Arminio (Salvi)

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Operndaten
Titel: Arminio

Titelblatt des Librettos, Florenz 1703

Form: Opera seria in drei Akten
Originalsprache: Italienisch
Musik: Erste Vertonung von Alessandro Scarlatti
Libretto: Antonio Salvi
Literarische Vorlage: Jean-Galbert de Campistron: Arminius
Uraufführung: 27. September 1703
Ort der Uraufführung: Villa Pratolino, Florenz
Ort und Zeit der Handlung: Ländliche Gegend am Rhein und im Schloss Segestes, um 9 n. Chr.
Personen

Arminio ist ein vielfach vertontes Libretto für eine Opera seria in drei Akten von Antonio Salvi. Der Inhalt basiert auf dem Leben Arminius’, des Fürsten der Cherusker, der den Römern im Jahre 9 n. Chr. in der Varusschlacht mit der Vernichtung von drei Legionen eine ihrer verheerendsten Niederlagen beibrachte. Die erste Vertonung stammt aus dem Jahr 1703 von Alessandro Scarlatti. Die bekannteste Fassung ist Georg Friedrich Händels Arminio.

Die Handlung spielt im rechtsrheinischen Germanien, um das Jahr 9 n. Chr.

Arminio, Führer der Cherusker, stand früher selbst im Dienste der Römer. (Diese hatten 12. v. Chr. die Gebiete bis zur Elbe hin erobert und Cherusker, Brukterer, Sugambrier und andere Völker unterworfen.) Nun hatte er sich gegen die Fremdherrschaft erhoben, wurde aber verraten und gelangt in Gefangenschaft. Zusammen mit seiner Frau Tusnelda jedoch gelingt Arminio die Flucht aus der Gefangenschaft. Die Freiheit währt jedoch nicht lang, denn sein Schwiegervater Segeste, der neidisch auf ihn war, ist zu den Römern übergelaufen. Da er, Segeste, auf eine große Belohnung und Anerkennung hofft, lässt er Arminio und Tusnelda festsetzen und liefert sie an Varo, den Heerführer der Römer, aus.

Varo ist hocherfreut, Arminio, den er nur „Verräter“ nennt, wieder in seiner Gewalt zu haben. Zudem hat er sich in Tusnelda verliebt und macht sich nun, da er ihren Mann in Gefangenschaft weiß, Hoffnungen. Segeste stachelt ihn an, Arminio zum Tode zu verurteilen wegen Verrats, um ihn somit völlig aus dem Verkehr zu ziehen. Gegen diesen Entschluss können weder die Fürsprache Sigismondos (der gern Arminios Schwester Ramise heiraten möchte) noch das Flehen Tusneldas selbst etwas ausrichten. Arminio ist bereit zu sterben und nimmt Abschied von seiner Gemahlin Tusnelda. Am Tag der Hinrichtung lässt Varo im letzten Augenblick (der Henker hatte das Beil schon über seinem Kopf und war dabei es auf Arminios Nacken fallen zu lassen) Gnade walten, weil er fürchtet Tusnelda würde ihm ewig Vorwürfe machen und sie nicht lieben, sondern hassen.

Dennoch kommt Arminio wieder in Gefangenschaft. Dort soll ihn Sigismondo auf seines Vaters Segestes Geheiß töten. Sigismondo jedoch befreit Arminio und flieht zusammen mit ihm und Tusnelda.

Arminio eilt zurück zu seinen Landsleuten, um wieder die Führung des Aufstandes zu übernehmen.

Es kommt zur Schlacht der Cherusker gegen die Römer. Die Römer und Varo werden vernichtend geschlagen. Arminio nimmt seinen Schwiegervater Segeste fest. (Dieser hatte zuvor seine Tochter Tusnelda und seinen Sohn Sigismondo umbringen lassen wollen.) Zudem befreit er Tusnelda und Sigismondo aus der Gefangenschaft. Sigismondo darf Ramise heiraten. Schließlich verzeiht Arminio in seiner Großmut seinem Schwiegervater und entlässt Segeste aus der Gefangenschaft. Alle sind zufrieden und ziehen vereint ins Feld gegen die zum Rachefeldzug anrückenden Römer.

Das Libretto basiert auf der französischen Tragödie Arminius von Jean-Galbert de Campistron aus dem Jahr 1684.[1][2]:295 Die historischen Grundlagen finden sich in den Annalen des Tacitus in den Kapiteln I.54 bis II.21.[3]

In der Fachliteratur werden folgende Vertonungen des Librettos genannt:

Komponist Uraufführung Aufführungsort Anmerkungen
Alessandro Scarlatti 27. September 1703, Villa Pratolino[4][2]:297f[Digitalisat 1][Digitalisat 2] Florenz auch am 19. November 1714 im Teatro San Bartolomeo in Neapel (modifizierter Text mit den zusätzlichen komischen Charakteren Dalisa und Breno, deren Musik nicht von Scarlatti zu stammen scheint);
auch Karneval 1716 im Teatro del Cocomero in Florenz (möglicherweise als Pasticcio);
überarbeitet im Februar 1722 im Teatro Capranica in Rom
Antonio Caldara Karneval 1705, Teatro Sant’Agostino[5][2]:296f[Digitalisat 3] Genua das Libretto wurde um einige Szenen und die Figur der Dalisa erweitert. Tusnelda und Ramise wurden in Rosmonda und Climene umbenannt.
Anonym, Pasticcio 4. Februar 1714, Queen’s Theatre am Haymarket[6][2]:198,293f[Digitalisat 4] London bei Corago fälschlich Salvi zugeordnet; die Rezitative stammen größtenteils aus Francesco Silvanis La pace generosa von 1700; die Arien wurden weitgehend ausgetauscht
Carlo Francesco Pollarolo 20. November 1722, Teatro Sant’Angelo[7][2]:299[Digitalisat 5] Venedig nur wenig Musik ist erhalten; der Charakter des Tullio fehlt
Anonym, wahrscheinlich Pasticcio Sommer 1725, Teatro della Pergola[8][2]:299[Digitalisat 6] Florenz
Anonym, wahrscheinlich Pasticcio 25. Januar 1728, Teatro de’ Nobili detto del Pavone[9][2]:299 Perugia
Johann Adolph Hasse
Arminio (Hasse, 1730)
28. August 1730, Teatro Regio Ducale[10][2]:300[Digitalisat 7] Mailand der Charakter des Tullio fehlt.
Hasse komponierte 1745 eine gleichnamige Oper auf ein Libretto von Giovanni Claudio Pasquini, die er 1753 überarbeitete.
Arminio (Hasse, 1745/1753)
Francesco Rinaldi 1732, Privilegirtes Theatro[11][2]:300f Wien die Charaktere Sigismondo und Tullio fehlen
Gaetano Maria Schiassi Herbst 1733, Teatro Gusco Solerio[12][2]:301[Digitalisat 8] Alessandria ohne den Charakter des Tullio; Struktur und mehrere Arientexte basieren aus der von Hasse vertonten Fassung von 1730
Georg Friedrich Händel
Arminio (Händel)
12. Januar 1737, Covent Garden[13][2]:301f London Rezitative stark gekürzt
Giuseppe Ferdinando Brivio 1739, Teatro Regio Ducale[14][2]:302[Digitalisat 9] Mailand als La Germania trionfante in Arminio;
Musik nicht erhalten;
ohne den Charakter des Tullio, dramatische Struktur wie bei der von Hasse vertonten Fassung von 1730
Anonym, wahrscheinlich Pasticcio 1740, Privilegirtes Theatro[15][2]:303 Wien ohne die Charaktere Sigismondo und Tullio; im Vergleich zur Wiener Fassung von 1732 wurden mehr als die Hälfte der Arien ausgetauscht, während die Rezitative weitgehend beibehalten wurden
Carl Heinrich Graun Augustmesse 1745[2]:303 Braunschweig möglicherweise Pasticcio; einige Arien stammen aus Grauns Lucio Papirio;
das Libretto basiert auf Händels stark gekürzter Fassung von 1737; die Namen der Charaktere wurden eingedeutscht
Paolo Scalabrini 12. Januar 1746, Oper am Gänsemarkt[16][2]:303f[Digitalisat 10] Hamburg als L’Arminio principe de Cauci e de Cherusci;
wahrscheinlich zu Teilen ein Pasticcio;
ohne den Charakter des Tullio; die Rezitative stammen weitgehend aus der Originalfassung; einige Arientexte sind Werken von Metastasio und Apostolo Zeno entnommen
Baldassare Galuppi 4. November 1747, Teatro San Cassiano[17][2]:304[Digitalisat 11] Venedig Auch im Karneval 1754 im Theater am Tummelplatz in Graz;
ohne den Charakter des Tullio, dramatische Struktur wie in der von Hasse vertonten Fassung von 1730;
nur zehn Arien sind erhalten
Giovanni Battista Pescetti 26. Dezember 1748, Teatro della Pergola[18][Digitalisat 12] Florenz ohne Nennung der Autoren
Gioacchino Cocchi 7. Januar 1749, Teatro Argentina[19][2]:331[Digitalisat 13] Rom diese Oper basiert trotz verbreiteter Nennung in der Fachliteratur nicht auf Salvis Libretto
Anonym, wahrscheinlich Pasticcio 1749[2]:304 Florenz einige Quellen nennen Galuppi als Komponisten, jedoch stimmt keine der Arien mit dessen Vertonung von 1747 überein;
ohne den Charakter des Tullio, dramatische Struktur wie in der von Hasse vertonten Fassung von 1730;
einige Arientexte stammen aus Werken Metastasios
Anonym, wahrscheinlich Pasticcio 1754[2]:305 Graz ohne den Charakter des Tullio, dramatische Struktur teilweise wie in der von Hasse vertonten Fassung von 1730;
einige Arientexte stammen aus Werken Metastasios
Anonym, Pasticcio 1. März 1760, King’s Theatre am Haymarket[20][2]:305[Digitalisat 14] London einige Arien stammen von Davide Perez
  • Roger Christian Skarsten: Singing Arminius, Imagining a German Nation. Dissertation der University of Minnesota. Mai 2012 (Online).
  • Rudolf Hüls: Der Arminio des Antonio Salvi: ein barocker Bestseller auf dem Markt für Opernlibretti. In: Lippische Mitteilungen aus Geschichte und Landeskunde. Band 77 / 2008, S. 37–71.
Commons: Arminio (Salvi) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
  1. Alessandro Scarlatti: Arminio. Libretto (italienisch), Florenz 1703. Digitalisat bei Google Books.
  2. Alessandro Scarlatti: Arminio. Libretto (italienisch), Rom 1722. Digitalisat des Münchener Digitalisierungszentrums.
  3. Antonio Caldara: L’Arminio. Libretto (italienisch), Genua 1805. Digitalisat im Museo internazionale e biblioteca della musica di Bologna.
  4. Anonym: Arminio. Libretto (italienisch), London 1714. Digitalisat bei ECCO (Eighteenth Century Collections Online, über deutsche Nationallizenz einsehbar).
  5. Carlo Francesco Pollarolo: L’Arminio. Libretto (italienisch), Venedig 1722. Digitalisat des Münchener Digitalisierungszentrums.
  6. Anonym: Arminio. Libretto (italienisch), Florenz 1725. Digitalisat der Biblioteca Nazionale Centrale di Firenze.
  7. Johann Adolph Hasse: Arminio. Libretto (italienisch), Mailand 1730. Digitalisat der Library of Congress.
  8. Gaetano Maria Schiassi: Arminio. Libretto-Auszug (italienisch), Alessandria 1733. Digitalisat der Harvard University Library.
  9. Giuseppe Ferdinando Brivio: La Germania trionfante in Arminio. Libretto (italienisch), Mailand 1739. Digitalisat im Museo internazionale e biblioteca della musica di Bologna.
  10. Paolo Scalabrini: L’Arminio principe de Cauci e de Cherusci. Libretto (italienisch/deutsch), Hamburg 1746. Digitalisat der Staatsbibliothek zu Berlin.
  11. Baldassare Galuppi: L’Arminio. Libretto (italienisch), Venedig 1747. Digitalisat im Museo internazionale e biblioteca della musica di Bologna.
  12. Giovanni Battista Pescetti: Arminio. Libretto (italienisch), Florenz 1749. Digitalisat bei Google Books.
  13. Gioacchino Cocchi: Arminio. Libretto (italienisch), Rom 1749. Digitalisat im Internet Archive.
  14. Anonym: Arminio. Libretto (italienisch), London 1760. Digitalisat der British Library.

Einzelnachweise

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  1. Reinhard Strohm: Dramma per Musica. Italian Opera Seria of the Eighteenth Century. Yale University Press, 1997, ISBN 0-300-06454-3, S. 167.
  2. a b c d e f g h i j k l m n o p q r s t Roger Christian Skarsten: Singing Arminius, Imagining a German Nation. Dissertation der University of Minnesota. Mai 2012 (Online).
  3. Anthony Hicks: Arminio. In: Grove Music Online (englisch; Abonnement erforderlich).
  4. Arminio (Alessandro Scarlatti) im Corago-Informationssystem der Universität Bologna.
  5. L’Arminio (Antonio Caldara) im Corago-Informationssystem der Universität Bologna.
  6. Arminio (Anonym, Pasticcio) im Corago-Informationssystem der Universität Bologna.
  7. L’Arminio (Carlo Francesco Pollarolo) im Corago-Informationssystem der Universität Bologna.
  8. Arminio (Anonym) im Corago-Informationssystem der Universität Bologna.
  9. Arminio (Anonym) im Corago-Informationssystem der Universität Bologna.
  10. Arminio (Johann Adolph Hasse) im Corago-Informationssystem der Universität Bologna.
  11. Arminio (Anonym) im Corago-Informationssystem der Universität Bologna.
  12. Arminio (Gaetano Maria Schiassi) im Corago-Informationssystem der Universität Bologna.
  13. Arminio (Georg Friedrich Händel) im Corago-Informationssystem der Universität Bologna.
  14. La Germania trionfante in Arminio (Giuseppe Ferdinando Brivio) im Corago-Informationssystem der Universität Bologna.
  15. Arminio (Anonym) im Corago-Informationssystem der Universität Bologna.
  16. Arminio (Paolo Scalabrini) im Corago-Informationssystem der Universität Bologna.
  17. L’Arminio (Baldassare Galuppi) im Corago-Informationssystem der Universität Bologna.
  18. Arminio (Giovanni Battista Pescetti) im Corago-Informationssystem der Universität Bologna.
  19. Arminio (Gioacchino Cocchi) im Corago-Informationssystem der Universität Bologna.
  20. Arminio (Anonym) im Corago-Informationssystem der Universität Bologna.