Benutzer:W.S.Herrmann/Hiltibraht

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Erstes Blatt des Hildebrandsliedes

Hiltibraht ist der Name des Titel-Helden, der im sog. Hildebrandslied genannt wird. Seit den intuitiven Untersuchungen Kaufmanns (1898) [1] wird vermutet, dass die Tilgung des Nasals [2] im Auslaut des Namens regulär den Nominativ Singular betrifft. In den obliquen Kasus bleibe der Nasal erhalten (z.B. "Hiltibrantes sunu" bezeichnet den "Sohn Hildebrands").

Forschungsstand

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Johann Georg von Eckhart

Johann Georg von Eckhart

Als Johann Georg von Eckhard im Jahre 1729 in einer Kasseler Handschrift das altdeutsche Sprachdenkmal des heute sog. Hildebrandsliedes entdeckte [3], war der gelehrte Herausgeber sich darüber klar, dass es sich um einen Text mittelalterlicher Sprache handelte. Man hatte noch keine Ahnung von der poetischen Dichte und der dialektalen Herkunft des Werkes.

Erst als sich etwa 100 Jahre später die Brüder Jakob und Wilhelm Grimm aus der Perspektive der romantischen Geschichtstheorie für solche Funde interessierten, wurde gefunden:

- dass der literarische Stil dieses Fragmentes hochstehend war (Stabreim, religiöse Orientierung),

- und dass es Handschriften gegeben haben muss, die das Epos bereits vor 830 enthielten, und aus denen die 2 oder 3 Schreiber ihren Text abgeschrieben hatten.

Seither haben sich die sog. Altgermanisten auf diese zwei Seiten einer Fuldaer Handschrift konzentriert. Es sind Dialekt und poetische Form, Stoff- und Motivgeschichte untersucht worden. [4] Und für den Namen des Titelhelden ist dabei eine Vermutung herausgekommen, die von Helmut de Boor formuliert wurde:

1) Die Fuldaer Mönche sind nicht ursprünglich sächsischer Herkunft. Sondern sie benutzen nur den Dialekt der Sachsen als Stilmittel, um ihre missionarische Absicht zu verfolgen. Sie wollen die sog. Heiden davon überzeugen, dass es tragisch ist, wenn man seinen Sohn tötet.

2) Hinter dem Missionsprogramm des Hiltibraht-Liedes steht Hrabanus Maurus. Er hat die Mönche seines Klosters angeleitet, in altdeutscher Sprache den ungläubigen Sachsen christliches Denken beizubringen.

Peter-Erich Neuser hat in seiner Arbeit über das karolingische "Hildebrandslied" [5] den Forschungsstand entscheidend kritisiert: seit der romantischen Suche nach den großen Denkmälern der Germanischen Volkspoesie sei man viel zu sehr auf der Suche nach dem Langobardischen Original. Was aber erhalten sei, sei das Fuldische Fragment 2° Ms. theol. 54 aus Fulda. Und dieses Fragment bedürfe seiner besonderen Beachtung.

Im weiteren Verlauf der Arbeit legt der Autor dar, die in Kassel gefundene Handschrift sei auf den Außendeckeln nicht ohne Bezug auf den Inhalt des gesamten Konvolutes verschriftet worden. Die Mönche des Klosters Fulda hätten - entsprechend dem Leitartikel der Handschrift "Missa contra obloquentes" - ein Exempel statuieren wollen: sozusagen die Struwelpeteriade des Widerspruches.

Die Sprachregel

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Sprachliche Regeln werden in der Theorie der Sprache von Aristoteles bis Chomsky als meist unbewusst beherrschte Normierungen bezeichnet, deren Gültigkeit sich darin erweist, dass ein (oder mehrere Sprecher) sich überzufällig häufig "richtig" verhalten.[6]

Das sog. Hildebrandslied, das nur in einer einzigen Handschrift - fragmentarisch - überliefert ist, präsentiert Namen wie "Hiltibraht","Hiltibrantes sunu" (Sohn des Hildebrand) - aber auch "Hadubrant".

Folglich haben philologische Zweifler immer wieder an der Gültigkeit der Nasal-Spiranten-Regel in Fulda um 830 Unsicherheit dargelegt - bzw. voreilig und intuitiv auf die Regel des Nasal-Spiranten-Gesetzes vertraut.

Die (postulierte) Regel besagt:

- Im Nominativ Singular gilt die Regel der Nasal-Spiranten-Ersetzung: also wird statt ´Hiltibrant´ "Hiltibraht" gesagt - oder geschrieben.

- In den obliquen Kasus bleibt der Nasal erhalten. Also sagt - oder schreibt - man "Heribrantes sunu", um im Genitiv Singular den Sohn Heribrants zu bezeichnen.

Die Verstorbenen-Liste

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Das Programm des Hrabanus Maurus

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- Broszinski, Hartmut: Hiltibraht. Das Hildebrandslied. Faksimile der Kasseler Handschrift mit einer Einführung. Kassel 2004.

- Eckhart, Johann Georg von: Fragmentum Fabulae Romanticae, Saxonica dialecto seculo VIII. conscriptae, ex Codice Cassellano. In: Ders. Hg.: Commentarii de rebus Franciae orientalis tom. I, p. 864-902. Zit. Nach Grein 1858.

- Grein, C.W.M.: Das Hildebrandslied nach der Handschrift von Neuem herausgegeben, kritisch bearbeitet und erläutert nebst Bemerkungen über die ehemaligen Fulder Codices der Casseler Bibliothek. Göttingen 1858, Nachdruck 2010.

- Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Die beiden ältesten deutschen Gedichte aus dem achten Jahrhundert: das Lied von Hildebrand und Hadubrand und das Wessobrunner Gebet zum ersten Mal in ihrem Metrum dargestellt und herausgegeben. Cassel 1812.

- Neuser, Peter-Erich: Das karolingische ´Hildebrandslied´. Karolingische und rezeptionsgeschichtliche Aspekte des 2° Ms. theol. 54 aus Fulda. In: Architectura poetica. Festschr. J. Rathofer zum 65. Geburtstag. Hg. Ulrich Ernst/ Bernhard Sowinski. Köln/Wien 1990, S. 1 - 16

- Rinsum, Annemarie und Wolfgang van: Lexikon literarischer Gestalten. Stuttgart 1988

- Rosenfeld, Hellmut: Das Hildebrandslied, die indogermanische Vater-Sohn-Kampfdichtungen und das Problem ihrer Verwandtschaft. In: Klein, Hans-Adolf (Hg): Hellmut Rosenfeld. Festgabe zum 80. Geburtstag von Hellmut Rosenfeld 24.8.1987. Göppingen 1987, S. 1-20.

- Schlosser, Horst Dieter: Althochdeutsche Literatur, 2. Auflage, Berlin 2004

- Schuster, René: Menschenopfer und rituelle Tötung. Klagenfurt 2013

- Schwab, Ute: Einiges zum Text der Monomachie-Dialoge des "Hildebrandliedes". In: Gottzmann, Carola L./ Wisniewski, Roswitha (Hg): Ars et Scientia. Studien zur Literatur des Mittelalters und der Neuzeit. Festschrift für Hans Szklenar zum 70. Geburtstag. Berlin 2002, S. 33 ff.

- Vopat, Christiane: Zu den Personennamen des Hildebrandsliedes. Heidelberg 1995.

- Wais, K.: Das Vater-Sohn-Motiv in der Dichtung. Teil I und II 1880-1930. Berlin: De Gruyter 1931

Link: https://de.wikipedia.org/wiki/Infantizid_in_der_Literatur

Einzelnachweise

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  1. Kaufmann, Friedrich: Das Hildebrandslied: Handschrift, Sprache, Inhalt, Geschichte und Sage. Kunst, Zeit und Heimat des Dichters. In: Philologische Studien. Festschrift für Eduard Sievers zum 1. Oktober 1896. Halle/S 1896, S. 124-286.
  2. Klaas Heeroma: Zur Problematik des Ingwäonischen. In: Frühmittelalterliche Studien. Bd. 4, 1970, S. 231–243,
  3. vgl. von Eckhard, Johann Georg: Commentarii de rebus Franciae Orientalis et episcopatus Wirceburgiensis (usw.) Wirceburgi 1729.
  4. Zusammenfassend vgl. De Boor 1965.
  5. Neuser (1990), S. 1
  6. Vgl. Kegel 1979?