Benutzer:Luha/ Kant: Begriffe der Race
Immanuel Kant hat drei Aufsätze zur Bestimmung des Begriffs der Rasse veröffentlicht: Von den Verschiedenen Racen des Menschen (1775/1777), Bestimmung des Begriffs einer Menschenrace (1785) und Über den Gebrauch teleologischer Principien in der Philosophie (1788). Hintergrund sind seine Vorlesungen zur Physischen Geographie und zur Anthropologie, die er von 1756 bis 1796 hielt und die bei seinen Studenten sehr beliebt waren. Mit diesen Aufsätzen beteiligte sich Kant an einer zeitgenössischen Debatte, in der sich die Aufklärer bemühten, die Natur der phänotypischen Vielfalt der Menschen, den Zweck und die Geschichte der Menschheit näher zu erforschen.
Kant leistete in diesen Aufsätzen nicht nur einen Beitrag zur zeitgenössischen Debatte über eine Einteilung der menschlichen Gattung, sondern entwickelte auch eine Theorie über die Entstehung der unterschiedlichen Varietäten des Menschen, in der er eine hierarchische Struktur von vier Rassen annahm. Weil Kant zur näheren Beschreibung dieser Rassen auch eine Reihe von kulturellen Vorurteilen äußerte, wird er insbesondere von Vertretern der Critical Race Theory als einer der Begründer des modernen Rassismus kritisiert. Aus dieser Position heraus wird die Frage gestellt, ob seine Philosophie insgesamt, vor allem sein Universalismus in der Rechts- und Moralphilosophie, überhaupt noch haltbar ist
Hiergegen wird insbesondere von Kant-Forschern eingewandt, dass bei der Betrachtung der Äußerungen Kants und bei der Bewertung der kantischen Texte einerseits der Wissensstand der damaligen maßgeblichen naturwissenschaftlichen Forscher und andererseits Kants Bemühungen zur Entwicklung einer angemessenen Theorie des Organischen berücksichtigt werden müssen.
Einordnung in Kants Werk
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Volker Gerhardt fordert, einen Text in seinem Kontext und nach dem inneren, historischen Zusammenhang, in dem er geschrieben wurde, zu beurteilen.[1] Eine zu enge Perspektive allein aus der Gegenwart heraus kann nur zu problematischen Urteilen führen. Entsprechend muss man deutlich sehen, dass es bei den Schriften Kants um einen Abstand von 250 Jahren und die außerordentlich großen Veränderungen in diesem Zeitraum geht. Deshalb ist zu prüfen, ob, wie und inwieweit man Kant und seine Äußerungen mit dem heutigen Begriff des Rassismus in Beziehung setzen kann oder muss. Die heutige Verwendung des Begriffs ist belastet mit politischen Erfahrungen vorwiegend des 19. und 20. Jahrhunderts der Sklaverei, der Eugenik und des Nationalsozialismus. Zudem verfügen wir heute über wesentliche wissenschaftliche Erkenntnisse etwa in der Evolutionstheorie oder der Genetik, die Kant in seiner Zeit nicht zur Verfügung standen.[2]
Ähnlich warnt Wolf Lepenies: „denn allzuoft sind die summarischen Urteile, mit denen wir die Vergangenheit einer Wissenschaft bewerten und die großzügige Perspektive, aus der wir sie betrachten, nicht die Konsequenz unseres abgeklärten Urteils, sondern eher die Folge eines schnell gefaßten Vor-Urteils, das die Vergangenheit vorbildhaft stilisiert oder als unerheblich kritisiert — und die nähere Beschäftigung mit ihr daher in jedem Falle für überflüssig erklären möchte, um sich wieder beruhigt einer geschichtslosen Gegenwart zuzuwenden.“[3]
Georg Geismann ist der Auffassung: „Nun war Kant weder Geograph, noch Biologe, und er hat sich auch nie selber als solche verstanden; und auch in Bezug auf Anthropologie war er weitgehend auf das von anderen, Forschern oder auch von interessierten Laien bereitgestellte empirische Material angewiesen. Um seinen Auslassungen über Rasse und Rassen, speziell menschliche Rassen, in ihrer Bedeutung und ihrem Stellenwert im Rahmen seiner Schriften überhaupt gerecht werden zu können, wird man sich vorrangig mit den grundlegenden Überlegungen vertraut machen müssen, die Kant in Bezug auf jene Disziplinen angestellt hat.“[4]
Das Thema „Rassen“ behandelt Immanuel Kant erstmals in einer Vorlesung über Physische Geographie im Jahr 1756. Diese Vorlesung hat er in den Folgejahren immer wieder gehalten und weiterentwickelt. Die kleineren völkerkundlich-anthropologisch ausgerichteten Arbeiten Kants zeigen sein frühes Interesse an dem Thema und konzentrieren sich auf die Mitte der 1780er Jahre.
- 1764: Beobachtungen über das Gefühl des Schönen und Erhabenen. 4. Abschnitt (GSE) (AA 2:243)
- 1775: Von den Verschiedenen Racen des Menschen[5] (VvRM) (AA 2:427)
- 1784: Idee zu einer allgemeinen Geschichte in weltbürgerlicher Absicht (IaG) (AA 8:15)
- 1785: Bestimmung des Begriffs einer Menschenrace (BBM) (AA 8:89) (Faksimile)
- 1785: Recensionen von J.G.Herders Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit. Theil 1. 2. (RezHerder) (AA 8:43)
- 1786: Mutmaßlicher Anfang der Menschengeschichte (MAM) (AA 8:107)
- 1788: Über den Gebrauch teleologischer Principien in der Philosophie (ÜGTP) (AA 8:157) (Faksimile)
- 1802: Kants Physische Geographie (PG) (gelesen Sommersemester 1756 bis zum Sommersemester 1796 (AA 9:151-436)
Die 1802 erschienene Schrift ist eine Kompilation von Theodor Rink aus Notizen Kants sowie studentischen Mitschriften seiner Vorlesung über physische Geographie, die von Kant nicht mehr redigiert und freigegeben wurde. Eine genaue Datierung ist daher nicht mehr möglich. Wesentliche Teile stammen wohl aus der Zeit um 1775 (9:156-273) sowie vorwiegend aus der Zeit vor 1760 (9:273-436)[6] Die Vorlesungen hielt Kant nach dem Werk von Buffon ab. [7]
Man kann die Arbeiten Kants, die sich über einen Zeitraum von über 30 Jahren erstrecken in vier Phasen unterteilen, beginnend mit den Beobachtungen und der Vorlesung als frühen Einstieg in das Thema. Zum zweiten ist der Aufsatz von 1775 eine in dieser Zeit weit verbreitete Theorie, in der Kant die Entstehung der Rassen auf das Klima zurückführt und eine Stufenleiter in Hinblick auf die Vernunftfähigkeit und die kulturelle Entwicklung einführt.
1785 erneuert Kant seine Theorie und passt sie neueren Veröffentlichungen zur Naturgeschichte der Menschheit (Blumnbach) an.
Während man die beiden ersten Schriften von 1764 und 1775 noch als frühe Arbeiten bezeichnen kann, sind die beiden späteren Schriften von 1786 und 1788 zeitgleich mit den grundlegenden moralphilosophischen Werken Grundlegung zur Metaphysik der Sitten (1785) und Kritik der praktischen Vernunft (1788), wie auch der 2. Auflage der Kritik der reinen Vernunft (1787) also zeitgleich mit seiner voll entwickelten kritischen Theorie, erschienen. In der Kritik der Urteilskraft (1790) festigt Kant seine Theorie des Organischen und zeigt, dass diese zu einer rein mechanischen Naturgeschichte auf der Grundlage von Newtons Physik zusätzliche Aspekte einschließen muss, die für ihn mit kausalen Prinzipien allein nicht ausrechend erklärt werden kann.
10 Jahre danach verändert Kant schließlich seine Position nochmals in „Zum ewigen Frieden“ (1795), wo Kant in Hinblick auf das Weltvölkerrecht eine eindeutig antikolonialistische Position vertritt. In den späten Schriften, in der Metaphysik der Sitten (1997) und in der „Anthropologie in pragmatischer Hinsicht* (1798), wird seine Theorie der abgestuften Rassen nicht mehr ausgeführt.
Vorgeschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Differenzierung gegenüber und Ausgrenzung von Fremdheit sind seit der Antike bekannt. Schon im alten Griechenland wurde zwischen den Griechen und den Barbaren unterschieden. Athen wie Rom waren Sklavenhaltergesellschaften. Tacitus beschreibt in seiner Germania das Aussehen der Germanen mit einer gewissen Distanz:
- „(1) Ich selbst trete deren Meinung bei, die glauben, dass die Völkerschaften Germaniens, ohne je durch eheliche Verbindungen mit anderen Stämmen fremdartige Bestandteile in sich aufgenommen zu haben, ein eigenständiges, reines, nur sich selbst ähnliches Volk geworden sind. (2) Daher ist auch die Körperbeschaffenheit trotz der großen Menschenzahl bei allen die gleiche: blaue Augen mit wildem Ausdruck, rötliches Haar, hochgewachsene und nur für den Angriff starke Leiber. (3) Für Mühsal und Arbeiten haben sie nicht in dem selben Maß Ausdauer, und am wenigsten ertragen sie Durst und Hitze. An Kälte und Hunger haben sie sich infolge Klima oder Boden gewöhnt.“[8]
Im Zeitalter der Aufklärung wandelte sich die Auffassung über das Naturrecht von einer durch Gott gewollten Ordnung hin zum Vernunftrecht und zu einer durch Gesellschaftsvertrag gegebenen Rechtsordnung. In der Naturgeschichte trat in der Folge die Frage nach dem Ursprung des Menschen im biologischen und anthropologischen Sinn in den Vordergrund.[9] „Innerhalb weniger Jahrzehnte, in etwa zwischen 1775 und 1800, entwickelte sich die Naturgeschichte des Menschen zu einem eigenständigen Wissensgebiet, dessen Gegenstände, epistemische Verfahren und institutionelle Orte sich dann im Laufe des 19. Jahrhunderts zur Disziplin der physischen Anthropologie formierten.“[10] Starke Impulse entstanden durch die vielfältigen Reiseberichte dieser Zeit, aus denen die Philosophen Anregungen für ihr Menschenbild erhielten. Diese Reiseberichte entstanden im Zuge eines sich immer weiter ausbreitenden Kolonialismus und eines zunehmenden Sklavenhandels im Rahmen der europäischen Expansion. Die Gegenbewegung des Abolitionismus kam erst Ende des 18. Jahrhunderts auf. Gegenüber der Bevölkerung in den Kolonien bestanden im 18. Jahrhundert weit verbreitete Vorurteile. Hierzu gibt es eine Reihe prominenter Beispiele in der Philosophie und Wissenschaft.[11]
Montesquieu gilt als ein früher Vertreter der Tradition eurozentrischer und rassistischer Stereotypisierung sowie der Rechtfertigung kolonialen Unrechts.[12] So behauptete er, Inder und Chinesen würden nach einer Einreise nach Frankreich europäisch, während in gleicher Weise die weißen Kolonialisten wie die kolonialisierenden Soldaten aus dem Norden Süden weniger gut kämpfen könnten. In Indien würden auch Europäer faul (VGG 14/2)[13] Die Menschen in heißen Regionen müssen zur Arbeit und zum Gehorsam gezwungen werden, weshalb dort „die Sklaverei für unseren Verstand nicht so ungereimt“ ist und „einen natürlichen Grund“ hat. Allerdings sind diese Institutionen „gräßlich“ und „widernatürlich“. Sklaverei wird allerdings von Montesquieu grundsätzlich abgelehnt, denn die Menschen sind „als Gleiche geboren“ (VGG 15/7) Montesquieu schlussfolgert: „ Daher braucht man nicht erstaunt zu sein, dass Feigheit aus den Völkern der heißen Zonen schnell durchweg Sklaven machte und Mut den Völkern der kalten Zonen die Freiheit sicherte. Diese Wirkung ergibt sich aus ihrer natürlichen Ursache.“ Sein Fazit: „Politische Knechtschaft hängt von der Natur des Klimas ab“ (VGG 17/2)
David Hume fügte 1753 für eine Neuauflage seinem Essay „Of National Characters“ eine Fußnote hinzu, in der es heißt: „Ich bin geneigt, die Neger und überhaupt alle anderen Arten von Menschen (denn es gibt vier oder fünf verschiedene Arten) von Natur aus den Weißen für minderwertig zu halten. Es gab nie eine zivilisierte Nation von einer anderen Hautfarbe als der weißen, noch nicht einmal ein Individuum, das sich in der Tat oder in der Spekulation hervorgetan hätte. Keine genialen Manufakturen unter ihnen, keine Künste, keine Wissenschaften [ ... ]. Ein solch einheitlicher und beständiger Unterschied könnte in so vielen Ländern und Zeiten nicht vorkommen, wenn die Natur nicht einen originellen Unterschied zwischen diesen Menschenrassen gemacht hätte."[14] [15]. Ähnlich äußerte sich Voltaire im Jahr 1755: „Die Rasse der Neger ist eine von der unsrigen völlig verschiedene Menschenart, wie die der Spaniels sich von der der Windhunde unterscheidet [...] Man kann sagen, dass ihre Intelligenz nicht einfach anders geartet ist als die unsrige, sie ist ihr weit unterlegen.“[16] Allerdings setzte Voltaire sich in den 1770er Jahren gegen die Sklaverei ein.
Jean-Jacques Rousseau mahnte allerdings im gleichen Jahr in der „Abhandlung über den Ursprung und die Grundlagen der Ungleichheit unter den Menschen“: „Sobald sich ein Mensch mit anderen vergleicht, wird er notwendigerweise ihr Feind, denn da jeder [...] der Mächtigste, Glücklichste, der Reichste sein will, kann er jeden, der für sich selbst das gleiche Vorhaben hegt, nur als einen [...] Feind betrachten“.[17]
Carl von Linné formulierte 1740 eine Klassifikation von vier Rassetypen, die er als „Varietäten“ bezeichnete (americanus, europaeus, asiaticus, afer). Als Merkmale benannte er vier Hautfarben[18]
- Europaeus albus/weiß - genial, erfinderisch, regierbar durch Gesetz
- Americanus rufus/rubesceus/rot - freiheitsliebend, anspruchslos
- Asiaticus luridus/gelb - hochmütig, melancholisch, prunkliebend
- Afer/Africanus niger/schwarz - nachlässig, faul, boshaft, regiert durch Willkür[19]
Auch die Idee von unterschiedlichen Charaktereigenschaften der Varietäten findet sich bereits bei Linné[20]:
- "Die Amerikaner haben eine rothe Haut, ein galligtes oder cholerisches Temperament und eine gerade Statur. Die Haare sind schwarz, gerade und dicke. Die Nasenlöcher weit, das Angesicht voller Sommersprossen, ein fast glattes Kinn. Sie sind hartnäckig, fröhlich, lieben die Freyheit, sie gehen meistens nackend, bemahlen sich mit rothen Strichen und lassen sich durch alte Gewohnheiten beherrschen.
- Die Europäer haben eine weisse Haut, ein blutreiches und sanguinisches Temperament, und einen fleischigten Körper. Die Haare sind gelblicht und mit Locken, die Augen blau, die Gemüthsart wankelmütig, vernünftig, und zu Erfindungen geschickt. Sie tragen Kleider, welche dicht an den Leib schliessen, und lassen sich durch Gesetze regieren.
- Die Asier haben eine braune Haut, ein schwarzgallichtes oder melancholisches Temperament, und eine zähe Structur. Ihre Haare sind schwarz, die Augen sind grau, die Gemüthsart ist streng, sie lieben Pracht, Hoffart und Geld, ihre Kleider hangen weit um den Leib, und sie lassen sich durch Meinungen regieren.
- Die Africaner endlich haben eine schwarze Haut, dabey aber ein wässerichtes oder melancholisches Temperament, die Haare sind wollicht, schwarz und krauß. Die Haut ist sanft wie Sammet, die Nase platt, die Lippen dicke und aufgeworfen. Ihre Weiber haben lange niederhängende Brüste. Die Gemüthsart ist boshaft, faul, nachlässig. Sie beschmieren sich mit Fett, und werden durch Willkühr regieret.“[21],
weiter: „Von eben diesem Ursprung stammen auch die Hottentotten ohnweit dem Vorgebirge der guten Hoffnung her; jedoch sind diese Völker viel gesitteter, welches vielleicht von dem Umgang mit den Holländern herrühret. Sie sind nicht so schwarz, als die Neger, ja diejenigen, welche unter den Holländern erzogen werden, bleiben weiß. Damit sie recht schwarz seyn mögen, beschmieren sie ihren Körper mit Fettigkeit und Ruß“[22]
Der in seiner Zeit in seinen Schriften weit verbreitete und anerkannte Naturwissenschaftler Buffon formulierte: „Die Natur hat in ihrer größten Vollkommenheit weiße Menschen gebildet, und die auf das höchste veränderte Natur bildet sie gleichfalls weiß.“[23] Er stellte die Hypothese auf, dass sich alle Lebewesen aus kleinsten Teilchen entwickelt haben und die Entwicklungen durch Ernährung und klimatische Veränderungen beeinflusst werden. Jede Spezies sei von Gott geschaffen, so auch der Mensch. Buffon vertrat damit – religiös begründet – die Theorie einer Monogenese, d.h. dass alle Menschen aus einet Wurzel herstammen und damit miteinander verwandt sind. Die verschiedenen Ausprägungen der Menschen haben sich durch „Degeneration“ (Abwandlung) herausgebildet, was durch Klima und Ernährung beeinflusst sei und über einen langen Zeitraum herausgebildet habe (siehe Ökogeographische Regel). Buffon ergänzte damit die statische Taxonomie Linnés durch ein dynamisches Konzept. Buffon bildete sechs Menschengruppen, die Lappen, Tartaren, Südostasiaten, Europäer, Äthiopier und Amerikaner. Für Buffon spielte die Hautfarbe kein wesentliches Unterscheidungsmerkmal. Er bezeichnete aber die Weißen als „primären Spezies“ und als Produkt der „Natur in ihren vollkommensten Anstrengungen“ und sah bei den Negern „wenig Genie“.[24] Er verwendete für die Unterscheidung der verschiedenen Arten des Menschen den französischen Begriff der „Race“[25], den Kant von ihm übernahm. Ebenso übernahm Kant die monogenetische These und bezog sich auf Buffon mit dem Kriterium der Fortpflanzung als Bestimmungsmerkmal einer Gattung: „Daher muß die Buffonsche Regel, daß Thiere, die mit einander fruchtbare Jungen erzeugen, (von welcher Verschiedenheit der Gestalt sie auch sein mögen) doch zu einer und derselben physischen Gattung gehören eigentlich nur als die Definition einer Naturgattung der Thiere überhaupt zum Unterschiede von allen Schulgattungen derselben angesehen werden.“ (2:429) Bei Buffon hieß es: „Eine Art ist eine konstante Abfolge ähnlicher Individuen, die sich miteinander fortpflanzen können“ und deren Mischlinge mit anderen Arten unfruchtbar sind[26]
Gegen die Theorie Buffons veröffentlichte Caspar Friedrich Wolff im Jahr 1764 als Erster eine Entwicklungstheorie, die auf dem Grundgedanken der Epigenese beruhte.[27]
Verwirrung über Begriffe zur Einteilung der Menschen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Norbert Klatt hat die frühe Verwendung des Begriffs „race“ bzw. Rasse in den deutschsprachigen anthropologischen Schriften des späten 18. Jahrhunderts detailliert nachgezeichnet.[28] Carl von Linné verwendet den Begriff „Classe“, wohingegen sich bei Buffon die Begriffe „Race“ und „Varietät“ finden. Buffon war der erste, der „race“ - einen Begriff seiner Mutterspreche - systematisch verwendete.[29] Georg Christoph Lichtenberg etwa bezeichnet in einem Brief an Samuel Thomas Soemmerring vom 20. April 1791 die Frauen als „geschlizte Race“.[30]
Die Schriften Kants
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Vorlesung über Physische Geographie
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Vorlesung über Physische Geographie kündigte Kant erstmals im Frühjahr 1757 noch als Privatdozent an.[31] Sein Thema waren die „Merkwürdigkeiten der Natur, die die Erdkugel auch in anderen Gegenden in sich faßt". Sein Publikum waren nicht nur Studenten, sondern auch Beamte, Geschäftsleute und Gelehrte, denen er „Weltkenntnis" als Propädeutik vermitteln wollte, „ohne in Gefahr zu sein, statt der Erlangung einer richtigen Wissenschaft der natürlichen Merkwürdigkeiten uns in einer Welt von Fabeln zu verirren." „[D]ie physische Geographie erwägt bloß die Naturbeschaffenheit der Erdkugel und, was auf ihr befindlich ist: die Meere, das feste Land, die Gebirge, Flüsse, den Luftkreis, den Menschen, die Thiere, Pflanzen und Mineralien. Alles dieses aber nicht mit derjenigen Vollständigkeit und philosophischen Genauheit in den Theilen, welche ein Geschäfte der Physik und Naturgeschichte ist, sondern mit der vernünftigen Neubegierde eines Reisenden, der allenthalben das Merkwürdige, das Sonderbare und Schöne aufsucht, seine gesammelte Beobachtungen vergleicht und seinen Plan überdenkt.“ (2:3) Bereits hier taucht der Begriff der Naturgeschichte auf, und zwar im Sinne einer Naturbeschreibung.
Kant nennt auch die wesentlichen Quellen seiner Vorlesung „Ich habe aus allen Quellen geschöpft, allen Vorrath aufgesucht und außer demjenigen, was die Werke des Varenius, Buffon und Lulofs von den allgemeinen Gründen der physischen Geographie enthalten, die gründlichsten Beschreibungen besonderer Länder von geschickten Reisenden, die allgemeine Historie aller Reisen, die Göttingische Sammlung neuer Reisen, das Hamburgische und Leipziger Magazin, die Schriften der Akademie der Wissenschaften zu Paris und Stockholm u.a.m. durchgegangen und aus allem, was zu diesem Zweck gehörte, ein System gemacht.“ (2:4)
„Zur völligen Bestimmung des Menschen gehöret die Ausübung aller Talente. Der Bürgerliche Zustand also, in welchem es möglich ist, daß alle Keime entwikkelt werden, ist höchst nothwendig, folglich gehöret er zur Bestimmung des Menschen. In dieser Bürgerlichen Gesellschaft geschieht sowohl dem guten als dem bösen des Thierischen der Menschheit ein Abbruch. In der Bürgerlichen Gesellschaft ist der Mensch ein disciplinirtes, im physischen Zustande aber ein rohes Thier. In Summa betrachtet ist doch der Bürgerliche Zustand derjenige, wovon wir die |größte Vollkommenheit erlangen können.“ (xxvii:234|235[32]
„Es erscheint nicht denkbar, daß Kant nach dieser Ankündigung vom Katheder aus die Beschreibung der Naturreiche gegeben habe, die Rink - gewiß durch ihn ermächtigt - über ein Vierteljahrhundert hernach als Buch vorlegte. Und zwar dürfte Kant spätestens seit 1775 nicht nur das Kapitel über den Menschen, sondern auch die Darstellungen der Tier- und Pflanzenreiche neu gestaltet haben, „naturgeschichtlich" in einer Bedeutung des Worts, die sich nach dem Buchtext nicht einmal vermuten läßt.“[33]
Beobachtungen über das Gefühl des Schönen und Erhabenen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Dieser frühen Schrift ist noch keine systematische Theorie. Kant stellt hier vielmehr in völkerkundlicher Manier eine Fülle von empirischen Beobachtungen unter psychologischen, ästhetischen und moralischen Gesichtspunkten zusammen. Dabei wird ein deutlicher Einfluss der englischen Moralisten und Ästhetiker, vor allem Hutchinson, Shaftesburys und des Zeitgenossen Edmund Burke sichtbar. Kant weist darauf hin, dass sein Aufsatz keine philosophische Schrift im engeren Sinn ist:
- "Natur erstreckt sich sehr weit und verbirgt annoch einen reichen Vorrath zu Entdeckungen, die eben so anmuthig als lehrreich sind. Ich werfe für jetzt meinen Blick nur auf einige Stellen, die sich in diesem Bezirke besonders auszunehmen scheinen, und auch auf diese mehr das Auge eines Beobachters als des Philosophen." (2:207)
Ein anderes Leitbild war für ihn Rousseau, zu dem er sich notierte: „Der erste Eindruck, den ein Leser [. ..] von den Schriften Rousseaus bekommt, ist, daß er eine ungemeine Scharfsinnigkeit des Geistes, einen edlen Schwung des Genius und eine gefühlsvolle Seele in einem so hohen Grade antrifft, als vielleicht niemals irgend ein Schriftsteller, von welchem Zeitalter oder von welchem Volke es auch sei, vereint besessen haben mag.“ (AA 20:43-44[34]) und „Ich bin selbst aus Neigung ein Forscher. Ich fühle den gantzen Durst nach Erkentnis u. die begierige Unruhe darin weiter zu kommen oder auch die Zufriedenheit bey jedem Erwerb. Es war eine Zeit da ich glaubte dieses allein könnte die Ehre der Menschheit machen u. ich verachtete den Pöbel der von nichts weis. Rousseau hat mich zurecht gebracht. Dieser verblendende Vorzug verschwindet, ich lerne die Menschen ehren u. ich würde mich unnützer finden wie den gemeinen Arbeiter wenn ich nicht glaubete daß diese Betrachtung allen übrigen einen Werth ertheilen könne, die rechte der Menschheit herzustellen.“ (AA. 20:44)
Kant „plaudert“ wie die Popularphilosophen seiner Zeit in einem unterhaltsamen Stil über die unterschiedlichen menschlichen Temperamente, über menschliche Tugenden und Untugenden, über das Verhältnis der Geschlechter in Bezug auf das Schöne und Erhabene sowie über die verschiedenen „Nationalcharaktere“. Der Begriff der Race findet sich hier noch nicht.
Dabei geht es ihm zunächst um die europäischen Nachbarn und wie diese sich in ihrer jeweiligen Kultur zum Schönen und Erhabenen verhalten. Die Engländer bezeichnet er als „kaltsinnig“, die ein eher berechnendes Verständnis des Schönen und Erhabenen haben. Die Franzosen hingegen sind überschwänglich, sind dadurch aber verführbar und eher weichlich in ihrem Urteil. Die Deutschen liegen zwischen den Engländern und den Franzosen. Wenn sie versuchen die französische Art nachzuahmen, misslingt ihnen das häufig. Solche Versuche nennt Kant läppisch. Spanier und Italiener haben ein gutes Verständnis von Kunst und Literatur, sind dabei aber hochfahrend. Am besten beurteilt Kant die Holländer, die fleißig und korrekt sind. Kant betont, dass solche Urteile natürlich nur den allgemeinen Volkscharakter betreffen und weist darauf hin, dass natürlich in vielen Einzelfällen diese Urteile nicht zutreffen, und entschuldigt sich ausdrücklich bei allen, die diesen Beschreibungen nicht entsprechen. Nach den Europäern wendet er sich den Vertretern anderer Völker zu. Araber und Perser beurteilt er aufgrund ihrer bedeutenden religiösen und literarischen Schriften sehr positiv. Die Japaner schätzt er ähnlich wie die Engländer ein. Auch das Urteil über Chinesen und Inder ist in Hinblick auf ihre religiösen Verhaltensweisen eindeutig negativ. Die Darstellung von Drachen lehnt er ebenso ab die die Selbstkasteiung von Fakiren. Positiv schätzt er hingegen die Indianer im Norden Amerikas, die wegen ihrer Konsequenz einen besonders hochachtungswürdigen Charakter haben.
- „Die Indianer [= Inder] haben einen herrschenden Geschmack von Fratzen von derjenigen Art, die ins Abenteuerliche einschlägt. Ihre Religion besteht aus Fratzen. Götzenbilder von ungeheurer Gestalt, der unschätzbare Zahn des mächtigen Affen Hanuman, die unnatürliche Büßungen der Fakirs (heidnischer Bettelmönche) etc. sind in diesem Geschmacke. Die willkürliche Aufopferung der Weiber in eben demselben Scheiterhaufen, der die Leiche ihres Mannes verzehrt, ist ein scheusliches Abenteuer.“ (I:252)
Besonders schlecht kommen bei Kant die als Sklaven verschleppten Schwarzafrikaner in Hinblick auf das Gefühl für das Schöne und Erhabene weg, wobei er sich ausdrücklich auf David Hume und Jean-Baptiste Labat als Quellen bezieht.
- „Die Negers von Afrika haben von der Natur kein Gefühl, welches über das Läppische stiege. Herr Hume fordert jedermann auf, ein einziges Beispiel anzuführen, da ein Neger Talente gewiesen habe, und behauptet: daß unter den hunderttausenden von Schwarzen, die aus ihren Ländern anderwärts verführt werden, obgleich deren sehr viele auch in Freiheit gesetzt werden, dennoch nicht ein einziger jemals gefunden worden, der entweder in Kunst oder Wissenschaft, oder irgend einer andern rühmlichen Eigenschaft etwas Großes vorgestellt habe, obgleich unter den Weißen sich beständig welche aus dem niedrigsten Pöbel empor schwingen und durch vorzügliche Gaben in der Welt ein Ansehen erwerben.“ (I:253).
- „Der Pater Labat meldet zwar, daß ein Negerzimmermann, dem er das hochmüthige Verfahren gegen seine Weiber vorgeworfen, geantwortet habe: Ihr Weiße seid rechte Narren, denn zuerst räumet ihr euren Weibern so viel ein, und hernach klagt ihr, wenn sie euch den Kopf toll machen; es ist auch, als wenn hierin so etwas wäre, was vielleicht verdiente| in Überlegung gezogen zu werden, allein kurzum, dieser Kerl war vom Kopf bis auf die Füße ganz schwarz, ein deutlicher Beweis, daß das was er sagte, dumm war.“ (I:254-255)
Von den Verschiedenen Racen des Menschen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- „1. Von der Verschiedenheit der Racen überhaupt.
- Die Vorlesung, welche ich ankündige, wird mehr eine nützliche Unterhaltung, als eine mühsame Beschäftigung sein; daher die Untersuchung, womit ich diese Ankündigung begleite, zwar etwas für den Verstand, aber mehr wie ein Spiel desselben, als eine tiefe Nachforschung enthalten wird.“ (1:429)
- „Diese Weltkenntniß ist es, welche dazu dient, allen sonst erworbenen Wissenschaften und Geschicklichkeiten das Pragmatische zu verschaffen, dadurch sie nicht bloß für die Schule, sondern für das Leben brauchbar werden, und wodurch der fertig gewordene Lehrling auf den Schauplatz seiner Bestimmung, nämlich in die Welt, eingeführt wird.“ (2:443)
Im Aufsatz von 1775 „Von den Verschiedenen Racen des Menschen“[35] hatte Kant eine Theorie der Rassen entwickelt, die sich stark an Buffons These, dass die Variationen der Menschheit von klimatischen und geographischen Faktoren und der Ernährung abhingen, wie dies schon in Montesquieus Klimathese vertreten wurde.[36]
Zugleich versuchte Kant die Taxonomie von Linné mit der Theorie Buffons über den Begriff der Rasse in Einklang zu bringen, wobei er wie Buffon davon ausging, dass die Gattung Mensch durch die Erzeugung von Nachkommen zu bestimmen ist. Die These von Maupertuis, man könne „durch sorgfältige Aussonderung der ausartenden Geburten von den einschlagenden endlich einen dauerhaften Familienschlag“ (2:431) begründen, lehnte er hingegen ab. Kant bezog sich also auf den aktuellen Stand der Fachwissenschaft in der Biologie und anderen fachlichen Stellungnahmen seiner Zeit. Den Begriff des Keimes im Unterschied zu den Anlagen bestimmt Kant folgendermaßen.
- „Die in der Natur eines organischen Körpers (Gewächses oder Thieres) liegenden Gründe einer bestimmten Auswickelung heißen, wenn diese Auswickelung besondere Theile betrifft, Keime; betrifft sie aber nur die Größe oder das Verhältniß der Theile untereinander, so nenne ich sie natürliche Anlagen.“ (8:434)
- „Diese Fürsorge der Natur, ihr Geschöpf durch versteckte innere Vorkehrungen auf allerlei künftige Umstände auszurüsten, damit es sich erhalte und der Verschiedenheit des Klima oder des Bodens angemessen sei, ist bewundernswürdig.“ (02: 434)
- „Die Naturbeschreibung (Zustand der Natur in der jetzigen Zeit) ist lange nicht hinreichend, von der Mannigfaltigkeit der Abartungen Grund anzugeben. Man muß, so sehr man auch und zwar mit Recht der Frechheit der Meinungen feind ist, eine Geschichte der Natur wagen, welche eine abgesonderte Wissenschaft ist, die wohl nach und nach von Meinungen zu Einsichten fortrücken könnte.“ (2:443)
Er vertrat aber eine Rassentheorie mit dem Weißen an der Spitze und verbandt dies auf der Grundlage von ihm vorliegenden Reiseberichten mit herabwürdigenden Äußerungen zu den von ihm identifizierten anderen nicht-weißen Rassen. So heißt es 1775:
- „Um nur ein Beispiel anzuführen, so bedient man sich in Surinam der rothen Sklaven (Amerikaner) nur allein zu häuslichen Arbeiten, weil sie zur Feldarbeit zu schwach sind, als wozu man Neger braucht. Gleichwohl fehlt es hier nicht an Zwangsmitteln; aber es gebricht den Eingebornen dieses Welttheils überhaupt an Vermögen und Dauerhaftigkeit.“ (2:438)
Kants Meinung zum Thema der Entstehung des Menschengeschlechts war gefragt. Auf eine Anfrage von Johann Jacob Engel antwortete er am 4. Juli 1779.:
- „[…] Allein eine Fortsetzung der Abhandlung von den Menschenraçen scheint mir doch, theils in Ansehung meiner Absicht, theils in Absicht auf die Unterhaltung des im vorigen Stück nicht völlig befriedigten wisbegierigen Lesers, vorietzt den Vorzug zu verdienen. Vor langweilige Wiederholungen des von mir und anderen schon gesagten, vor windigte Hypothesen, oder auch eine scholastische Trockenheit dürfen Sie sich nicht fürchten. Der Stof ist reichhaltig und an sich selbst populär und da ich ietzt den Gesichtspunkt, aus welchem man die Varietäten der Menschengattung betrachten muß, so deutlich zu bestimmen im Stande bin, daß dadurch in Kurzem auch in diesem Felde etwas mit Sicherheit wird ausgemacht werden können, so bekommt die Abhandlung hiedurch einige Wichtigkeit. Überdem werden die angehenkte Principien einer moralischen Charakteristik der verschiedenen Racen der Menschengattung den Geschmak derer, die auf das Physische nicht sonderlich merken, zu befriedigen dienen.
- Die Materialien hiezu liegen zwar schon seit einiger Zeit völlig fertig, weil ich durch Zimmermanns Geographische Geschichte des Menschen (der das vorige Stück hierinn beurtheilete) zum weiteren Überdenken dieses Gegenstandes veranlasset wurde. […]“ (Briefe 10:256)
Kant bat allerdings um Aufschub, da er andere Arbeiten (gemeint ist wohl die Kritik der reinen Vernunft in ihrer ersten Auflage von 1781) zuvor abschließen müsse.
Herder und die Geschichte der Menschheit
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Als Student in Kants Vorlesungen im Jahr 1763/64 schrieb Herder mit, wie die „Racen“ zu hierarchisieren seien und wie Kant Afrikanern das Menschsein absprach. In seinen eigenen „Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit“ wandte sich Herder dann 1784 und 1785 aber gegen eine solche Einteilung:
- „Da indessen der menschliche Verstand in aller Vielartigkeit Einheit sucht und der göttliche Verstand, sein Vorbild, mit dem zahllosesten Mancherlei auf der Erde überall Einheit vermählt hat, so dürfen wir auch hier aus dem ungeheuren Reich der Veränderungen auf den einfachsten Satz zurückkehren: Nur ein und dieselbe Gattung ist das Menschengeschlecht auf der Erde.“[37]
- „Endlich wünschte ich auch die Unterscheidungen, die man aus rühmlichem Eifer für die überschauende Wissenschaft dem Menschengeschlecht zwischengeschoben hat, nicht über die Grenzen erweitert. So haben einige z.B. vier oder fünf Abteilungen desselben, die ursprünglich nach Gegenden oder [250] gar nach Farben gemacht waren, Rassen zu nennen gewaget; ich sehe keine Ursache dieser Benennung. Rasse leitet auf eine Verschiedenheit der Abstammung, die hier entweder gar nicht stattfindet oder in jedem dieser Weltstriche unter jeder dieser Farben die verschiedensten Rassen begreift. Denn jedes Volk ist Volk: es hat seine Nationalbildung wie seine Sprache. Zwar hat der Himmelsstrich über alle bald ein Gepräge, bald nur einen linden Schleier gebreitet, der aber das ursprüngliche Stammgebilde der Nation nicht zerstöret. Bis auf Familien sogar verbreitet sich dieses, und seine Übergänge sind so wandelbar als unmerklich. Kurz, weder vier oder fünf Rassen noch ausschließende Varietäten gibt es auf der Erde. Die Farben verlieren sich ineinander, die Bildungen dienen dem genetischen Charakter, und im ganzen wird zuletzt alles nur Schattierung eines und desselben großen Gemäldes, das sich durch alle Räume und Zeiten der Erde verbreitet. Es gehöret also auch nicht sowohl in die systematische Naturgeschichte als in die physisch-geographische Geschichte der Menschheit."[38]
Über den Begriff und den Ursprung der Menschenracen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Im Aufsatz „Bestimmung des Begriffs einer Menschenrace“ von 1785 erläutert Kant zunächst seine Absicht:
- „Die Kenntnisse, welche die neuen Reisen über die Mannigfaltigkeiten in der Menschengattung verbreiten, haben bisher mehr dazu beigetragen, den Verstand über diesen Punkt zur Nachforschung zu reizen, als ihn zu befriedigen. Es liegt gar viel daran, den Begriff, welchen man durch Beobachtung aufklären will, vorher selbst wohl bestimmt zu haben, ehe man seinetwegen die Erfahrung befragt; denn man findet in ihr, was man bedarf, nur alsdann, wenn man vorher weiß, wornach man suchen soll. Es wird viel von den verschiedenen Menschenracen gesprochen. Einige verstehen darunter wohl gar verschiedene Arten von Menschen; Andere dagegen schränken sich zwar auf eine engere Bedeutung ein, scheinen aber diesen Unterschied nicht viel erheblicher zu finden, als den, welchen Menschen dadurch unter sich machen, daß sie sich bemalen oder bekleiden. Meine Absicht ist jetzt nur, diesen Begriff einer Race, wenn es deren in der Menschengattung giebt, genau zu bestimmen; die Erklärung des Ursprungs der wirklich vorhandenen, die man dieser Benennung fähig hält, ist nur Nebenwerk, womit man es halten kann, wie man will.“ (8:91)
Er weist auf zwei Aspekte seiner Untersuchung hin. In der Debatte um den Ursprung der Menschheit ist er auf Reiseberichte angewiesen. Sein Ziel ist nun, in der Vielfalt der Darstellungen eine begriffliche Struktur zu finden, um eine Erklärung für die sich aus den Berichten ergebende Unterschiedlichkeit der Menschen zu erhalten.
- „Wir kennen mit Gewißheit nicht mehr erbliche Unterschiede der Hautfarbe, als die: der Weißen, der gelben Indianer, der Neger und der kupferfarbig-rothen Amerikaner. Merkwürdig ist: daß diese Charaktere sich erstlich darum zur Klasseneintheilung der Menschengattung vorzüglich zu schicken scheinen, weil jede dieser Klassen in Ansehung ihres Aufenthalts so ziemlich isolirt (d.i. von den übrigen abgesondert, an sich aber vereinigt) ist;“ (8:93)
Kant geht von einem Prinzip der einfachen Erklärung aus (nach dem Grundsatze: principia praeter necessitatem non sunt multiplicanda), wonach in der Natur keine unnötigen Vervielfachungen der Erklärung gegeben sind.
- „Wenn ich aber gleich aus zufälligen Eindrücken entspringende und dennoch erblich werdende Charaktere einräumen wollte: so würde es doch unmöglich sein, dadurch zu erklären, wie jene vier Farbenunterschiede unter allen anerbenden die einzigen sind, die unausbleiblich anarten. Was kann anders die Ursache hievon sein, als daß sie in den Keimen des uns unbekannten ursprünglichen Stammes der Menschengattung und zwar als solche Naturanlagen gelegen haben müssen, die zur Erhaltung der Gattung wenigstens in der ersten Epoche ihrer Fortpflanzung nothwendig gehörten und daher in den folgenden Zeugungen unausbleiblich vorkommen mußten?“ (8:98)
- „Wären diese Stämme aber ursprünglich, so ließe es sich gar nicht erklären und begreifen, warum nun in der wechselseitigen Vermischung derselben unter einander der Charakter ihrer Verschiedenheit gerade unausbleiblich anarte, wie es doch wirklich geschieht. Denn die Natur hat einem jeden Stamm seinen Charakter ursprünglich in Beziehung auf sein Klima und zur Angemessenheit mit demselben gegeben. Die Organisation des einen hat also einen ganz anderen Zweck, als die des anderen; und daß dem ungeachtet die Zeugungskräfte beider selbst in diesem Punkte ihrer charakteristischen Verschiedenheit so zusammen passen sollten, daß daraus ein Mittelschlag nicht bloß entspringen könne, sondern sogar unausbleiblich erfolgen müsse: das läßt sich bei der Verschiedenheit ursprünglicher Stämme gar nicht begreifen.“ (8:98)
- „Der Begriff einer Race enthält also erstlich den Begriff eines gemeinschaftlichen Stammes, zweitens nothwendig erbliche Charaktere des klassischen Unterschiedes der Abkömmlinge desselben von einander. Durch das letztere werden sichere Unterscheidungsgründe festgesetzt, wornach wir die Gattung in Klassen eintheilen können, die dann wegen des ersteren Punkts, nämlich der Einheit des Stammes, keinesweges Arten, sondern nur Racen heißen müssen. Die Klasse der Weißen ist nicht als besondere Art in der Menschengattung| von der der schwarzen unterschieden; und es giebt gar keine verschiedene Arten von Menschen. Dadurch würde die Einheit des Stammes, woraus sie hätten entspringen können, abgeleugnet; wozu man, wie aus der unausbleiblichen Anerbung ihrer klassischen Charaktere bewiesen worden, keinen Grund, vielmehr einen sehr wichtigen zum Gegentheil hat“ (8:99-100)
- „Die unausbleibliche Anartung beiderseitiger Eigenthümlichkeiten der Eltern ist also der einzig wahre und zugleich hinreichende Probirstein der Verschiedenheit der Racen, wozu sie gehören, und ein Beweis der Einheit des Stammes, woraus sie entsprungen sind: nämlich der in diesem Stamm gelegten, sich in der Folge der Zeugungen entwickelnden ursprünglichen Keime, ohne welche jene erblichen Mannigfaltigkeiten nicht würden entstanden sein und vornehmlich nicht hätten nothwendig erblich werden können.“ (8:102)
Die Theorie von den Keimen ist eine grundlegende Annahme, die Kant benötigt, um seine Theorie von den verschiedenen Rassen einer einheitlichen Gattung zu festigen. Denn mit der historischen Veränderung der Keime, die dann infolge der äußeren Lebensbedingungen sich verfestigt haben, erklärt Kant den einheitlichen Ursprung der Menschheit.
- „Das Zweckmäßige in einer Organisation ist doch der allgemeine Grund, woraus wir auf ursprünglich in die Natur eines Geschöpfs in | dieser Absicht gelegte Zurüstung und, wenn dieser Zweck nur später hin zu erreichen war, auf anerschaffene Keime schließen. Nun ist dieses Zweckmäßige zwar an der Eigenthümlichkeit keiner Race so deutlich zu beweisen möglich, als an der Negerrace; allein das Beispiel, das von dieser allein hergenommen worden, berechtigt uns auch, nach der Analogie eben dergleichen von den übrigen wenigstens zu vermuthen.“ (8:102|103)
Georg Forsters Reaktion
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Georg Forster veröffentlichte im Teutschen Merkur vom Oktober und November 1786 einen Aufsatz „Noch etwas über die Menschenracen“[39] , in dem er Kants Aufsatz in der Berlinische Monatszeitschrift vom November 1785 scharf kritisierte. Dabei bezog er sich nicht nur auf den Aufsatz „Bestimmung des Begriffs einer Menschenrace“, sondern auch auf „Mutmaßlicher Anfang der Menschengeschichte“, weil Kant in letzterem parallel zur physiologischen (sinnlichen) Entwicklungstheorie auch eine Theorie der moralischen Entwicklung entworfen hatte, die aus Sicht Forsters parallel zu lesen ist.
- „Laßen Sie mich dieses auf die Naturgeschichte anwenden. Ein großer Theil des Verdienstes, das sich Linn¦ um diese Wissenschaft erwarb, bestand unstreitig in den genauen Definitionen, wodurch er die verschiedenen Grade der Verwandtschaft des Aehnlichen zu / unterscheiden lehrte. Nach gewissen angenommenen Sätzen, die er aus seiner Erfahrung abstrahirt hatte, entwarf er sein Fachwerk, und paßte nun die Wesen der Natur hinein. Allein solange unsere Erkenntniß mangelhaft bleibt, scheinen wir von einer Infallibilitt der Principien noch weit entfernt zu seyn. Bestimmungen, die sich auf eingeschränkte Erkenntnis grìnden, kçnnen zwar innerhalb dieser Schranken brauchbar seyn; aber sobald sich der Gesichtskreis erweitert, der Sehepunkt verrückt, werden sie da nicht einseitig und halbwahr erscheinen? In der Litterargeschichte der Naturkunde giebt es hiervor auffallende Beyspiele. Die Botanik, die Chymie und die Physik sind lediglich aus diesem Grunde jetzt ganz etwas anderes als vor fünfzig Jahren. Vielleicht wird unser jetziges Schema der Wissenschaften ein halbes Jahrhundert weiter hinaus, eben so wie das vorige, veralten und mangelhaft werden.“[40]
Forster mahnt in seinem Artikel[41] dass Vorsicht nötig sei, „um die gewöhnlichste aller Illusionen zu vermeiden, diese nämlich, daß man bey dem bestimmten Suchen nach dem was man bedarf, dasselbe oft auch da zu finden glaubt, wo es wirklich nicht ist.“[42] Theoretische Betrachtungen müssen verändert werden, wenn die Empirie neue, abweichende Ergebnisse liefert. Man kann sich also mit der Theorie auf dem Holzweg befinden. Zudem kann eine Theorie nur eine Struktur, aber nicht die tatsächlichen Gegebenheiten abbilden. Forster kann zeigen, dass Kants Wiedergabe von Reiseberichten zum Teil fehlerhaft waren. Gegen Kant vertritt er eine Polygenese und stützt sich dabei auf die Forschungen seines Freundes Samuel Thomas Soemmerings[43] und entwirft in Anlehnung an dessen Theorie eine Art Stufenleiter von den menschlichen Rassen bis hinunter zum Orang-Utan. Er lehnt mit Buffon weiterhin die Hautfarbe als unveränderliches Merkmal des Menschen ab. Auch Linné hatte diese Position vertreten. Außerdem sei die Klassifizierung in vier Grundtypen der Hautfarbe viel zu wenig differenziert.
Kants Replik
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Nach dem Aufsatz von Forster (1786) erschien 1787 zunächst die 2. Auflage von Kants Kritik der reinen Vernunft. Bereits hier ging Kant auf die nach seiner Auffassung richtige Vorgehensweise in den Wissenschaften ein, die aus dem Zusammenspiel von Theorie und und darauf ausgerichteter Beobachtung (Experiment) besteht:
- „Die Vernunft muss mit ihren Prinzipien, nach denen allein übereinstimmende Erscheinungen für allgemeine Gesetze gelten können, in einer Hand und mit dem Experiment, das sie nach jenen ausdachte, in der anderen an die Natur gehen, zwar um von ihr belehrt zu werden, aber nicht in der Qualität eines Schülers, der sich alles vorsagen läßt, was der Lehrer will, sondern in der eines bestallten Richters, der die Zeugen nötigt, auf die Fragen zu antworten, die er ihen vorlegt. [...] Hiedurch ist die Naturwissenschaft allererst in den sicheren Gang einer Wissenschaft gebracht worden, da sie so viel Jahrhunderte durch nichts weiter als bloßes Herumtappen gewesen war.“ (KrV B xiiif)
Reine Sammlungen von Beobachtungsdaten ohne eine dahinter stehende Theorie können Zusammenhänge nicht erklären. Sie sind so keine Grundlage für einen Erkenntnisfortschritt.
Im Aufsatz Über den Gebrauch teleologischer Principien in der Philosophie, der im Jahr 1788 im Teutschen Merkur erschienen ist.[44] reagierte Kant dann unmittelbar auf die Kritik Forsters. Es ist die letzte Veröffentlichung Kants, in der er sich systematisch mit der Frage der Bestimmung des Begriffs der Rasse auseinandersetzte.
Kant ging es in seiner Replik um die Frage, nach welcher Methode naturwissenschaftliche bzw. empirische Forschungen erfolgen sollten, also eine wissenschaftstheoretische Frage. Es ist die Frage, ob Naturwissenschaft zunächst eine bloße Naturbeschreibung beinhaltet, oder ob sie auch zugleich mit dem Ansatz, eine Naturgeschichte mit der Annahme eines Zweckes der Natur zu schreiben (Teleologie), vorgehen sollte. Kant verwies dabei auf die Forschungen von Carl von Linné und dessen Naturklassifizierungen in seinem Werk Systema Naturae. Kant ging es um den Gegensatz von erklärenden zu beschreibenden Wissenschaften. Im Weiteren bemüht sich Kant erneut, seine Theorie über den Ursprung der Menschenrassen zu begründen. Die Auseinandersetzung ist unter dem Titel „Kant-Forster-Kontroverse“ bekannt geworden.[45] Kant ging von einem einheitlichen Ursprung der Menschheit aus (Monogenese), die sich im Verlaufe der Entwicklung differenzierte und deren wesentliches Unterscheidungsmerkmal die Hautfarbe ist[46] Methodisch müsse man von Prinzipien a priori ausgehen und überprüfen, ob diese zutreffend seien. Sinnvoll empirisch forschen kann man nach Kant nur, wenn man von einer Hypothese ausgeht. Forster hingegen hatte behauptet, dass die Menschenrassen polygenetisch entstanden und Haufarben zufällige Merkmale seien, und vertrat die These, dass wissenschaftliche Erkenntnisse nur aufgrund von Beobachtungen (hier Reiseberichten) und Schlussfolgerungen daraus möglich seien. Kant betont in seiner Antwort, dass rein empirische Beobachtung keine Zweckmäßigkeit in der Natur finden und somit auch keine Naturgeschichte allein aus den Beobachtungen ableiten kann. Er verweist darauf, dass Forster selbst das Klassifizierungssystem Linnés anwendet, also von einer Theorie ausgeht.
Kant ist einer der ersten, der eine Erklärung der Unterschiede durch eine Vererbungstheorie vornimmt. Dies kann in einer erklärenden Naturgeschichte erfolgen, die auch das Prinzip der Entwicklung aufzeigt. Urteile dieser Art nennt Kant teleologische Urteile, die auf einen Zweck gerichtet sind.[47] Er weist auf den Unterschied von Naturbeschreibung und Naturgeschichte hin. Es ist einsichtig, dass „die eine (die Naturbeschreibung) als Wissenschaft in der ganzen Pracht eines großen Systems erscheint, die andere (die Naturgeschichte) nur Bruchstücke, oder wankende Hypothesen aufzeigen kann.“ (8:162)
Der Begriff der Rasse ist kein Teil der Naturbeschreibung und muss deshalb erklärt werden (8:163).
- „Nach diesen Vorbegriffen würde die Menschengattung (nach dem allgemeinen Kennzeichen derselben in der Naturbeschreibung genommen) in einem System der Naturgeschichte in Stamm (oder Stämme), Racen oder Abartungen ( progenies classificae ) und verschiedenen Menschenschlag ( varietates nativae ) abgetheilt werden können, welche letztere nicht unausbleibliche, nach einem anzugebenden Gesetze sich vererbende, also auch nicht zu einer Classeneintheilung hinreichende Kennzeichen enthalten.“ (8:164)
- Struktur der Theorie der Rasse
1. Innerhalb einer Tiergattung entstehen Klassenunterschiede nur durch Vererbung. Dabei gibt es zufällige und durch Geburt eingewurzelte Phänomene
2. Unterscheidung der Klassen anhand der angeborenen Hautfarbe in Weiße, gelbe Indianer, Neger und kupferfarbige-rote Amerikaner, wobei einerseits die geographische Beheimatung als auch das Klima eine Rolle spielen können.[48]
3. Innerhalb einer Klasse gibt es keine durchgängigen erblichen Merkmale. Nachkommen schlagen eher entweder nach dem Vater oder der Mutter.
4. Eine Kreuzung zwischen verschiedenen Klassen führt zu einer Vermischung, etwa ein Weißer und eine schwarze Mutter bekommen unausweichlich ein Mulattenkind.
5. Die Hautfarben müssen daher in den Keimen und Anlagen des Menschen angelegt sein. Dementsprechend scheidet eine Polygenese des Menschen aus.
6. Rasse ist die Bezeichnung für eine durch erbliche Merkmale ausgezeichnete Klasse.[49]
- „In Hrn. Sprengels Beiträgen, 5tem Theile, S. 287 - 292, [50] führt ein sachkundiger Mann gegen Ramsays Wunsch, alle Negersklaven als freie Arbeiter zu brauchen, an: daß unter den vielen tausend freigelassenen Negern, die man in Amerika und in England antrifft, er kein Beispiel kenne, daß irgend einer ein Geschäfte treibe, was man eigentlich Arbeit nennen kann, vielmehr da sie ein leichtes Handwerk, welches sie vormals als Sklaven zu treiben gezwungen waren, alsbald aufgeben, wenn sie in Freiheit kommen, um dafür Höker, elende Gastwirthe, Livereibediente, auf den Fischzug oder Jagd ausgehende, mit einem Worte Umtreiber zu werden. Eben das findet man auch an den Zigeunern unter uns. Derselbe Verfasser bemerkt hiebei: daß nicht etwa das nordliche Klima sie zur Arbeit ungeneigt mache; denn sie halten, wenn sie hinter dem Wagen ihrer Herrschaften, oder in den ärgsten Winternächten in den kalten Eingängen der Theater (in England) warten müssen, doch lieber aus, als Dreschen, Graben, Lasten tragen etc. Sollte man hieraus nicht schließen: daß es außer dem Vermögen zu arbeiten noch einen unmittelbaren, von aller Anlockung unabhängigen Trieb zur Thätigkeit (vornehmlich der anhaltenden, die man Emsigkeit nennt) gebe, der mit gewissen Naturanlagen besonders verwebt ist, und daß Indier sowohl als Neger nicht mehr von diesem Antriebe in andere Klimaten mitbringen und vererben, als sie für ihre Erhaltung in ihrem alten Mutterlande bedurften und von der Natur empfangen hatten, und daß diese innere Anlage eben so wenig erlösche, als die äußerlich sichtbare. Die weit mindern Bedürfnisse aber in jenen Ländern und die wenige Mühe, die es erfordert, sich auch nur diese zu verschaffen, erfordern keine größern Anlagen zur Thätigkeit.“ (8:174)
- „In der That versichert Don Ulloa (ein vorzüglich wichtiger Zeuge, der die Einwohner von Amerika in beiden Hemisphären kannte) die charakteristische Gestalt der Bewohner dieses Welttheils durchgängig sehr ähnlich befunden zu haben (was die Farbe betrifft, so beschreibt sie einer der neuern Seereisenden, dessen Namen ich jetzt nicht mit Sicherheit nennen kann, wie Eisenrost, mit Öl vermischt). Da aber ihr Naturell zu keiner völligen Angemessenheit mit irgend einem Klima gelangt ist, läßt sich auch daraus abnehmen, daß schwerlich ein anderer Grund angegeben werden kann, warum diese Race, zu schwach für schwere Arbeit, zu gleichgültig für emsige und unfähig zu aller Cultur, wozu sich doch in der Naheit Beispiel und Aufmunterung genug findet, noch tief unter dem Neger selbst steht, welcher doch die niedrigste unter allen übrigen Stufen einnimmt, die wir als Racenverschiedenheiten genannt haben.“ (8:175-176)
Kant und Blumenbach
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Zeitgleich mit Kants erstem Aufsatz erschien im Jahr 1775 die Dissertation von dem erst 23-jährigen Johann Friedrich Blumenbach mit dem Titel „Über die natürliche Vielfalt der Menschen“.
Vorlesung über Anthropologie
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]In einem Brief von Kant an Marcus Herz aus dem Jahre 1773 schreibt er: „Ich lese in diesem Winter zum zweyten mal ein collegium privatum der Anthropologie welches ich jetzt zu einer ordentlichen academischen disciplin zu machen gedenke“. (10, 145) Es gibt ein Skript zur Vorlesung über Anthropologie, das aus dem Jahr 1791/92 stammt[51]und in dem es heßt:
- (Ko362u) „IV. Vom Charakter der Rasse
- Wo wir den ganzen Menschenstamm nach Ästen betrachten. Rasse ist ein notwendiger, angeborner, erblicher Unterschied von andern. Es sind vier Rassen:
- 1. Die Amerikaner. Ihr Charakter ist eine große Unempfindlichkeit und die daher entspringende Gleichgültigkeit, so daß selbst die Kreolen, die hier von europäischen Eltern geboren werden, an dieser Gemütsbeschaf|fenheit
- Ko363 Teil haben. Ihre Farbe ist kupferrötlich wie Eisenrost mit Öl vermischt. Sie können entsetzliche Operationen aushalten. Ebenso sind sie auch unempfindlich in Affekten. Diese Leute affiziert nichts und sie werden weder durch Versprechungen noch durch Drohungen gerührt. Ja, selbst in Ansehung der Geschlechterneigung sind sie kaltsinnig. Zur Rache haben sie große Neigung. Die Freiheit bei ihnen ist nicht wie die in Europa, sondern tierisch. Dieser Freiheit aber opfern sie auch alle Süßigkeiten des Lebens auf. Sie haben keine Sorgen. Des Morgens verkauft er seine Hängematte und wundert sich wohl gar des Abends, daß er nichts hat, worauf er liegen kann. Sie sind eben nicht gesprächig. Die Weiber nehmen oft Wasser ins Maul, daß sie nicht reden dürfen. Dies kann man auch schon daraus erkennen, daß die amerikanischen Hunde die Menschen nicht lieben, sondern vielmehr vor ihnen fliehen, weil sie nie gewohnt sind, von ihnen geschmeichelt zu werden.
- 2. Die Neger (Afrikaner) haben einen ganz entgegengesetzten Charakter, obgleich Afrika mit Amerika in einem Klima liegt. Sie sind voller Lebhaftigkeit, Leidenschaft, Affekt. Er ist eitel, geschwätzig, scherzhaft, nimmt Kultur an, aber entweder die eines Knechts oder eines Umtreibers. Man hat nie bemerkt, daß, wenn einer von ihnen frei geworden ist, er ein Handwerk ergriffen hätte. Lieber mag er ein Gast<Kaffee>haus haben. Er scheint dazu gemacht zu sein, andern zu dienen, aber nie zivilisiert zu werden. Sie sind bei ihrem lebhaften Naturell läppisch. Denn obschon ihre Fasern reizbar sind, so fehlt ihnen doch eine gewisse Festigkeit in denselben, daher es ihnen an Standhaftigkeit mangelt und sie zu allem ungeschickt sind, wozu Verstand erfordert wird. Sie sind, wie die Affen sehr geneigt zum Tanzen und benutzen dazu jeden Augenblick, da sie nicht arbeiten dürfen. Wenn sie dieses auch den ganzen Tag über getan haben, so plaudern sie dennoch die Nacht durch und schlafen wenig.
- Ko364 3. Die Inder (nämlich in Asien) haben eine Art von Selbstbeherrschung - geraten fast nie in Hitze. Doch haben sie starke Leidenschaften und tragen es nach. Sie nehmen alle bürgerliche Kultur an, sind aber keiner Aufklärung fähig: sie haben ein Maß, über das sie nicht kommen. Ihre Religion bleibt unverändert. Sie haben wohl Künste, aber keine eigentlichen Wissenschaften. Als Bürger sind sie geduldig und gehorsam. Sie haben keine eigentlichen Begriffe von Ehre und Tugend. Denn dies setzt Geist und Genie voraus. Sie legen sich auf List und Ränke. Sie können am meisten in tiefen Gedanken sein. Sie tun entweder gar nichts oder legen sich auf Glücksspiele, dahin gehören auch die Würfel. [Sie sind an sich schon melancholisch.] Bei zunehmenden Jahren können sie stunden|lang an der Angel sitzen, wenn auch kein Fisch da ist, der anbeißt. Die Ostindier sind zurückhaltend und behutsam. Sie sehen alle wie Philosophen aus. Wenn sie von einem Europäer angeführt werden, so besänftigen sie ihn und entfernen sich gern, um nicht Streit zu haben. Die Ursache ist die Feinheit ihrer Fasern, da sie sehr leicht aus aller Fassung gebracht werden.
- 4. Die Europäer oder Weißen sind gemeinschaftlich zum Ungestüm aufgelegt. Bei ihnen findet man alle Triebfedern, Affekte, Leidenschaften, aber auch alle Anlagen und Talente zu Künsten und Wissenschaften. Sie haben die Eigenschaft, durch Gesetze zivilisiert zu werden und doch frei zu sein. Sie nehmen nicht allein Disziplin an, sondern auch Kultur des Geistes. Ohne Geist bleibt der Mensch borniert, ohne Naturell roh, d.h. er lernt nichts, und ohne Instinkt ist keine Kultur. -
- Was soll man sagen, werden die Rassen zusammenschmelzen oder nicht? Sie werden nicht zusammenschmelzen, und es ist auch nicht zu wünschen. :Die Weißen würden degradiert werden. Denn jene Rassen nehmen nicht die Sitten und Gebräuche der Europäer an.
- 5. Die mongolische oder kalmückische Rasse. Sie haben platte Gesichter, kleine Nasen und |
- Ko365 Augen und bartloses Kinn. Der Schnitt ihrer Augen ist schief einwärts nach der Nase zu. Sie haben viel Tapferkeit und Fähigkeiten alles zu lernen. Sie machten nie große Eroberungen, ohne sie wieder zu verlieren, es kommt mit von ihrem Hange zum Hirtenleben. Rußland hatten sie 200 Jahre. Sie waren bereits unter dem Namen der Hunnen.
- [Die weiße Rasse ist die vorzüglichste und hat sich schnell allenthalben ausgebreitet.]“
Rezeption
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Zeitgenössische Rezeption
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Im Jahr 1778 veröffentlichte Eberhard Zimmermann seine Geographische Geschichte des Menschen und der vierfüßigen Tiere.[52]
Samuel Thomas Sömmering veröffentlichete im Jahr 1784 seinen Aufsatz: Über die körperliche Verschiedenheit des Mohren vom Europäer
Bemerkenswert ist die Arbeit von Christoph Girtanner: „Ueber das Kantische Prinzip für die Naturgeschichte, Göttingen 1796“, die Kant in seiner Anthropologie in pragmatischer Hinsicht ausdrücklich positiv erwähnt, weil Girtanner hier das kantische teleologische Prinzip mit der Theorie der Rasse von Blumenbach verbindet.[53]
Die amerikanische Erstausgabe der Encyclopædia Britannica von 1798 verfestigte das gegenüber schwarzen Menschen bestehende Stereotyp[54] :„In der Pigmentierung der Neger begegnen wir verschiedenen Nuancen; doch alle unterscheiden sich auf dieselbe Weise von den anderen Menschen in allen Gesichtszügen. Runde Wangen, hohe Jochbeine, leicht erhöhte Stirn, kurze, breite und flache Nase, dicke Lippen, kleine Ohren, Hässlichkeit und unregelmäßige Züge charakterisieren ihr Aussehen. Die Negerfrauen haben sehr ausladende Hüften und sehr dicke Gesäßbacken, die ihnen die Form eines Sattels verleihen. Die bekanntesten Laster scheinen das Schicksal dieser unglücklichen Rasse zu sein; man sagt, dass Müßiggang, Verrat, Rachsucht, Grausamkeit, Schamlosigkeit, Diebstahl, Lüge, unflätige Rede, Zügellosigkeit, Engstirnigkeit und Ausschweifung die Prinzipien des Naturgesetzes ausgelöscht und die Mahnungen des Gewissens zum Schweigen gebracht haben. Jedes Mitgefühl ist ihnen fremd, und sie stellen ein schreckliches Beispiel für die Verderbtheit des Menschen dar, wenn er sich selbst überlassen bleibt.“
Die erste Auflage der Brockhaus-Enzyklopädie von 1809 verweist zwar auf Kant, zeigt aber bereits ein differenzierteres Bild.[55]
Hegel befand
- „Die Lehre, die wir aus diesem Zustand der Sklaverei bei den Negern ziehen [...], ist die, welche wir aus der Idee kennen, dass der Naturzustand selbst der Zustand absoluten und durchgängigen Unrechts ist. Jede Zwischenstufe zwischen ihm und der Wirklichkeit des vernünftigen Staates hat ebenso noch Momente und Seiten der Ungerechtigkeit [...] Die Sklaverei ist an und für sich Unrecht, denn das Wesen des Menschen ist die Freiheit, doch zu dieser muss er erst reif werden. Es ist also die allmähliche Abschaffung der Sklaverei etwas Angemesseneres und Richtigeres als ihre plötzliche Aufhebung.“[56]
Der Rassismus-Vorwurf in der Gegenwart
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Nach Gudrun Hentges wird „Kants Beitrag zur Entwicklung einer Rassentheorie im deutschen Sprachraum entweder eine nur geringe Bedeutung beigemessen, oder aber die von ihm vorgenommene Kategorisierung wird dem Bereich der physischen - und damit angeblich harmlosen, da lediglich körperliche Merkmale berücksichtigenden - Anthropologie zugeordnet.“[57] Wulf D. Hund meint: „Niemand hat die damit verbundene Anthropologie stimmiger entwickelt als Immanuel Kant. JeanJacques Rousseaus Perfektibilität und Adam Smiths Arbeitswertlehre wurden dabei mit Georges Louis Leclerc de Buffons Fortpflanzungskonzept und Carl von Linnés Rassennomenklatur zu einer geschichtsphilosophisch unterlegten Rassentheorie verarbeitet.“[58] Diese These findet sich auch bei Robert Bernasconi: „Dass Kant ein führender Befürworter des Rassenbegriffs war, als dessen wissenschaftlicher Status noch lange nicht gesichert war, ist gut belegt. In der Tat kann man mit Fug und Recht sagen, Kant habe den wissenschaftlichen Begriff der Rasse erfunden, insofern er die erste klare Definition desselben gab.“[59]
Direkt zur Kant-Forster Kontroverse
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]„Der Gegenstand der Kontroverse zwischen Forster und Kant - die Möglichkeit der Einteilung des Menschengeschlechtes in Arten oder Rassen - spiegelt einen Diskussionszusammenhang des späten 18. Jahrhunderts wider, in dem die politische und ideologische Dimension der Einteilung der Menschen, nämlich die damit verbundene Möglichkeit der Bewertung dieser Einteilung, eine weit größere Rolle gespielt hat als die direkt biologische Frage nach den Prinzipien der Einteilung und der Ursache der Unterschiede bei den Menschen.“[60]
Critical Race Theorie
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Grundsätzlich wird in Frage gestellt, ob Kants Begriff der Person überhaupt die Menschen anderer Rassen umfasst oder sich nur auf weiße Europäer bezieht.
- „Denn vernünftige Wesen stehen alle unter dem Gesetz, daß jedes derselben sich selbst und alle andere niemals bloß als Mittel, sondern jederzeit zugleich als Zweck an sich selbst behandeln solle“ (GMS 04, 433)
Liest man diese Aussage in der Grundlegung zur Metaphysik der Sitten nicht universalistisch, so kann man unterstellten, dass Kant die nach seiner Sicht nicht mit gleicher Vernunft ausgestatteten Menschen auch nicht das gleiche Menschenrecht zugesteht.
Ein scharfer Kritiker der "Rassentheorie" Kants ist Charles W. Mills:
- „Wie könnte man Kant plausibler den Grad an kognitiver Dissonanz zuschreiben, der erforderlich ist, damit die wirklich universalistische Lesart seines Werkes richtig ist? Ich werde den Kontrast in der folgenden krassen Form darstellen, um die (meiner Ansicht nach) Absurdität, die darin liegt, deutlich zu machen. […]
- Uneingeschränkter Universalismus : Alle biologischen Menschen/alle Rassen müssen als vollwertige Personen als Zweck und niemals als bloßes Mittel behandelt werden.
- Rassistischer Partikularismus : Die Rassen der Schwarzen und der amerikanischen Ureinwohner könnten kolonisiert und versklavt werden.
- Ich weise den Leser darauf hin, dass ein so eklatanter Widerspruch jedem auch nur ansatzweise Intelligenz aufgefallen wäre, ganz zu schweigen von einem der klügsten Köpfe in der über zweitausendjährigen Geschichte der westlichen philosophischen Tradition. […]
- Angesichts der Alternativen eines Kant, der diesen eklatanten Widerspruch nicht erkannt hätte, und eines Kant, für den es angesichts des Ausmaßes der radikalen zwischenrassischen Differenzierung innerhalb der Menschheit keinen Widerspruch gab, scheint mir die weitaus plausiblere Interpretation, dass für ihn die Menschheit normativ gespalten war, die weitaus plausiblere.“ [61]
Robert Bernasconi sieht in Kant den ersten wissenschaftlichen Rassentheoretiker.[62]
Gegenpositionen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Man kann Kants Überlegungen zum Begriff der Rasse auch als einen Sachbeitrag zu einer wissenschaftlichen Debatte verstehen. Für Raphael Lagier war Kant „der einzige, der sowohl die Interfertilität aller Menschen als auch die Tatsache erklärt, dass ihre Hautfarbe nicht nur eine Funktion des Breitengrads ist. […] Kant entwickelte eine Biologie, in der die äußeren (Umwelt-) und internen (erblichen) Kausalitäten der Differenz der menschlichen Phänotypen nach präzisen Gesetzen verteilt sind.“[63]
Die Kritik der Vertreter der Critical Race Theorie wird von den Vertretern des kantischen Universalismus mehr oder weniger stark zurückgewiesen. Bernd Dörflinger formuliert diese Position folgendermaßen:
- „Es gibt eine Tendenz innerhalb der Kant-Literatur, gewisse in der Tat haltlose Äußerungen Kants zu Rangunterschieden unter den Menschenrassen im Übermaß zu skandalisieren. Das Übermaß besteht darin, dass der Status dieser Aussagen, die keine prinzipientheoretischen sind und bei denen es sich um empirisch ganz unzureichend fundierte Meinungen handelt, doch prinzipientheoretisch überhöht wird. Repräsentanten der genannten Tendenz sind etwa Robert Bernasconi[64] und Charles W. Mills[65] Mills geht so weit zu behaupten, dass Kant nur den Weißen den Status moralischer Personen zugeschrieben habe (vgl. 183). Angemessener ist es wohl, den Universalismus der Philosophie Kants nicht im Prinzip in Frage zu stellen, allerdings die inkriminierten Äußerungen als im Widerspruch dazu stehend auszuschließen. Diese Position vertreten in der Kant-Forschung etwa Robert B. Louden[66] und Thomas McCarthy[67]. Pauline Kleingeld[68] hat darauf hingewiesen, dass Kant sich im Laufe der 1790er Jahre selbst explizit korrigiert und seine Äußerungen zu einer Hierarchie der Menschenrassen widerrufen hat (vgl. 590). Sie legt nahe, das als Konsequenz aus der Ausarbeitung der Lehrstücke zum Völkerrecht und zum Weltbürgerrecht zu betrachten (vgl. 587). Ergänzend kann allerdings gesagt werden, dass Kants Selbstkorrektur auch schon vor diesen rechtsphilosophischen Spezifikationen möglich gewesen wäre, also auch nur auf der Grundlage seines Kategorischen Imperativs, etwa auf der der Selbstzweckformel, die eindeutig egalitaristisch ist und ausschließt, irgend einem Menschen einen minderen Rang zuzuschreiben, um ihn etwa nur als Mittel zu gebrauchen.“[69]
Teleologische Interpretation
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Manche Kant-Interpreten betrachten die Rasse-Schriften Kants als Vorarbeiten zu seiner Theorie der empirischen Wissenschaften. Speziell seiner Philosophie der Biologie, die Kant 1790 in seiner Kritik der teleologischen Urteilskraft als zweiten Teil seiner Kritik der Urteilskraft veröffentlicht hat.[70]
„Das Prinzip der formalen Zweckmäßigkeit der Natur ist ein transzendentales Prinzip der Urteilskraft“, so die These Kants in der Einleitung zur KU.[71]
Die Debatte im Feuilleton 2020
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Nach der Tötung von George Floyd im Mai 2020 konnte man im Sommer 2020 fast täglich Stellungnahmen und Kommentare zu Kants angenommenen Rassismus lesen und hören.
- 13.06.2020 Michael Zeuske: Der Bonner Historiker und Spezialist für die Geschichte der Sklaverei führte im Deutschlandfunk aus: „Wer ernsthaft über Rassismus und Denkmalstürze aufklären will, muss auch so große Geister wie den Philosophen Immanuel Kant […] in die Überlegungen einbeziehen.“ weil Kants „anthropologische Schriften dazu beitrugen, den europäischen Rassismus zu etablieren.“[72]
- 16-06-2020 Stefan Gosepath: „Die Vertreter der Aufklärung sind nicht unschuldig“, Deutschlandfunk: Rassistische Stellen gebe es in Immanuel Kants Werken und das müsse man auch offen zugeben, sagt Stefan Gosepath. Er ist Professor für Praktische Philosophie an der Freien Universität Berlin. Allerdings sieht er diese nicht als Kernpunkte in Kants Weltanschauung: „Das Zentrum seines Werkes, für das wir ihn schätzen, ist sein Universalismus, also die Behauptung, dass das für alle Menschen gilt – die Tatsache, dass er die gleiche Menschenwürde und den Kosmopolitismus mitbegründet hat.“ Ob Kant, wenn er in seinen Schriften „von allen Personen spricht“ tatsächlich mitnichten alle Menschen, sondern nur den „weißen Mann“ meint, müsse die Kant-Forschung klären.
- 17.06.2020 Volker Gerhardt: „Kant ein Rassist? Lest ihn bitte genau“ WELT: Die jüngsten Forderungen, Immanuel Kant zu ächten, zeigen vor allem eines: Seine Kritiker haben ihn nicht gründlich gelesen. Korrekturen des Kantforschers Volker Gerhardt. „Wie schön wäre es doch, wenn mit der Streichung des Begriffs der Rasse auch gleich der Begriff des Rassismus verschwände! Nur darf der Zweifel, der hier angebracht ist, nicht die Folge haben, auf die Korrektur eines erkannten Fehlers zu verzichten. Ob das aber bei einem Begriff der Fall ist, der, wie im Grundgesetz, Art. 3, gar nicht auf die biologische Nomenklatur, sondern auf ein unter Berufung auf den Begriff der Rasse verübtes Verbrechen bezogen ist, das sich unter keinen Umständen wiederholen soll, ist eine andere Frage. Sicher ist hingegen, dass man sich als Leser Kants nicht davon entmutigen lassen darf, wenn oberflächlichen Lesern schon die Entdeckung des Begriffs der Rasse in seinen Texten genügt, ihn für einen „Rassisten“ zu halten.“
- 20.6.2020 Patrick Bahners: „Kant und die Stammtischwahrheiten“ Frankfurter Allgemeine Zeitung: Der Philosoph stellte Theorien über Unterschiede zwischen den Menschen auf. Sie müssen als Beiträge zur Wissenschaft verstanden werden, bevor über gedankliche Schuld geurteilt werden kann.
- 21.06.2020 Floris Biskamp: „Sollte man Kant als Rassisten bezeichnen?: Kritik der weißen Vernunft“ Tagesspiegel: „War Immanuel Kant ein Rassist, den man vom Sockel stürzen sollte? Seit ein Gespräch mit dem Historiker Michael Zeuske im „Deutschlandradio Kultur“ entsprechend paraphrasiert wurde, wird diese Frage angesichts der antirassistischen Proteste der letzten Wochen diskutiert. Weil der Rassismusvorwurf so überhaupt nicht zum immer noch verbreiteten Bild von Kant als erhabener moralischer Autorität aus Königsberg passt, war ein lauter Aufschrei in der akademischen Welt die Folge. Der Vorwurf aber ist alles andere als neu, sondern Gegenstand einer intensiven Debatte, die insbesondere in den nuller Jahren im internationalen philosophischen und rassismuskritischen Fachdiskurs intensiv geführt wurde. Grundlage dieser Debatte und der aktuellen Vorwürfe ist eine Reihe von Texten über Naturgeschichte und Anthropologie, die Kant in den 1770er und 1780er Jahren veröffentlichte und in denen er eine explizite Rassentheorie formulierte.“
- 23.06.2020 Frank Pergande: „Wurzeln des Rassismus: Was der Philosoph Kant zu wissen meinte“ Frankfurter Allgemeine Zeitung: „Wann immer in Deutschland über Rassismus diskutiert wird, kommt die Rede über kurz oder lang auch auf Immanuel Kant, den großen Philosophen aus Königsberg. Auch der sei Rassist gewesen, heißt es dann. Er habe in unfassbarer Weise über Rassen – bei ihm: Race – schwadroniert. Der Bonner Historiker Michael Zeuske, ein Spezialist für die Geschichte der Sklaverei, nannte den Philosophen im Deutschlandfunk jetzt einen Mitbegründer des europäischen Rassismus. Auch Kant müsse man „in den Blick nehmen“, wenn man es ernst meine „mit der Aufklärung von Rassismus und dem Stürzen von Denkmälern“.
- 24.06.2020 Marcus Willaschek: „Ein Kind seiner Zeit“, Frankfurter Allgemeine Zeitung : „Kant war ein Rassist. Aber was folgt aus dem Befund, dass der Kritiker der Vorurteile seinen Universalismus nicht zu Ende dachte – und was nicht? In einer Zeit, in der Denkmäler von Rassisten und Sklavenhändlern gestürzt werden, wird nun auch diskutiert, ob der Philosoph Immanuel Kant (1724 bis 1804) vom Sockel gestoßen werden müsse, denn er sei, so der Bonner Historiker Michael Zeuske, durch seine Theorie der Menschenrassen ein Vorreiter des Rassismus und Kolonialismus in Deutschland gewesen. Patrick Bahners hat in diesem Feuilleton am 19. Juni zu Recht darauf hingewiesen, dass dieser Vorwurf insofern unbegründet ist, als Kant seine Theorie der Menschenrassen als einen Beitrag zu einer laufenden wissenschaftlichen Diskussion verstanden hat.“
- 26.6.2020 Micha Brumlik forderte in der taz: „Lasst das Denkmal stehen. Immanuel Kant hatte rassistische Vorurteile. Aber er war ein Gegner des Kolonialismus und glaubte keineswegs an „verschiedene Arten von Menschen“. Sein Fazit: „Kurzum: Immanuel Kant hatte zwar rassistische Vorurteile, glaubte aber nicht daran, dass „Rasseeigenschaften“ angeboren und unveränderlich seien. Er war zudem ein Gegner von Leibeigenschaft wie Sklaverei und schon früh einer der schärfsten Kritiker der kolonialen Expansion europäischer Staaten. Dieses Denkmal kann, nein, muss geradezu stehen bleiben.“
- 27.06.2020 Nikita Dhawan zu Kolonialismus und Rassismus im Deutschlandfunk: Europa muss die Arroganz im Umgang mit seinem kolonialen Erbe aufgeben. Das fordert die indische Wissenschaftlerin Nikita Dhawan. Und: Rassistische Strukturen lebten fort. Das Berliner Humboldt Forum etwa sei konzeptionell „feudal“.
- 28.06.2020 Michael Zeuske: „Die Denker und ihr Kaffee: Warum den großen Menschheitsphilosophen die Sklaverei egal war“ Tagesspiegel „Sklaverei wirkte weit über den Handel mit Menschen aus Afrika hinaus. Begründet wurde sie mit Theorie - abgelehnt von Weltreisenden.“
- 03.07.2020 Marina Martinez Mateo „Kants Rassismus. Die falsche Frage“ Frankfurter Allgemeine Zeitung: „War Kant Rassist? Warum mehr über seine Philosophie diskutiert werden sollte und weniger über seine persönlichen Einstellungen.“
- 03.07.2020 Wolf Lepenies: „Kant und die R-Frage: Statt von „Rassen“ sprach er lieber von „Varietäten“, WELT,
- 07.07.2020 Heribert Prantl „Kant, ein Bleistift und der Wahnwitz des Rassismus“ Süddeutsche Zeitung: „Kant erklärt dann aber: „Der Einwohner des gemäßigten Erdstriches, vornehmlich des mittleren Theiles desselben, ist schöner am Körper, arbeitsamer, scherzhafter, gemäßigter in seinen Leidenschaften, verständiger als irgendeine andere Gattung der Menschen in der Welt. Daher haben diese Völker zu allen Zeiten die anderen belehrt und durch die Waffen bezwungen.“ Soweit der Philosoph der europäischen Aufklärung über Vorrang und Vorrecht der Weißen. Er hat hier nicht selbst gedacht; er hat sich der damals herrschenden Meinung angeschlossen.“
- 08.07.2020 Susan Arndt[73] äußerte in der taz „Ich kenne mehr Menschen, die Kant und Hegel als Leuchtfeuer der Zukunft zelebrieren, als solche, die wissen, dass Kant das Konzept „Rasse“ nach Deutschland trug, um, wie Hegel, Sklaverei und die Tötung von Schwarzen zu rechtfertigen.“
- 09.07.2020 Michael Wolff: „Kant war ein Anti-Rassist“, Frankfurter Allgemeine Zeitung: „War Kant ein Rassist? Diesem Urteil des Kant-Forschers Marcus Willaschek liegt ein Zitat zugrunde, das gar nicht von Kant stammt. Empirischen Unterschieden zwischen den Menschen sprach der Philosoph jede moralische Bedeutung ab. „Man muß, so sehr man auch, und zwar mit Recht der Frechheit der Meinungen feind ist, eine Geschichte der Natur wagen, welche eine abgesonderte Wissenschaft ist, die wohl nach und nach von Meinungen zu Einsichten fortrücken könnte.“ (Immanuel Kant: „Von den verschiedenen Racen der Menschen“, 1775). „Die Menschheit ist in ihrer größten Vollkommenheit in der Race der Weißen. Die gelben Indianer haben schon ein geringeres Talent. Die Neger sind weit tiefer, und am tiefsten steht ein Theil der amerikanischen Völkerschaften.“ Diese Sätze sollen hier kurz „das Zitat“ heißen. Sie gehören zur „Physischen Geographie“, die in Band 9 der Akademieausgabe von „Kants Schriften“ enthalten ist. Der Frankfurter Kant-Spezialist Marcus Willaschek hat das Zitat in seinem Artikel „Kant war ein Rassist“ gebraucht, um Kant zu beschuldigen, Rassist gewesen zu sein. An dieser Tatsache würden die von Patrick Bahners in diesem Feuilleton gegebenen Hinweise (Kant habe „seine Theorie der Menschenrassen als einen Beitrag zu einer laufenden wissenschaftlichen Diskussion verstanden“, auch habe er „seine Position mehrfach revidiert“ und „den Begriff der Menschenrasse schließlich aufgegeben“) nichts ändern, jedenfalls dann nicht, wenn man (so Willaschek) unter einem Rassisten jemanden verstehe, der Menschen aufgrund ihrer Hautfarbe und ähnlicher Merkmale pauschal herabsetzt.
- 13.07.2020 Macus Willaschek: „Kant war sehr wohl ein Rassist“, Frankfurter Allgemeine Zeitung : „Michael Wolff nimmt Anstoß an meiner Feststellung, Kant sei Rassist gewesen. Er wendet ein, dass Kants Theorie der Menschenrassen auf die Einheit der menschlichen Gattung hinauslaufe und daher seinem moralischen Universalismus nicht widerspreche. Ganz ähnlich hatte Bernd Dörflinger in einem Brief an die Herausgeber argumentiert. Wolff bezweifelt die Authentizität des Zitats aus Kants „Physischer Geographie“, auf das ich meine Aussage stütze: „Die Menschheit ist in ihrer größten Vollkommenheit in der Race der Weißen. Die gelben Indianer haben schon ein geringeres Talent. Die Neger sind weit tiefer, und am tiefsten steht ein Theil der amerikanischen Völkerschaften.“ Diese Aussage stamme eigentlich von Buffon, den Kant hier nur zitiere. Ob Kant sie sich zu eigen gemacht habe, sei unklar.“)
- 15.07.2020 Otfried Höffe: „War Kant ein Rassist?“ NZZ „Es gibt schon lange die Kritik an Kant, er sei ein Rassist gewesen. Im Zusammenhang mit den Unruhen in den USA ist die Debatte neu entflammt. Kant war wohl kein veritabler Rassist, hier und dort finden sich aber sehr fragwürdige Passagen im Werk des Moralphilosophen.“
- 20.07.2020 Volker Gerhardt: „War Kant ein Rassist?“ Vortrag im Rahmen einer virtuellen Tischgesellschaft der Freunde Kants und Königsbergs e.V.[74]
- 30.07.2020 Michael Wolff: „Antirassist aus Prinzip“, Frankfurter Allgemeine Zeitung . „Wenn Kant das genetische Erbe der Amerikaner in einen Gegensatz zur Kultur brachte, war das Teil eines „Hypothesenspiels“, das Naturtatsachen keine Zwecke unterschieben wollte. Marcus Willaschek hat Kant wieder Rassismus vorgeworfen. Rassismus bestehe darin, Menschen aufgrund ihrer bloßen Hautfarbe „zu diskriminieren“ oder einen „herabsetzenden Blick“ auf sie zu werfen. Was er Kant vorwirft, ist jetzt erfreulicherweise nicht mehr, was er ihm im früheren Artikel vorgeworfen hatte: Kant habe den Universalismus seiner Moralphilosophie „nicht zu Ende gedacht“. Auch räumt er nun ein, es sei „ein historisches Verdienst“ Kants, prinzipiell allen Menschen gleiche Rechte „zugestanden“ zu haben. Eigentlich sollte er jetzt auch einräumen, dass Kant Anti-Rassist war. Denn daraus, dass alle Menschen gleiche Rechte haben, folgt nach dem Kategorischen Imperativ die Pflicht, die Würde jedes Menschen zu respektieren, egal welche bloß empirischen Merkmale ihm zugeschrieben werden. Auch Menschen anderer Hautfarbe mit Worten herabzusetzen ist Beleidigung, die nach Kants Prinzipien als unmoralisch zu gelten hat. Kant verfügte noch nicht über das Wort „rassistisch“. Das ändert aber nichts an der Sache.“
Um die Debatte nachzuzeichnen und eine bessere Beurteilung zu ermöglichen, hat die Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften eine Seminarreihe mit prominenten Wissenschaftlern durchgeführt.[75]
- 02.01.2021 Marianna Lieder: „Kant und der Rassismus“, Philosophie Magazin
- 26.01.2021 Daniel-Pascal Zorn“: War der große Philosoph doch ein Rassist? Frankfurter Allgemeine Zeitung „Rassismus und Diskriminierung ist kein Phänomen des 21. Jahrhunderts. Eine virtuelle Tagung nimmt die Debatte zur „Rasse“ bei Kant auf. Doch wie lassen sich historische und systematische Hinsicht unterscheiden?“
- „22.02.2021 Manfred Geier“: Immanuel Kant, ein Rassist? Süddeutsche Zeitung: „In den Schriften des größten deutschen Philosophen der Aufklärung finden sich eindeutig rassistische Passagen. Aber war auch der alte weiße Mann Kant ein Rassist? Drei Hinweise eines Kant-Biografen.“
- 14.04.2021 Michael Wolff: „Wer Kant als Rassisten bezeichnet, müsste ihn erst einmal lesen“, NZZ: „Wie eine wissenschaftliche Akademie den Aufklärer an den Pranger stellt. Der Vorwurf wird immer wieder erhoben: Immanuel Kant sei ein Rassist gewesen. Nun geht die Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften der Sache nach. Mit erstaunlich wenig Sachkunde. Kant gebrauchte das Wort «Rasse» in einer Zeit des Kolonialismus und des Sklavenhandels. Damals wurden in Europa Reiseberichte über Menschen anderer Kontinente populär, die das Interesse an Besonderheiten indigener Völker weckten. Wenn man wie Kant Recht und Würde aller Menschen verteidigen wollte, durfte man nicht ignorieren, dass durch jenes Interesse der biologische Begriff des Menschen mehrdeutig zu werden drohte.“
- 16.04.2021 Dieter Schönecker: „Amerikaner seien «zu schwach für schwere Arbeit». Und Schwarze faul: Wie ich lernte, dass Kant Rassist war.“ NZZ, „Michael Wolff ist ein sehr bedeutender Kant-Forscher, der wichtige Bücher und Aufsätze sowohl zur theoretischen wie auch zur praktischen Philosophie Kants geschrieben hat. Wenn jemand wie er die Diskussions-Reihe «Kant – ein Rassist?» der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften in Grund und Boden kritisiert und die «Peinlichkeit dieses Unternehmens» feststellt, muss man das ernst nehmen.“
- 02.08.2022 Hendrikje Schauer: „Kind seiner Zeit: Manfred Geier verteidigt Immanuel Kant gegen die Vorwürfe von Rassismus und Misogynie.“ Dass „große Leute nur in der Ferne schimmern und dass ein Fürst vor seinem Kammerdiener viel verliert, kommt daher, weil kein Mensch groß ist.“ So bescheiden hat Immanuel Kant einmal formuliert. Der Kant-Biograf und Literaturwissenschaftler Manfred Geier erinnert in seinem neuen Büchlein „Philosophie der Rassen. Der Fall Immanuel Kant“ daran. Größe wäre für Kant ein Phänomen des Abstands, der Distanz.
Wissenschaftliche Bewertung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Afrikanische Philosophie
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Appiah
- Mbembe
- Wiredu
- Gyekye
- Serequeberhan
- Odera Oruka
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Victor Fabian Abundez-Guerra: How to Deal with Kant’s Racism—In and Out of the Classroom, in: Teaching Philosophy 41 (2) 2018, S. 117–135
- Lucy Allais: Kant’s Racism, in: Philosophical Papers 45 (1-2) 2016, S. 1–36
- John R. Baker: Die Rassen der Menschheit. Merkmale, Unterschiede und ihre Beziehungen zueinander, Deutsche Verlags-Anstalt, 1976 (Original: John R. Baker: Race. Oxford University Press, 1974), ISBN 978-3-88199648-8
- Robert Bernasconi: „Kant and Blumenbach’s Polyps. A Neglected Chapter in the History of the Concept of Race“, in: Sara Eigen / Mark Larrimore (Hrsg.), The German Invention of Race, Albany: SUNY Press, 1990, 73-90
- Robert Bernasconi: ‘Who Invented the Concept of Race? Kant’s Role in the Enlightenment Construction of Race’, in Bernasconi (Hrsg): Race, Malden MA & Oxford 2001.
- Robert Bernasconi: ‘Kant: An Unfamiliar Source of Racism’. In Philosophers on Race: Critical Essays, edited by Ward Julie K., Lott Tommy L., 145–166. Oxford 2002
- Robert Bernasconi: „Will the Real Kant Please Stand Up: The Challenge of Enlightenment Racism to the Study of the History of Philosophy“,in: Radical Philosophy 117 [2003]
- Robert Bernasconi: „Kant’s Third Thoughts on Race“, in: Stuart Elden / Eduardo Mendieta (Hrsg.) Reading Kant’s Geography, Albany NY: SUNY Press, 2011, 291-318
- Robert Bernasconi: True Colors: Kant’s Distinction Between Nature and Artifice in Context. In: Rainer Gode, Gideon Stiening (Hg.), Klopffechtereien – Missverständnisse – Widersprüche? Methodische und methodologische Perspektiven auf die Kant-Forster-Kontroverse. München: Wilhelm Fink Verlag 2012, S. 191-207.
- Thomas E. Hill Jr. / Bernard Boxill: Kant and Race, in: Bernard Boxill (Hrsg.), Race and Racism, Oxford: Oxford UP, 2001, 448-471
- Peggy H. Breitenstein: Zwischen Vernunftkritik und Völkerschau. Kants Überlegungen zu Begriff und Theorie der Rasse und der Umgang mit ihnen im philosophischen Fachdiskurs. In: Karl Porges (Hrsg.): Den Begriff „Rasse“ überwinden. Die „Jenaer Erklärung“ in der (Hoch-)Schulbildung, Klinkhardt, Bad Heilbrunn 2023, S. 100-123
- Nikita Dhawan: Die Aufklärung retten: Postkoloniale Interventionen, in: ZPTh – Zeitschrift für Politische Theorie, 7, 2/2016, S. 249–255 (Rezension von: Flikschuh, Katrin / Ypi, Lea, 2014 (Hg.): Kant and Colonialism: Historical and Critical Perspectives, Oxford)
- Ibrahima Diop: Die Kant-Forster-Kontroverse über Menschenrassen als Wendepunkt der europäischen Afrikadiskurse, in: Rainer Godel und Gideon Stiening (Hrsg,): Klopffechtereien - Missverständnisse - Widersprüche? Methodische und methodologische Perspektiven auf die Kant-Forster-Kontroverse, Fink, München 2012, ISBN 978-3-7705-5215-3
- Bernd Dörflinger: „ Die Einheit der Menschheit als Tiergattung: Zum Rassebegriff in Kants physischer Anthropologie “, in: V. Gerhardt, R. Horstmann und R. Schumacher (Hrsg.) Kant und die Berliner Aufklärung. Akten des IX. Internationale Kant-Kongresse , De Gruyter, Berlin 2001, S. 342 – 351
- Werner Euler: Einheit der Abstammung oder Gattungseinteilung? Kants Begriff der (Menschen-)Rasse als Idee einer Naturgeschichte, in: Rainer Godel und Gideon Stiening (Hrsg,): Klopffechtereien - Missverständnisse - Widersprüche? Methodische und methodologische Perspektiven auf die Kant-Forster-Kontroverse, Fink, München 2012, ISBN 978-3-7705-5215-3
- Emmanuel Chukwudi Eze: ‘Introduction’. In: Race and the Enlightenment: A Reader, E. Eze (Hrsg.):. Cambridge MA and Oxford 1997
- Emmanuel Chukwudi Eze: ‘The Colour of Reason: The Idea of “Race” in Kant’s Anthropology’, in: Postcolonial African Philosophy: A Critical Reader, E. Eze (Hrsg. Cambridge MA and Oxford 1997
- Emmanuel Chukwudi Eze: Answering the Question, “What Remains of Enlightenment?”, in: Human Studies 25 (2002), S. 281 - 288
- Arnold Farr: Can a Philosophy of Race Afford to Abandon the Kantian Categorical Imperative? In: Journal of Social Philosophy, 2002 Nr. 1, S. 17-32.
- Monika Firla, Kants Bild von den Khoi-Khoin (Südafrika), In: Tribus. Jb. des Linden-Museums Stuttgart 43 (1994), S. 60-94
- Monika Firla: Kants Thesen vom „Nationalcharakter“ der Afrikaner, seine Quellen und der nicht vorhandene ‚Zeitgeist‘, in: Rassismus und Kulturalismus, Mitteilungen des Institut für Wissenschaft und Kunst, Wien 1997, S. 7-17
- Manfred Geier: Philosophie der Rassen. Der Fall Immanuel Kant, Matthes & Seitz, Berlin 2022, ISBN 978-3-7518-0538-4
- Georg Geismann: Kant‘s Alleged Racism. The Failure of Charles W. Mills (and all too many others) unveröffentlichter Brief an Charles W. Mills vom 2. Juni 2016
- Georg Geismann: Warum Kant kein Rassist war. Kants ‚Rassenlehre‘ im Rahmen von physischer Geographie und Anthropologie – Philosophischer Zugriff anstelle eines ideologisch motivierten, zuerst erschienen auf Englisch: Annual Review of Law and Ethics – Jahrbuch für Recht und Ethik, vol. 30 (2022) 263-357
- Ina Goy: Kants Theorie der Biologie: Ein Kommentar. Eine Lesart. Eine historische Einordnung (Kantstudien-Ergänzungshefte, Band 190), de Gruyter, Berlin 2017, ISBN 978-3-11047110-6
- Gudrun Hentges: Die Erfindung der »Rasse« um 1800 – Klima, Säfte und Phlogiston in der Rassentheorie Immanuel Kants. In: Birgit Tautz (Hrsg.): Colors 1800 / 1900 / 2000 – Signs of Ethnic Difference. Amsterdam, New York 2004, S.47-66
- Thomas E. Hill Jr., Bernard Boxill: Kant and Race, in: Bernard Boxill (Hrsg.), Race and Racism, Oxford: Oxford UP, 2001, 448-471
- Wulf D. Hund: Im Schatten des Glücks. Philosophischer Rassismus bei Aristoteles und Kant, in: ders.: Rassismus. Die soziale Konstruktion natürlicher Ungleichheit, Münster 1999
- Wulf D. Hund: ›It must come from Europe‹. The Racisms of Immanuel Kant, in: Wulf D. Hund, Christian Koller, Moshe Zimmermann (Hrsg.): Racisms Made in Germany. Berlin et al.: Lit Verlag 2011, S. 69-98
- Wulf D. Hund: Stichwort: Rasse. Anmerkungen zur Begriffsgeschichte, in: Karl Porges (Hrsg.): Den Begriff „Rasse“ überwinden. Die „Jenaer Erklärung“ in der (Hoch-)Schulbildung, Klinkhardt, Bad Heilbrunn 2023, S. 33-99
- Matthias Kaufmann: "Wie gleich sind Personen–und Menschen? Kant über Geschlechter, Rassen und Kolonisierung." In: Jahrbuch für Recht und Ethik 27 (2019), S. 183–204
- Norbert Klatt: Klytia und die »schöne Georgianerin« - Eine Anmerkung zu Blumenbachs Rassentypologie. in: Norbert Klatt: Kleine Beiträge zur Blumenbach-Forschung Band 1, Göttingen 2008, S. 70 - 101
- Norbert Klatt: "Zum Rassenbegriff bei Immanuel Kant und Johann Friedrich Blumenbach", in: Norbert Klatt, Kleine Beiträge zur Blumenbach-Forschung, 3, Göttingen 2010, S. 9-55
- Pauline Kleingeld (2007): Kant's Second Thoughts on Race. The Philosophical Quarterly, 57, 573-592
- Raphael Lagier: Les races humaines selon Kant, Paris: PUF, 2004
- Rudolf Malter: „ Der Rassebegriff in Kants Anthropologie “, in G. Mann (Hrsg.) Die Natur des Menschen: Probleme der physischen Anthropologie und Rassenkunde (1750–1850) , Gustav Fischer Verlag, Stuttgart und New York 1990, S. 113–123
- David McCabe, „Kant Was a Racist: Now What?“, in: American Philosophical Association Newsletters, 18 (2019) 196
- Thomas McCarthy: „‚Rasse‘ und ‚Entwicklung‘ bei Kant“, in: Ders., Rassismus, Imperialismus und die Idee menschlicher Entwicklung, Suhrkamp, Frankfurt/Main 2015, 76-119
- Jennifer Mensch: Kant’s Organicism: Epigenesis and the Development of Critical Philosophy. Chicago and London: University of Chicago Press 2013.
- Jon M. Mikkelsen: ‘Introduction’. In Kant and the Concept of Race: Late Eighteenth-Century Writings, edited by Mikkelsen. Albany: SUNY Press 2013
- Charles W. Mills: ‘Kant’s Untermenschen’. In Race and Racism in Modern Philosophy, edited by Valls Andrew. Ithaca and London: Cornell University Press 2005.
- Andreas Leutgöb: Der Rassismus und seine wissenschaftlichen Wurzeln bei Immanuel Kant: Eine Zeitreise in die Epoche der Aufklärung und seiner Rassismusdebatte, Books on Demand, Norderstedt 2015, ISBN 978-3-7392-1279-1
- Ndole, P. O., Magero, J., & Namwambah, T. (2024). Contradiction in Kant’s Hierarchical Racism and Egalitarian Humanism. Journal of Sociology, Psychology and Religious Studies, 4(5), 33-46
- Peggy Piesche, Der, Fortschritt' der Aufklärung - Kants, Race' und die Zentrierung des weißen Subjekts, in: Maureen Maisha Eggers u.a. (Hrsg.), Mythen, Masken und Subjekte. Kritische Weißseinsforschung in Deutschland, Münster 2005
- Sarah Reimann: Die Entstehung des wissenschaftlichen Rassismus im 18. Jahrhundert, Steiner, Stuttgart 2017, ISBN: 978-3-515-11756-2
- Stella Sandford: Kant, race, and natural history, in: Philosophy & Social Criticism, 44 (9, November 2018) S. 950-977
- Wolfdietrich Schmied-Kowarzik: Der Streit um die Einheit des Menschengeschlechts. Gedanken zu Forster, Herder und Kant, in: Claus-Volker Klenke, Jörn Garber und Dieter Heintze (Hrsg.): Georg Forster in interdisziplinärer Perspektive. Beiträge des Internationalen Georg-Forster-Symposions in Kassel, 1. bis 4. April 1993, Berlin 1994, S. 115–132)
- Susan M. Shell: „Kant’s Conception of a Human Race“, in: Sara Eigen / Mark Larri-more (Hrsg.), The German Invention of Race, Albany: SUNY Press, 1990, 55-72;
- Ian Storey, „Empire and natural order in Kant’s ‚second thoughts‘ on race“, in: History of Political Thought, 36 (2015) 670-699
- Alex Sutter: ‚Kant und die Wilden‘. Zum impliziten Rassismus in der Kantischen Geschichtsphilosophie. ln: Prima Philosophia 2, 1989, S.241-265
- Ricardo Terra: Hat die kantische Vernunft eine Hautfarbe?, in: Kant und die Philosophie in weltbürgerlicher Absicht. Akten des XI. Internationalen Kantkongresses (Pisa 2010), Bd. 1. Berlin/New York: De Gruyter, 2013,431-447
- Tanja van Horn: Dem Leibe abgelesen: Georg Forster im Kontext der physischen Anthropologie des 18. Jahrhunderts, de Gruyter, Berlin 2013
- Karl Vorländer: Die Entwicklung des Menschen, in: Immanuel Kant. Der Mann und das Werk (1924) auf textlog.de
- Astrid Wagner: “Humanität und Freiheit. Kants Philosophie im Lichte seiner Anthropologie”. In: Matthias Wunsch (Hrsg.): Von Hegel zur philosophischen Anthropologie. Gedenkschrift für Christa Hackenesch. Würzburg: Königshausen & Neumann, 2012,S. 227-242
- Michael Weingarten, Menschenarten oder Menschenrassen. Die Kontroverse zwischen Georg Forster und Immanuel Kant, in: Gerhart Pickerodt (Hrsg.): Georg Forster und seine Epoche, Berlin 1982
- Howard Williams, „Colonialism in Kant’s Political Philosophy“, in: Diametros 39 (2014): 154–181
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Peggy H. Breitenstein, Danilo Gajić, Daniel Kersting, Yann Schosser: Rassismus bei Kant – Philosophie als „System der Selbstprüfung“ Präfaktisch Ein Philosophieblog 10. März 2021
- Oliver Eberl: Kant on Race and Barbarism: Towards a More Complex View on Racism and Anti-Colonialism in Kant , Kantian Review ( 2019 ) 24 ( 3 ), S. 385 – 413
- Andrea Esser: Grenzen der Kritik? Rassismus in Kants Kritik der Urteilskraft
- Andrea Esser: Wie umgehen mit dem rassistischen Erbe in der Philosophie? Die richtigen Fragen stellen!, praefaktisch. Ein Philosophieblog
- Manfred Geier: Interview zum Thema: Immanuel Kant: War der Vordenker der Menschenrechte ein Rassist? – Dissens
- Stefan Gosepath und Gabi Wuttke: Kant und die Rassismus-Debatte: „Die Vertreter der Aufklärung sind nicht unschuldig“, Deutschlandfunk Kultur, 16. Juni 2020
- Reza Mosayebi: Kant und biologischer Rassismus, Ringvorlesung: Kants Philosophie – Aktualität, Tradition und Kritik, 5. Juni 2024 | Ruhr-Universität Bochum
- Dieter Schönecker: Kant war Rassist. Das sollte uns nicht daran hindern, ihn zu lesen., Der Schweizer Monat, 1.Juni 2021
- Gert Scobel: War Kant ein Rassist? (Einführung in das Thema)
- Gayatri C. Spivak: „Kant braucht unsere Hilfe“, Interview im Philosophie-Magazin, 2. Februar 2024
- Franz Martin Wimmer: Rassismus und Kulturphilosophie (1989)
- Franz Wimmer spricht mit Anke Graneß über Kant, die Rassentheorie und der Rassismus Gesendet am 26. August 2015
- Daniel-Pascal Zorn: Kant – ein Rassist?, in: Public History Weekly 8 (2020) 8
Siehe auch
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Population (Anthropologie)
- Stammesgeschichte des Menschen
- Rassentheorie, Liste von Schriften zur Rassenlehre
- Kritische Weißseinsforschung
- White Supremacy
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Vortrag von Volker Gerhard: „War Kant ein Rassist?“
- ↑ ähnlich Hans-Jörg Rheinberger: Buffon: Zeit, Veränderung und Geschichte, in: History and Philosophy of the Life Sciences , 1990, Vol. 12 (1990), S. 203-223, hier S. 223: „Wissenschaftsgeschichte bleibt epistemologisch unterdeterminiert, wo sie sich nicht der Aufgabe stellt, gerade auch jene Elemente im Denken oder experimentellen Tun eines Epochenvertreters sichtbar zu machen, die zwar in der gegebenen Einbettung nicht, wohl aber in einer veränderten Artikulation wissenschaftsmächtig zu werden vermögen. Weit davon entfernt, damit den historischen Prozess im Sinne von ‚Vorläufern‘ zu linearisieren, kann sie so deutlich machen, dass die Entwicklung der Wissenschaft einen wesentlichen Aspekt darin hat, Begriffe einander zu - und unterzuordnen, und umgekehrt Verknüpfungen von Begriffen aufzulösen zugunsten neuer Konstellationen, in denen ihr impliziter Überschuss erst realisiert, und damit fruchtbar gemacht wird. Das Spiel solcher Verschiebungen und Umlagerungen konstituiert, was sich uns als Bedeutungswandel zu erkennen gibt, nicht bloß in einem ideographischen Sinn, sondern im Sinne eines dynamischen Spiels von theoretischen und experimentellen Kräften.“
- ↑ Wolf Lepenies: Eine vergessene Tradition der deutschen Anthropologie. Wissenschaft vom Menschen und Politik bei Georg Forster, Saeculum 24 (1973), S. 50-78
- ↑ Georg Geismann: Warum Kant kein Rassist war. Kants ‚Rassenlehre‘ im Rahmen von physischer Geographie und Anthropologie – Philosophischer Zugriff anstelle eines ideologisch motivierten, deutsche Fassung von: Why Kant Was Not a "Racist". Kant's 'Race Theory' Within the Context of Physical Geography and Anthropology - A Philosophical Approach Instead of Ideologically Motivated One, Annual Review of Law and Ethics, vol. 30, 2022, S. 4
- ↑ In der Akademie-Ausgabe wird die Fassung von 1777 wiedergegeben, die Kant mit einem Zusatz über eine neue Typologie der Rassen am Ende des Artikels veröffentlicht hatte (Digitalisat)
- ↑ Erich Adickes: Untersuchungen zu Kants physischer Geographie. Tübingen 1911, S. 9 bzw. ders.: Kant als Naturforscher, Band II, de Gruyter, Berlin 1925, S. 373, wo er das Buch ein klägliches Machwerk nannte, weil dieses sich bloß auf Diktatzettel Kants aus dem Zeitraum vor 1760 bezog, die Kant später kaum bearbeitet hatte.
- ↑ Herrn von Buffons allgemeine Naturgeschichte. Eine freye mit einigen Zusätzen vermehrte Übersetzung nach der neuesten französ. Außgabe von 1769, von F. H. W. Martini. 7 Bände, Joachim Pauli Buchhändler, Berlin 1771–1774
- ↑ Publius Cornelius Tacitus: De Origine et Situ Germanotum Liber
- ↑ Max Horkheimer, Theodor W. Adorno: Dialektik der Aufklärung. Philosophische Fragmente. 23. Aufl., Fischer, Frankfurt/Main 2017, S. 90: „Der Bürger in den sukzessiven Gestalten des Sklavenhalters, freien Unternehmers, Adminsitrators, ist das logische Subjekt der Aufklärung.“
- ↑ Bettina Dietz und Thomas Nutz: Zeitschrift für Historische Forschung , Jg. 32, Nr. 1 (2005), S. 45-70
- ↑ Kurzportrais rassentheoretischer Positionen von Zeitgenossen Kants:
François Bernier [1], Voltaire [2], Johannes Mitchell [3], Montesquieu [4], Buffon [5], David Hume [6], Carl von Linné [7], Kant [8]. Petrus Camper [9], Henry Home Kames [10], Oliver Goldsmith [11], Edward Long [12], John Hunter [13], Thomas Jefferson [14], Soames Jenyns [15], Herder [16], John Pinkerton [17], Samuel Stanhope Smith [18], Christoph Meiners [19], William Jones [20], Benjamin Rush [21], Blumenbach [22], Charles White [23], Georges Cuvier [24], William Lawrence [25], Julien Joseph Virey und Soemmering [26]
Die Reihe lässt sich fortsetzen bis ins 20. Jahrhundert. Die meisten Mediziner und Biologen nehmen keinen Bezug auf Kant, wohl aber auf Blumenbach. Prinzipielle Zustimmung zu seiner grundsätzlichen Konzeption fand Kant bei Anténor Firmin, dem ersten schwarzen Anthropologen, der mit seinem Werk L'égalité des races humaines kritisch (auch gegenüber Kant) an diesem Diskurs teilnahm:
„Wenn die Wissenschaft, vor der ich mich immer verneige, mir schließlich das kabbalistische Wort offenbart, das ich aussprechen muss, um die Natur zum Sprechen zu bringen, und wenn meine tiefsten Überzeugungen durch das, was ich höre, erschüttert werden, werde ich zuhören, zwar verwirrt und schmerzlich desillusioniert, aber resigniert. Wenn es mir andererseits trotz meines guten Willens unmöglich ist, in die Geheimnisse der Anthropologie einzudringen; wenn sie mir wie eine kapriziöse Kurtisane ihre Gunst entzieht, um sie so berühmten Männern wie Morton, Renan, Broca, Carus, de Quatrefages, Buchner und De Gobineau zu schenken, der ganzen stolzen und arroganten Phalanx derer, die verkünden, dass der Schwarze dazu bestimmt ist, dem Weißen als Sprungbrett auf seinem Weg zur Macht zu dienen; dann werde ich das Recht haben, von dieser lügnerischen Anthropologie zu sagen, dass sie keine Wissenschaft ist.“(156).
Quelle: Geoffrey Galt Harpham: Einleitung , zu Theories of Race / Rasse als Gegenstand der Erkenntnis 1750–1900, in: Henry Louis Gates, Jr. und Andrew S. Curran (Hrsg.): Who’s Black and Why - ↑ Paulina Ochoa Espejo: Über Grenzen: Territorien, Legitimität und Ortsrechte. Oxford University Press, . Oxford 2020, S. 127
- ↑ Charles-Louis Montesquieu, Baron de Secondat : Vom Geist der Gesetze. Auswahl, Übersetzung und Einleitung von Kurt Weigand Reclam, Stuttgart 1748/1965, zitiert als VGG mit Angabe des Kapitels und der Seite
- ↑ "I am apt to suspect the negroes, and in general all the other species of men (for there are four or five different kinds} to be naturally inferior to the whites. There never was a civilized nation of any other complexion than white, nor even any individual eminent either in action or speculation. No ingenious manufactures amongst them, no arts, no sciences [ ... ]. Such a uniform and constant difference could not happen in so many countries and ages, if nature had not made an original distinction betwixt these breeds of men". Zitiert nach: Wulf D. Hund: Die Farbe der Herrschaft. Weißheit als Eigentum und Privileg, in: Werner Goldschmidt/Bettina Lösch/Jörg Reitzig (Hrsg.): Freiheit, Gleichheit, Solidarität, Lang, Frankfurt 2009, S. 207-222, hier: S. 209
- ↑ Hume, D., 1964, Of National Characters. In: ders., Essays. Moral, Political, and Literary, hg. v. T. Hili Green/ T. Hodge Grose, Bd. I, London I882, S. 244-258, hier 252; zur Diskussion des Rassismus bei Hume siehe u. a. Eze, E. C., 2000, Hume, Race, and Human Nature. In: Journal ofthe History ofideas, 61, 4, s. 691-698; Garrett, A., 2004, Hume' s ,Original Difference'. Race, National Character and the Human Sciences. In: Eighteenth-Century Thought, 2, S. 127-152: Henry, P., 2004, Between Hume and Cugoano. Race, Ethnicity and Philosophical Entrapment. In: The Journal ofSpeculative Philosophy, 18, 2, S. 129- 148; Morton, E., 2002, Race and Racism in the Works of Oavid Hume. In: Journal of African Philosophy, I, I, S. 1-27; Valls, A., 2005, ,A Lousy Empirical Scientist' . Reconsidering Hume's Racism. In: ders. (Hg.): Race and Racism in modern Philosophy, Thaca etc., S. 127-149
- ↑ Essai sur les mœurs et l'esprit des Nations, Brüssel et al. 1755, Cap. CXLI, zitiert nach Leon Poliakov: Über den Rassismus. 16 Kapitel zur Anatomie, Geschichte und Deutung des Rassenwahns. Mit einer Einleitung [und Übersetzung] von Philipp Wolff-Windegg, Klett-Cotta, Stuttgart 1979, S. 77
- ↑ Jean-Jacques Rousseau: Abhandlung über den Ursprung und die Grundlagen der Ungleichheit unter den Menschen, Reclam, Stuttgart 1755/1998, S. 67
- ↑ Lexikon der Biologie auf spektrum.de abgerufen am 15.10.2024
- ↑ zitiert nach Leon Poliakov: Über den Rassismus. 16 Kapitel zur Anatomie, Geschichte und Deutung des Rassenwahns. Mit einer Einleitung [und Übersetzung] von Philipp Wolff-Windegg, Klett-Cotta, Stuttgart 1979, S 77
- ↑ Carl von Linné: Systema Naturae, Zehnte Auflage, 1758
- ↑ Aus: Linné, 1773, Vollständiges Natursystem, Erster Theil, Seite 89
- ↑ Linné 1773, S. 95
- ↑ Georges-Louis Leclerc de Buffon: „Allgemeine Historie der Natur (…). Zweyter Teil. Hamburg und Leipzig: 1752, S. 300 (Original 1749); siehe auch: Herrn von Buffons allgemeine Naturgeschichte. Eine freye mit Anmerkungen versehene Uebersetzung. Fünfter Theil. Natürliche Geschichte des Menschen, bey Johann Pauli, Berlin 1773
- ↑ Theories of Race , 1750–1900 hrsg. von Geoffrey Galt Harpham
- ↑ Nicholas Hudson: „From ‘Nation’ to ‘Race’: The Origin of Racial Classification in Eighteen-Century Thought“, in Eighteenth-Century Studies, 29 (1995-1996), S. 247-264, hier S- 253: „Most important for our purposes, it was Buffon who first made systematic use of the term „race“ to denominate these groups, elevating this old word to a new, eminent status in scientific nomenclature.“
- ↑ Ernst Mayr: Die Entwicklung der biologischen Gedankenwelt: Vielfalt, Evolution und Vererbung. Springer, Berlin 1984 online 218).
- ↑ Caspar Friedrich Wolff: Theorie von der Generation, Birnstiel Berlin 1764 (Digitalisat)
- ↑ Norbert Klatt: Zum Rassenbegriff bei Immanuel Kant und Johann Friedrich Blumenbach, in: Norbert Klatt: Kleine Beiträge zur Blumenbach-Forschung, Band 3, Klatt-Verlag, Göttingen 2010, S. 9 - 55. hier S. 11 - 26
- ↑ Nicholas Hudson: „From ‘Nation’ to ‘Race’: The Origin of Racial Classification in Eighteen-Century Thought“, in: Eighteenth-Century Studies, 29 (1995-1996), Seite 247-264, hier Seite 253.
- ↑ Franz Dumont (Hrsg.): Samuel Thomas Soemmerring. Briefwechsel. 1784-1792. Teil II: Januar 1787 - Oktober 1792, Gustav Fischer Verlag, Stuttgart u.a. 1998, S. 838-840, hier S. 839
- ↑ Werner Stark: Vortrag über Die Vorlesung über ›Physische Geographie‹ des Immanuel Kant. Eine kurze Skizze ihrer Entstehung, Überlieferung und Entwicklung: 1754 - 1805. Zu den überlieferten Manuspripten siehe die Zusammenstellung von Werner Stark
- ↑ Praktische Philosophie Powalski (ca. 1782/83. Ms.: Berlin, Ak.-Archiv. Nach dem Orig.)
- ↑ Wolfgang Ritzel: Immanuel Kant, de Gruyter, Berlin, New York 1985, S. 150
- ↑ Anmerkungen Kants in seinem Handexemplar herausgegeben als „Bemerkungen zu den Beobachtungen über das Gefühl des Schönen und Erhabenen“ in Band 20 der Akademie-Ausgabe
- ↑ Diese Schrift war als Vorlesungsankündigung eines Kollegs über physische Geographie konzipiert, über die Kant seit den 1770er Jahren im Wechsel mit Anthropologie jedes zweite Semester regelmäßig Vorlesungen abhielt. Gedruckt bei G.L. Hartung, Königl. Hof- und Academ. Buchdrucker, Königsberg 1775; 2. neubearbeitete Fassung in: »J.J. Engel’s Philosoph für die Welt«, Leipzig 1777, Bd. II, S. 125-164
- ↑ Zweck der Vorlesung war, dass Kant die Allgemeinbildung seiner Studenten verbessern wollte, also kein direkter philosophischer Anspruch: „Die physische Geographie […], gehört zu einer Idee, welche ich mir von einem nützlichen akademischen Unterricht mache, den ich: die Vorübung in der Kenntnis der Welt nennen kann. […] Hier liegt ein zwiefaches Feld vor, wovon er [der Lehrling] einen vorläufigen Abriß nötig hat, um alle künftigen Erfahrungen darin nach Regeln ordnen zu können: nämlich die Natur und der Mensch.“ (Kant, 1775, B156, Anm. 3)
- ↑ „Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit“ Buch 7.1, 1887, S. 246
- ↑ Herder 1887, S. 249,250.
- ↑ Faksimile, Teil 2: Beschluss
- ↑ Forster, Georg: „Noch etwas ìber die Menschenracen. An Herrn Dr. Biester“. In: Teutscher Merkur, Oktober/November 1786, S. 57 – 86 und 150– 166, hier: S. 60f
- ↑ wieder abgedruckt in: Siegfried Scheibe, (Hrsg.): Georg Forsters Werke, Sämtliche Schriften, Tagebücher, Briefe, Band VIII: Kleine Schriften zu Philosophie und Zeitgeschichte, Akademie-Verlag, Berlin 1974, S. 130-156, siehe zeno.org
- ↑ zitiert nach Tanja van Hoorn, „Was heißt und zu welchem Ende studiert man Naturgeschichte“, in: Rainer Godel / Gideon Stiening (Hrsg.): Klopffechtereien – Missverständnisse – Widersprü-che? Methodische und methodologische Perspektiven auf die Kant-Forster-Kontroverse, München: Wilhelm Fink, 2012, 111 FN 104
- ↑ Samuel Soemmering, Ueber die körperliche Verschiedenheit des Negers vom Europäer (1785)
- ↑ AA Band VIII, S. 157 – 184=8:157-184
- ↑ Silke Förschler und Nina Hahne: Naturbeschreibung – Naturgeschichte. Tagung „Text – Kontext / Analyse – Interpretation: Methodische und methodologische Grundfragen der Geistes- und Kulturwissenschaften am Beispiel der Kant-Forster-Kontroverse“, 24.09.-26.09.2009, Halle, Journal of Literary Theory (JLT)
- ↑ „Meine Absicht ist jetzt nur, diesen Begriff einer Race, wenn es deren in der Menschengattung giebt, genau zu bestimmen; die Erklärung des Ursprungs der wirklich vorhandenen, die man dieser Benennung fähig hält, ist nur Nebenwerk, womit man es halten kann, wie man will.“ Bestimmung des Begriffs einer Menschenrace AA 8:91, weiter: „Unter den Abartungen, d.i. den erblichen Verschiedenheiten der Thiere, die zu einem einzigen Stamme gehören, heissen diejenigen, welche sich sowohl bei allen Verpflanzungen (Versetzungen in andre Landstriche) in langen Zeugungen unter sich beständig erhalten, als auch in der Vermischung mit andern Abartungen desselbigen Stamms jederzeit halbschlächtige Jungen zeugen, Racen.“
- ↑ „Ein teleologisches Urtheil vergleicht den Begrif eines Naturprodukts nach dem, was es ist, mit dem was es seyn soll. Hier wird der Beurtheilung seiner Möglichkeit ein Begrif (vom Zwecke) zum Grunde gelegt, der a priori vorhergeht. An Producten der Kunst sich die Möglichkeit auf solche Art vorzustellen, macht keine Schwierigkeit. Aber von einem Produkte der Natur zu denken, daß es etwas hat seyn sollen, und es darnach zu beurtheilen, ob es auch wirklich so sey, enthält schon die Voraussetzung eines Princips, welches aus der Erfahrung (die da nur lehrt, was die Dinge sind) nicht hat gezogen werden können.“ (Erste Einleitung in die Kritik der Urteilskraft, AA XX, 240)
- ↑ „Wir kennen mit Gewißheit nicht mehr erbliche Unterschiede der Hautfarbe, als die: der Weißen, der gelben Indianer, der Neger, und der kupferfarbigen-roten Amerikaner. Merkwürdig ist: daß diese Charaktere sich erstlich darum zur Klasseneinteilung der Menschengattung vorzüglich zu schicken scheinen, weil jede dieser Klassen in Ansehung ihres Aufenthalts so ziemlich isoliert […] ist: die Klasse der Weißen vom Kap Finisterrae, über Nordkap, […] die der Schwarzen von da bis Cap Negro […]“ (8:93)
- ↑ Physische Charaktere, wodurch sich Menschen (ohne Unterschied des Geschlechts) von einander unterscheiden, und zwar nur die, welche erblich sind, kommen in Betracht […], um eine Einteilung der Gattung in Klassen darauf zu gründen. Diese Klassen sind aber nur alsdann Rassen zu nennen, wenn jene Charaktere unausbleiblich […] anarten. (8:99) Andere mögliche Unterscheidungsmerkmale wie Charakter und geistige Fähigkeiten zählen 1785 hiernach nicht zur Definition des Rassebegriffs bei Kant
- ↑ Der Vater von Georg Forster, Johann Reinhold Forster, war von 1781 bis 1790 Mitherausgeber der von seinem Schwiegersohn Matthias Christian Sprengel herausgegebenen Zeitschrift Beiträge zur Völker- und Länderkunde. Von 1790 bis 1793 übernahm Georg Forster diese Funktion. Von 1794 bis 1800 war Sprengel alleiniger Herausgaber. Der in dieser Fußnote erwähnte Ramsay war David Ramsay, Kongressabgeordneter aus South Carolina. An gleicher Stelle verweist Kant auch auf den Missionar Samuel Marsden, der in New South Wales und Neuseeland tätig war.
- ↑ Anthropologie Dohna-Wundlacken (1791/92; teilw. 1793 u. früheres verw. Ms.: Bentheim, Privatbes. Nach der Erstveröffentl. Kowalewski (1924))
- ↑ Eberhard August Wilhelm von Zimmermann: Geographische Geschichte des Menschen und der vierfüßigen Tiere. Nebst einer hierher gehörigen zoologischen Weltcharte. 3 Bände, Weygandsche Buchhandlung, Leipzig 1778–1783, OCLC 8766966. (Digitalisat Band 1)
- ↑ Christoph Girtanner: Ueber das Kantische Prinzip für die Naturgeschichte, Göttingen 1796 (Digitalisat)
- ↑ zitiert nach: Umberto Eco: Die Fabrikation des Feindes und andere Gelegenheitsschriften, Hanser, München 2014, S. 12
- ↑ Artikel Racen der Menschen Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 4. Amsterdam 1809, S. 13-29, bei zeno.org
- ↑ Georg Wilhelm Friedrich Hegel: Vorlesungen über die Philosophie der Geschichte [1837], in: G. F. W. Hegel, Werke in 20 Bänden und Register, Bd. 12, Frankfurt 1986, S. 37 f
- ↑ Gudrun Hentges: Schattenseiten der Aufklärung. Schwalbach/Ts. 1999, S. 221f
- ↑ Wulf D. Hund: Rassismus. Transscript, Bielefeld 2007, S. 22
- ↑ Robert Bernasconi: Kant as an Unfamiliar Source of Racism. in: Philosophers on Race: Critical Essays, hrsg. von Julie K. Ward, Tommy L. Lott, Blackwell Publishers, Oxford 2002, S. 146f, im Original: „That Kant was a leading proponent of the concept of race when its scientific status was still far from secure is well established. Indeed, Kant can legitimately be said to have invented the scientific concept of race insofar as he gave the first clear definition of it.“
- ↑ Michael Weingarten: „Menschenarten oder Menschenrassen. Die Kontroverse zwischen Georg Forster und Immanuel Kant“, in: Gerhart Pickerodt (Hrsg.): Georg Forster in seiner Epoche. Argument-Verlag, Berlin 1982. S. 117-148, hier S. 117
- ↑ Chales W. Mills: ‘Kant and Race, Redux,’ Graduate Faculty Philosophy Journal 35(1), S. 125–157, zitiert nach: Laurenz Ramsauer: Kant’s Racism as a Philosophical Problem, in: Pacific Philosophical Quarterly 104 (2023) S. 791–815, hier S. 796; siehe auch: „Kants Untermenschen “, in A. Valls (Hrsg.): Race and Racism in Modern Philosophy, Cornell University Press, Ithaca NY, 2005, S. 169 – 193
- ↑ Robert Bernasconi: „Who invented the concept of Race? Kant’s Role in the Enlightenment Construction of Race“, in ders. (Hrsg.): Race, Blackwell Publishers, Malden, Oxford 2001, Seite 11-36. „Dass Kant ein führender Befürworter des Rassenbegriffs war, als sein wissenschaftlicher Status noch lange nicht gesichert war, ist gut belegt. In der Tat kann man mit Fug und Recht sagen, Kant habe den wissenschaftlichen Begriff der Rasse erfunden, insofern er die erste klare Definition desselben gab.“ Robert Bernasconi: Kant as an Unfamiliar Source of Racism. Oxford 2002, 146f.: That Kant was a leading proponent of the concept of race when its scientific status was still far from secure is well established. Indeed, Kant can legitimately be said to have invented the scientific concept of race insofar as he gave the first clear definition of it.”
Die Literatur bezieht sich auf den dreiteiligen Artikel von Walter Scheidt: Beiträge zur Geschichte der Anthropologie. Der Begriff der Rasse in der Anthropologie und die Einteilung der Menschenrassen von Linné bis Deniker, in: Archiv Rassen- und Gesellschaftsbiologie, Teil 1, Bd. 15, 1923, Heft 3, S. 280-306; Teil 2, Bd. 16, 1924, Heft 2, S. 178-195; Teil 3 (Schluss), Heft 4, , S. 382-403. Dort heißt es:
„Man pflegt Johann Friedrich Blumenbach (1752 — 1840) den „Vater der Anthropologie" zu nennen. Sucht man in der älteren Literatur nach einem Werk, das alle die auf eine Rasseneinteilung des Menschen bezüglichen Ansichten sowie die zu einer Systematik der menschlichen Varietäten dienlichen Arbeitsweisen zusammenfaßt und dem Inhalt nach so ungefähr das enthält, was wir unter Anthropologie zu verstehen gewöhnt sind, so ist in der Tat die Schrift Blumenbachs wohl das erste der artige Werk, und es ist ihm lange Zeit kein gleich vollständiges an die Seite zu stellen. Es bleibt Blumenbachs Verdienst, die technischen Mittel zur direkten Beobachtung und Untersuchung, die seine Zeit ihm bot, für die Anthropologie ausgewählt und zusammengestellt zu haben. Er dürfte auch der Erste sein, der planmäßig Kraniologie trieb und die Anwendung der vergleichenden Anatomie, Physiologie und Psychologie in der Lehre von den menschlichen Varietäten anbahnte, soweit immer von solchen Dingen in seiner Zeit die Rede sein konnte. Demgegenüber ist jedoch auch hervorzuheben, daß Blumenbach die allgemeinen grundlegenden Probleme des Art- und Rassenbegriffes und der Rassenbildung wie die spezielle Rasseneinteilung nicht eigentlich über den Stand seiner wissenschaftlichen Vorläufer hinausgebracht hat, ferner, daß ihm zu Unrecht die Priorität dafür zugesprochen wird, er habe die Anthropologie zu einer selbständigen wissenschaftlichen (akademischen) Disziplin gemacht. Dieses letztere Verdienst gebührt, ebenso wie der Ruhm einer schon weit über Blumenbach hinausgreifenden Rassentheorie, vielmehr Immanuel Kant, dessen grundlegende Beiträge zur Rassenkunde in ihren Anfängen beträchtlich vor Blumenbach liegen und in einer ersten Schrift auch ein Jahr vorher an die Öffentlichkeit kamen.“ (Teil 1, 1923, S. 293) Über die kurze Nebenbemerkung zu Kant hinaus wird dieser bei Scheidt nicht behandelt, wohingegen Scheidt auf Linné, Buffon, Hunter und Blumenbach sowie deren Nachfolger ausführlich eingeht. - ↑ „le seul à expliquer à la fois l’interfécondité de tous les hommes entre eux et le fait que leur couleur de peau ne soit pas seulement fonction de la latitude. […] Kant développe une biologie dans laquelle les causalités externes (envi-ronnementales) et les causalités internes (héréditaires) de la différence des phénotypes hu-mains sont distribuées selon des lois précises.", Raphael Lagier, Les races humaines selon Kant, Paris: PUF, 2004, S. 3
- ↑ Kant as an Unfamiliar Source of Racism, in: Tommy Lee Lott, Julie Ward (Hg.), philosophers on Race, Oxford 2002,145–166
- ↑ Kant‘s Untermenschen in: Andrew Valls (Hg.), Race and Racism in Modern Philosophy, Ithaca 2005, 169–193.
- ↑ Kant‘s Impure Ethics, Oxford 2000
- ↑ On the Way to a World Republic? Kant on Race and Development, in: Lothar R. Waas (Hg.), Politik, Moral und Religion – Gegensätze und Ergänzungen, Berlin 2004, 223–243
- ↑ Kant’s Second Thoughts on Race, in: The Philosophical Quarterly 57(2007), 573–592
- ↑ Bernd Dörflinger: Universalismus der Verschiedenheit, in: Aufklärung 32 (2020), S. 365-373
- ↑ Karen Gloy: Die Kantische Theorie der Naturwissenschaft. Eine Strukturanalyse ihrer Möglichkeit, ihres Umfangs und ihrer Grenzen, De Gruyter, Berlin, New York 1976, Peter McLaughlin: Kants Kritik der teleologischen Urteilskraft, Bouvier, Bonn 1989, Ernst-Otto Onnasch (Hrsg.): Kants Philosophie der Natur. Ihre Entwicklung im Opus postumum und ihre Wirkung, De Gruyter, Berlin, New York 2009, Ina Goy: Kants Theorie der Biologie: Ein Kommentar. Eine Lesart. Eine historische Einordnung, De Gruyter, Berlin, Boston 2017
- ↑ Immanuel Kant: Einleitung zur Kritik der Urteilskraft, Abschnitt V
- ↑ Michael Zeuske im Gespräch mit Gabi Wuttke am 13.06.2020: Auch der Philosoph Immanuel Kant steht zur Debatte
- ↑ Susan Arndt ist seit 2010 Professorin für Englische Literaturwissenschaft an der Universität Bayreuth. Sie forscht zu britischen, afrikanischen und diasporischen Literaturen sowie zu Sprache, Diskriminierung und Empowerment im Umfeld der Gender Studies, Intersektionalitätsstudien und Rassismusforschung.
- ↑ Vortrag von Volker Gerhard: „War Kant ein Rassist?“ und Kommentierung aus russischer Sicht
- ↑ Eine ausführliche Diskussion der entsprechenden Textstellen bei Kant und den Interpretationen hierzu findet sich in der Mediathek der Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften: Kant - Ein Rassist? Interdisziplinäre Diskussionsreihe, die von Marcus Willaschek moderiert wurde.