Knappenverein

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Ein Knappenverein, auch Bergmannsverein[1] oder Bergarbeiterverein genannt,[2] ist ein privater Zusammenschluss mehrerer Bergleute eines Bergwerks oder eines Bergreviers[1] zu einem Verein, welcher der Kameradschaftspflege und der Pflege bergmännischer Traditionen dient.[3] Sämtliche Knappenvereine einer Bergbauregion sind in der Regel dem Landesverband des jeweiligen Bundeslandes angegliedert.[4] Sämtliche Knappenvereine Deutschlands sind unter dem Dachverband Bund Deutscher Bergmanns-, Hütten- und Knappenvereine e. V. zusammengeschlossen.[5] Die Knappenvereine der jeweiligen Länder sind im Europäischen Hütten und Knappenverein vereint.[4]

Bergleute hatten schon früh eine hohe Auffassung von ihrem Beruf.[6] Das spiegelt sich auch in ihrer bergbautypischen Sprache[ANM 1] wider, die sich über mehrere Jahrhunderte in den jeweiligen Bergbauregionen entwickelte und heute noch gesprochen wird.[7] Der wohl bekannteste und vermutlich auch der älteste Begriff der Bergmannssprache ist im deutschsprachigen Raum der Bergmannsgruß Glückauf, mit dem sich die Bergleute gegenseitig Glück bei ihrer Arbeit wünschen.[8] Da der Beruf des Bergmanns mit besonderen Gefahren verbunden war, entwickelte sich im Laufe der Jahre auch eine eigene dem Beruf in Farbe und Form angepasste Berufstracht, die der Bergmann nicht nur während der Arbeit unter Tage, sondern ebenso auf dem Weg zur Arbeit trug.[9] Die Gefahren für die Bergleute stiegen mit stärker werdendem Leistungsdruck an.[10] Um trotz der Gefahren genügend Bergleute zu finden, um die von den jeweiligen Landesfürsten benötigten Edelmetalle zu gewinnen, wurden die Bergleute mit besonderen Privilegien, wie zum Beispiel einer maximalen Schichtdauer von acht Stunden, ausgestattet.[11] Die Bergleute besaßen bereits im 18. Jahrhundert eine Sonderstellung in der sozialen Absicherung, die sonst keine Arbeitsgruppe hatte.[12]

Wegen der großen Gefahren in den Bergwerken, insbesondere bei der untertägigen Arbeit, entwickelten die Bergleuten sehr bald ein großes Zusammengehörigkeitsgefühl.[1] Dies spiegelt sich oftmals in der Hilfsbereitschaft und der Aufopferung der Bergleute untereinander und ihrem zum Teil patriotischen Zusammenhalt wider.[13] Dieser Zusammenhalt innerhalb der Bergleute[ANM 2] ist stets zu erkennen, wenn es darum geht, einen Kameraden aus einer Gefahr zu retten.[1] Der bei den Bergleuten besonders ausgeprägte Sinn für Zusammenhalt und Solidarität führte schon in frühen Jahren zu sozialen Einrichtungen wie der Büchsenkasse.[10]

Brauchtum und Traditionen

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Das bergmännische Brauchtum – je nach Bergbauregion sehr unterschiedlich – ist bis in die Gegenwart selbst in Gegenden erhalten geblieben, in denen es keinen aktiven Bergbau mehr gibt.[14] Mit der Vielfältigkeit des bergmännischen Brauchtums drückt der Bergmann seine gesamte Gefühlswelt aus.[15] Hierdurch spiegelt sich auch der starke Bezug des Bergmanns zu den unterschiedlichen Bergbauberufen wider.[16] Ein nach außen hin sichtbares Zeichen war neben dem Tragen des Bergmannskittels zu Festlichkeiten auch das Mitführen des Gezähes.[17] An die Stelle des gewöhnlichen Gezähes trat später der Berghäckel.[18] Ihre Verbundenheit mit der Religion führte zur Verehrung besonderer Bergbauheiliger wie der heiligen Barbara.[17] So hatten die Bergleute in einigen Bergbauregionen spezielle Gottesdienste wie beispielsweise die Mettenschicht.[19] Bergleute hatten auch eigene Bergmannslieder, die sogenannten Bergreihen.[20] Sehr oft wurde in diesen Liedern der Bergmannsgruß Glückauf in verschiedener Art und Weise besungen.[21] In einigen Bergbauregionen war es üblich, dass ein Berglehrling nach bestandener Knappenprüfung den sogenannten Ledersprung machen musste, um als Knappe in die Gemeinschaft aufgenommen zu werden.[11]

Geschichte der Knappenvereine

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Erste Verbindungen von Bergleuten gab es bereits vor dem 19. Jahrhundert.[1] In der Mitte des 19. Jahrhunderts wurde im Bergbau das bis dahin geltende Direktionsprinzip durch verschiedene Gesetzesänderungen und neue Gesetze wie zum Beispiel das Allgemeine Preußische Berggesetz abgelöst und durch das Inspektionsprinzip ersetzt.[22] Für die Bergleute bedeutete das den Verlust sämtlicher bis dahin erworbenen Privilegien.[23] Aus dem Bergknappen wurde nun der Bergarbeiter.[13] Als solcher war er von nun an den freien Kräften des Marktes ausgeliefert.[22] In den 1850er Jahren wurden die ersten bergmännischen Vereine von kirchlicher Seite gegründet.[24] In den 1860er Jahren entstanden insbesondere in den Industrieregionen etwa 100 neue Arbeitervereine.[25] Im Laufe dieser Jahre wurden auch vermehrt Bergarbeitervereine gegründet.[2] Die Knappenvereine waren für die Bergleute die einzige Möglichkeit, sich zu organisieren, da von staatlicher Seite andere Bergarbeiterorganisationen nicht genehmigt wurden, was letztlich zum ersten Bergarbeiterstreik von 1872 führte.[12] Bis in die 1890er Jahre wurden auch im Ruhrgebiet mehrere hundert neue Knappenvereine gegründet.[1] Während des Nationalsozialismus wurde das bergmännische Brauchtum vom Naziregime für seine Zwecke missbraucht.[26] Fast alle Knappenvereine wurden während der NS-Zeit direkt oder indirekt verboten.[1] Heute gibt es in vielen aktiven und ehemaligen Bergbauregionen wieder aktive Knappenvereine.[5]

Jeder Knappenverein entsteht durch eine Gründungsversammlung, in der die Mitglieder sich versammeln, um den Vereinsvorstand[ANM 3] zu wählen.[3] Die Anzahl der Mitglieder eines jeden Knappenvereins ist je nach Region unterschiedlich groß.[1] Jedes Vereinsmitglied muss einen monatlichen Mitgliedsbeitrag zahlen.[24] Die Vereinsgründung jedes mit einem eigenen Vereinsnamen versehenen Knappenvereins erfolgt mit dem Zweck der Kameradschafts- und Brauchtumspflege.[3] Dabei ist es den Mitgliedern ein Anliegen, ihren Berufsstand als Knappen zu achten.[6] Das wird durch besondere Feste auch nach außen hin gezeigt.[4] Mehrmals im Jahr finden in einigen Bergbauregionen Bergparaden statt, an denen oftmals auch mehrere Knappenvereine teilnehmen.[5] Wichtiges Symbol jedes Knappenvereins ist dabei die eigene Vereinsfahne.[3] Neben diesen Paraden finden regelmäßige Zusammenkünfte der Vereinsmitglieder sowie Jahrestreffen der Knappenvereine eines Landesverbandes statt.[27][5] Weitere Brauchtumspflege sind die Barbarafeier, die auch von vielen Bergbaubetrieben zwecks Selbstinszenierung gefeiert wird,[14] und die Mettenschicht.[19] Ein besonderes Zeichen der Kameradschaftspflege ist die Begleitung eines verstorbenen Bergmanns zur letzten Ruhestätte,[11] wo der Sarg des Verstorbenen von einer Abordnung des jeweiligen Knappenvereins[ANM 4] getragen wird.[24]

Einzelnachweise

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  1. a b c d e f g h Förderverein Rammelsberger Bergbaumuseum Goslar e. V. (Hrsg.): 50 Jahre Harzer Knappenverein Goslar. Eigenverlag des Fördervereins, Druck Papierflieger Clausthal-Zellerfeld, Goslar 2014, S. 4, 10–14, 16, 18.
  2. a b Wilhelm Kulemann: Die Gewerkschaftsbewegung – Darstellung der gewerkschaftlichen Organisation der Arbeiter – und der Arbeitgeber aller Länder. Verlag von Gustav Fischer, Jena 1900, S. 253–273.
  3. a b c d Deutsches Bergbaumuseum Bochum (Hrsg.): Jahresbericht 2009, Bergbau-Archiv Bochum, Bochum 2009, S. 17, 18.
  4. a b c Europäischer Knappentag in Heerlen und Delegiertenversammlung. In: Gezähekiste. Zeitschrift des Hessischen Landesverbandes e. V. Hessischer Landesverband e. V. im Bund Deutscher Bergmanns-, Hütten- und Knappenvereine e. V. (Hrsg.), Heft 8, Ausgabe 02 / 2011, ISSN 1867-0458, S. 4, 5.
  5. a b c d Dieter Guderjahn: Aus der Arbeit des HLV. In: Gezähekiste. Zeitschrift des Hessischen Landesverbandes e. V. Hessischer Landesverband e. V. im Bund Deutscher Bergmanns-, Hütten- und Knappenvereine e. V. (Hrsg.), Heft 22, Ausgabe 02 / 2018, ISSN 1867-0458, S. 4, 5.
  6. a b Franz Kirnbauer: Abhandlungen und kleinere Mitteilungen. Der „Hüttenberger Reiftanz“. In: Verein für Volkskunde in Wien (Hrsg.): Wiener Zeitschrift für Volkskunde. Vormals Zeitschrift für österreichische Volkskunde. XXXIX. Jahrgang, Wien 1934, S. 42, 45, 48.
  7. Klaus Beitl: Bergmännisches Spruchgut heute. In: Schweizerisches Archiv für Volkskunde. (Hrsg.). Heft 1–6, Band 68–69, Bibliothek der ERH Zürich, Zürich 1973, S. 33.
  8. Wolfgang Piersig: Kurzgefasstes zum Bergbau, Montan- und Hüttenwesen, zur Bergmannssprache, montanen Kulturlandschaft Erzgebirge / Krusnohori und mehr. GRIN Verlag, 2016, ISBN 978-3-668-29429-5, S. 6, 7.
  9. Otto Spitzbarth: Von den Bergmännischen Trachten im Mansfelder Kupferschieferbergbau 1200–1950. Sangerhausen 1978, S. 2–4, 6.
  10. a b Gilbert Gratzel: 750 Jahre Knappschaft – Soziale Verantwortung zu jeder Zeit. In: Bergbaumuseum Grube Anna e. V. Gesellschaft für Montangeschichte und Industriekultur (Hrsg.). Glückauf Bergbau und Energie, Nr. 33, Dezember 2010, Verlag Holländer, Herzogenrath 2010, ISSN 1864-5526 S. 12, 13.
  11. a b c Max Metzner: Die soziale Fürsorge im Bergbau unter besonderer Berücksichtigung Preußens, Sachsens, Bayerns und Österreichs. Inaugural-Dissertation an der philosophischen Fakultät der Großherzoglich Herzoglich – Sächsischen Gesamt Universität Jena, Verlag von Gustav Fischer, Jena 1911, S. 2, 3.
  12. a b Carl Gerhard Rohm: Anfänge christlicher Gewerkschaften im Ruhrgebiet. Der Bergarbeiterverein Glückauf Essen (1890–1892) als erster christlicher Gewerkschaftsverband, In: JCSW 23, 1982, S. 71–77.
  13. a b Malik Sharif: Schön ist das Bergmannsleben? Ideologie im Bergmannslied – Bergmannslied in der Ideologie. Fallbeispiele aus der Region Eisenerz. Wissenschaftliche Bachelorarbeit an der Universität für Musik und darstellende Kunst Graz Austria, Graz 2009, S. 2, 3.
  14. a b Marc Michael Moser: Die Krise des Erzbergbaus. Das Beispiel Eisenerz. Diplomarbeit an der Universität Wien, Wien 2011, S. 121.
  15. Georg Schreiber: Der Bergbau in Geschichte, Ethos und Sakralkultur. Springer Fachmedien GmbH, Wiesbaden 1962, ISBN 978-3-663-00242-0, S. 238–250.
  16. Felix Dietzsch: Bergbaukultur im Erzgebirge – Rezeption vom Spätmittelalter bis heute zwischen regionaler Identität und Tourismus . Kalenderblatt August 2020, TU Chemnitz, Chemnitz 2020, ISSN 2568-9304, S. 2–7.
  17. a b Hans Michael Reibnagel: Gezähe im Mittelalter und in der frühen Neuzeit. Diplomarbeit an der Universität Wien, Wien 2013, S. 32–34.
  18. Marcus Christoph Weberhofer: Bergmännische Volkskultur in Altaussee. Brauchtum in Epik, Tanz und Musik. Wissenschaftliche Bachelorarbeit an der Universität für Musik und darstellende Kunst Graz, Graz 2016, S. 10, 13, 51, 59, 60–62, 67.
  19. a b Gerd Melzer: Mettenschicht im Frohnauer Hammer. In: Bergglöckchen. Zeitschrift des Sächsischen Landesverbandes der Bergmanns-, Hütten- und Knappenvereine e. V. (Hrsg.), Heft 1 / 2018, S. 6.
  20. Heinrich Veith: Deutsches Bergwörterbuch mit Belegen. Verlag von Wilhelm Gottlieb Korn, Breslau 1871.
  21. Reinhold Köhler (Hrsg.): Alte Bergmannslieder. Verlag von Hermann Böhlau, Weimar 1858, S. 51, 52.
  22. a b Georg Auditor: Die Arbeitsverhältnisse auf den oberschlesischen Steinkohlengruben. Inaugural-Dissertation an der philosophischen Fakultät der Schlesischen Friedrich-Wilhelm-Universität zu Breslau, Breslau 1915, S. 42, 46, 47.
  23. Karl August Tolle: Die Lage der Berg- und Hüttenarbeiter im Oberharze. Unter Berücksichtigung der geschichtlichen Entwicklung der gesammten Bergarbeiter – Verhältnisse, Puttkammer & Mühlbrecht Buchhandlung für Staats- und Rechtswissenschaft, Berlin 1892, S. 134–136.
  24. a b c Otto Hue: Die Bergarbeiter. Historische Darstellung der Bergarbeiter-Verhältnisse von der ältesten bis in die neueste Zeit, zweiter Band, Verlag von I. H. W. Dietz Nachf. G.m.b.H., Stuttgart 1913, S. 278–288.
  25. Stiftung Jugend und Bildung in Zusammenarbeit mit dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales (Hrsg.): Sozialgeschichte. Druck BMAS Hausdruckerei, Bonn 2016, S. 14, 15.
  26. Kai Gurski: Schlägel, Eisen und Hakenkreuz – Das Thema Bergbau im Werk des Malers Karl Reinecke-Altenau. Genehmigte Dissertation an der Hochschule für Bildende Künste Braunschweig (HBK), Braunschweig 2008, S. 226–230.
  27. Andreas Rössel: Paradegruppe des Bergbautraditionsvereins WISMUT zieht positive Bilanz. In: Bergglöckchen. Zeitschrift des Sächsischen Landesverbandes der Bergmanns-, Hütten- und Knappenvereine e. V. (Hrsg.), Heft 1 / 2018, S. 6, 7.
  1. Seit dem 13. Jahrhundert gibt es erste Worte der Bergmannsprache. Im deutschsprachigen Raum gibt es in der Gegenwart rund 7000 bergbauspezifische Fachbegriffe (Quelle: Hans Michael Reibnagel: Gezähe im Mittelalter und in der frühen Neuzeit).
  2. Als Beispiel der Kameradschaft ist hier die Rettungsaktion nach dem Grubenunglück auf der Schachtanlage Mathilde zu nennen, wo dank dem Zusammenhalt der Bergleute nach tagelanger Suche noch 14 als vermisst geltende Bergleute lebend geborgen werden konnten (Quelle: Förderverein Rammelsberger Bergbaumuseum Goslar e. V. (Hrsg.): 50 Jahre Harzer Knappenverein Goslar).
  3. Der Vereinsvorstand besteht in der Regel aus dem ersten und dem zweiten Vorsitzenden, dem ersten und zweiten Schriftführer, und dem ersten und zweiten Kassierer (Quelle: Deutsches Bergbaumuseum Bochum (Hrsg.): Jahresbericht 2009).
  4. Früher war es in den Satzungen so vorgesehen, dass dem Trauerzug das Musikkorps mit der Vereinsfahne vorausging, die Fahnendeputation musste in Bergmannsuniform, die anderen Begleiter mindestens mit Knappenmütze bekleidet sein. Dieser strenge Brauch findet heute in der Regel nicht mehr so statt (Quelle: Otto Hue: Die Bergarbeiter).