Anatomisches Institut der Universität Freiburg
Das Anatomische Institut der Universität Freiburg ist ein geschichtsträchtiges universitäres Institut der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg im Breisgau, dessen Bedeutung in der Zeit des deutschen Kolonialismus und insbesondere des Nationalsozialismus in vielen Bereichen noch unerforscht ist.
Geschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Geschichte der Anatomie in Freiburg im Breisgau geht bis ins 16. Jahrhundert zurück.[3] Das Institutsgebäude wurde 1865–1867 von Friedrich Theodor Fischer in der Albertstraße erbaut.[4]
Der Anatom Alexander Ecker (1816–1887) eröffnete 1867 das erste Anatomische Institut an seinem heutigen Standort in der Albertstraße.[5] Der deutsche Mediziner, Anthropologe, Erbbiologe, Eugeniker und nationalsozialistische Rassenhygieniker Eugen Fischer[6] (1874–1967) war zwischen 1918 und 1927 Ordinarius und Direktor des Anatomischen Instituts, von 1927 bis 1942 hatte er dann den Lehrstuhl für Anthropologie an der Friedrich-Wilhelms-Universität Berlin inne,[7] er war auch Direktor des Kaiser-Wilhelm-Instituts für Anthropologie, menschliche Erblehre und Eugenik in Berlin.[8]
Das Originalgebäude des Anatomischen Instituts wurde im Ersten Weltkrieg zerstört, der Wiederaufbau wurde 1944 im Zweiten Weltkrieg bombardiert.[9]
Da eine Sanierung der Bestandsgebäude nicht möglich war, wurde der Neubau des Instituts für Anatomie und Zellbiologie in der Elsässer Straße im Stadtteil Mooswald beschlossen.[10][11] Die Bauarbeiten begannen im Dezember 2021 und sollen bis 2024 fertiggestellt werden.[12]
Die Autorin Sabine Hildebrandt stellt fest, dass die Geschichte im Nationalsozialismus und die Auswirkungen der NS-Politik auf das Anatomische Institut der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg bisher nicht umfassend dargestellt wurden, ähnlich wie bei anderen deutschen Anatomien. Zu den traditionellen Quellen der Leichenbeschaffung gehörte eine wachsende Zahl von NS-Opfern.[13]
Bereits zuvor war Freiburg eng mit dem Kolonialismus (und seinem Menschenbild) verflochten.[14][15]
Persönlichkeiten
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Alexander Ecker (1816–1887), Anatom und Anthropologe
- Paul Ehrlich (1854–1915), Mediziner und Forscher
- Eugen Fischer (1874–1967), Mediziner, Anthropologe, Erbbiologe, Eugeniker und nationalsozialistischer Rassenhygieniker
- Michael Frotscher (1947–2017), Neuroanatom und Neurowissenschaftler
- Paul Langerhans (1847–1888), Pathologe
- Wilhelm von Möllendorff (1887–1944), Anatom
- Johann Schaeuble (1904–1968), Anthropologe, Erbbiologe und Hochschullehrer
- Max Schottelius (1849–1919), Mediziner und Hochschullehrer
Anbindung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Bestandsgebäude in der Albertstraße sind von den Haltestellen Tennenbacher Straße und Europaplatz der Straßenbahnlinie 4 sowie der Haltestelle Fahnenbergplatz der Linie 5 fußläufig erreichbar. Für den Radverkehr führt die Radvorrangroute FR 6 am Institut vorbei. Gegenüber befindet sich eine Station des Fahrradverleihsystems Frelo.
Siehe auch
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Alexander-Ecker-Sammlung (Anthropologische Schädelsammlung Freiburg)[16]
- Linden-Museum Stuttgart
- Berliner „Rasseschädel“-Sammlung
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Sabine Hildebrandt: Insights into the Freiburg Anatomical Institute during National Socialism, 1933–1945. Annals of Anatomy – Anatomischer Anzeiger Volume 205, May 2016, S. 90–102 (Online-Teilansicht)
- Daniel Möller: Die Geschichte der Anthropologischen Sammlung Freiburg. Marburg 2015, Rezension (Online-Teilansicht)
- Werner Neuland (Hrsg.: Ludwig Aschoff): Geschichte des Anatomischen Instituts und des Anatomischen Unterrichts an der Universität Freiburg i. Br. (Geschichte der Medizin in Freiburg i. Br.; Band I). Mit einer Vorbemerkung von Ludwig Aschoff und einem Vorwort von Ernst Th. Nauck. H. F. Schulz, Freiburg 1941 (Publikation aus der NS-Zeit)
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- A short history of Anatomical Institute(s) in Freiburg
- New Anatomy Building
- Ein unheilvolles Kapitel deutscher Geschichte
- Anatomisches Institut in der Albertstraße
- „Wie eine Wunde, die nicht schließt“
Einzelnachweise und Fußnoten
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ vgl. freiburg-postkolonial.de: Fest auf dem Sockel: Der Schädelsammler Alexander Ecker wird in Freiburg noch immer geehrt (Julia Rensing)
- ↑ vgl. respect-freiburg.net: Decolonize: Das Alexander-Ecker-Denkmal und die Uni Freiburg (3. März 2021): "In der Albertstraße vor dem Anatomie-Gebäude befand sich seit 1890 ein Denkmal für Prof. Alexander Ecker (1816-1887). Er wurde damit bis vor wenigen Wochen geehrt, obwohl er sozialdarwinistische Positionen vertrat und sich in Kolonialgebieten menschliche Schädel und Skelette für seine Sammlungen beschaffte und „Rassen“-Kunde betrieb."
- ↑ A short history of Anatomical Institute(s) in Freiburg
- ↑ Freiburg im Breisgau: die Stadt und ihre Bauten. Poppen, Freiburg i. Br. 1898, S. 506 u. Bild S. 504 (Die Fertigstellung erfolgte am 11. November 1867).
- ↑ A short history of Anatomical Institute(s) in Freiburg
- ↑ Der Mitverfasser eines „Standardwerkes“ zur menschlichen Erblichkeitslehre und Rassenhygiene der NS-Zeit (Erwin Baur, Eugen Fischer und Fritz Lenz).
- ↑ Helmut Heiber: Der Generalplan Ost. In: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte. Dokumentation 6, 1958, Heft 3, S. 294.
- ↑ Prof. Dr. Eugen Fischer (1874 - 1967)
- ↑ The History of the Institute of Anatomy und Anatomisches Institut in der Albertstraße
- ↑ Das neue Uni-Institut für Anatomie und Zellbiologie wird in Freiburg-Mooswald gebaut. In: Badische Zeitung. 3. Mai 2021, abgerufen am 29. Januar 2024.
- ↑ A short history of Anatomical Institute(s) in Freiburg
- ↑ Für die Anatomie und die Zellbiologie der Freiburger Uni wurde der Grundstein gelegt. In: Badische Zeitung. 26. Oktober 2022, abgerufen am 30. Januar 2024.
- ↑ Sabine Hildebrandt: Insights into the Freiburg Anatomical Institute during National Socialism, 1933–1945. Annals of Anatomy - Anatomischer Anzeiger, Volume 205, May 2016, S. 90–102 (Online-Teilansicht)
- ↑ vgl. uniklinik-freiburg.de: Die Alexander Ecker Sammlung in Freiburg (Simone Ortolf, Ursula Wittwer-Backofen) - im Webarchiv
- ↑ Freiburgs Bezug zum Kolonialismus (Im Gespräch: Heiko Wegmann, Sozialwissenschaftler aus Freiburg)
- ↑ vgl. deutschlandfunk.de: Koloniale Skelettsammlungen: Leichen im Keller
Koordinaten: 48° 0′ 3,3″ N, 7° 51′ 1,2″ O