Benutzer:WMK-karlsruhe/Emotionaler Missbrauch (neuer Versuch)

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Eine der vorliegenden Definitionen, die von der American Professional Society on the Abuse of Children (APSAC) herausgegeben wurde und eine weite Verbreitung erfahren hat, definiert emotionale Misshandlung umfassend als „ein sich wiederholendes Verhaltensmuster einer Bezugsperson oder ein extremes Vorkommnis bzw. extreme Vorkommnisse im Verhalten der Bezugsperson, das/die der Erfüllung der psychologischen Grundbedürfnisse eines Kindes entgegenwirkt/entgegenwirken. Zu diesen Grundbedürfnissen zählen z. B. Sicherheit, Sozialisierung, emotionale und soziale Unterstützung, kognitive Stimulation und Respekt. Durch psychische Misshandlung wird einem Kind vermittelt, dass es wertlos, unvollkommen, ungeliebt, unerwünscht und bedroht ist. Psychische Misshandlung zeigt einem Kind, dass es in erster Linie nur dazu nützlich ist, die Bedürfnisse eines anderen zu befriedigen, und/oder entbehrlich ist.“​​​​​​​[1]

Frank und Räder (1994) haben mit Rückgriff auf den Ansatz der WHO eine weitere Definition vorgenommen. Ihr zufolge wird emotionaler Missbrauch nicht als Oberbegriff definiert, sondern in zwei Formen unterteilt, die sich nach der Frage richten, ob bei der Gefährdung elterliches Tun oder Unterlassen im Vordergrund steht. Unter der aktiven Form lassen sich feindliche, abweisende oder ignorierende Verhaltensweisen von Eltern oder Erziehenden gegenüber einem Kind fassen. Die aktive Form wird dann als Misshandlung bezeichnet, wenn sie zum festen Bestandteil der Erziehung eines Kindes gehört. Das Vorenthalten der für eine gesunde emotionale Entwicklung notwendigen Erfahrungen von Beziehung wird als passive Form bezeichnet.[2]

Entstehungsformen und Arten

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Als häufigste Form tritt sexueller Missbrauch oder körperliche Misshandlung auf. Im Gegensatz dazu stehen psychische bzw. emotionale Misshandlungen weniger im Vordergrund. Dies hängt damit zusammen, dass bei dieser Form keine direkten körperlichen Schädigungen feststellbar sind.

Eine große amerikanische Studie mit über 5600 Jugendlichen ergab, dass Jugendliche mit emotionaler Misshandlung im Vergleich zu Jugendlichen, die körperliche Misshandlung oder sexuellen Missbrauch erlebt hatten, gleich hohe oder höhere Ausgangswerte für Verhaltensprobleme, Symptome und Störungen aufwiesen.

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Entwicklung der Kindeswohlgefährdungen in den Jahren 2012-2019[3]

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Entwicklung der Partnerschaftsgewalt zwischen in den Jahren 2015-2019[4]

Die Folgen für die Betroffenen sind vielfältig und halten meist bis ins Erwachsenenalter an. Dabei lassen sich individuellen Folgen und gesamtgesellschaftliche Belastungen unterscheiden. Die häufigste Form von Kindesmisshandlungen sind psychische Misshandlungen. Kinder und Jugendliche, die diese erleben, haben ein deutlich erhöhtes Risiko für andere Formen von belastenden Kindheitserfahrungen. Das Risiko für Depressivität wird durch Misshandlung im Kindesalter um das 6-Fache erhöht. Das Risiko für Ängstlichkeit wird um das 8,5-Fache erhöht. Oft haben die Betroffenen mit langfristigen körperlichen, psychischen und sozioökonomischen Folgen zu kämpfen. „Einige Autoren nehmen sogar an, dass emotionale Misshandlung die schädlichste Form von Kindesmisshandlung darstellt“ (Witt A. et al 2021)

Physische Auswirkungen im Gehirn bei Missbrauch im Kindes- und Jugendalter

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Physischer und psychischer Missbrauch lässt sich einteilen in Typ 1 Traumata und Typ 2 Traumata. Bei Typ 1 Traumata handelt es sich um Erlebnisse, die einmalig und plötzlich auftreten. Typ 2 Traumata werden verursacht durch wiederholte Erlebnisse im Kindes- und Jugendalter. Vor allem Typ 2 Traumata führen in der weiteren Entwicklung zu verschiedenen Störbildern, etwa im Bereich externalisierender Verhaltensweisen.

Traumatische Erlebnisse wie emotionaler Missbrauch haben Auswirkungen auf die körpereigene „Stressachse“ der Betroffenen. Die „Stressachse“ besteht aus Hypothalamus, Hypophyse und Nebennierenrinde und wird auch als HHHN-Achse bezeichnet.

Bei Stress werden im Hypothalamus Corticotrophin-Releasing-Faktoren (CRF) ausgeschüttet, welche daraufhin die Ausschüttung von Adrenocorticotropin (ACTH) bewirken. In der Folge schüttet die Nebennierenrinde Glucocorticoide aus, die eine Stressreaktion im Körper auslösen. Diese haben Einfluss auf die Neuronen im Hippocampus und Hypothalamus und es kommt im Rahmen einer postraumatischen Belastungsstörung zu einer Hyposensitivität der HHN-Achse und zu einem Hypocortisolismus. Bei Stressantworten wird das sympathische System aktiviert, was zu einer allgemeinen Sympathikusantwort führt. Vor allem bei kindlichen Traumata kommt es zu einer erhöhten Anfälligkeit für assoziierten Veränderungen, sowie zu längeren postnatalen Reifungsprozessen. Dazu zählt der präfrontaler Kortex und der Hippocampus.[5]

Spuren in der Hirnstruktur

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Misshandlungen, sei es körperlicher oder seelischer Natur, hinterlassen in den meisten Fällen schwerwiegende Folgen. Immer aber hinterlassen sie Spuren im Gehirn. Dies zeigen nicht nur Untersuchungen zu einschlägigen Gedächtnisinhalten bei Menschen, die missbraucht wurden, sondern auch solche zu Hirnstruktur und Hirnfunktion von Misshandlungsopfern. Menschen, die in ihrer Kindheit und Jugend körperliche und sexuelle Misshandlungen erfahren haben, leiden im späteren Leben überdurchschnittlich häufig an psychischen Auffälligkeiten und fühlen sich in ihrem Wohlbefinden beeinträchtigt.

Psychische und emotionale Auswirkungen

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Emotionaler Missbrauch hat eine Vielzahl von psychischen Auswirkungen für Betroffene zur Folge. Durch den Missbrauch kommt es häufig zu Krankheitsbilder wie Depressionen, Essstörungen (Bulima nervosa) und Borderline-Störung. Betroffene entwickeln häufig eine posttraumatische Belastungsstörung und Suizidgedanken. Außerdem kann es zu Abhängigkeiten wie Alkohol-, Drogen- und Medikamentensucht kommen. Somatisierungsstörungen wie chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren lassen sich ebenfalls als Folge ausmachen.[6]

Risikofaktoren, Prävention, Diagnosen, Behandlung

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Es sind unterschiedliche Aspekte, welche die emotionale Misshandlung auf Täter oder Opfer Seite jeweils begünstigen. Unterscheiden lassen sich personenzentrierte, familienbezogene sowie sozial-kulturelle Faktoren[7][8]. Diese Faktoren können sowohl Kinder, Jugendliche, als auch Erwachsene betreffen und deren Entwicklung beeinflussen. Die verschiedenen Faktor-Gruppierungen sind häufig vernetzt, was dazu führt, dass eine Kettenreaktion entstehen kann, wodurch eine Person mehreren Faktoren gleichzeitig ausgesetzt wird.[7][9]

Personenzentrierte Faktoren:

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  • Gewalterfahrungen in der eigenen Biografie
  • (psychische) Erkrankungen, auch Suchterkrankungen
  • Probleme mit der Impulskontrolle
  • vermehrte Stressanfälligkeit

Familienbezogene Faktoren:

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  • Überforderung und Stress
  • hohe Erwartungshaltung
  • Konflikte und Streit
  • Krisen und Belastungssituationen

Sozial-kulturelle Faktoren:

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  • vorherrschende Normen und Wertvorstellungen
  • Armut
  • Arbeitslosigkeit
  • beengte oder desolate Wohnverhältnisse
  • soziale Isolation

Solche Risikofaktoren können die Belastungsgrenzen mitunter deutlich ausreizen. Ein Gefühl von Überforderung und Ohnmacht setzt in weiterer Folge Mechanismen in Gang, die seelischen Missbrauch begünstigen. So kommt es etwa zur Abwertung anderer Personen, um sich selbst aufzuwerten und besser zu fühlen. Häufig laufen solche Mechanismen unbewusst ab.

Prävention, Diagnosen, Behandlung

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Im Unterschied zu den bekannteren Missbrauchsformen, dem sexuellen oder dem körperlichen Missbrauch, findet ein emotionaler Missbrauch fast ausschließlich auf der rein persönlichen, zwischenmenschlichen Gefühlsebene statt. Aus diesem Grund ist der emotionale Missbrauch in vielen Fällen wesentlich schwerer zu erfassen und zu finden. Hierbei ist jeder Einzelne gefragt. Nicht nur offizielle Stellen (Kinderarzt, Betreuungseinrichtungen) müssen reagieren, auch Unbeteiligte (Nachbarn, Arbeitskollegen) sollten im Bedarfsfall intervenieren.[10]

Falls Entwicklungs- oder Verhaltensauffälligkeiten, darunter bspw. verminderte schulische, berufliche und kognitive Leistungsfähigkeiten, auftreten, wird geraten, mit den betroffenen Personen das Gespräch suchen, da es ein Hinweis sein könnte, dass eine emotionale Misshandlung vorliegen könnte. Außerdem sollte das Gespräch mit Bezugspersonen und Berechtigten gesucht werden, um Zusammenhänge herzustellen und Einschätzungen einzuholen. Personen, die emotionalen Missbrauch erfahren, können dadurch auffallen, dass sie unterernährt, müde oder ungepflegt sind. Sie wirken im Allgemeinen unsicher und ängstlich in ihren Beziehungen zu anderen Menschen, haben ein geringes Selbstwertgefühl und verschließen sich anderen gegenüber. Oftmals führt emotionaler Missbrauch bei Betroffenen zu einer Neigung für Alkohol- und/oder Drogenmissbrauch.[7][8]

Um eine professionelle Diagnose und Unterstützung zu erhalten, ist der Austausch mit Fachkräften unerlässlich. Schutz- und Risikofaktoren müssen mithilfe Diagnoseverfahren und Befragungen durch ein Fachpersonal kritisch eingeschätzt werden, um entsprechende Hilfsmaßnahmen einzuleiten. Betroffenen, die emotionalen Missbrauch ausgesetzt sind oder waren, wird empfohlen, professionelle Unterstützung in Anspruch zu nehmen. Die moderne Psychologie bietet diesbezüglich heute sehr gute Therapie- und Interventionsansätze. In vielen Fällen werden zudem tiefenpsychologische oder psychoanalytische Ansätze empfohlen.[8][7]

Einzelnachweise

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  1. Witt A., Brähler E., Fegert J. M.: Worte tun nicht weh? Folgen psychischer Misshandlung. In: Monatsschrift Kinderheilkunde. Springer Medizin, Wiesbaden 2021.
  2. Kindler H.: Was ist unter psychischer Misshandlung zu verstehen? In: Kindeswohlgefährdung nach § 1666 und Allgemeiner Sozialer Dienst (ASD). DJI Verlag Deutsches Jugendinstitut, München 2006.
  3. Statistisches Bundesamt (Destatis): Akute und latente Kindeswohlgefährdungen. In: https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2020/08/PD20_328_225.html. Statistisches Bundesamt, 2020, abgerufen am 9. Juli 2021 (deutsch).
  4. Bundeskriminalamt (BKA): Part­ner­schafts­ge­walt - Kri­mi­nal­sta­tis­ti­sche Aus­wer­tung - Be­richts­jahr 2019. In: https://www.bka.de/SharedDocs/Downloads/DE/Publikationen/JahresberichteUndLagebilder/Partnerschaftsgewalt/Partnerschaftsgewalt_2019.html?nn=63476. Bundeskriminalamt (BKA), 10. November 2020, abgerufen am 9. Juli 2021 (deutsch).
  5. Deutscher Ärzteverlag GmbH, Redaktion Deutsches Ärzteblatt: Misshandlungsfolgen: Seelische Belastungen und Spuren im Gehirn. 10. Mai 2011, abgerufen am 2. Juli 2021.
  6. Deutscher Ärzteverlag GmbH, Redaktion Deutsches Ärzteblatt: Misshandlungsfolgen: Seelische Belastungen und Spuren im Gehirn. Hrsg.: Bundesgesundheitsblatt.
  7. a b c d Ministerium für Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie: Gewalt gegen Kinder und Jugendliche - Handlungsmöglichkeiten und Kooperation im Saarland - Leitfaden für Ärztinnen und Ärzte, Zahnärztinnen und Zahnärzte. In: www.bundesaerztekammer.de. Ministerium für Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie, 2014, S. 17-18, 7-9, 45 ff., abgerufen am 12. Juli 2021 (deutsch).
  8. a b c Ulrich Tiber Egle, Peter Joraschky, Astrid Lampe, Inge Seiffge-Krenke, Manfred Cierpka (Hrsg.): Sexueller Missbrauch, Misshandlung, Vernachlässigung Erkennung, Therapie und Prävention der Folgen früher Stresserfahrungen. In: https://www.researchgate.net/profile/Manfred-Cierpka/publication/233959740_Missbrauch_Misshandlung_Vernachlassigung/links/02e7e519f23c5b61c0000000/Missbrauch-Misshandlung-Vernachlaessigung.pdf. Manfred Cierpka (Hrsg.), 2015, S. 372-373 / 379-390, abgerufen am 22. Juli 2021 (deutsch).
  9. Kinderschutzleitlinienbüro: Kinderschutzleitlinie - Kindesmisshandlung, -missbrauch,-vernachlässigung unter Einbindung der Jugendhilfe und Pädagogik (Kinderschutzleitlinie). In: http://www.kinderschutzleitlinie.de/. Kinderschutzleitlinienbüro, 7. Februar 2019, S. 116-119, abgerufen am 12. Juli 2021 (deutsch).
  10. Dr. med. et Dr. phil. Heinz F. Golling: Emotionaler Missbrauch. In: https://www.psychotherapie-golling.de/glossar/emotionaler-missbrauch-muenchen/. Dr. med. et Dr. phil. Heinz F. Golling, abgerufen am 12. Juli 2021 (deutsch).

Kategorie:Handlung und Verhalten