Benutzer:Johanna Mader/Auf der Suche

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Auf der Suche
Cover
Studioalbum von Nura

Veröffent-
lichung(en)

20. August 2021

Label(s) Vertigo

Format(e)

CD, Digital

Genre(s)

Hip Hop Rap

Titel (Anzahl)

14

Länge

35:08

Produktion

Drunken Masters

Chronologie
Habibi
(2018)
Auf der Suche Periodt
(2023)
Singleauskopplungen
7. Januar 2021 Fotze Wieder Da / Hier Oben
18. Februar 2021 Ich war's nicht
5. März 2021 Lola
26. März 2021 On Fleek
27. April 2021 Niemals Stress mit Bullen
30. April 2021 Auf der Suche
2. Juli 2021 Backstage
6. August 2021 Viel zu tun

Auf der Suche ist das zweite Soloalbum der deutschen Rapperin Nura. Es erschien am 20.08.2021 bei Vertigo Records. Das Album ist dem HipHop zuzuordnen. Auf der Suche ist ein gesellschaftskritisches Album mit autobiographischen Zügen. Als Schwarze queere Frau kritisiert Nura nicht nur den Rassismus und Sexismus in Deutschland sondern insbesondere die männlich geprägte Deutschrapszene.[1]

Insgesamt wurden vor dem Erscheinen des Albums bereits neun der vierzehn Lieder als Single veröffentlicht.[2] Neben den Produzenten Drunken Masters sind auf Auf der Suche als Gäste Gentleman und die Sängerin und Schauspielerin Alli Neumann zu hören.[3]

Titelliste
Nr.TitelTextMusikLänge
1.Fotze Wieder DaNura Habib Omer, Taha CakmakJohannes Gehring, Roland Roy Knauf, Sam Witte1:52
2.Ich war's nichtNura Habib Omer, Taha CakmakLev Zubkov, Matteo Capreoli, Nura Habib Omer2:28
3.On FleekNura Habib Omer, Taha CakmakChristopher Rabai, Johannes Gehring2:07
4.Alles was du willstNura Habib Omer, Taha CakmakChristopher Rabai, Johannes Gehring2:32
5.Wichsen ist Mord (feat. Alli Neumann)Alli Neumann, Nura Habib Omer, Taha CakmakJohannes Gehring, Juri Nathan Ben Esser, Roland Roy Knauf2:42
6.Geh draufNura Habib OmerJohannes Gehring, Juri Nathan Ben Esser, Valentin Hansen2:29
7.Hier ObenNura Habib Omer, Taha CakmakAlan Julian Asare-Tawiah, Johannes Gehring2:27
8.Niemals Stress mit BullenNura Habib Omer, Taha CakmakChristopher Rabai, Johannes Gehring2:24
9.LolaNura Habib Omer, Taha CakmakChristopher Rabai, Johannes Gehring3:04
10.Auf der SucheNura Habib Omer, Taha CakmakJohannes Gehring, Juri Nathan Ben Esser, Nura Habib Omer2:42
11.Viel zu tun (feat. Gentleman)Leopold Schuhmann, Nura Habib Omer, Tilmann OttoBeau Diakowicz, Johannes Gehring, Juri Nathan Ben Esser2:30
12.Backstage (feat. Drunken Masters)Edward Meriwether, Johannes Gehring, Khia Chambers, Michael Williams, Nura Habib Omer, Taha CakmakEdward Meriwether, Johannes Gehring, Khia Chambers, Michael Williams, Roland Roy Knauf1:53
13.FairNura Habib OmerChristopher Rabai, Johannes Gehring2:32
14.BelediNura Habib OmerCihan Ozaman, Johannes Gehring3:19
Gesamtlänge:35:08

In Auf der Suche entfernt sich Nura musikalisch vom vorherigen Album Habibi. Dieses wurde unter anderem aufgrund seiner Reggaeton/Dancehall-Sounds kritisiert.[4] Auf Auf der Suche rappt Nura mehr und es werden härtere Sounds verwendet. Dadurch ist es klanglich energisch.[4] Aufgrund seiner poppigen Elemente bleibt das Album mainstreamtauglich.[5] Auf der Suche ist zwar ein Hip-Hop-Album, allerdings werden viele Abstecher in andere Genres gemacht. Der Sound des Albums ist nicht kohärent.[2] Es sind basslastige Rap-Beats,[4] Trap-Beats,[2] R ’n’ B-Sounds in Liedern wie „On Fleek“ und „Lola“,[3] E-Gitarren und Verzerrungen in „Fair“[5] und verzerrter Gesang in „Geh drauf“[3] zu hören. Auf der Suche schließt mit einer melodischen, emotionalen Ballade.[2] Es wird raptypischer Sprachgebrauch verwendet.[5] Nura selbst sagt dazu: „Aber sorry, mein neues Album ist halt Rap. Ich rappe da, das ist Sprechgesang. Auf jeden Fall mehr Rap als das, was gerade in den Charts ist.“[6]

In ihren Texten setzt sich Nura mit feministischen Thematiken auseinander. Sie spricht offen über ihre Bisexualität und solidarisiert sich mit FLINTA*Personen und BIPoC.[3] Im Musikvideo zu „On Fleek“ trägt Nura Regenbogen Make-Up und es sind die Dragqueen Bambi Mercury und weitere queere Influencer:innen zu sehen.[1][3] Nura schließt in Auf der Suche thematisch an die Texte von SXTN an.[1] Sie reiht sich bei postmigrantischen Rapperinnen ein, die mit ihrer Musik für mehr Sichtbarkeit von queeren Schwarzen Rapperinnen sorgen und dadurch die Deutschrapszene diversifizieren.[7]

Fotze Wieder Da
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im ersten Lied „Fotze Wieder Da“ verdeutlicht Nura direkt zu Beginn, dass es sich um Rap handelt. Dabei hinterfragt sie allerdings auch ihren Standpunkt in der Deutschrapszene: „Szene ist Dreck, bin wieder back / Mach’ wieder muttergefickten Rap“. Das Lied schließt sie mit: „Ficke die Szene mit nur einem Lied“. In einem Interview mit der Deutschen Welle äußerte sich Nura folgendermaßen: „Ich habe mich oft geschämt zu sagen, dass ich Rapperin bin, weil Rap — so wie man in heutzutage versteht — zu vielem nicht passt, wofür ich stehe.“[6] Sie ist trotzdem Teil und nutzt diese Positionierung, um Rap von innen heraus zu verändern und zu dem zu machen, für das sie steht. Nura nimmt in „Fotze Wieder Da“ Bezug auf die SXTN-Lieder „Die Fotzen sind wieder da“[5]und „Fotzen im Cub“[3]. Neben der positiven Aneignung des Begriffes „Fotze“ werden hypermaskuline Narrative in Zeilen wie „Immer noch keinen Schwanz / Und trotzdem fick’ ich deine Ma“ angeeignet und gedreht. Weiter werden Homophobie, Sexismus und Rassismus kritisiert. Mit Zeilen wie „Meine Haut ist braun (aha) / meine Haare kraus (okay) / White Chicks sind auch Black Girls bekommen dafür Applaus“ inszeniert sie sich als selbstbewusste, politisch engagierte Frau. Die Musikwissenschaftlerin Penelope Braune schreibt dazu: „Insofern bieten diese postmigrantischen weiblichen MCs, mit ihren Selbstinszenierungen als selbstbewusste, emanzipierte und zum Teil auch sexpositive (Schwarze) Frauen (of Color), neue Möglichkeiten und Optionen der weiblichen Identifikation innerhalb der deutschsprachigen Rap-Szene.“[7]

Ich war’s nicht
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

„Ich war’s nicht“ setzt sich mit dem Thema der Doppelmoral auseinander. Insbesondere in Familien mit religiösem Hintergrund erfahren Frauen/Mädchen eine andere Behandlung als Männer/Jungen.[5] Nura beschreibt, wie sie ihre Mutter anlügen muss. Sie darf nicht in den Club, wir dort aber gesehen: „Mama sagt, Leute haben was erzählt / Und ich sollt’ mich dafür schämen“. Sie wird für ihr Verhalten verurteilt. Das Überwachen der Verwandten und Bekannten wird auf eine leicht humoristische Art in Zeilen wie „Ich seh ein’ ihrer [Mutter] Spione, lass die Kippe sofort fallen“ und „Ich komm’ in den Club rein, Bitch / Und muss checken ob die Luft rein ist“. Männliche Familienmitglieder hingegen dürfen machen was sie wollen: „Die Brüder dürfen alles und es juckt kein‘“. Das Lied ist trotz der manchmal humorvollen Textzeilen gefühlvoll, denn es werden Probleme angesprochen, die Nura selbst erlebt hat. Dadurch ist sie als Identifikationsfigur für junge queere Menschen mit Migrationsgeschichte zu sehen.[8]

Nura rappt über ihre queere Identität in einem religiösen Umfeld: „Dann fragen mich die Heten: ‚Magst du Jungen oder Mädchen? […] Ich fick’ beide, doch ich sag’s nicht / Weil das haram ist“. Nicht nur spricht sie ihre Bisexualität an, sondern auch ihre sexuellen Tätigkeiten. Bereits 2019 äußerte sich Nura zu dieser Thematik: „‚Bei Mädchen ist es ja nicht so cool, wenn die über ficken oder sonst was rappen. Und dann denk ich mir so: Leute, habt ihr mal gesehen, wie viele Rapper es gibt, die halt über Koks und keine Ahnung was rappen […] und bei denen weiß man, sie haben einen muslimischen Background und so. Da fragt sich halt keiner, was mit denen ist!‘“[9]

Wichsen ist Mord
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das satirische Lied „Wichsen ist Mord“ behandelt, wie der Titel schon vermuten lässt, Abtreibung. Nura und Alli Neumann verwenden Formulierungen und Argumente, die von Abtreibungsgegner:innen/Personen gegen Abtreibung genutzt werden. Diese werden auf den cis-männlichen Körper angewendet, um deren Absurdität aufzuzeigen. In der ersten Strophe singt Nura: „Schatz, wir müssen reden, ich hab’ dich dabei erwischt / Wie du uns’re ungeborenen Kinder in ein Tempo spritzt [...] Vielleicht will ich ja die Kids [...] Wie gehst du mit meinem Sperma um? / Hörst du nicht, dass der Herzschlag pumpt? / Das ist gegen Gott und gegen Wissenschaft“. Die Übergriffigkeit von Abtreibungsgegner:innen und die fehlende körperliche Autonomie von menstruierenden Personen werden durch diese Drehung spürbar. Dass es sich um eine strukturelle Diskriminierung handelt, zeigt Alli Neumann in ihrer Strophe: „Sie tragen doch unsere Babys in ihrem Leib / Ich glaube, es ist für ein paar neue Gesetze Zeit […] Wie fühlt es sich an, wenn andere über dich regieren, hmm?“. Sie wendet sich mit der Frage direkt an die AMAB Hörenden. In der Satire steckt ein Appell, körperliche Autonomie für alle.[4]

„Lola“ ist ein Lied über Sexarbeit. Inhaltlich schließt Nura an Rapperinnen der deutschen Rapszene wie Schwesta Ewa an, die in ihren Texten unter anderem über eigene Erfahrungen als Sexarbeiterin spricht.[10] Nura nimmt in dem Lied die Perspektive der Sexarbeiterin Lola ein. Der Text ist sinnlich und gleichzeitig ermächtigend. Lola ist eine selbstbestimmte Person. Sie singt: „Mein Absatz größer als dein Ego / Fühl’ mich wie ne’ Bad Bitch / Kannst du dich nicht benehmen / wirst du abgezogen, savage“. Es ist offensichtlich, wer das Sagen hat: Lola. In Lola verhält sich nicht die Sexarbeiterin moralisch fragwürdig, sondern die Besucher des Stripclubs: „Versteckst deinen Ehering, doch jucken tut es keinen / Du willst mich haben“. Durch Nuras feministische Perspektive wird Sexarbeit als selbstbestimmt gezeigt. Lola wird weder objektifiziert noch sexualisiert. Sie nimmt sich ihre Zeit, über den tragenden Beat und weichen Sound singt sie „Ganz langsam, das ist erst der Anfang“. Die selbstbewusste Sinnlichkeit Lolas wird durch den gefühlvollen R ’n’ B-Stils des Liedes unterstrichen. Gerade in einer Szene, in der Sexarbeitende oft degradiert dargestellt werden, ist ein solcher Text wirkungsmächtig.[11]

„Backstage“ beginnt mit einem Sample des feministischen Liedes „My Neck, My Back (Lick It)“ der amerikanischen Rapperin Khia.[5] Sie rappt über selbstbestimmte explizite sexuelle Handlungen („So lick it now, lick it good / Lick this pussy just like you should (C’mon!)“).[12] In dem Sinne folgt Nura. In „Backstage“ beschreibt sie, wie sie nach der Show männliche Groupies Backstage nimmt. Nura kommuniziert, was sie will, die Bedürfnisse des fiktionalen männlichen Groupies sind zweitrangig: „Setz’ mich auf dein Face, heißt nicht, dass du mich ins Bett kriegst / Zum Lecken gut genug, zum Ficken viel zu hässlich“. Der Mann wird objektifiziert, während Nura selbst sich als ein selbstbestimmtes Subjekt darstellt.[13] In Zeilen wie „I’m sorry, Mama, doch dein Junge is’ ’ne Hoe“, „Er ist gut gebaut, so wie meine Joints / Die Mädels wollen noch Spaß, also hol’ ma’ noch ’n Freund“ und „Ich weiß, du bist nicht so einer, keine Angst“ verwendet Nura Formulierungen, die im Deutschrap in Bezug auf Frauen verwendet werden. Im Gegensatz zu „Lola“, wo die Bezeichneten dieser Aussagen im Fokus stehen, sind es in „Backstage“ die Bezeichnenden.[13]

Das Thema Rassismus zieht sich wie ein roter Faden durch das Album. Oft erwähnt Nura auch in Liedern, die sich nicht explizit mit dem Thema auseinandersetzen, eigene Erfahrungen mit Alltagsrassismus.

Niemals Stress mit Bullen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

„Niemals Stress mit Bullen“ thematisiert Alltagsrassismus und strukturellen Rassismus. Nura erwähnt den „Mord an Oury Jalloh“ und den Kinderreim „Wer hat Angst vor’m Schwarzen Mann“ um dies an konkreten Beispielen aufzuzeigen.[1] Im Refrain imitiert Nura weiße, rassistische Stimmen: „‚Ich bin doch kein Rassist, ich habe einen schwarzen Freund‘ / ‚Sag mal, würdest du dich auch so benehmen, wärt ihr da bei euch?‘ / ‚Dafür sprichst du aber wirklich gutes Deutsch‘“. Diesen Stimmen setzt sie in den Strophen ihre eigene Schwarze Perspektive entgegen. In direkter Anlehnung an die Zeile „Nein, du darfst meine Haare nicht anfassen“ aus dem SXTN-Lied „Ich bin schwarz“ rappt Nura „Nein, du darfst meine Haare immer noch nicht anfassen“.[3] Durch das Spiel mit den Perspektiven wird die Übergriffigkeit offensichtlich und erweitert die Kritik aus „Ich bin Schwarz“.[4]

Während „Niemals Stress mit Bullen“ mit Humor Rassismus aufzeigt, macht „Fair“ das auf eine seriösere Art. Der hörenden Person stellt Nura Fragen wie: „Warum stört dich das Kopftuch meiner Mama? / Warum verurteilst du mich, weil ich wenig an hab’? / Warum ist es der Flüchtling, der dir Angst macht / Und nicht die Nazis im Landtag?“. Mit der Frageform fordert sie die Hörenden direkt zur Reflexion auf. Das Lied ist aktiv. Auch die Klassenfrage wird thematisiert: „Und Designer aufm Schulhof sind ein Muss“. Nura zeigt deutlich die Intersektionalität von Race, Gender und Klasse auf.[4] Immer wieder verlangt sie im Refrain: „Sag mir, was ist fair?“. Die Kritik wird mit dem Erwähnen von George Floyd („Letzten Worte: ‚I can’t breath‘ / Rest in peace“) auf eine globale Ebene gehoben. Untermalt wird das Lied von elektronischen, verzerrten, dunklen Klangteppichen.[3]

Die Single „Fair“ wurde auch im Zuge des von WDR Cosmo produzierten Podcasts Machiavelli als Machiavelli Session aufgenommen. Dirigiert von Gordon Hamilton werden in diesen Sessions gesellschaftspolitisch relevante Lieder von Rapperinnen und Rappern mit dem WDR Funkhausorchester performt.[14]

Positive Aneignung

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nura eignet sich in Auf der Suche misogyne Begriffe wie „Fotze“ positiv an. Das tut sie, indem sie sich hypermaskuliner und objektifizierender Narrative bedient und diese umdreht. Damit werden diese Begriffe und Narrative als ein soziales Konstrukt ausgewiesen und so dekonstruiert.[15] Mit ihrer Weiblichkeitsperformance weist sie auf die Marginalisierung von Schwarzen FLINTA*Personen hin und macht auf die Ungleichheit der Geschlechter aufmerksam.[16] Nura löst sich in Auf der Suche von Erwartungen, die die Gesellschaft an sie stellt und zeichnet ein positives Bild von Schwarzen queeren Frauen.

Diese positive Aneignung zeigt sich in Liedern wie „Fotze Wieder Da“, „Wichsen ist Mord“ und „Backstage“. „Hier Oben“ ist ein weiteres Lied, in dem sie sich des männlichen Narrativs bedient, um die hypermaskuline Deutschrap-Szene zu kritisieren. Stereotype werden humorvoll aufgenommen und verdreht.[17] „Du hast Ice an deiner Chain/ Ich hab’ Ice in meiner Sprite (nice)“ und „Ich werd’ so oft draußen erkannt (was?)/ Wie der Bruder von James Blunt (wer?)“. Dabei schafft sie es auch Themen wie psychische Erkrankungen einzubringen („So viel Drip, denn ich heul’ mich in den Schlaf (Depressionen)“), die sich selten im Rap finden lassen. Nura eignet sich in Auf der Suche stereotype Formulierungen an, um Themen anzusprechen, die im Deutschrap oft unerwähnt bleiben. Sie kritisiert damit die Szene und Gesellschaft in einem.[17]

Humor/Selbstironie

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Auf Auf der Suche vermittelt Nura ihr Anliegen oft durch humoristische und selbstironische Texte. Diese Vorgehensweise ist in der männlich dominierten Deutschrap-Szene selten zu finden.[3] Gerade weil sie Humor verwendet, werden die ernsten und schwierigen Themen, die Nura in ihren Texten anspricht, zugänglich. Mit den satirischen Liedern wie „Wichsen ist Mord“, „Backstage“ und „Niemals Stress mit Bullen“ bringt sie Abtreibung, Sexismus und Rassismus in den öffentlichen Diskurs.[4] Die Selbstironie, die sich durch das Album zieht, nutzt Nura, um hegemoniale Männlichkeit im Deutschrap aufzuzeigen.[2]

Nura schafft es, ein Unbehagen auszulösen, wenn über Rassismus gelacht wird. Zum Beispiel in „Niemals Stress mit Bullen“: „Verführ’ ne’ Nazi-Braut für jedes Flüchtlingsheim, das brennt [...] Du kennst Tatort vom Fernsehn, ich kenn’ Tatort vom Block“. In diesen Momenten wird die „Dominanzgesellschaft destabilisiert“.[18] Humor als subversives Element zu nutzen bewirkt, dass gesellschaftliche Normen in dem Moment des Lachens hinterfragt und dekonstruiert werden.[19]

Nura wird in Auf der Suche aufgrund ihrer angenommenen Authentizität als sympathisch wahrgenommen. Sie folgt damit zwar der Tradition von Rap und Hip-Hop, allerdings erzeugt Nura Authentizität nicht mit den szenetypischen Mitteln. Statt über ihre vergangenen Errungenschaften zu rappen, spricht sie über ihre Unsicherheiten.[3] In dem Lied „Auf der Suche“ singt sie: „Wo soll ich mich ausruh’n? / Wer ist da, wenn ich mal fall’? / Hab’ Blut in den Laufschuh’n / Sehne mich nach einem Halt“. Im letzten Lied des Albums, die emotionale Ballade „Beledi“, singt Nura auf arabisch und eine Aufnahme ihrer Mutter ist zuhören.[20] In beiden Stücken zeigt sie sich von einer persönlichen, gefühlvollen und verletzlichen Seite.[2]

Nura wäre „gerne die Identifikationsfigur [...], die sie selbst mit vierzehn gerne gehabt hätte.“[8] Sie inszeniert sich in ihren Texten, insbesondere durch die Selbstironie, als authentisch.[8] Die Aussagen in Auf der Suche sind, da sie von einer betroffenen Person vermittelt werden, wirkmächtig.[4] Durch die angenommene Authentizität sind die Lieder emotional und affizierend. Dadurch wird Betroffenen die Möglichkeit gegeben, sich in den Texten wiederzufinden.[8]

Chartplatzierung

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Auf der Suche war ab dem 27.08.2021 für eine Woche auf Platz 22 in den Deutschen Charts.[21]

ChartsJahres­charts (2021)Offizielle Deutsche ChartsPlatzie­rung
DEUTSCHLANDTemplate:Chartplatzierungen/Wartung/Land unbekannt22 (1 Wo.)1

Auf der Suche wurde gemischt aufgenommen. Musikalisch wird das Album kritisch betrachtet. Auf laut.de wurden dem Album von den Lesenden 2 von 5 Sternen gegeben. Die Redaktion bewertet das Album mit 3 Sternen zwar besser, ist aber auch nicht komplett überzeugt: „Die Suche, von der Nura uns erzählt, ist eben nicht linear, findet nicht in einem Flow, einem Sound oder einer Mood statt, sondern nimmt uns mit auf eine Reise durch diverse Gefühlszustände. Funktioniert als Konzept, wenn man es so betrachtet, macht für Album-Liebhaber*innen aber vielleicht nicht ganz so viel Spaß wie ein Album, das auf der Soundebene mehr aufeinander aufbaut.“[2]

Textlich hingegen wird das Album sehr gelobt. Positiv wird hervorgehoben, dass Nura über ihre eigenen Erfahrungen spricht. Jakob Biazza von der Süddeutschen Zeitung schreibt: „Ihre Aufenthaltsgenehmigung musste die Familie immer wieder erneuern. Heute besitzt Nura das, was das Bürokratiemonster Migration eine unbefristete Niederlassungserlaubnis nennt. Im Song ‚Niemals Stress mit Bullen‘ bellt sie einem Türsteher entgegen: ‚Dicka, schaff ich’s in dein Land, dann schaff ich’s auch in dein’ Club‘. Was für einen Schub so eine Zeile mit einer echten Geschichte im Kreuz bekommt.“[22]

Wehrhafte Lyrik

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Texte auf Auf der Suche sind gesellschaftskritisch und zeigen die Probleme von Menschen mit Migrationsgeschichte auf. Sie können als eine Afro-Deutsche Widerständigkeit gelesen werden.[23] Die Literaturwissenschaftlerin Oholi ordnet sie deswegen der wehrhaften Lyrik zu. Sie schreibt: „Ich sehe in der Idee einer wehrhaften Lyrik zudem die Möglichkeit, Gedichte, aber auch Rap-Songs, mit Antirassismus zusammenzudenken. Die Aufmerksamkeit wird dann auf die Bedeutung der Künste als Teil gesellschaftskritischer Bewegungen in Deutschland gelenkt und macht diese in ihrer Vielschichtigkeit sichtbarer. Merkmale wehrhafter Lyrik stellen, so Deborah Fallis, die ‚Verbindung mit einem politischen Kampf, die Weigerung einer Aneignung von Seiten der Dominanzgesellschaft und [eine] widerständige Form und Struktur‘ (Fallis 2023: 32) dar.“[24] Auf der Suche trifft nicht nur bei Musikkritiken, sondern auch in der Forschungsliteratur auf Resonanz.

Penelope Braune. „Wen von uns nennt ihr hier Bitch?“ - Strategien der Weiblichkeitsperformance: Zur Pussytionierung postmigrantischer Rapperinnen im deutschsprachigen Rap. In: Thomas Wilke, Michael Rappe (Hrsg.): HipHop im 21. Jahrhundert. Medialität, Tradierung, Gesellschaftskritik und Bildungsaspekte einer (Jugend-) Kultur. Springer VS, Wiesbaden, 2022, S.77–95.

Jeannette Oholi. Widerständig und wehrhaft: Antirassismus in Lyrik und Rap. In: Forschungsjournal Soziale Bewegungen. Vol. 37, Nr. 1, 2024, S.116–123.

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. a b c d Philippa Bock: Nura. In: Goethe-Institut Frankreich. Mai 2023, abgerufen am 30. September 2024.
  2. a b c d e f g Nelleke Schmidt: Auf der Suche - Perspektiven für den Deutschrap. In: laut.de. 20. August 2021, abgerufen am 1. Oktober 2024.
  3. a b c d e f g h i j Nadine Lange: Neues Album der Rapperin Nura: Ich schwör, ich war’s nicht. In: Der Tagesspiegel Online. 19. August 2021, ISSN 1865-2263 (tagesspiegel.de [abgerufen am 1. Oktober 2024]).
  4. a b c d e f g h Alica Ouschan: Nura ist "Auf der Suche" und sagt sozialer Ungerechtigkeit den Kampf an. In: fm4. 3. September 2021, abgerufen am 1. Oktober 2024.
  5. a b c d e f Christopher Filipecki: Nura - Auf der Suche. In: minutenmusik. 28. August 2021, abgerufen am 1. Oktober 2024.
  6. a b Matthias Beckonert: Nura: "Sexismus und Rassismus studiert". In: DW. Deutsche Welle, 31. August 2021, abgerufen am 1. Oktober 2024.
  7. a b Penelope Braune: »Wen von uns nennt ihr hier Bitch?« - Strategien der Weiblichkeitsperformance: Zur Pussytionierung postmigrantischer Rapperinnen im deutschsprachigen Rap. In: Thomas Wilke, Michael Rappe (Hrsg.): HipHop im 21. Jahrhundert. Medialität, Tradierung, Gesellschaftskritik und Bildungsaspekte einer (Jugend-) Kultur. Springer VS, Wiesbaden 2022, S. 93.
  8. a b c d ynk: Nura: "Ich War's Nicht" voller Jugendfrust – laut.de – News. In: laut.de. 23. Februar 2021, abgerufen am 1. Oktober 2024.
  9. Penelope Braune: »Wen von uns nennt ihr hier Bitch?« - Strategien der Weiblichkeitsperformance: Zur Pussytionierung postmigrantischer Rapperinnen im deutschsprachigen Rap. In: Thomas Wilke, Michael Rappe (Hrsg.): HipHop im 21. Jahrhundert. Medialität, Tradierung, Gesellschaftskritik und Bildungsaspekte einer (Jugend-) Kultur. Springer VS, Wiesbaden 2022, S. 83.
  10. Penelope Braune: »Wen von uns nennt ihr hier Bitch?« - Strategien der Weiblichkeitsperformance: Zur Pussytionierung postmigrantischer Rapperinnen im deutschsprachigen Rap. In: Thomas Wilke, Michael Rappe (Hrsg.): HipHop im 21. Jahrhundert. Medialität, Tradierung, Gesellschaftskritik und Bildungsaspekte einer (Jugend-) Kultur. Springer VS, Wiesbaden 2022, S. 79.
  11. o.V.: NURA veröffenlicht ihre neue Single “Lola”. In: LifeOnStage. 5. März 2021, abgerufen am 1. Oktober 2024.
  12. Khia – My Neck, My Back (Lick It). Abgerufen am 1. Oktober 2024.
  13. a b Christin Rodrigues: Nura dreht den Spieß um – „Backstage“ ft. Drunken Masters (Musikvideo). In: Musikexpress. 2. Juli 2021, abgerufen am 1. Oktober 2024.
  14. ME-Redaktion: Video: Nura eröffnet mit „Fair“ und Orchester die neuen Machiavelli Sessions. In: Musikexpress. 3. September 2021, abgerufen am 1. Oktober 2024.
  15. Penelope Braune: »Wen von uns nennt ihr hier Bitch?« - Strategien der Weiblichkeitsperformance: Zur Pussytionierung postmigrantischer Rapperinnen im deutschsprachigen Rap. In: Thomas Wilke, Michael Rappe (Hrsg.): HipHop im 21. Jahrhundert. Medialität, Tradierung, Gesellschaftskritik und Bildungsaspekte einer (Jugend-) Kultur. Springer VS, Wiesbaden 2022, S. 77.
  16. Penelope Braune: »Wen von uns nennt ihr hier Bitch?« - Strategien der Weiblichkeitsperformance: Zur Pussytionierung postmigrantischer Rapperinnen im deutschsprachigen Rap. In: Thomas Wilke, Michael Rappe (Hrsg.): HipHop im 21. Jahrhundert. Medialität, Tradierung, Gesellschaftskritik und Bildungsaspekte einer (Jugend-) Kultur. Springer VS, Wiesbaden 2022, S. 85.
  17. a b o.V.: NURA veröffenlicht ihre Doppelsingle “FWD/Hier Oben”. In: LifeOnStage. 8. Januar 2021, abgerufen am 1. Oktober 2024.
  18. Jeannette Oholi: Widerständig und wehrhaft: Antirassismus in Lyrik und Rap. In: Forschungsjournal Soziale Bewegungen. Vol. 37, Nr. 1, 2024, S. 119.
  19. Penelope Braune: »Wen von uns nennt ihr hier Bitch?« - Strategien der Weiblichkeitsperformance: Zur Pussytionierung postmigrantischer Rapperinnen im deutschsprachigen Rap. In: Thomas Wilke, Michael Rappe (Hrsg.): HipHop im 21. Jahrhundert. Medialität, Tradierung, Gesellschaftskritik und Bildungsaspekte einer (Jugend-) Kultur. Springer VS, Wiesbaden 2022, S. 88.
  20. o.V.: Nura – Beledi. In: genius.com. 20. August 2021, abgerufen am 1. Oktober 2024.
  21. o.V.: Suche – Offizielle Deutsche Charts. In: offiziellecharts. Abgerufen am 1. Oktober 2024.
  22. Jakob Biazza: „Auf der Suche“ von Nura: Trojanische Hengstin. In: Süddeutsche Zeitung. 26. August 2021, abgerufen am 1. Oktober 2024.
  23. Jeannette Oholi: Widerständig und wehrhaft: Antirassismus in Lyrik und Rap. In: Forschungsjournal Soziale Bewegungen. Vol. 37, Nr. 1, 2024, S. 121.
  24. Jeannette Oholi: Widerständig und wehrhaft: Antirassismus in Lyrik und Rap. In: Forschungsjournal Soziale Bewegungen. Vol. 37, Nr. 1, 2024, S. 118.