Avenue Habib Bourguiba (Tunis)

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Blick über die Avenue Habib Bourguiba
Absperrungen vor einem Ministerium in den Monaten nach der Revolution, 2011
Der Uhrenturm, dahinter das brutalistische Hôtel du Lac am Kreisverkehr Place d’Afrique

Die Avenue Habib Bourguiba (arabisch شارع الحبيب بورقيبة, DMG Šāriʿ al-Ḥabīb Bū-Ruqaiba) ist eine der Hauptstraßen der tunesischen Hauptstadt Tunis. Sie ist seit 1956 nach dem ersten Präsidenten Tunesiens benannt und eine der wichtigsten Verkehrsadern der Stadt.[1] In vielen weiteren tunesischen Städten gibt es zentrale Hauptstraßen, die nach Bourguiba benannt sind.[2]

Die römisch-katholische Kathedrale Hl. Vinzenz von Paul und die schwer bewachte französische Botschaft, der Sitz der früheren Kolonialverwaltung, befinden sich hier. Die Straße durchquert zunächst den östlichen Teil der Neustadt. Sie wurde während der Kolonisierung durch Frankreich errichtet und nach dem Kolonialpolitiker Jules Ferry als Avenue Jules-Ferry[3] benannt und liegt zwischen der Medina, die auf der UNESCO-Liste der Weltkulturgüter verzeichnet ist, und dem Bahnhof Tunis Marine am See von Tunis. Ein Zentraltrottoir teilt die Straße durch eine Promenade mit zwei parallel verlaufenden Baumreihen. Unter den Bäumen sind kleine Geschäfte, Bars, Zeitungs- und Blumenhändler zu finden. An den äußeren Seiten der Avenue stehen Kolonialbauten wie das Théâtre municipal de Tunis im Jugendstil und das ehemalige Teatro Rossini[3] mit seiner opulenten Architektur, das heute ein Kino beherbergt. Moderne Geschäftshäuser und Hotels sollen den Fortschritt in der Stadt dokumentieren. Teure Geschäfte und Boutiquen sowie Cafés finden sich hier ebenfalls.[4]

Präsident Zine el-Abidine Ben Ali wollte seinen Vorgänger aus dem Blick rücken, als er das Reiterstandbild Bourguibas von 1973 im Juni 1988 nach La Guolette[5] verlegen ließ. Während der tunesischen Revolution 2011 wurde die Avenue Habib Bourguiba zu einem der Hauptschauplätze der Demonstrationen und Auseinandersetzungen während des Umbruchs.[6][7][8] In der Straße gelegene symbolträchtige Einrichtungen, vor allem das tunesische Innenministerium, wurden immer wieder Ziel von Protesten, bei denen auch zahlreiche Menschen ums Leben kamen. Die Ereignisse spiegelten sich in den Monaten nach der Revolution im Straßenbild wider, unter anderem durch die starke Präsenz von Sicherheitskräften und die Absperrung mehrerer Bereiche mit Stacheldraht, aber auch durch die Verbreitung politischer Graffiti. Außerdem wurde ein zentraler Platz auf der Avenue Habib Bourguiba in der Nähe des Innenministeriums nach dem 14. Januar benannt, dem Tag der Flucht von Langzeitherrscher Zine el-Abidine Ben Ali. Nach 2011[5] kehrte das Reiterstandbild auf die Avenue zurück.

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. Abigail Hole, Michael Grosberg, Daniel Robinson: Tunisia. Lonely Planet, ISBN 978-1-74059-920-7, S. 215.
  2. David Hoffman: Avenue Habib Bourguiba – Tunis, Tunisia. FP Foreign Policy, archiviert vom Original am 11. März 2012; abgerufen am 17. April 2011.
  3. a b Gabriele Montalbano: Les Italiens de Tunisie : La construction d’une communauté entre migrations, colonisations et colonialismes (1896–1918) (= Collection de l’École française de Rome). École française de Rome, Roma 2023, ISBN 978-2-7283-1585-7, S. 123.
  4. Anthony Ham: Lonely Planet Africa. Lonely Planet, 2010, ISBN 978-1-74104-988-6, S. 218 f. (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche [abgerufen am 17. April 2011]).
  5. a b Karima Dirèche, Nessim Znaien, Aurélia Dusserre: Histoire du Maghreb depuis les indépendances: États, sociétés, cultures. Éditions Armand Colin, Malakoff 2023, ISBN 978-2-200-63179-6, S. 110.
  6. Karsten Kammholz: Flüchtlingswelle: Tunesien, Land der Ungeduldigen. In: Hamburger Abendblatt. 14. Februar 2011, abgerufen am 11. September 2024.
  7. E. Kresta, R. Fisseler-Skandrani: Das Ende der Heimlichtuerei. In: Die Tageszeitung. 26. Juni 2011, abgerufen am 11. September 2024.
  8. Reiner Wandler: Revolution und Tourismus. In: Der Standard. 20. Februar 2011, abgerufen am 11. September 2024.