amelung mit der Unterschrift „Das Alt- staedtische Rath Hauß auf dem altstaedtischen Marckt ", die in der 1786 abgeschlossenen "Historischen Beschreibung der Stadt Elbing" enthalten war. Vermutlich fertigte Amelung sie vor oder kurz nach dem Brand von 1777 an, da Einzelheiten wie z . B. des Renaissancegiebels, ziemlich genau wiedergegeben sind.[6] Das Rathaus nahm nach einem rekonstruierten Stadtplan die Häuser Alter Markt 42-44 und Fleischerstraße 20 ein.[6] Der älteste Bau mag ein rechteckiges Fachwerkhaus gewesen sein, das in der Richtung des Marktes oder senkrecht zu ihm gestanden haben kann.[6]
Zum Altstädtischen Rathaus gehörten drei Gebäude. Der Turm des Rathauses befand sich nicht auf dem mittleren Gebäude, sondern auf dem Gebäude zur Fleischerstraße hin. An der Seitenmauer zum Markt hin befanden sich drei Privathäuser. Das Gebäude an der Ecke zur Fleischerstraße beherbergte die Stadtwaage. In einer handschriftlichen Aufzeichnung von 1319 wurde erwähnt, dass die Waage unter dem Rathaus für große Lasten nicht mehr geeignet gewesen sei. 1332 erhielt der Rathausturm eine Glocke und 1367 einen neuen, mit Blei bedeckten Turm. Bereits 1383 wurde dieser Turm abgebrochen und durch einen neuen Turm mit einem vergoldeten Knopf, einem Uhrwerk mit Glocke und einer vergoldeten Uhrscheibe ersetzt. Außerdem wurde das Rathaus bis 1385 mit Pfeilern und Verzierungen versehen.[8]
1556 wurde der Giebel des mittleren Gebäudes, in dem sich der Eingang zum Rathaus befand, abgebrochen und mit gotländischen Steinen, die man dafür seit 1550 in Schweden kaufte, neu erbaut. Der Giebel war mit 18 Säulen und mit Gesimsen und Frontons über den Fensteröffnungen sowie mit weiteren Schmuckelementen aus Stein versehen. In den drei untersten Säulenreihen befanden sich zwölf korinthische Säulen, in der vierten Reihe folgten vier weitere Säulen. Zwei Säulen in der obersten Reihe bildeten den Abschluss. Im zweiten Geschoss befand sich über dem Fonton des mittleren Fensters eine Herkulesstatue. Es gab zwei gewölbte Eingänge, sogenannte Lauben. Darüber befand sich längs des Giebels eine Darstellung zur Geschichte des Trojanischen Krieges. In der Laube, die nach der Fleischerstraße lag, wurde öffentlich Gericht gehalten. Hier war auch eine Halterung für den Schandpfahl vorhanden. Außerdem führte diese Laube zum Eingang in den Ratskeller, der sich unter den drei Gebäuden erstreckte und in dem sich ein Weinausschank befand. Der Eingang zum Rathaus befand sich in der Laube zur Schmiedestraße hin. Dort wurde im unteren Geschoss in einer kleinen Kammer ein Geschütz verwahrt.[8]
Außerdem befand sich im Rathaus die sogenannte Accisestube und schließlich ein feuerfestes Gewölbe, in welchem die Dokumente der Stadt und erhaltene Privilegien in Originalen aufbewahrt wurden. Dieses Gewölbe konnte nur gleichzeitig von zwei Bürgermeistern und einem Kämmerer der Stadt geöffnet werden. Im zweiten Stockwerk befand sich ein sehr geräumiger Saal mit Fenstern zum Markt. Dieser Saal hieß Rempther oder Repenther und war mit lebensgroßen Bildnissen der Könige von Polen geschmückt. Der Rempter war nicht beheizbar, sodass er nur im Sommer zu Versammlungen genutzt werden konnte. Im Winter fanden die Zusammenkünfte in einem kleineren Raum im gleichen Stockwerk statt, wo das Wettgericht saß und deshalb auch Wettbüro genannt wurde. An den Rempter schloss sich die Ratsstube an, deren Fenster nach hinten gingen. Neben der Ratsstube befand sich die Kanzlei, in der die Sekretäre und Notare in kleineren Büros tätig waren, sowie das Archiv, in dem sich die Abschriften von wichtigen Urkunden, die Unterlagen des Rathauses und der in Elbing abgehaltenen Landtage sowie eine Bibliothek befanden.[8]
1592 wurde der Turm des Rathauses erneut abgebrochen und ein neuer Turm gebaut, der bis zum Brand 1777 bestand. Er war mit Blei gedeckt und grün angestrichen und hatte eine ähnliche Form wie der grüne Turm der St.-Nikolai-Kirche. Der Turm besaß ebenfalls eine Glocke und eine Schlaguhr. Der Bau des Rathausturms wurde um 1600 vollendet. Das dritte Gebäude, das zum Rathaus gehörte, lag zur Schmiedegasse hin. In den letzten Jahren unter polnischer Regierung war es nicht mehr als Rathaus genutzt und deshalb an einen Privatmann vermietet worden. Es wurde „Altes Rathaus“ genannt. Da aber nach der Ersten polnischen Teilung und der damit verbundenen preußischen Neuaufteilung des Magistrats das bisherige Rathausgebäude zu klein geworden war, wurde dieses dritte Gebäude umgebaut und in das Rathausgebäude einbezogen.[8]
Der Brand war um 10 Uhr am 26. April 1777 im Turm der Nicolaikirche ausgebrochen, als er bei einem Hagelsturm vom Blitz getroffen wurde.[9] Das Feuer ergriff dann den Dachstuhl der Kirche, das Flugfeuer zündete mehrere Häuser an, die aber, wie auch das Kircheninnere, durch Löschen gehalten werden konnten. Nur zwei Häuser im „Katholischen Winkel“ gingen in Flammen auf.[9] Als die Chorgiebel der Kirche einstürzten, erfasste das Feuer den Holzturm des Rathauses, das nebst allen Anbauten niederbrannte.[9] Man vertraute auch dem feuerfesten Gewölbe nicht, sondern öffnete es und begann mit der Bergung der Unterlagen, als sich das Feuer bereits stark ausgebreitet hatte. Dabei ging vieles verloren.[8] Nur der Giebel zum Markt und ein Teil an der Schmiedestraße, der „Altes Rathaus“ genannt wurde, blieben stehen. Nach dem Abbruch der Mauerreste konnten Teile des Rathauskellers erhalten werden, der sich unter einigen Gebäuden auf dem Platz des Rathauses befand.[9][6]
Das heutige Gebäude des Altstädtischen Rathauses wurde von 2009 bis 2011[2][3] im postmodernen Stil nach Plänen von Szczepan Baum, Andrzej Kwieciński und Wanda Grodzka errichtet.[10] Die Form des Gebäudes lehnt sich an die des historischen Rathauses an.[11] Heute hat es jedoch keine administrative Funktion, sondern ist ein multifunktionales Gebäude mit einer Gesamtfläche von 4.700 m², das unter anderem das Kammerorchester Elbląg[12], eine Touristeninformation, ein Modell des alten Elbing, einen Ort für Wechselausstellungen, einen Konferenzraum und Büros beherbergt.[3]
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Eva von Engelberg-Dočkal: Zeitgenössische historisierende Architektur - Die Hybridität mimetischer Praktiken. Uni Heidelberg, S. 118 - 120, abgerufen am 16. Dezember 2024.
- ↑ a b Ratusz Staromiejski w Elblągu. Abgerufen am 10. November 2024 (polnisch).
- ↑ a b c d e f Helena Dutkiewicz: Ratusze w Elblągu. 2. Mai 2016, abgerufen am 10. November 2024 (polnisch).
- ↑ Manfred Neugebauer: Große illustrierte Geschichte von Westpreußen und Danzig. Melchior Verlag, 2008, ISBN 978-3-939791-60-7, S. 148.
- ↑ Christoph Eduard Rhode: Der Elbinger Kreis in topographischer, historischer und statistischer Hinsicht. Verlag und Druck von A W. Kafemann, 1869, S. 99.
- ↑ a b c d e f Karl Hauke, Horst Stobbe: Die Baugeschichte und die Baudenkmäler der Stadt Elbing. W. Kohlhammer, 1964, ISBN 978-3-17-073019-9, S. 197, 206.
- ↑ Max Pollux Toeppen: Die Elbinger Geschichtsschreiber und Geschichtsforscher. Zeitschrift des Westpreussischen Geschichtvereins, 1893, S. 163, abgerufen am 17. Dezember 2024.
- ↑ a b c d e Michael Gottlieb Fuchs: Beschreibung der Stadt Elbing und ihres Gebietes in topographischer, geschichtlicher und statistischer Hinsicht. Band 1, Friedrich Traugott Hartmann, Elbing 1818, S. 164–184 (Elbląska Biblioteka Cyfrowa). Abgerufen am 18. Dezember 2024.
- ↑ a b c d Edward Carstenn: Geschichte der Hansestadt Elbing. Saunier, 1937, S. 421.
- ↑ Z biblioteki "A-m": Wersja retro. Cztery starówki w poszukiwaniu sensu. Abgerufen am 10. November 2024 (polnisch).
- ↑ Odbudowy historycznych ratuszy. Jak to robimy w Polsce? – Rekonstrukcje i Odbudowy. 2. Februar 2024, abgerufen am 10. November 2024 (polnisch).
- ↑ Elbląska Orkiestra Kameralna, Adresse. Abgerufen am 18. Dezember 2024.