Braune Wegschnecke
Braune Wegschnecke | ||||||||||||
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Braune Wegschnecke (Arion fuscus), Tschechien | ||||||||||||
Systematik | ||||||||||||
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Wissenschaftlicher Name | ||||||||||||
Arion fuscus | ||||||||||||
(O. F. Müller, 1774) |
Die Braune Wegschnecke[1][2] (Arion fuscus) ist eine Nacktschneckenart aus der Familie der Wegschnecken (Arionidae), die zur Unterordnung der Landlungenschnecken (Stylommatophora) gestellt wird. Die Art wurde erst vor kurzem wieder neu etabliert. Sie ist äußerlich von der Hellbraunen Wegschnecke (Arion subfuscus) nicht zu unterscheiden (Kryptospezies).
Merkmale
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Das Tier misst ausgestreckt etwa 5 bis 7 cm in der Länge. Die Färbung der Oberseite des Körpers reicht von gelb bis dunkelbraun mit einem gegenüber der Grundfarbe etwas dunklerem Rücken. Deutlich abgesetzt sind zwei dunklere, oft dunkelbraune Längsbinden. Die rechte Längsbinde verläuft mehr oder weniger deutlich unter und über der hell umrandeten Atemöffnung. Der Mantelschild ist bei den meisten Exemplaren etwas heller als der Rücken. Er nimmt etwa ein Drittel der Körperlänge ein. Die Körperoberfläche weist flache, längliche Hautrunzeln auf. Die Sohle ist hellgrau bis weiß, der Rückenschleim ist deutlich orange. Kopf und Fühler sind dunkelgrau gefärbt.
Im Geschlechtsapparat ist die Geschlechtsdrüse (nach Öffnung des Mantels) klein, dunkel und von der Mitteldarmdrüse verdeckt. Der Zwittergang ist dünn, im vorderen Teil verschlungen. Die Albumindrüse ist meist sehr groß und nach vorne in den Magenbereich verschoben. Der Eisamenleiter ist stark verschlungen. Der Samenleiter (Vas deferens) ist vergleichsweise lang und geht ohne deutliche Markierung in den Epiphallus über. Dieser wird allmählich dicker und bildet ein peitschenförmiges Organ, das in das Atrium mündet. Direkt an der Mündung des Epiphallus in das Atrium ist dieser verdickt. Der Eileiter ist dagegen eher kurz und ist im Bereich der Muskelanheftung etwas verdickt. Der Epiphallus und der Leiter zur Samenblase münden nebeneinander in das Atrium. Zwischen der Muskelanheftung und der Mündung ins Atrium erweitert sich der Eileiter. In diesem Abschnitt sind im Inneren des Eileiters zwei Längsleisten ausgebildet, die sog. Ligula. Die kugelige Samenblase ist eher klein mit einem dünnen Samenblasenleiter. Dessen Länge ändert sich im Verlauf der Ontogenie und mit der Füllung der Samenblase durch Sperma. Der Retraktormuskel der Genitalmasse setzt am Eileiter und an der Basis der Samenblase an. Das Atrium ist klein, fassförmig und oft etwas abgeflacht.
Ähnliche Arten
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Braune Wegschnecke und Hellbraune Wegschnecke sind äußerlich nicht zu unterscheiden. Im Geschlechtsapparat der Braunen Wegschnecke ist die Gonade klein, dunkel und von der Mitteldarmdrüse verdeckt; bei der nahe verwandten Art A. subfuscus ist sie deutlich sichtbar am Rand der Mitteldarmdrüse und verhältnismäßig groß und blass. Außerdem gibt es sichere Unterschiede in den Allozymen und in der Mitochondrialen DNA-Sequenz.
Lebensweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Arion fuscus kann sich nicht wie andere Arion-Arten halbkreisförmig zusammenziehen, sondern zieht sich in Längsrichtung zusammen. Die Tiere fressen frisches pflanzliches Material, Früchte und Pilze, gelegentlich wohl auch Aas sowie Kot von Wirbeltieren.
Die Braune Wegschnecke ist mit 10 bis 11 Monaten geschlechtsreif, paart sich und beginnt mit der Eiablage. Im feuchten Erdreich werden 8 bis 12 Gelege mit jeweils 7 bis 53 Eier abgelegt. Die etwas länglichen Eier sind 2,5 bis 4 mm lang und 2 bis 3 mm im Durchmesser. Die Jungtiere schlüpfen nach einer Entwicklungszeit von ca. 25 bis 40 Tagen. Sie werden 12 bis 13 Monate alt.
Geographische Verbreitung, Vorkommen und Lebensweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Art Arion fuscus ist hauptsächlich in Nord-, Mittel- und Osteuropa verbreitet. In Westeuropa (Belgien, Frankreich, Niederlande) ist die Schwesterart A. subfuscus (Hellbraune Wegschnecke) verbreitet. Lediglich in Belgien kommen beide Arten sympatrisch vor. Sie kreuzen sich hier nicht. Das Verbreitungsgebiet beider Arten ist aber im Einzelnen noch ungenügend bekannt.
Die Art kommt in Wäldern, Parks, Gärten und Wiesen von der Tiefebene bis ins Gebirge vor. In den Alpen steigt sie bis 2900 m über Meereshöhe an.[3]
Taxonomie und Nomenklatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Das Taxon Arion fuscus wurde 1774 von Otto Friedrich Müller als Limax fuscus aufgestellt.[4] Das Typmaterial ist verloren, eine Typlokalität wird nicht genannt und der Name wird von manchen Autoren daher auch als unklar bezeichnet. Welter Schultes hält den Namen für ein jüngeres Homonym,[5] gibt jedoch keinen Nachweis an. Das primäre Homonym Limax fuscus Martin, 1789 (heute Bullia martinii) ist jünger.[6]
Arion fuscus Müller, 1774 ist erst in jüngerer Zeit (wieder) von Arion subfuscus abgetrennt worden. Beide Arten lassen sich äußerlich nicht sicher unterscheiden. Daher behandeln viele Autoren die beiden Artnamen aus praktischen Gründen wie Synonyme. Sichere Unterscheidungsmerkmale der Arten sind lediglich in der Genitalmorphologie, bei den Allozymen und in der Mitochondrialen DNA-Sequenz vorhanden.
Der Trivialname „Braune Wegschnecke“ bezog sich bisher auf beide Arten, die vordem mit dem wissenschaftlichen Namen Arion subfuscus (Draparnaud, 1805) bezeichnet wurden. Nach der Auftrennung in zwei Arten transferierten Jungbluth & v. Knorre (2008) den Trivialnamen Braune Wegschnecke auf Arion fuscus und kreierten den neuen Trivialnamen „Hellbraune Wegschnecke“ für Arion subfuscus. Da nun nicht alle Autoren dieser eigenwilligen Umbenennung/Neubenennung gefolgt sind, wird mit dem Trivialnamen Braune Wegschnecke in einigen Arbeiten und Websites Arion fuscus bezeichnet, in anderen ist mit Braune Wegschnecke hingegen Arion subfuscus gemeint.
In der nicht von allen Autoren übernommenen Untergattungsuntergliederung der Gattung Arion wird die Art zur Untergattung Arion (Mesarion) Hesse, 1926 gestellt (zusammen mit Arion subfuscus Draparnaud, 1805, Arion brunneus Lehmann, 1862, Arion simrothi Künkel, 1909 und Arion transsylvanus Simroth, 1885).
Belege
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Klaus Bogon: Landschnecken Biologie, Ökologie, Biotopschutz. 404 S., Natur Verlag, Augsburg 1990, ISBN 3-89440-002-1
- Rosina Fechter und Gerhard Falkner: Weichtiere. 287 S., Mosaik-Verlag, München 1990 (Steinbachs Naturführer 10) ISBN 3-570-03414-3 (S. 142)* Rosina Fechter und Gerhard Falkner: Weichtiere. 287 S., München, Mosaik-Verlag 1990 (Steinbachs Naturführer 10), ISBN 3-570-03414-3
- Michael P. Kerney, R. A. D. Cameron, Jürgen H. Jungbluth: Die Landschnecken Nord- und Mitteleuropas. 384 S., Paul Parey, Hamburg und Berlin 1983, ISBN 3-490-17918-8
- Jan Pinceel, Kurt Jordaens, N. van Houten, A. J. de Winter und Thierry Backeljau: Molecular and morphological data reveal cryptic taxonomic diversity in the terrestrial slug complex Arion subfuscus/fuscus (Mollusca, Pulmonata, Arionidae) in continental north-west Europe. Biological Journal of the Linnean Society, 83(1): 23–38, 2004 doi:10.1111/j.1095-8312.2004.00368.x
- Jan Pinceel, Kurt Jordaens, Markus Pfenninger und Thierry Backeljau: Rangewide phylogeography of a terrestrial slug in Europe: evidence for Alpine refugia and rapid colonization after the Pleistocene glaciations. Molecular Ecology, 14: 1133–1150, 2005 doi:10.1111/j.1365-294X.2005.02479.x
- Jan Pinceel, Kurt Jordaens und Thierry Backeljau: Extreme mtDNA divergences in a terrestrial slug (Gastropoda, Pulmonata, Arionidae): accelerated evolution, allopatric divergence and secondary contact. Journal of Evolutionary Biology, 18(5): 1264–1280, 2005 doi:10.1111/j.1420-9101.2005.00932.x
- Andrzej Wiktor: Die Nacktschnecken Polens Arionidae, Milacidae, Limacidae (Gastropoda, Stylommatophora) Polska Akademia Zakład Zoologii Systematycznej i Doświadczalnej Monografie Fauny Polski, I, 182 S., Kraków 1973
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Jürgen H. Jungbluth, Deutsche Malakozoologische Gesellschaft: Deutsche Namen für einheimische Schnecken und Muscheln (Gastropoda et Bivalvia) (mollbase.de). 294. Arion (Mesarion) fuscus (O.F. Müller 1774) – Braune Wegschnecke (syn.: subfuscus part.). Fassung vom 15. Januar 2002.
- ↑ Jürgen H. Jungbluth und Dietrich von Knorre: Trivialnamen der Land- und Süßwassermollusken Deutschlands (Gastropoda et Bivalvia). Mollusca, 26(1): 105-156, Dresden 2008 ISSN 1864-5127
- ↑ Andrzej Wiktor: Fauna Graeciae. VIII. The slugs of Greece (Arionidae, Milacidae, Limacidae, Agriolimacidae - Gastropoda, Stylommatophora). 240 S., Natural History Museum of Crete & Hellenic Zoologic Society, Iraklio, Kreta, 2001, ISBN 960-367-005-7
- ↑ Otto Friedrich Müller: Vermivm terrestrium et fluviatilium, seu animalium infusoriorum, helminthicorum, et testaceorum, non marinorum, succincta historia. Volumen alterum. S. I-XXXVI, 1-214, Havniæ/Kopenhagen & Lipsiæ/Leipzig, Heineck & Faber 1774 Online bei www.biodiversitylibrary.org (S. 11).
- ↑ Animal Base: Species taxon summary fuscus Müller, 1774 described in Limax
- ↑ Thomas Martyn: The universal conchologist : exhibiting the figure of every known shell accurately drawn and painted after nature. London, Selbstverlag 1789.