Benutzer:Oltau/Arbeitsseite: Atlantis

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Diese Arbeitsseite dient der möglichen Lokalisierung und zeitlichen Einordnung des mythischen Inselreiches Atlantis (altgriech.: Ἀτλαντὶς νῆσος Atlantìs nēsos „Insel des Atlas“), siehe dazu auch Lokalisierungshypothesen zu Atlantis. Ausgehend von der Beschreibung der Insel Atlantis in den von Platon um 360 v. Chr verfassten Dialogen „Timaios“ und „Kritias“ (Letzterem fehlt das Ende) wurde die Kenntnis des Inselreichs von einem Priester der Göttin Neith in Sais (Ägypten) an Solon übermittelt (Tim. 23e). Solon lebte von etwa 640 v. Chr. bis um 560 v. Chr. Zur Zeit seines Aufenthalts in Ägypten um 590 v. Chr.[1] wurde dort in demotischer Schrift geschrieben, aber auch die hieratische Schrift wurde noch verwendet, vor allem als sakrale Schrift. Daneben bestand die altägyptische Hieroglyphenschrift. Aus welcher Schrift die Übersetzung der Atlantis-Überlieferung ins Griechische erfolgte ist nicht bekannt. Einziger Hinweis ist, dass dem Platon-Kommentator Krantor von Soloi drei Jahrhunderte nach Platon durch die Priester der Neith in Sais mehrere Tafeln mit Hieroglyphen zeigten, die die Atlantis-Überlieferung enthalten haben sollen.[2][3]

Zu unterscheiden sind bei den von Platon schriftlich festgehaltenen Angaben aus den an Solon in Ägypten übermittelten Überlieferungen absolute und relative Angaben zu Zeiten und Ortsbeschreibungen. So ist beispielsweise von den „Säulen des Herakles“ die Rede, die so nicht in der ägyptischen Überlieferung stehen können, da sie eine griechische Ortsangabe sind. Es handelt sich also um eine relative Angabe zur Ortsbeschreibung. Anders bei der Größenbeschreibung der „großen Ebene“, die in Stadien angegeben wird, einem griechischen Längenmaß zwar, das aber aus dem Originaltext umgerechnet sein dürfte. Hier also eine absolute Angabe. Ähnliches gilt für die angegebenen Zeiträume, einem relativen Zeitraum der Zurückrechnung von Solons Aufenthalt in Sais bis zum angegebenen Untergang von Atlantis, als auch einem absoluten Zeitraum des Alters von Athen und Atlantis gegenüber der Entstehungszeit Ägyptens, wie er im überlieferten Text genannt ist.

Die Angabe der Jahreszahlen in Platons Dialogen, wie auch die Angabe, dass Athen (wie Atlantis) 1000 Jahre älter sein soll als Ägypten, sind aus historischer Sicht vollkommen unwahrscheinlich. Danach wäre Atlantis um 9600 v. Chr. (9000 Jahre vor Solons Aufenthalt in Ägypten) nach einem Krieg gegen Athen untergegangen und Ägypten 8600 v. Chr. gegründet worden. Hierzu nahm Dr. Angelos Galanopoulos, ein griechischer Seismologe, an, dass es in der Überlieferung irgendwann zu einem Übersetzungsfehler kam, bei dem alle Zahlen über 1000 um das Zehnfache zu hoch übersetzt wurden.[4] Bei der Übernahme der korrigierten Daten lässt sich der Mythos historisch und geografisch in die Bronzezeit einordnen. Dabei ist zunächst von den absoluten Daten auszugehen, da die Fehlerquote bei den relativen Daten (siehe oben) sicher höher liegt. Es bleibt der Widerspruch, dass Athen älter sein soll als Agypten, nach korrigierten Daten um 100 Jahre. Genauere Daten aus der Geschichte Athens sind ab 1600 v. Chr. bekannt, als auf dem Berg der Akropolis ein mykenischer, also griechischer, Königspalast errichtet wurde, etwa 70 Jahre vor Gründung des Neuen Reichs (gegen 1532 v. Chr.) in Ägypten.

Datierung von Atlantis

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„Ich will dir Nichts vorenthalten, mein Solon, sondern dir alles mitteilen, sowohl dir als eurem Staate, vor allem aber der Göttin zu Liebe, welche euren so wie unseren Staat gleichmäßig zum Eigentume erhielt und beide erzog und bildete, und zwar den euren tausend Jahre früher aus dem Samen, den sie dazu von der Erdgöttin Ge und dem Hephaistos empfangen hatte, und später ebenso den unsrigen. Die Zahl der Jahre aber, seitdem die Einrichtung des letzteren besteht, ist in unseren heiligen Büchern auf achttausend angegeben. Von euren Mitbürgern, die vor neuntausend Jahren entstanden, will ich dir also jetzt in kurzem berichten, [...]“

Platon: Timaios 23d-e, Übersetzung von Susemihl 1856[5]

„Denn vieles ward diesen Königen von auswärtigen Ländern her infolge ihrer Herrschaft über diese zugeführt; das meiste aber bot die Insel selbst für die Bedürfnisse des Lebens dar, zunächst alles, was durch den Bergbau gediegen oder in schmelzbaren Erzen hervorgegraben wird, darunter auch die Gattung, welche jetzt nur noch ein Name ist, damals aber mehr als dies war, nämlich die des Goldkupfererzes, welches an vielen Stellen der Insel aus der Erde gefördert und unter den damals lebenden Menschen nächst dem Golde am höchsten geschätzt ward.“

Platon: Kritias, Übersetzung von Susemihl 1857[6]

Die Beschreibung von Atlantis in den Dialogen von Platon lassen eine bronzezeitliche Großmacht vermuten, die sich auf eine Seeherrschaft (Thalassokratie) stützte. Die Bronzezeit umfasste in Vorderasien und Europa, einem Raum, der für die Atlantisüberlieferung in Bezug zu Griechenland, insbesondere Athen, und Ägypten von Bedeutung ist, eine Epoche von etwa 3300 v. Chr. bis 1000 v. Chr. Diesbezüglich ist eine Annahme der Existenz eines solchen Staates Atlantis 9600 v. Chr. völlig irreal, zumal die Überlieferung schriftlicher Zeugnisse in Ägypten einen Zeitraum von 9000 Jahren den Untergang der verschiedenen Reiche (Altes Reich, Mittleres Reich) nicht überdauert hätte. Weiterhin entstand das Alte Reich erst etwa 2707 v. Chr., die älteste neolithische Kultur der vordynastischen Zeit, die Fayum-A-Kultur, wird etwa 5000 oder 4500 v. Chr. bis 3500 v. Chr. angesetzt. Aus dieser noch schriftlosen Zeit ist nichts überliefert, einzige Hinweise auf diese Kultur geben Bodenfunde. Eine Überlieferung aus einer Zeit über 4600 Jahre vor der Fayum-A-Kultur kann ausgeschlossen werden.

Auf der Suche nach einen Fixpunkt in der Überlieferung stößt man auf das angegebene Alter Ägyptens. Da die angegebenen Zahlen des Zeitraums bis zurück zur „Einrichtung“ des Staates Ägypten nicht zu stimmen scheinen, es ist von 8000 Jahren die Rede, muss man sich als Hilfsmittel eines Vergleichs bedienen. Es heißt, der Staat Athen bestand bereits, wie auch der Staat Atlantis, als Ägypten gegründet wurde. Eine solche Konstellation ergibt sich nur, wenn man als Gründung Ägyptens die Gründung des Neuen Reiches annimmt, was aus Sicht der Priester von Sais auch verständlich wäre, da sie in diesem Staat lebten. Das Neue Reich ist das einzige Staatswesen bis zur Anwesenheit Solons in Ägypten, das zu einer Zeit „eingerichtet“ wurde, als das mykenische Athen als Staat bereits bestand, nämlich mindestens ab 1600 v. Chr. Die (Wieder-)Gründung (Einigung) Ägyptens und Begründung des Neuen Reichs erfolgte durch Ahmose I. nach der Herrschaft der Hyksos (letzter Herrscher Chamudi) 1550 v. Chr. (Jürgen von Beckerath), 1539 v. Chr. (Krauss) oder 1530 v. Chr. (Helck), nach Wikipedia gegen 1532 v. Chr.

Folgt man dieser Argumentation und versucht, dies mit den Jahresangaben der Überlieferung in Einklang zu bringen, kommt man wieder auf eine historisch irreale Angabe. Demnach hätte Athen bereits „tausend Jahre früher“, 1000 Jahre vor der Gründung des Neuen Reichs bestanden, also um 2530 v. Chr. Dies ist bis heute durch nichts belegt und auch im höchsten Maße unwahrscheinlich. Die Mykenische Kultur tritt schließlich erst ab 1750 v. Chr. auf. Die in der Überlieferung genannten Angaben können also nicht stimmen. Nach Dr. Angelos Galanopulos’ Hypothese erfolgten in dem Text durch einen irgendwann aufgetretenen Übersetzungsfehler um das Zehnfache überhöhte Jahresangaben. Danach wären 1000 Jahre nur 100 Jahre und diese liegen durchaus im Wahrscheinlichkeitsbereich des Bestehens des mykenischen Athen vor der Gründung des Neuen Reichs in Ägypten. Es ergäbe ein Bestehen Athens um 1630 v. Chr. mit einer gleichzeitig präsenten Thalassokratie namens Atlantis, die durch eine Naturkatastrophe unterging.

Minoische Stadtansicht aus Akrotiri

Nun ist die einzige Seemacht der Zeit um 1630 v. Chr. im Raum der Ägäis mit Verbindungen über Zypern zur Levante bis nach Ägypten und möglicher Konkurrent der Athener die minoische Kultur. Diese hatte sich bis auf das griechische Festland ausgebreitet und gilt dort als Vorläufer, vielleicht Kulturbringer, der Mykenischen Kultur. Als Auslöser des Niedergangs dieser Kultur gilt der Vulkanausbruch auf der Insel Thēra. Der Ausbruch wird nach neuesten naturwissenschaftlichen Erkenntnissen in den Zeitraum von 1620 bis 1600 v. Chr. datiert.[7][8] In Akrotiri auf Thera wurden Zeugnisse der minoischen Kultur gefunden, die Insel gehörte demnach zum minoischen Kulturkreis. Nach dem Vulkanausbruch wurde nicht nur diese Insel zerstört, sondern durch den ausgelösten Tsunami auch weite Küstengebiete in der Ägäis, die von den Minoern besiedelt waren, darunter die Nordküste von Kreta und die Inseln der Kykladen. Zusätzlich sorgte ein Ascheregen möglicherweise für eine längere Unfruchtbarkeit der landwirtschaftlichen Anbaugebiete. Galanopoulos nimmt, wie schon vor ihm Louis Figuier, Auguste Nicaise und Spyridon Marinatos,[9] an, dass es sich bei der minoischen Kultur um die bei Platon beschriebene atlantische Kultur gehandelt habe und sich auf Thēra deren Metropolis, die Hauptstadt des minoischen Reiches, befand.

Für die Minoische Kultur gibt es derzeit zwei Chronologien, eine traditionelle und eine „lange“ Chronologie. In der traditionellen Chronologie reicht die Neupalastzeit von 1700 bis 1430 v. Chr., nach der langen Chronologie endet diese bereits 1612 v. Chr. Der Beginn der Mykenischen Kultur wird auf 1700 (traditionelle Chronologie) bzw. 1750 v. Chr. (lange Chronologie) angesetzt, besteht also teilweise gleichzeitig mit der Minoischen Kultur, die aber auch als ihr Vorläufer gilt. Dies ist mit einer Emanzipation der griechischen Mykener von den Minoern zu erklären, was auf eine Separation und Konkurenz beider Kulturen hinauslief. Ein oder mehrere Kriege zwischen dem mykenischen Athen und den Minoern ist somit wahrscheinlich. Der Bau eines mykenischen Königspalastes in Athen ab 1600 v. Chr. dürfte auf eine gestiegene Bedeutung der Stadt hinweisen, sie müsste sich jedenfalls gegen äußere Feinde entsprechend behauptet haben. Dass über diese Zeit in Athen selbst nichts überliefert wurde, war schon in der Zeit Solons den Ägyptern bekannt. Die Priester von Sais beschreiben ihm gegenüber die dunklen Jahrhunderte wie folgt:

„Ihr dagegen und die übrigen Staaten seid hinsichtlich der Schrift und alles anderen, was zum staatlichen Leben gehört, immer eben erst eingerichtet, wenn schon wiederum nach dem Ablauf der gewöhnlichen Frist wie eine Krankheit die Regenflut des Himmels über euch hereinbricht und nur die der Schrift Unkundigen und Ungebildeten bei euch übrigläßt, so daß ihr immer von neuem gleichsam wieder jung werdet und der Vorgänge bei uns und bei euch unkundig bleibt, so viel ihrer in alten Zeiten sich ereigneten. Wenigstens eure jetzigen Geschlechtsverzeichnisse, lieber Solon, wie du sie eben durchgingst, unterscheiden sich nur wenig von Kindermärchen. Denn erstens erinnert ihr euch nur einer Überschwemmung der Erde, während doch so viele schon vorhergegangen sind; sodann aber wißt ihr nicht, daß das trefflichste und edelste Geschlecht unter den Menschen in eurem Lande gelebt hat, von denen du und alle Bürger eures jetzigen Staates herstammen, indem einst ein geringer Stamm von ihnen übrigblieb; sondern alles dies blieb euch verborgen, weil die Übriggebliebenen viele Geschlechter hindurch ohne die Sprache der Schrift ihr ganzes Leben hinbrachten.“

Platon: Timaios, Übersetzung von Susemihl 1856[10]

Nach Galanopoulos Hypothese ist die Atlantis-Legende also einer historischen Zeit zuordenbar. Diese muss sich nach den Angaben der ägyptischen Priester von Sais vor der schriftlosen Zeit der Griechen, den dunklen Jahrhunderten, ereignet haben, aber nicht so weit in der Vergangenheit, als dass man die Griechen zur Zeit Solons nicht als Abkömmlinge der Bürger Athens ansehen konnte, die gegen die Atlanter Krieg führten. Dies wiederum trifft nur auf die Mykenische Kultur zu, denn die Dorer wanderten erst mit Beginn der dunklen Jahrhunderte von Norden her ein. Der Staat Atlantis wäre dabei mit der Minoischen Kultur gleichzusetzen, und zwar an Hand des Wissens um die ungefähre Gründung des Neuen Reichs in Ägypten und der aus der Überlieferung hervorgehenden Zeitangabe über das relative Alter des Staates Athen und des Untergangs von Atlantis etwa 100 Jahre zuvor.

Die neuesten Angaben zum Zeitpunkt der Minoischen Eruption auf der Vulkaninsel Thera stimmen mit diesen Angaben überein. Auch die historische Einordnung innerhalb der europäisch-vorderasiatischen Bronzezeit passt. Die relative Angabe des Alters des ägyptischen Staates zum Zeitpunkt des Aufenthalts Solons in Ägypten hingegen nicht. Diese würde nach einer Rückrechnung um das Zehnfache 800 Jahre betragen haben, fiele also in die Zeit um 1400 v. Chr. statt 1600 v. Chr. Dieser Angabe ist jedoch die absolute Angabe von 100 Jahren der Existenz Athens vor der Gründung Ägyptens aus historischen Erkenntnissen heraus vorzuziehen. Fraglich ist zudem, ob bei den Ägyptern Zeiten der Herrschaft bestimmter Pharaonen aus politischen Gründen aus der Geschichte herausgerechnet wurden.

Lokalisierung von Atlantis

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Stimmt man der These von Galanopoulos zur Datierung von Atlantis in die Zeit der minoischen Kultur zu, müssten sich, um diese mit der minoischen Kultur gleichzusetzen, auch in der überlieferten Beschreibung des Inselreiches Atlantis Ähnlichkeiten zu den von den Minoern beherrschten Gebieten finden lassen. Eine Beschreibung der Lage des Reiches von Atlantis als „vor den Säulen des Herakles“ gelegen, wie bei Platon angegeben, hilft dabei jedoch wenig, da dies nicht Bestandteil der Überlieferung in den ägyptischen Schriften sein kann. „Säulen des Herakles“ ist eine griechische Ortsangabe der Zeit von Solon oder Platon. Ob diese Ortsangabe seitens der ägyptischen Priester gegenüber Solon so gemeint war, wie Solon sie auffasste, kann man heute nicht mehr nachvollziehen. Die Gestalt des Herakles wird jedoch vornehmlich mit dem Peloponnes in Verbindung gebracht, nicht mit der Straße von Gibraltar, wie in späterer griechischer Zeit.

Zur Lokalisierung von Atlantis sind also andere Hinweise heranzuziehen. Dabei geht es in erster Linie um die Beschreibung der Hauptstadt des atlantischen Reiches und dessen Umgebung. Die Hauptstadt soll auf einer Insel in einem Meer gelegen haben. Folgende Sätze aus dem Timaios müssten dabei uminterpetiert werden:

„Unsere Bücher erzählen nämlich, eine wie gewaltige Kriegsmacht einst euer Staat gebrochen hat, als sie übermütig gegen ganz Europa und Asien zugleich vom Atlantischen Meere heranzog. Damals nämlich war das Meer dort fahrbar: denn vor der Mündung, welche ihr in eurer Sprache die Säulen des Herakles heißt, hatte es eine Insel, welche größer war als Asien und Libyen zusammen, und von ihr konnte man damals nach den übrigen Inseln hinübersetzen, und von den Inseln auf das ganze gegenüberliegende Festland, welches jenes recht eigentlich so zu nennende Meer umschließt. Denn alles das, was sich innerhalb der eben genannten Mündung befindet, erscheint wie eine bloße Bucht mit einem engen Eingange; jenes Meer aber kann in Wahrheit also und das es umgebende Land mit vollem Fug und Recht Festland heißen.“

Im 6. Jahrhundert v. Chr. bekannte Welt

Hier wird das Meer beschrieben, in dem Atlantis liegt. Dabei scheint es sich um ein Nebenmeer eines größeren Meeres zu handeln. Geht man von der damaligen Weltsicht aus, so kann mit dem „grenzenlosen Kontinent“ nur die bekannte Welt des Altertums gemeint sein, also Afrika (Libyen), Asien (Kleinasien und der Nahe Osten) und Europa (hier vornehmlich die Südküsten). Das „wirkliche Meer“ wäre also das Mittelmeer. Lässt man die oben erwähnte griechische Angabe der „Säulen des Herakles“ außen vor, bleibt als Beschreibung des Nebenmeeres, das „nur wie ein Hafen mit einer engen Einfahrt erscheint“, dass es durch eine Insel vom „wirklichen Meer“, dem Mittelmeer, abgeschirmt wird. Dies trifft im Mittelmeer nur auf die Ägäis zu, vor der wie ein Riegel die Insel Kreta liegt. Anderen Nebenmeeren des Mittelmeers sind entweder keine Insel vorgelagert, wie der Adria, oder mehrere Inseln, wie dem Tyrrhenischen Meer.

Die Größenangabe der Insel könnte hier wieder als um das Zehnfache größer dargestellt sein, was schon auf einen Übersetzungsfehler aus der Ursprungssprache ins Ägyptische hinwiese. Sollte der ursprüngliche Bericht aus der Linearschrift A übersetzt worden sein? Zumindest gibt der Bericht wieder ein Hinweis auf die minoische Kultur: Warum sollten die Atlanter gleichzeitig Krieg gegen Europa und Asien führen, wenn sie dabei Gefahr liefen zu verlieren? Dies ist nur damit zu erklären, dass sie gezwungen waren, diese Kriege zu führen, um sich oder ihre Macht zu behaupten, und das heißt, das sie an beide Gegenden grenzten und einen Zweifrontenkrieg zu führen gezwungen waren. Eine gleichzeitige Auflehnung gegen die minoische Herrschaft auf dem mykenischen Festland als auch ein Konflikt mit asiatischen Reichen in Kleinasien oder der Levante wären denkbar. Die „übrigen Inseln“ wären nach dieser Lesart die nördlichen Inseln der Ägäis, über die man das europäische wie auch asiatische Festland erreicht.

„Für seine Zwecke aber stattete er (Poseidon) die in der Mitte liegende Insel, wie es ihm als einem Gotte nicht schwer ward, mit allem Nötigen aus, indem er zwei Wassersprudel, den einen warm und den andern kalt, dergestalt, daß sie aus einer gemeinsamen Quelle flossen, aus der Erde emporsteigen und mannigfache und reichliche Frucht aus ihr hervorgehen ließ.“

Die hier erwähnte warme Quelle weist auf eine vulkanische Insel hin. Dafür kommen im Mittelmeer nur drei Orte in Frage, die Liparischen Inseln, der Ätna auf der Insel Sizilien und Thēra in der Ägäis. Nimmt man Thēra als diese Vulkaninsel an, ist auch verständlich, warum beim Untergang von Atlantis ebenso „das ganze streitbare Geschlecht“ der Athener bei Erdbeben und Überschwemmungen starb, denn es heißt:

„Späterhin aber entstanden gewaltige Erdbeben und Überschwemmungen, und da versank während eines schlimmen Tages und einer schlimmen Nacht das ganze streitbare Geschlecht bei euch scharenweise unter die Erde; und ebenso verschwand die Insel Atlantis, indem sie im Meere unterging. Deshalb ist auch die dortige See jetzt unfahrbar und undurchforschbar, weil der sehr hoch aufgehäufte Schlamm im Wege ist, welchen die Insel durch ihr Untersinken hervorbrachte.“

Der durch den Vulkanausbruch von Thēra ausgelöste Tsunami dürfte mit derselben Kraft sowohl die Nordküste Kretas wie auch die Südküste Attikas getroffen haben. Die Kunde von der Unfahrbarkeit des Meeres nach der Minoischen Eruption könnte von Überlebenden stammen, die sich in Ägypten ansiedelten. So herrschte der Begründer der Hyksos-Dynastie in Ägypten Salitis (mögl. auch Scharek) ab etwa 1648 v. Chr. oder 1630 v. Chr. (Franke) in der Hauptstadt Auaris. Dabei könnte es sich um einen durch den Vulkanausbruch von Thēra vertriebenen Herrscher gehandelt haben. Dynastische Beziehungen zwischen Minoern und Hyksos werden vermutet.[11] Eine Schifffahrt nach der Katastrophe im Gebiet der südlichen Ägäis ist auch längere Zeit nach der Katastrophe unwahrscheinlich, da neben der Vernichtung der Schiffe und der Häfen auch viele Menschen umgekommen sein dürften.

„Zunächst nun wurde mir das Land im ganzen als sehr hochgelegen und steil aus dem Meere aufsteigend geschildert, die Gegend um die Stadt her dagegen durchweg als eine Ebene, welche sie umschloß, ihrerseits aber wieder ringsherum von Bergen eingeschlossen wurde, die sich bis zum Meere hinabzogen, und zwar als eine ganz glatte und gleichmäßige Fläche, die in ihrer Gesamtausdehnung eine längliche Gestalt hatte, indem diese nach der Seite zu dreitausend Stadien, in der Mitte aber vom Meere aufwärts nur zweitausend betrug. Von der ganzen Insel nämlich lag dieser Teil nach der Südseite zu, indem er sich von Norden nach Süden erstreckte.“

Dieser Teil der Beschreibung von Atlantis weist nicht auf Thēra, sondern auf Kreta. Galanopoulos nimmt hierbei eine Trennung zwischen einer Metropolis, einer Mutterstadt auf einer runden 18,5 Kilometer Durchmesser aufweisenden Insel, und einem Königsgut auf einer viel größeren rechteckigen Insel an.[12] Das Königsgut sei dabei eine „Pflanzkolonie“ auf Kreta gewesen. Dach Rückrechnung der Größenangaben auf ein Zehntel ist sowohl bei der Größe als auch der Beschreibung eine auffällige Ähnlichkeit mit Kreta zu erkennen. Es handelt sich dabei um die Messara-Ebene, die „an der Seeküste gegen die Mitte der ganzen Insel“ (Kreta) liegt, als auch genau südlich von Thēra. Sie ist „sehr flach und langgestreckt“ und etwa 300 Stadien (55,8 Kilometer) lang, der ungefähren Entfernung von Kommos nach Ano Viannos. „Landeinwärts aber, in der Mitte“ reicht sie 200 Stadien (37,2 Kilometer) über ein fruchtbares Hügelland vom Asterousia-Gebirge im Süden bis zur Küste hinter Knossos im Norden, beim heutigen Iraklio. Die Messara-Ebene ist neben dem südlichen Asterousia-Gebirge im Westen und Osten durch die „sehr hochgelegen“ Gebirge des Psiloritis-Massivs und des Dikti-Gebirges eingeschlossen. Bezeichnend ist hier, dass der sich „von Norden nach Süden erstreckende“ Mittelteil als „vom Meere aufwärts“ beschrieben wird, als wenn man die Ebene meist aus Richtung Norden betreten hätte.

Das unten abgebildete Fresco, das in Akrotiri auf Thēra / Santorin gefunden wurde, stellt eine Schiffsprozession dar, bei der die Stadt auf der linken Seite Atlantis auf Thēra, die Ansiedlung auf der rechten Seite Knossos auf Kreta darstellen könnte.

Schiffsprozession aus Akrotiri – Darstellung von Atlantis (links) und Knossos (rechts)?

Realer Hintergrund oder Fiktion

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Die Frage, ob es sich bei der von Platon geschilderten Überlieferung um einen Tatsachenbericht der Erfahrung Solons in Ägypten handelt oder um reine Fiktion seitens Platon zu Darstellung des Anliegens in seinen Werken Kritias und Timaios, ist schon oft diskutiert worden. Dass Platon eigentlich keine detaillierte Beschreibung einer mythischen Stadt für die Entwicklung seiner philosophischen Thesen gebraucht habe, ist schon oft als Argument für die Echtheit der Überlieferung angeführt worden. Auch Platon selbst weist im Dialog Timaios vier mal auf die Wahrheit der Überlieferung hin, so wie sie Kritias zur Kenntnis kam.[13] Wäre es Fiktion, bräuchte man sich nicht weiter bemühen, Gleichnisse zwischen dem Geschriebenen und historischen Vorgängen zu suchen. Gäbe es einen realen Hintergrund des Mythos, müssten sich jedoch Hinweise aus den Texten ergeben, die so vielleicht den ägyptischen Priestern von Sais bekannt waren, den Griechen der Zeit Platons hingegen nicht.

Dabei stößt man als erstes natürlich auf die Kenntnis der Priester von einer schriftlosen Zeit in Griechenland, die heute als dunkle Jahrhunderte der Antike bezeichnet werden. Diese sind historisch nachgewiesen. Aus archäologischen Funden weiß man, dass es vor Platons Zeit und vor der dieser vorangegangenen schriftlosen Zeit bereits eine griechische Schrift gab, die Linearschrift B der Mykenischen Kultur. Platon konnte davon nur durch eine Quelle außerhalb Griechenlands Kenntnis erlangt haben, die in der schriftlosen Zeit Griechenland selbst schriftliche Überlieferungen weitergab, wie beispielsweise Ägypten. Aber es gibt noch weitere Hinweise auf Geschehnisse, auf die Platon durch die schriftlose griechische Zeit keinen Zugang haben konnte.

„So sind denn, wie es auch bei kleinen Inseln zu geschehen pflegt, im Vergleich zu dem damaligen Lande in dem gegenwärtigen gleichsam wie von einem durch Krankheit dahingeschwundenen Körper nur noch die Knochen übriggeblieben, indem die Erde, soweit sie fett und weich war, ringsherum abgeflossen und nur das magere Gerippe des Landes zurückgelassen ist. Damals aber, als es noch unversehrt war, waren seine Berge hoch und mit Erde bedeckt, und ebenso waren seine Ebenen, welche jetzt als Steinboden bezeichnet werden, voll fetter Erde; auch trug es vieles Gehölz auf den Bergen, von welchem es auch jetzt noch deutliche Spuren gibt. Denn von den Bergen bieten zwar einige jetzt nur noch den Bienen Nahrung dar; es ist aber noch nicht gar lange Zeit her, als noch Dächer, welche aus den Bäumen verfertigt waren, die man dort als Sparrenholz für die größten Gebäude fällte, unversehrt dastanden. Es gab aber auch noch viel andere hohe Bäume, und zwar Fruchtbäume, und für die Herden brachte das Land unglaublich reiche Weide hervor. Ferner genoß es einer jährlichen Bewässerung von Zeus und verlor diese auch nicht wieder, wie jetzt, wo sie von dem dünnen Fruchtboden ins Meer abfließt; sondern wie es diesen damals reichlich besaß, so sog es auch den Regen in ihn ein und bewahrte ihn in einer Umschließung von Tonerde auf, indem es das eingesogene Wasser von den Höhen in die Tiefen hinabfließen ließ, und bereitete so an allen Orten reichhaltige Quellen und Flüsse, von denen auch noch jetzt da, wo einst ihre Ursprünge waren, heilige Merkzeichen für die Wahrheit meiner gegenwärtigen Erzählung über unser Land geblieben sind.“

In diesem Text des Kritias wird der Staat Athen beschrieben, wie er zur Zeit der Mykener bestand. Dort ist von Wäldern die Rede, die das Wasser speicherten, größeren Flüssen und fruchtbarem Land. Dies ist eine Schilderung des ursprünglichen Griechenland vor der Einwirkung der Menschen durch Abholzung der Wälder für Städte- und Schiffbau und Gewinnung landwirtschaftlicher Flächen. Platon kannte Griechenland so nicht, in seiner Zeit waren durch den Raubbau am Holzbestand bereits große Mengen an fruchtbarer Erde weggespült, das Land hatte ein völlig anderes Aussehen. Die Abholzung der Wälder am Mittelmeer durch die sich dort entwickelnden Hochkulturen, wie in dem Bericht der Priester von Sais angegeben, ist heute historisch belegt. Aber wie hätte Platon davon wissen sollen, wenn es keine griechischen Überlieferungen gab?

  1. Colin Wilson: Atlantis. www.dreamscape.com, abgerufen am 10. Januar 2011.
  2. Angelos George Galanopoulos, Edward Bacon: Die Wahrheit über Atlantis. Wilhelm Heine Verlag, München 1976, ISBN 3-453-00654-2, S. 11.
  3. Heinz-Günther Nesselrath: Atlantis auf ägyptischen Stelen? Der Philosoph Krantor als Epigraphiker. In: Zeitschrift für Papyrologie und Epigraphik 135. 2001, S. 33–35.
  4. James W. Mavor Jr.: Das minoische Atlantis des Dr. Angelos Galanopulos. wiki.atlantisforschung.de, abgerufen am 10. Januar 2011.
  5. Ulrich Hofmann: 9000 Jahre in Platons Timaios und Kritias – Das Alter des Hephaistos? www.mysteria3000.de, abgerufen am 9. Januar 2011.
  6. a b c d Platon: Kritias. www.zeno.org, abgerufen am 12. Januar 2011.
  7. Gottfried Derka: 100 verlorene Jahre. www.wissenschaft-online.de, abgerufen am 10. Januar 2011.
  8. Terra X: Die Biblischen Plagen – Teil 2. ZDFmediathek, 21. Juni 2009, abgerufen am 9. Februar 2011.
  9. Evolution of an Idea – From Geomythology to Hydromythology. finelinesciencepress.com, abgerufen am 13. Januar 2011.
  10. a b c Platon: Timaios. www.zeno.org, abgerufen am 12. Januar 2011.
  11. Hans Lohmann: Die Santorin-Katastrophe. In: Eckart Olshausen, Holger Sonnabend (Hrsg.): Naturkatastrophen in der antiken Welt. Franz Steiner Verlag, Stuttgart 1998, ISBN 3-515-07252-7, S. 358.
  12. Angelos George Galanopoulos, Edward Bacon: Die Wahrheit über Atlantis. Wilhelm Heine Verlag, München 1976, ISBN 3-453-00654-2, S. 37.
  13. Angelos George Galanopoulos, Edward Bacon: Die Wahrheit über Atlantis. Wilhelm Heine Verlag, München 1976, ISBN 3-453-00654-2, S. 12.