Bahnstrecke Brno–Česká Třebová
Die Bahnstrecke Brno–Česká Třebová ist eine zweigleisige, elektrifizierte Hauptbahn („celostátní dráha“) in Tschechien, die ursprünglich als Teil der k.k. Nördlichen Staatsbahn (Brünn–Bodenbach) erbaut und betrieben wurde. Sie verläuft in Mähren von Brünn (Brno) nach Česká Třebová (Böhmisch Trübau). Die Strecke ist Teil des Paneuropäischen Verkehrskorridors IV und des TEN-Korridors Nr. 22 (Athen−Nürnberg/Dresden).
Geschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Vorgeschichte und Bau
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Der Streckenbau begann 1843 nahe Obřany bei Brünn. Schwierig war die Trassierung im engen und gewundenen Svitavka-Tal zwischen Brünn und Blansko, wo insgesamt elf Tunnel errichtet werden mussten. Der Bau diesen Abschnittes wurde der damit erfahrenen italienischen Firma Felix Tallachini übertragen.[2]
Die ursprüngliche, zunächst eingleisige Strecke wurde am 1. Januar 1849 offiziell eröffnet.[3]
Im Betrieb der österreichisch-ungarischen Staatseisenbahngesellschaft
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die österreichisch-ungarische Staatseisenbahngesellschaft (StEG) wurde 1854 mit französischem Kapital gegründet. Sie übernahm im Januar 1855 vom österreichischen Staat sowohl die Konzessionen für die Nördliche und Südöstliche Staatsbahn als auch für weitere Staatsbahnlinien in Ungarn. Trotz des Widerstandes der KFNB strebte die StEG sowohl eine direkte Verbindung in die Hauptstadt Wien als auch beider Teilnetze untereinander an. Dieses Ziel war 1870 erreicht. Von nun an war die Strecke zwischen Brünn und Böhmisch Trübau Teilstrecke einer durchgehenden Nord-Süd-Verbindung der StEG, die ab 1878 bis zur damaligen ungarisch-rumänischen Grenze bei Orșova reichte.
Im Jahr 1861 erhielt die Strecke einen Morsetelegrafen zur Zugsicherung, ein Jahr später wurde der Schnellzugverkehr aufgenommen. Der zweigleisige Ausbau war 1869 vollendet.
Am 15. Oktober 1909 wurde die StEG verstaatlicht. Die Strecke Brünn–Böhmisch Trübau gehörte fortan zum Netz der k.k. Staatsbahnen kkStB.
In der Ersten Republik
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Nach dem für Österreich-Ungarn verlorenen Ersten Weltkrieg gelangte die Strecke ins Eigentum der neu begründeten Tschechoslowakischen Staatsbahnen (ČSD). Sie war nun Teil der wichtigen innerstaatlichen Fernverbindung zwischen Prag und Bratislava.
Der Fahrplan von 1919 verzeichnete sechs durchgehende Reisezüge, weitere verkehrten auf Teilstrecken. Die kürzeste Fahrzeit über die 91 Kilometer lange Strecke betrug damals im Schnellzug bei vier Zwischenhalten eine Stunde und 44 Minuten.[4]
Zwischen 1936 und 1939 fuhr ein Motortriebwagen als Slovenská strela zwischen Prag und Bratislava.
Nach der Angliederung des Sudetenlandes an Deutschland am 1. Oktober 1938 kam die Strecke zwischen Chrastavec und Česká Třebová in Verwaltung der Deutschen Reichsbahn, Reichsbahndirektion Breslau. Im Reichskursbuch war die Verbindung als Kursbuchstrecke 154t Mährisch Schönberg–Triebitz–Brüsau-Brünnlitz–Mährisch Chrostau[5] enthalten. Zwischen Zwittau und Lundenburg wurden die Wagen verschlossen, so dass man während der Fahrt durchs Protektorat weder zu- noch aussteigen konnte. Einzig in Brünn gab es einen Zwischenhalt. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs am 8. Mai 1945 kam die Strecke wieder zu den ČSD.
Nach dem Zweiten Weltkrieg
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Nach dem Zweiten Weltkrieg erlangte die Strecke schon bald wieder ihre angestammte Bedeutung im internationalen Verkehr. Wichtigste Fernzüge im Fahrplan 1958/59 waren die Züge „Slovenska strela“ (Praha–Bratislava), „Balt-Orient-Express“ (Berlin–Sofia) und „Pannonia-Express“ (Berlin–Sofia). Die Fahrzeit des schnellsten Zuges zwischen Brno und Česká Třebová betrug etwa eine Stunde und 35 Minuten.[6]
Nach Fertigstellung der Neubaustrecke Brno–Havlíčkův Brod im Jahr 1953 und deren Elektrifizierung bis 1966 verlor die Strecke weitgehend ihre überregionale Bedeutung. Der Fahrplan 1975/76 verzeichnete nur noch wenige Fernzüge. So verkehrten zwei Zugpaare in der Relation Liberec–Brno. Einziger internationaler Zug war der Nachtzug „Amicus“ Praha–Budapest mit Kurswagen nach Split. Nahverkehrszüge verkehrten ohne festen Takt etwa stündlich.[7]
Der Streckenausbau im Rahmen des Projektes „Erster Eisenbahnkorridor“
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Am 1. Januar 1993 ging die Strecke im Zuge der Auflösung der Tschechoslowakei an die neu gegründete tschechische Staatsbahnorganisation České dráhy (ČD) über.
In den Jahren 1992 bis 1998 wurde die Strecke im Rahmen des Projektes „Erster Eisenbahnkorridor“ umfassend ausgebaut. Neben der Erneuerung von Gleisen und Anlagen wurde die Strecke durchgängig elektrifiziert. Unweit von Svitavy befindet sich seitdem die Systemtrennstelle zwischen dem 3-kV-Gleichstromsystem im Norden und den 25-kV-Wechselstromsystem im Süden.
Nach der Beendigung der Bauarbeiten kam der überregionale Fernverkehr auf die Strecke zurück. Im Fahrplan 2011 besteht sowohl im Nah- als auch im Fernverkehr ein dichter Taktfahrplan. Eurocity- und Intercityzüge verkehren ohne Zwischenhalt stündlich. Sie benötigen für die 91 Kilometer lange Strecke 63 Minuten, was einer Reisegeschwindigkeit von 87 km/h entspricht. Nahverkehrszüge verkehren stündlich in der Relation Brno–Letovice. Sie sind als Linie S2 ins Nahverkehrssystem des Verkehrsverbunds Südmähren (IDS JMK) integriert. Zweistündlich wird die Relation Letovice–Česká Třebová bedient.[8]
Streckenverlauf
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Brünn Hauptbahnhof wird nordwärts ins Tal der Svitava (Fluss) hinein verlassen. Im Durchbruchstal des Flusses nördlich von Brno durch das Drahaner Bergland besteht eine enge Bündelung mit dem Gewässer, ab Blansko weitet sich das Tal und bis Svitavy wurde ein teils gestreckterer Verlauf angelegt. Hier wird die Talwasserscheide zur Třebovka überfahren und alsbald Česká Třebová erreicht, wo die Strecke aus Olmütz einfädelt.
Fahrzeugeinsatz
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Ab dem Jahr 1966 wurde der Güterverkehr mit den schweren sowjetischen Großdiesellokomotiven der ČSD-Baureihe T 679.1 (ČD 781) abgewickelt. Ihr Einsatz endete am 21. Oktober 1995. Anfang der 1970er Jahre waren auch die beiden Probelokomotiven der Baureihe T 679.2 vor den Güterzügen zu sehen. Im Reisezugverkehr wurden zwischen 1975 und 1999 die vierachsigen Streckendiesellokomotiven der ČSD-Baureihe T 478.3 (ČD 753) verwendet.
Seit der durchgängigen Elektrifizierung der Strecke wird der Betrieb vorrangig mit elektrischen Lokomotiven abgewickelt, die unter beiden Stromsystemen Tschechiens einsatzfähig sind. Ausnahme ist der Nahverkehr zwischen Brünn und Letovice, wo elektrische Triebwagen der ČD-Baureihe 560 zum Einsatz kommen.
Am 20. Oktober 2005 befuhr erstmals ein „Pendolino“ der ČD-Baureihe 680 die Strecke. Seit dem 14. Dezember 2008 werden einige Züge des hochwertigen Fernverkehrs in der Relation Wien-Prag auch von den österreichischen Lokomotiven der ÖBB-Baureihe 1216 befördert. Seit 2010 kommen auch die neuen Lokomotiven der ČD-Baureihe 380 vor einigen Zügen zum Einsatz, ab 2014 der Railjet.
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ČD-Baureihe 560 (2010)
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ZSSK-Baureihe 350 (2010)
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ČD-Baureihe 362 (2010)
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ČD-Baureihe 380 (2010)
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ÖBB-Baureihe 1216 (2010)
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Hermann Strach: Geschichte der Eisenbahnen Oesterreich-Ungarns von den ersten Anfänge bis zum Jahre 1867. In: Österreichischer Eisenbahnbeamten-Verein (Hrsg.): Geschichte der Eisenbahnen der Oesterreichisch-Ungarischen Monarchie. Band 1.1. Karl Prochaska, Wien / Teschen / Leipzig 1898, S. 73–503 (archive.org).
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Zdeněk Hudec u. a.: Atlas drah České republiky 2006–2007, 2. Auflage; Verlag Pavel Malkus, Praha, 2006, ISBN 80-87047-00-1
- ↑ H. Strach: 1898, S. 227, 230
- ↑ H. Strach: 1898, S. 231
- ↑ Fahrplan 1919 der ČSD
- ↑ Reichskursbuch 1944 – gültig vom 3. Juli 1944 bis auf weiteres; Kursbuchstrecke 154t
- ↑ Winterfahrplan 1958/1959 der ČSD
- ↑ Winterfahrplan 1975/1976 der ČSD
- ↑ Fahrplan 2011 der SZDC