Bandera ist unser Vater
Bandera ist unser Vater, die Ukraine ist unsere Mutter (ukrainisch Батько наш Бандера! Україна – мати!) bzw. kurz Batko nasch – Bandera (ukrainisch Батько наш – Бандера, wiss. Transliteration Batʹko naš – Bandera; „Unser Vater – Bandera“) ist ein ukrainisches nationalistisches Rebellenlied. In dem patriotischen Militärlied geht um einen tödlich verwundeten UPA-Kämpfer, der von seiner Mutter betrauert und begraben wird.[1]
Zum Lied
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Melodie stammt von einem alten ukrainischen Volkslied ab. Es ist im Stil eines Kosakenmarsches bzw. -liedes geschrieben, und das Andenken an Stepan Bandera wird darin hochgehalten, der vor allem im Westen der Ukraine von breiteren Bevölkerungsschichten als Nationalheld verehrt wird.[2] Die Worte des Titels des Liedes sind auch seine Anfangsworte:
- Батько наш – Бандера, Україна – мати,
- Ми за Україну пiдем воювати!
- Batko nasch – Bandera, Ukrajina – maty,
- My sa Ukrajinu pidem wojuwaty!
- Bandera ist unser Vater, die Ukraine ist unsere Mutter,
- Wir werden für die Ukraine in den Krieg ziehen!
Es endet mit:
- Слава Україні! Всім героям слава!
- Slawa Ukrajini! Wsim herojam slawa!
- Ruhm der Ukraine! Ruhm für alle Helden!
Es wurde im Jahr 2019 zum ersten Mal von Priestern der Orthodoxen Kirche der Ukraine (OCU) unter der Leitung von Erzpriester Anatolij Sinkewytsch[3] (1953–2019) gesungen.[4]
Das Lied wird in der Ukraine gern von orthodoxen geistlichen Kreisen auf die Bühne gebracht[5], die den Nationalisten Bandera zu einem Gottgesandten stilisieren.[6]
Der ukrainische Sänger Mélovin sang das Lied im Juni 2023 auf einer Straßenfestbühne des Christopher Street Day in München,[7] ohne Absprache mit dem Veranstalter.[8] Der CSD München hat sich in einer offiziellen Stellungnahme von dieser Aufführung distanziert:„Zweifelsfrei steht Stepan Bandera als historische Person, zentrale Führungsfigur einer radikalnationalistischen Organisation und aufgrund seiner Verantwortung für Massenmorde – insbesondere an Jüdinnen*Juden und Pol*innen – den Werten, für die der CSD München steht, maximal entgegen.“[9]
Im November 2022 stufte vor dem Hintergrund des russischen Überfalls auf die Ukraine das Zentralbezirksgericht der belarussischen Stadt Homel das ukrainische Lied als „extremistisch“ ein.[10]
In der russischen Propaganda
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]In dem russischen Propagandavideo „Bis zum letzten Ukrainer“ (russisch До последнего украинца / Do poslednego ukrainza, wiss. Transliteration Do poslednego ukrainca) wird das Lied an einer dramatischen Stelle zur Untergrabung der ukrainischen Moral eingesetzt,[11] zunächst pathetisch von einem Männerchor gesungen, zum Schluss ganz ohne Gesang nur von einer durchschnittlichen Blaskapelle (Militärkapelle) fast wie ein Trauermarsch gespielt.
Als antisemitische Propaganda
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Eine eindeutig montierte Fassung[12] soll den Eindruck erwecken, dieses Lied, das einem Menschen huldigt, dessen erklärtes Ziel es war, die Ukraine im Sinne des Faschismus „von Juden, Polen, Russen, ... zu säubern“[13] und der eine Organisation leitete, die an Pogromen sowie der Ermordung tausender Juden in Lemberg mitwirkte[14], sei heute auch im orthodoxen Judentum beliebt.[15]
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Giovanni Cimbalo: The omitted role of the Churches in the Russian-Ukrainian conflict. Rivista telematica (https://www.statoechiese.it), fascicolo n. 7 del 2022 ISSN 1971-8543(online abrufbar am 16. Mai 2024)
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Klangbeispiele:
- Повстанська пісня у виконанні отця Анатолія Зінкевича / vorgetragen von Pater Anatolij Sinkewytsch u. a.
- weitere: 1, 2 3 (Auswahl)
Einzelnachweise und Fußnoten
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ vgl. radiosvoboda.org: «Батько наш – Бандера» – звучить від Львова до Донеччини. Школярки зі Львова не очікували такої реакції
- ↑ Martin Sander: Bandera-Kult – Die problematische Seite des ukrainischen Nationalismus. (mp3-Aduio; 7,4 MB; 8:05 Minuten) In: Deutschlandradio-Kultur-Sendung „Hintergrund Kultur“. 13. April 2022, abgerufen am 13. April 2022.
- ↑ ukrainisch Анатолій Семенович Зінкевич, wiss. Transliteration Anatolij Semenovyč Zinkevyč
- ↑ tsn.ua: "Батько наш Бандера": хто є автором популярної пісні, яка стала хітом в Тіk-Тоk / „Unser Vater Bandera“: Wer ist der Autor des beliebten Liedes, das auf TikTok ein Hit wurde? - vgl. Повстанська пісня у виконанні отця Анатолія Зінкевича
- ↑ Siehe Klangbeispiele bei youtube.com: (2021) - Seminaristen des Theologischen Seminars in Riwne der Orthodoxen Kirche der Ukraine; (2021) - Priester verschiedener Konfessionen in Iwano-Frankiwsk am Jahrestag des Geburtstages des Führers der OUN am 1. Januar 2021; (2024) - Patres der Diözese Iwano-Frankiwsk der OCU singen am 115. Jahrestag der Geburt "unseres Führers Stepan Bandera".
- ↑ Bandera carried out God's mission on earth in Union of Orthodox Journalists, 3. Januar 2022, archiviert am 4. Januar 2022, abgerufen am 17. Mai 2024
- ↑ youtube.com: LGBTQ - Melovin singt "unser Vater Bandera"
- ↑ CSD München distanziert sich von Faschisten-Hymne beim Straßenfest. In: queer.de. 2. Juli 2023, abgerufen am 16. Mai 2024: „Eine Woche nach dem CSD in München distanzieren sich die Veranstalter*innen von dem Lied "Bandera ist unser Vater", das der queere ukrainische Sänger Mélovin ohne Absprache auf der Bühne sang.“
- ↑ CSD München distanziert sich von Songwahl Mélovins. In: CSD München. 2. Juli 2023, abgerufen am 16. Mai 2024: „Zweifelsfrei steht Stepan Bandera als historische Person, zentrale Führungsfigur einer radikalnationalistischen Organisation und aufgrund seiner Verantwortung für Massenmorde – insbesondere an Jüdinnen*Juden und Pol*innen – den Werten, für die der CSD München steht, maximal entgegen.“
- ↑ currenttime.tv: Суд в Беларуси признал "экстремистской" украинскую песню "Батько наш – Бандера, Україна – мати" / Ein Gericht in Weißrussland stufte das ukrainische Lied „Vater unser – Bandera, Ukraine – Mutter“ als „extremistisch“ ein
- ↑ youtube.com: До последнего украинца / Bis zum letzten Ukrainer (ab ca. 00:35)
- ↑ Spätestens ab etwa 00:18 stimmt der Takt der Bildaufnahme nicht mehr mit dem Rhythmus der Tonaufnahme überein.
- ↑ Grzegorz Rossoliński-Liebe: Verflochtene Geschichten: Stepan Bandera, der ukrainische Nationalismus und der transnationale Faschismus. In: Aus Politik und Zeitgeschichte. 13. Oktober 2017, abgerufen am 17. Mai 2024.
- ↑ Hannes Heer: Blutige Ouverture in Die Zeit vom 21. Juni 2001, archiviert am 10. Oktober 2013, abgerufen am 17. Mai 2024
- ↑ Montage Українське Підпілля 14 жовтня 2021 року. und Original-Bildmaterial מקהלת שירה מבצעת את ׳אם השם לא יבנה בית bei youtube.com.