Elektrolytische Bleiraffination

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Bleiknollen, elektrolytisch raffiniert, 99,989 %

Die elektrolytische Bleiraffination ist ein großtechnisch angewandtes Elektrolyseverfahren, das zur Gewinnung von reinem Blei aus Rohblei (vorgereinigtes Werkblei oder Hüttenblei) dient. Diese Elektrolyse zählt zu den Verfahren der Raffination von Metallen. Das Prinzip des Verfahrens entspricht dem der Kupferraffination, wobei allerdings wegen der Schwerlöslichkeit vieler Bleisalze wie Bleisulfat oder Bleichlorid keine einfachen wässrigen Säuren wie Schwefel- oder Salzsäure verwendet werden können. Daher wird beim wichtigsten zur Reinbleigewinnung verwendeten Elektrolyseprozess, dem Betts-Verfahren, eine wässrige Lösung von Kieselfluorblei (PbSiF6) und Kieselflusssäure (H2SiF6) unter Zusatz von 0,1 % Gelatine als Elektrolyt verwendet. Das gewonnene Blei hat eine hohe Reinheit, üblicherweise >99,99, teilweise 99,999 %.[1] 1990 wurde die jährliche mit dem Betts-Verfahren dargestellte Bleimenge auf 1.000.000 Tonnen geschätzt, das waren etwa 20 % der damaligen jährlichen Gesamtproduktion an Blei.[1]

Das unreine Blei wird zu Anodenblechen gegossen, z. B. mittels Gießrädern, und dann in die Elektrolysezelle gebracht. Dort wird dann durch anodische Oxidation das unedle Blei gelöst. Die Metalle, die edler sind als Blei, nämlich Kupfer, Arsen, Antimon und Bismut, lösen sich nicht, sondern verbleiben als sogenannter Anodenschlamm.[2] Beim praktisch durchgeführten Betts-Verfahren verbleibt dieser als poröse haftende Schicht, die abgekratzt wird, wenn sie dick genug ist (>1 cm); nur ein kleiner Teil des Anodenschlamms fällt zu Boden und wird gelegentlich von dort entfernt.[1] An Kathoden aus Blei oder Stahl wird reines Blei wieder abgeschieden. Dabei sind Additive wie Gelatine oder Leim nötig, um eine glatte, vollständig dichte Abscheidung sicherzustellen, da ansonsten poröse Schichten und Dendriten wachsen.[1][3] Es werden Stromdichten im Bereich von 100–260 A/m2 verwendet.[1][4]

In kleinerem Maßstab wurden zur elektrolytischen Gewinnung von Reinstblei alternativ zum Betts-Verfahren auch Perchlorat-Elektrolyte mit 5 % Perchlorsäure oder Tetrafluoroborsäure (Borflussäure) verwendet.[5] Tetrafluoroborsäure ist chemisch stabil und hat eine gute elektrische Leitfähigkeit. Vor allem hat ihr Bleisalz eine hohe Löslichkeit. Allerdings ist sie teurer und wird deshalb seltener verwendet.[1]

Das Verfahren ist nach seinem Erfinder, Anson Gardner Betts, benannt, der ab 1901 mehrere Patente dafür erhielt und auch ein Buch[6] darüber schrieb, das auch ins Deutsche übersetzt wurde.[7] Betts’ erstes Patent zur Bleiraffination beschreibt insbesondere den Salzanteil des Elektrolyten, der das Bleisalz der Hexafluorokieselsäure als wesentlichen Bestandteil hat.[8] Das zweite Patent nennt den Zusatz von Gelatine oder anderen Substanzen, die zur Glättung des Niederschlags dienen.[9] Gelatine nannte er preisgünstig und besonders geeignet; er empfahl ein Gramm Gelatine auf fünf Kilo Elektrolytlösung.[10] Ein weiteres Patent befasste sich mit der Aufbereitung des Anodenschlammes.[11][12] Fritz Haber, der 1902 eine Studienreise durch Nordamerika gemacht hatte, machte das Verfahren auch in Deutschland bekannt.[3]

Einzelnachweise

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  1. a b c d e f J. A. González-Domínguez, Ernest Peters, David B. Dreisinger: The refining of lead by the Betts process. In: Journal of Applied Electrochemistry. Band 21, Nr. 3, März 1991, S. 189–202, doi:10.1007/BF01052570.
  2. Gerhart Hantke: Gmelins Handbuch der Anorganischen Chemie Blei: Teil C — Lieferung 1. Metallurgie des Bleis · Verbindungen bis Blei und Chlor. 8. Auflage. Springer, 2013, ISBN 978-3-662-12483-3, S. 47 (Neudruck der Ausgabe von 1969).
  3. a b Hans Senn: Zur Kenntnis der elektrolytischen Raffination von Blei in kieselfluorwasserstoffsaurer Lösung. In: Zeitschrift für Elektrochemie und angewandte physikalische Chemie. Band 11, Nr. 15, 14. April 1905, S. 229–245, doi:10.1002/bbpc.19050111502.
  4. G. Brecka, K. Hein, H. -J. Lange, P. Paschen: A pyrometallurgical alternative: The refining electrolysis of lead and solder. In: JOM - The Journal of The Minerals, Metals & Materials Society (TMS). Band 49, Nr. 4, April 1997, S. 62–64, doi:10.1007/BF02914881.
  5. A. E. van Arkel, P. Aßmann, G. Borelius, G. Chaudron, E. J. Daniels, R. Gadeau, W. Geibel, W. Graßmann, C. R. Hayward, G. Jantsch, W. Kroll, K. Lins: Reine Metalle: Herstellung · Eigenschaften · Verwendung. Springer, Berlin 1939, ISBN 978-3-642-98880-6, S. 503.
  6. Anson Gardner Betts: Lead refining by electrolysis. 1. Auflage. John Wiley & Sons, Chapman & Hall, New York, London 1908 (online auf den Seiten des Internet Archive).
  7. Anson Gardner Betts, Viktor Engelhardt: Bleiraffination durch Elektrolyse. von Anson Gardner Betts. Aus dem Englischen übersetzt von Viktor Engelhardt (= Monographien über angewandte Elektrochemie. Band XXV.). Verlag von Wilhelm Knapp, Halle a. S. 1910, OCLC 458522284.
  8. Patent US679824: Art or Process of Refining Lead by Electrolysis. Angemeldet am 12. Oktober 1900, veröffentlicht am 6. August 1901, Erfinder: Anson Gardner Betts.
  9. Patent US713278: Electrodeposited Lead. Angemeldet am 9. Oktober 1902, veröffentlicht am 11. November 1902, Erfinder: Anson Gardner Betts.
  10. Patent US918647: Process of Electrolytically Refining Lead.. Angemeldet am 22. April 1903, veröffentlicht am 3. Januar 1905, Erfinder: Anson Gardner Betts.
  11. Patent US918647: Treating anode slime from the electrolytic refining of lead. Angemeldet am 23. Januar 1907, veröffentlicht am 20. April 1909, Erfinder: Anson Gardner Betts.
  12. Verfahren zur Verarbeitung von Anodenschlamm der elektrolytischen Bleiraffinierung. In: Jahres-Bericht über die Leistungen der Chemischen Technologie. mit besonderer Berücksichtigung der Elektrochemie und Gewerbestatistik für das Jahr 1907. In: Dr. Ferdinand Fischer (Hrsg.): Jahres-Bericht über die Leistungen der Chemischen Technologie. LIII. Jahrgang oder Neue Folge XXXVIII. Jahrgang 1. Abteilung Unorganischer Teil. Otto Wigand, Leipzig 1908, II. Gruppe Metallgewinnung, Silber und Blei, S. 271 (online auf den Seiten von Internet Archive [abgerufen am 27. Juni 2015]).