Benutzer:DerMaxdorfer/CR

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Argentovaria

Das Castrum Rauracense war ein spätantikes römisches Militärlager am westlichen Hochrhein, etwa zwölf Kilometer östlich des heutigen Basel. Die Anlage war Teil des Donau-Iller-Rhein-Limes und entstand vermutlich im letzten Jahrzehnt des 3. Jahrhunderts n. Chr. auf dem Gebiet der Unterstadt der römischen Stadt (Colonia) Augusta Raurica, die in den Jahren um 275 durch germanische Überfälle oder Bürgerkriege und Mitleidenschaft gezogen und weitgehend aufgegeben worden war. Die Anlage des Castrum Rauracense wenige Jahre später war Teil der Grenzsicherungspolitik der Kaiser Diokletian und Maximian. Vermutlich bereits ab der Errichtung des Lagers stellte die Legio I Martia die Besatzung.

Neben den Soldaten fand auch der vor Ort verbliebene Teil der Zivilbevölkerung Augusta Rauricas eine Heimat im Castrum Rauracense. Da das Kastell selbst zu einem erheblichen Teil mit öffentlichen Bauten gefüllt war, ist anzunehmen, dass auch vor den Kastellmauern weiterhin gesiedelt wurde, wofür ebenfalls einige archäologische Belege existieren. Nach einigen friedlichen Jahrzehnten lassen sich für die Jahre um 350 starke Umwälzungen annehmen, während dener das Kastell möglicherweise stark beschädigt wurde und seine Besatzung umgekommen zu sein scheint. Aus dieser Zeit stammt mit dem Silberschatz von Kaiseraugst einer der bedeutendsten Schatzfunde der Spätantike. [Entwicklung im späten 4. und im 5. Jh.] Im Laufe des folgenden Jahrhunderte ging aus der romanisch geprägten Zivilsiedlung innerhalb der Kastellmauern das Fischerdorf Kaiseraugst hervor, in dem Teile der Wehranlagen heute noch obertägig sichtbar sind. Beim Castrum Rauracense handelte es sich um das größte spätrömische Kastell der heutigen Schweiz.

[Berger/Schwarz, Tituli Rauracenses; Mauern gegen Migration S. 11 f.]

  • Eunapios von Sardes, φρουριον (Berger 2000, T16)
  • Ammianus Marcellinus 15,11,11; 16,11,2; 16,11,14; 18,2,16; 20,10,3; 21,8,1; 22,8,44.

[Berger 2012]

  • Strategische Bedeutung aufgrund der Rheinübergänge blieb auch in der Spätantike erhalten (Schwarz 2011, S. 311 Anm. 23 mit weiterer Literatur)

Eine der größten Befestigungen an der römischen Nordgrenze in der Spätantike.[1]

Forschungsgeschichte

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Luftbild von Kaiseraugst aus dem Jahr 1922; die Umrisse des spätantiken Kastells sind am rechteckigen Siedlungskern am Flussufer gut zu erkennen

Die baulichen und infrastrukturellen Reste des Castrum Rauracense prägen bis heute maßgeblich das Erscheinungsort des Dorfes Kaiseraugst.[2] Vor allem im Westen und im Süden sind noch wesentliche Teile der Wehrmauer erhalten, die im Volksmund als „Heidenmauer“ angesprochen wurden. Bis weit ins Mittelalter dienten sie zur Befestigung der Siedlung und sind heute noch auf einer größeren Strecke über 4 Meter hoch erhalten.[3]

  • Mauern gegen Migration, S. 27
  • Berger 2012, S. 319–321.

Da sich auf dem Gebiet des Castrum heute der Ort Kaiseraugst befindet, konnte das Kastell nicht durch systematische, größere Grabungen, sondern nur durch viele kleine, häufig als Notgrabungen durchgeführte archäologische Untersuchungen erforscht werden. Bereits 1990 wurden deutlich mehr als 100 Grabungen gezählt, in denen Befunde des Castrum Rauracense freigelegt wurden.[4]

Das Castrum Rauracense war in einen ungefähr trapezförmigen Grundriss angelegt, wobei die längste Seite, die am Rheinufer verlaufende Nordseite, eine Länge von 292 Metern hatte. Die Südseite maß insgesamt 267 Meter, die Schmalseiten erreichten eine Länge von 155 Metern im Westen und 142 Metern im Osten. Die Ostseite des Kastells weist im Bereich der dortigen Toranlage einen deutlichen Knick auf; im Bereich des Südtors ist ein deutlich leichterer Knick zu erschließen. Mit einer Innenfläche von 3,6 Hektar war das Kastell das größte spätantike Lager auf dem Gebiet der heutigen Schweiz, auch wenn es bei weitem nicht die Ausmaße der großen frührömischen Militärlager der Region erreichte.[5]

Die Mauer des Castrum Rauracense ruhte auf einem etwa einen Meter hohen Fundament aus Kalkbruchsteinen, die ohne Mörtel in einem Fischgrätenmuster aufeinandergelegt worden waren. Darüber erhob sich das aufgehende Mauerwerk, dessen äußere Mauerschalen überwiegend mit Handquadern aus Kalkstein aufgemauert waren. Der Zwischenraum wurde mit Gussmauerwerk aufgefüllt. Zwischen die Quader der Mauerschalen waren horizontal durchlaufende Bänder aus Ziegeln und einzelne Lagen aus Sandstein eingearbeitet. Verputzt war die Umwehrung mit einem Mörtel aus geschroteten Ziegeln, der sich an einigen Stellen noch erhalten hat.[6] Die Dicke der Mauer schwankt zwischen 2,8 und 4 Metern, wobei die dünnsten Abschnitte zum Rhein hin liegen, wo in der Antike ein Steilufer von 10 Metern Höhe für einen natürlichen Schutz sorgte.(Berger326f.; Drack/Fellmann 413) Ihre ursprüngliche Höhe wird teils auf etwa 8 bis 10 Meter, teils auf mindestens 10 Meter geschätzt. Wie der obere Abschluss der Mauer gestaltet war, lässt sich nicht sicher feststellen, da bislang keine entsprechenden Architekturelemente gefunden wurden.(Schwarz 1998, 107 f. (min10), Berger317 (8-10).

Allerdings bestehen teilweise einige Unterschiede zwischen der äußeren und der inneren Mauerschale sowie zwischen den verschiedenen Abschnitten der Wehrmauer. So war im Bereich des Südtors oberhalb des Fundamentes der inneren Mauerschale noch eine ungefähr halber Meter aus reinem Gussmauerwerk aufgesetzt, bevor das eigentliche Quadermauerwerk begann; auf der Außenseite wurden dort stattdessen zwei massive Quaderlagen auf das Fundament gesetzt.(Schwarz 107 [halber Meter]; Schwarz 2002, 111 mit Abb. 71 auf S. 121; zu diesen Befunden U. Müller, Ausgrabungen in Kaiseraugst im Jahre 1986. JbAK 9, 1988, 227 ff., Abb. 33 und 35). Generell zeigen verschiedene Mauerstücke zum Teil unterschiedliche Mauertechniken. Die Ursachen dieser baulichen Heterogenität sind im Einzelnen schwer auszumachen. Der Befund deutet jedoch darauf hin, dass nicht nur spätere Reparaturen dafür verantwortlich sind, sondern auch eine pragmatische Bautechnik, die das Ziel verfolgte, in möglichst kurzer Zeit die gewünschte Höhe zu erreichen (Berger 2012, S. 323 f.; vgl. aber auch Schwarz 2002, S. 111 mit Anm. 407; für Beispiele siehe JBAK 16, 1995, 68 f. und 17, 1996, 92 f.). Für die Errichtung der Mauer wurden zahlreiche Bauteile (etwa Steinquader, andere Architekturelemente, Grabsteine) aus dem alten Stadtbereich der Colonia Augusta Raurica und ihren Gräberfeldern herbeigeschafft und – wie bei solchen Bauprojekten in der Spätantike üblich – als Spolien verbaut. Allerdings wurden diese wiederverwendeten Materialien vor allem im Fundamentbereich der Mauer eingesetzt, wo sie nach Beendigung der Bauarbeiten nicht mehr sichtbar waren.(Berger26). Möglicherweise kann man den Abriss einiger Gebäude, etwa der Frauenthermen und der Herberge (Mansio) in der Oberstadt, konkret mit der Errichtung des Castrum Rauracense in Verbindung bringen.(Drack/Fellmann 1988, S. 281).

Im Vorfeld der Mauer folgte eine freie Fläche von 15 bis 20 Metern Breite und danach erst der mit im Schnitt über 10 Metern sehr breit angelegte Spitzgraben. Vielleicht sollte der Abstand zwischen Mauer und Graben verhindern, dass eventuelle Angreifer mithilfe von größeren Belagerungsmaschinen über den Graben hinweg direkt die Mauer erreichen konnten.(Berger 322; Drack/Fellmann 281) Um auf diese freie Fläche zu gelangen, befanden sich in der Mauer kleine Schlupfpforten.(Berger 324)

Türme und Tore der Wehrmauer

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Wie für spätantike Wehrbauten typisch, war die Mauer mit nach außen vorstehenden Türmen versehen (Berger 321), die einen guten Überblick über das Mauervorfeld boten und einen effektiven Beschuss eventueller Angreifer ermöglichten.(Drack/Fellmann 281). Auf den drei Landseiten gab es insgesamt sechs Tortürme und 14 weitere Türme in einem Abstand von 19 bis 25 Metern. Auf der Flussseite sind keine Türme nachgewiesen, lassen sich aber über Indizien erschließen, wenn auch wegen dem natürlichen Schutz durch den Fluss in größerem Abstand als auf den drei anderen Seiten. Leider konnte bisher keiner der Türme vollständig untersucht werden, sodass ihre bauliche Gestalt umstritten ist: Zwar haben alle bisher analysierten Türme ein rechteckiges Fundament, die erhaltenen Reste des aufgehenden Mauerwerkes deuten jedoch eher auf polygonal vorspringende Anlagen hin (Berger 321). Die Türme waren etwa 7 Meter breit (Drack/Fellmann 413).

Von den Toren sind nur das Süd- und das Westtor archäologisch nachgewiesen, das Osttor lässt sich jedoch so gut wie sicher erschließen. Soweit bekannt, hatten die Tore einen nach innen eingebuchteten Zwinger von 9 Metern Länge und 3,5 Metern Breite, dessen Boden mit Steinplatten ausgelegt war. Nach außen waren sie zusätzlich durch zwei Türme gesichert (Schwarz 1998, 107; zu den einzelnen Toren auch Berger 323 und 325f.). In der schlecht erhaltenen Nordmauer muss es ebenfalls eine Form von Sicherung zur Rheinbrücke hin gegeben haben, von der aber nichts nachgewiesen ist (Drack/Fellmann 413).

[Vergleichsfall ist das Kastell Boppard: Drack/Fellmann 282; Berger 321; siehe Arch. KorrBl. 8 (1978) 323 ff.]

Städtisch ausgebaut mit den Rheinthermen etc. (Schwarz 2011, S. 311)

  • Im Südwesten des Kastells befand sich ein länglicher Bau von 16 x 36 Metern (Berger 2012, S. 329), dessen Boden auf Stützpfeilern (überwiegend aus wiederverwendeten Säulen) auflag. Diese Konstruktionsweise führte zu einer Identifikation als Horreum (ohne Autor: Fünfsundzwanzigster Jahresbericht der Stiftung Pro Augusta Raurica, 1. September 1959 bis 31. Dezember 1960, BZGA 61, 1961, XXXIX-L, hier XLV). Genauere Informationen liegen nicht vor, sodass die Anlage nur – angesichts der Spoliennutzung und der Ausrichtung an der Kastellmauer – allgemein als castrumzeitlich eingestuft werden kann (Berger 2012, S. 329 f.; ebd. auch zu einem vermutlich früheren Weihestein eines „Verwalters der Speichergebäude“)
  • Östlich schlossen sich zwei weitere längliche Bauten an, bei denen es sich möglicherweise um Lagerhäuser handelte (o. A.: Siebenundzwanzigster Jahresbericht der Stiftung Pro Augusta Raurica vom 1. Januar bis 31. Dezember 1962, BZGA 63, 1963, XXXV-XLVI, hier XXXIX f. [die dort gegebenen Maße stimmen nicht überein mit denen bei Drack/Fellmann 1988, S. 414, wobei mir letztere stimmiger scheinen]; Grezet u. a. 2010, JbAK 31, 2010, S. 143-160, hier S. 156). Ein tpq für ihre Errichtung ist ein Münzfund von nach 270 (Grezet S. 156), der stark abgegriffen war; andererseits richtet sich die Südmauer noch an der „Silberschatzstraße“ aus, die mit Errichtung der Kastellmauern aufgegeben wurde. Das könnte die Errichtung eingrenzen helfen, andererseits ist nicht beweisbar, dass die Bauten vor dem Kastell errichtet wurden (Berger 2012, S. 328). Die Holzpfosten im östlichen Hallenbau wurden im 4. Jh. erneuert, numismatischer tpq ist das Jahr 350 (Grezet S. 156).
  • Apsidengebäude: Über die Straße zum Südtor wurde ein repräsentatives Gebäude mit mindestens zwei Apsiden errichtet, das wenigstens zwei spätrömische Phasen umfasst und frühestens im 5. Jh. aufgegeben wurde (Marti 2000/1, S. 269; vgl. den Übersichtsplan bei Müller/Glauser, JbAK 21, 2000, S. 105 Abb. 8). Die südliche, zweiphasige Apsis wurde 1988 freigelegt; sie war massiv fundamentiert (Müller, JbAK 9, 1988, 238-244, besonders 239-241). Die westliche Apsis wurde bei den Grabungen im Areal Löwen 1997 teils freigelegt (Müller/Glauser, JbAK 19, 1998, 60-67 hier 66 f.; Müller/Glauser, JbAK 20, 1999, 124-131 hier 129-131; siehe auch Berger 2012, S. 299). Es handelt sich möglicherweise um die Principia, jedenfalls um ein Gebäude herrschaftlicher oder administrativer Funktion (so bereits Drack/Fellmann 1988, S. 282; jünger z. B. Schwarz 2011, S. 316). Es war definitiv in valentinianischer Zeit in intensiver Nutzung, wie die Münzreihe zeigt (Peter 2001, S. 172), und wurde möglicherweise erst damals errichtet, wobei auffällig ist, dass dadurch das Südtor nutzlos wurde (Marti 2000/1, S. 269; Peter 2003, S. 223) – möglicherweise, weil die Nord-Süd-Achse nach der Zerstörung der Rheinbrücke, die wohl vor 354 erfolgte, keine größere Rolle mehr spielte (Marti 2000/1, S. 269). Das Südtor enthielt danach wohl nur noch eine kleine Fußgängerluke (Müller/Glauser, JbAK 21, 2000, S. 108 Abb. 13).

Privatbauten

  • Areal Jakobli-Haus: In Phase C (späteres 3. und 1. Hälfte 4. Jh.) Umstrukturierung des Geländes, nun Apodyterium für die Rheinthermen und Zugangsweg zum Thermenhof. In Phase D (2. H. 4. Jh.) ehemaliges Apodyterium von den Thermen abgetrennt, nach Süden erweitert und nun wohl eigenes Gebäude. In einen Nachfolgebau, vermutlich aus Holz, wurde später eine Kanalheizung eingebaut. Zwischen C und D liegt eine Mörtelgussschicht. Grabungsberichte Müller, JbAK 16, 1995, 71-78; Müller/Grolimund, JbAK 17, 1996, 95-105 mit obriger allgemeiner Datierung. Bei Marti 2000/B, S. 74 wird Beginn von Phase C allgemeiner mit Errichtung der Rheinthermen und (!) des Kastells in Verbindung gebracht, bei Marti 1996, S. 150 nur mit der des Kastells. Eine genaue Datierung scheint also nicht möglich. Marti 1996, S. 150 und 152 mit numismatischer Datierung des Wechsels von C zu D zwischen 348/350 und dem späten 4. Jh. und möglichem Zusammenhang mit dem Wiederaufbau nach den Magnentius-Wirren. Zusammenfassung des Befundes bei Berger 2012, S. 296-299 (muss nicht zit. werden).
  • Südlich des Horreums wurde ein zweiphasiges Fachwerkhaus mit Boden aus gestampftem Lehm gefunden (ohne Autor: Sechsundzwanzigster Jahresbericht der Stiftung Pro Augusta Raurica vom 1. Januar bis 31. Dezember 1961, BZGA 62, 1962, XXXIII-XLII, hier XXXVII f.), das einen schmalen Hypokaustraum und zwei größere Räume mit Kanalheizungen umfasste (Drack/Fellmann 1988, S. 414 – der zitierte Jahresbericht kennt nur eine Kanalheizung, dafür zwei Hypokausträume). [Bei Berger 2012 wird nur die Kanalheizung auf S. 330 erwähnt.]
  • Areal Adler: Im 3. Viertel des 3. Jh. wurde ein größeres Gewerbeareal durch einen Brand zerstört. Es wurde wohl noch vor Errichtung des Kastells durch eine einen Meter starke Planierschicht abgedeckt und dann überbaut, wobei die spätantiken Strukturen sehr schwer zu interpretieren sind. Möglicherweise handelt es sich um ein Peristyl (Schatzmann 2000, besonders S. 167-169 und S. 217 f.; Deutung als Peristyl schon U. Müller, JbAK 12, 1991, 256 f.)
  • Areal Löwen: Auf den Mörtelgusshorizont, der in der 2. H. des 3. Jh. über die bisherige Bebauung verteilt wurde, wurde ein größeres rechteckiges Gebäude (30 x 14 m) gesetzt, das sich nun nicht mehr an der aufgegebenen Silberschatzgasse, sondern der Kastellmauer orientierte (Müller/Glauser, JbAK 19, 1998, 60-67 besonders 65 f.; Müller/Glauser, JbAK 20, 1999, 124-131 besonders 128 f.; zusammengefasst bei Berger 2012, S. 299 [dort als Zusatzinfo nur die Maße]) und zu dessen Funktion bislang keine Vermutungen geäußert wurden. Zum Ostrand der Grabung siehe oben beim Apsidengebäude.

Besiedlung der direkten Umgebung

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  • Ein Mauergeviert und eine nahegelegene weitere Mauer in der Flur „Auf der Wacht“ östlich der Gwerdstraße könnten aus spätrömischer Zeit stammen (Grolimund, JbAK 28, 2007, 101-108, hier 108; dazu Berger 2012, S. 290). Durch Georadar ist ein 10 Meter langes Mauerstück gleicher Ausrichtung nachgewiesen; beide stammen möglicherweise von einer spätrömischen Verbindungsstraße zwischen Kastellwesttor und Straße nach Basel (Urs Müller, JbAK 30, 2009, S. 237 f.)
  • Die Gebäude in der Schildmatt am Südrand der Unterstadt wurden im 3. V. des 3. Jh. durch ein plötzliches Feuer zerstört, danach zu großen Teilen einplaniert. Darüber folgt eine dunkle, humose Schicht mit zahlreichen Keramikteilen, 38 Knochennadeln, 157 Münzen (davon 76 aus einer Geldbörse mit tpq 340-348, also möglicher Zusammenhang mit Magnentius) aus spätrömischer Zeit, darin außerdem eines der wenigen spätrömischen Mauerfundamente außerhalb des Castrum (Martin Hartmann: Spätrömisches aus Kaiseraugst-Schildmatt, in: Archäologie der Schweiz 8,1 (1985) 39-43; zum tpq der Börse Berger 2012, S. 310 f.)
    • Ebenfalls dort gefunden wurde ein Zwischengoldglas des 4. Jh. mit möglicherweise christlichem Zusammenhang (Rütti, JbAK 11, 1990, S. 141-144); ein zweites Zwischengoldglas, zu dem noch keine Datierung veröffentlicht wurde, wurde 2008 in Kaiseraugst-Mühlestraße am Westrand des Steinbruchs gefunden (Berger 2012, S. 311, siehe Abb. Fernández, JbAK 30, 2009, 66).
  • Nordöstlich des Osttors wurde nach Mitte des 4. Jh. (Münze von 351/352 im Mörtelgussboden) ein Steinbau errichtet, der vielleicht als Badeanlage diente: Es fanden sich zwar zwei Bassins, aber keine Fußbodenheizung (Tomasevic-Buck, JbAK 1, 1980, hier S. 46; Grolimund, JbAK 26, 2005, 91-95, hier 95).
  • Der Steinbruch in der Flur Rebgarten südlich der westlichen Südmauer war in spätrömischer Zeit bereits verfüllt; aus dem 4. Jh. sind dort mindestens zwei Phasen von Holzbauten durch Pfostenlöcher und Balkengräben nachgewiesen (Waddington et al, JbAK 30, 2009, 226-230, zum reichen spätrömischen Fundmaterial ebd. S. 222 f.)
  • Südöstlich des Südostturms wurde das Areal einer größeren Hofanlage spätestens mit Errichtung des Kastells niedergelegt, um von der Mauer freie Sicht zu haben. Gräben in diesem Areal dienten wohl als Annäherungshindernis im Vorfeld des eigentlichen Kastellgrabens. Eine außerhalb der Gräben liegende Darre der Nach-Gehöft-Zeit ist möglicherweise noch spätrömisch; ein Grubenhaus im Bereich der Gräben stammt aus dem 7. Jh. (Grolimund, JbAK 19, 1998, 58-60; Grolimund, JbAK 20, 1999, 117-124; zusammengefasst bei Berger 2012, S. 301 f. [an zusätzlichen Infos dort nur das 7. Jh.])

Funde außerhalb der Mauern des Castrum

  • Schildmatt und Steinbruch Rebgarten, siehe oben unter Befunde
  • Südlich des Südwestturms wurde eine spätrömische Grube mit Münzen des mittleren 4. Jh., Zwiebelknopffibel, Bronzeschnalle, Bronzenadel und Knochennadeln gefunden, außerdem ein spätrömisches Glasmedaillon und diverse spätrömische Gefäße (Müller, JbAK 11, 1990, S. 93-97)
  • Während die große „Kastellnekropole“ im Gstaltenrain kaum Militariafunde aufweist (Martin 1991, S. 310 f.), scheint es sich beim Gräberfeld Kaiseraugst-Höll um eine reine Militärnekropole zu handeln (Brunner, JbAK 35, 2014, S. 241–331, besonders S. 284–289; zu den Gräberfeldern des CR siehe neben Berger 2012 auch den Überblick bei Brunner 2014, S. 245).
  • Das Gräberfeld Gstaltenrain gehört zu einer romanischen Bevölkerung (für die spätrömische Zeit siehe Martin 1991, S. 312)

Verteidigungsbauten in der Umgebung

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Aufgrund der Kastellgröße wurde eine Einwohnerzahl von 500-600 Personen abgeschätzt, die aber die zahlreichen Bauten, die nicht zu Wohnzwecken dienten, außer Acht lässt. Andererseits wurden auch außerhalb der Kastellmauern Belege für eine spätantike Besiedlung nachgewiesen, aufgrund derer die Existenz einer „Kastellvorstadt“ von nennenswerter Größe und Wirtschaftskraft anzunehmen ist (siehe unten). Aufgrund der Gräberzahl wurde zwar eine niedrigere Bevölkerungszahl erschlossen, doch ist dabei zu berücksichtigen, dass neben der großen „Kastellnekropole“ mehrere weitere Gräberfelder existierten, von denen noch nicht alle untersucht wurden (Max Martin, Das spätrömisch-frühmittelalterliche Gräberfeld von Kaiseraugst, Kt. Aargau (1991) 311 f.; Schwarz 2011, S. 311. Marti schätzte in der Ortschronik Augst/Kaiseraugst, S. 110 auf 300-400 Personen für das 4. Jh.)

Vorgeschichte und Errichtung

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  • Niedergang der Colonia, die über lange Zeit eine rein zivile Stadt gewesen war
  • Befestigung auf Kastelen unter mindestens Beteiligung des Militärs
  • Datierung der Anlage des Castrums, Verortung im Grenzsicherungsprogramm der Tetrarchen

Nutzung bis zur Zerstörung um 350

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  • Legio I Martia

Zerstörungshorizont und Wiederaufbau

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  • Magnentius-Wirren etc.

Militärische Bedeutung ab den 350ern

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  • Laut Ammianus Marcellinus 15,11,11 nach Visontio/Besançon die zweitwichtigste Siedlung („oppidum“) der Provinz Maxima Sequanorum

Übergang ins Mittelalter

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Grabungsberichte

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  • Cédric Grezet, Markus Spring, Shona Waddington, in: JbAK 31, 2010, 153–160 (Mauer und Innenbebauung).
  • S. AMMANN/S. FÜNFSCHILLING/S. WADDINGTON/M. PETER, Ensembles céramiques de l’antiquité tardive de la fouille DH Implenia à Kaiseraugst – Rapport préliminaire. In: Société Française d’Étude de la Céramique en Gaule (Hrsg.), Actes du congrès de Colmar 2008 (Marseille 2009) 215–230 (online; S. 215 f. mit Überblick zum spätantiken Castrum).

Siehe zur Illustration https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Benutzer_Diskussion:Plutowiki&oldid=210062179#R%C3%BCckfrage_zu_Swisstopo

Commons: Castrum Rauracense – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
  • Ludwig Berger: Führer durch Augusta Raurica. 7. Auflage des von Rudolf Laur-Belart begründeten "Führers durch Augusta Raurica". Schwabe Verlag, Basel 2012, ISBN 978-3-7965-2841-5, besonders S. 26–33 und S. 317–342.
  • Walter Drack, Rudolf Fellmann: Die Römer in der Schweiz. Theiss / Raggi-Verlag, Stuttgart / Jona 1988, ISBN 3-8062-0420-9, besonders S. 281 f. und S. 411–415.
  • Rudolf Fellmann: Bemerkungen zum Castrum Rauracense. In: Wolfgang Spickermann, Krešimir Matijević, Heinz Hermann Steenken (Hrsg.): Rom, Germanien und das Reich. Festschrift zu Ehren von Rainer Wiegels anlässlich seines 65. Geburtstages (= Pharos. Band 18). Scripta-Mercaturae-Verlag, St. Katharinen 2005, ISBN 3-89590-159-8, S. 277–287.
  • Rudolf Laur-Belart: Castrum Rauracense. Das spätrömische Kastell Kaiseraugst am Rhein. Stiftung Pro Augusta Raurica, Basel 1967.
  • Peter-Andrew Schwarz: Die spätrömischen Befestigungsanlagen in Augusta Raurica – Ein Überblick. In: Clive Bridger, Karl-Josef Gilles (Hrsg.): Spätrömische Befestigungsanlagen in den Rhein- und Donauprovinzen. Beiträge der Arbeitsgemeinschaft 'Römische Archäologie' bei der Tagung des West- und Süddeutschen Verbandes der Altertumsforschung in Kempten 08.06.–09.06.1995 (= BAR International Series. Band 704). Archaeopress, Oxford 1998, ISBN 0-86054-887-2, S. 105–111.
  • Peter-Andrew Schwarz: Das Castrum Rauracense und sein Umland vom 3. bis 6. Jh. n. Chr. In: Michaela Konrad, Christian Witschel (Hrsg.): Römische Legionslager in den Rhein- und Donauprovinzen – Nuclei spätantik-frühmittelalterlichen Lebens? (= Abhandlungen der Philosophisch-Historischen Klasse der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Neue Folge, Heft 138). C. H. Beck, München 2011, ISBN 978-3-7696-0126-8, S. 307–350.
Sonstiges
  • Reto Marti: Zwischen Römerzeit und Mittelalter. Forschungen zur frühmittelalterlichen Siedlungsgeschichte der Nordwestschweiz (4.–10. Jahrhundert) (= Archäologie und Museum. Band 41). 2 Bände, Archäologie und Kantonsmuseum Baselland, Liestal (Schweiz) 2000, ISBN 3-905069-36-9 und ISBN 3-905069-37-7 (Teilband 1 und Teilband 2 online).

Einzelnachweise

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  1. Karin Kob (Red.): Out of Rome. Augusta Raurica, Aquincum. Das Leben in zwei römischen Provinzstädten. Schwabe, Basel 1997, ISBN 3-7965-1040-X, S. 47 (Beitrag Eckhard Deschler-Erb).
  2. Urs Müller: Wie antike Strukturen das heutige Ortsbild von Kaiseraugst prägen. In: Jahresberichte aus Augst und Kaiseraugst. Band 22, 2001, S. 125–133.
  3. Ludwig Berger: Führer durch Augusta Raurica. Schwabe Verlag, Basel 2012, ISBN 978-3-7965-2841-5, S. 26; zu den erhaltenen Passagen ebenda, S. 323–327.
  4. Constant Clareboets, Markus Schaub: Antike und neuzeitliche Wehrbauten in und um Augst. In: Jahresberichte aus Augst und Kaiseraugst. Band 11, 1990, S. 171–175, hier S. 171.
  5. Ludwig Berger: Führer durch Augusta Raurica. Schwabe Verlag, Basel 2012, ISBN 978-3-7965-2841-5, S. 317.
  6. Walter Drack, Rudolf Fellmann: Die Römer in der Schweiz. Theiss / Raggi-Verlag, Stuttgart / Jona 1988, ISBN 3-8062-0420-9, S. 413; Peter-Andrew Schwarz: Die spätrömischen Befestigungsanlagen in Augusta Raurica – Ein Überblick. In: Clive Bridger, Karl-Josef Gilles (Hrsg.): Spätrömische Befestigungsanlagen in den Rhein- und Donauprovinzen. Archaeopress, Oxford 1998, ISBN 0-86054-887-2, S. 105–111, hier S. 107.