Biographie des Milarepa
Tibetische Bezeichnung |
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Wylie-Transliteration: mi la ras pa'i rnam thar
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Chinesische Bezeichnung |
Vereinfacht: 米拉日巴传
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Pinyin: Milariba zhuan
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Die Biographie des Milarepa (tib. Mi-la-ras-paʼi rnam-thar[1]) bzw. Milarepa-Biographie ist eine berühmte tibetische Milarepa-Biographie, die von Tsang Nyön Heruka Sanggye Gyeltshen (gtsang smyon he ru ka sangs rgyas rgyal mtshan; 1452–1507) bzw. kurz Tsang Nyön Heruka, dem „heiligen Narr von Tsang“ verfasst wurde.
Kurzeinführung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Milarepa (1040–1123) ist eine bekannte Figur unter den tibetischen Buddhisten, der wohl berühmteste Yogi Tibets. Er wird als Zauberer, Einsiedler, Dichter und Mystiker, der wohl bekannteste und beliebteste »heilige Mann« Tibets geschildert.[2] Die Biographie selbst ist gleichzeitig auch eine Fundgrube für die Praxis des Sutra und Tantra. Das Jahr 1495 wird als das Jahr der Abfassung der Biographie angegeben.[3]
Milarepa war ein direkter Schüler von Marpa, dem Vorfahren der zweiten Generation der Kagyü-Schule des tibetischen Buddhismus, und ein berühmter buddhistischer Gelehrter und Asket.
Milarepa war ein konsequenter Mönch, der den Buddhismus hochhielt. Er hielt sich sein ganzes Leben lang an die buddhistischen Gebote und Regeln, zog sich in die Berge und Wälder zurück, widmete sich der Enthaltsamkeit und erlangte beachtliche Leistungen in buddhistischen Studien.
Insbesondere seine Entbehrungen waren beispiellos, und im Extremfall
„aß er jeden Tag wilde Brennnesseln, um seinen Hunger zu stillen, seine Kleidung war zerlumpt und bedeckte seinen Körper nicht mehr, sein Fleisch war erschöpft und sein Skelett glich einem Stück Brennholz, und sein Haar und seine Poren wurden grün, weil er Brennnesseln aß[4]“
Das biographische Werk zum Leben von Milarepa ist eine der beliebtesten Geschichten des tibetischen Volkes und ein großes literarisches Beispiel für das kontemplative Leben. Die Biografie kann als eine persönliche und bewegende Einführung in den tibetischen Buddhismus und zugleich als ein detaillierter Leitfaden für die Suche nach Befreiung gelesen werden. Es werden darin die Suche nach Läuterung und Buddhaschaft in einem einzigen Leben geschildert, und der Weg eines großen Sünders nachgezeichnet, der ein großer Heiliger wurde. Die Erzählung spiegelt das religiöse und soziale Leben im mittelalterlichen Tibet wider.
Die Biographie wurde wiederholt ins Mongolische übersetzt[5] und auch in verschiedene andere Sprachen. W. Y. Evans-Wentz (1878–1965) hat diese Beschreibung von seinem Guru Lama Kazi Dawa Samdup[6] (1868–1922) empfangen und dem westlichen Leser zugänglich gemacht. Die von Evans-Wentz herausgegebene populäre englische Ausgabe wurde auch weiter ins Deutsche übersetzt.
Erst in neuerer Zeit entstand eine vollständige direkte Übersetzung aus dem Tibetischen ins Chinesische,[7] davor gab es nur eine Übersetzung aus dem Englischen ins Chinesische, die weit vom tibetischen Originaltext entfernt war.[8] Es gibt auch Übersetzungen ins Japanische, Französische und verschiedene weitere Sprachen. Die Geschichte von Milarepa ist nicht nur im tibetischen Gebiet weit verbreitet, sondern wird auch in akademischen Kreisen außerhalb geschätzt.
Dem chinesischen Tibetologen und Professor an der Zentralen Nationalitäten-Universität Wang Yao[9] (1928–2015) zufolge liegt der Wert des Buches im Folgenden (in deutscher Übersetzung):
„Einerseits können wir durch das tragische Schicksal von Milarepas Familie die soziale Realität des tibetischen Gebietes zu jener Zeit erforschen, und es ist ein wertvolles Material für das Studium des sozialen, politischen, wirtschaftlichen, religiösen und Lebens des tibetischen Ü-Tsang-Gebietes vor der Yuan-Dynastie; andererseits, da dieses Buch in umgangssprachlicher Form erzählt wird, hat die Sprache starke Merkmale der Zeit, und es ist ein lebendiges Material für das Studium der tibetischen Sprache zu jener Zeit.[10]“
Von Tsang Nyön Heruka, dem Verfasser der Milarepa-Biographie stammt auch eine bekannte Biographie Marpas des Übersetzers (mar pa lo tsa ba'i rnam thar).
Siehe auch
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- W. Y. Evans-Wentz: Tibet’s Great Yogī, Milarepa: a biography from the Tibetan; being the Jetsün-Kahbum or biographical history of Jetsün-Milarepa according to the late Lāma Kazi Dawa-Samdup’s English rendering (2d ed.), edited with introd. and annotations by W. Y. Evans-Wentz, London, New York: Oxford University Press, 1951.
- Walter Yeeling Evans-Wentz: Milarepa, Tibets großer Yogi. Barth, Frankfurt am Main 2004, ISBN 3-502-61146-7
- Shi Jifan 释寂凡 (Übers.): Milariba zunzhe quanzhuan 米拉日巴尊者全传. China Religious Culture Publisher 宗教文化出版社, Peking 2013, ISBN 9787802547193 (worldcat.org)
- Milariba zunzhe zhuanji 米拉日巴尊者传记 (tib./chin.) (米拉日巴传, 释寂凡, 藏传佛教书藏传佛教经书) Online
- Tsang Nyön Heruka: Verrückte Weisheit, Leben und Lehre Milarepas. Windpferd, Aitrang 1994; ISBN 3-89385-121-6
- Mi la ras paʼi rnam thar. Gtsaṅ-smyon He-ru-ka, Jan Willem Jong Mouton, 1959 (Indo-Iranian monographs, Band 4)
- Tsangnyön Heruka; Andrew Quintman; Donald S. Lopez, Jr. The Life of Milarepa. New York: Penguin Books 2010. ISBN 978-0143106227.
- Milarepa, Havlat Henrik (Übers.): Milarepas gesammelte Vajra-Lieder, Band 1+2; Berlin: Theseus, 1996/97; ISBN 3-89620-080-1 und ISBN 3-89620-115-8
- Ulrich Holbein: Heilige Narren: 22 Lebensbilder. 2012
- Wang Yao 王尧: Zhongguo zangxue shi: 1949 nian qian 中国藏学史: 1949年前. 2003, ISBN 7105035218
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Tsangnyon Heruka - treasuryoflives.org
- Milariba zunzhe quanzhuan 米拉日巴尊者全传
- Milariba zhuan 米拉日巴传
- Xizang Fojiao wenxue yu Fojiao dui Zangzu wenxue de yingxiang 西藏佛教文学与佛教对藏族文学的影响 (Tibetisch-buddhistische Literatur und der Einfluss des Buddhismus auf die tibetische Literatur)
Einzelnachweise und Fußnoten
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ chin. Milariba zhuan 米拉日巴传
- ↑ Milarepa: Tibets großer Yogi (Buchhandelslink)
- ↑ Zhao Yonghong 赵永红: Shenqi de Zangzu wenhua 神奇的藏族文化, 2003, S. 306
- ↑ In deutscher Übersetzung - Zitiert nach tibetol.cn: Milariba zunzhe quanzhuan 米拉日巴尊者全传 ("尤其其苦行,更是前无来者,最极至时,“每日以野荨麻充饥,衣衫褴褛不蔽形体,身肉耗尽只剩下枯柴般的骨架,头发和毛孔皆因吃荨麻的缘故而变成绿色”。").
- ↑ Karénina Kollmar-Paulenz und Mungunchimeg Batmunkh: Der mongolische Maskentanz (Tsam) in Vergangenheit und Gegenwart (S. 638, Anm. 88)
- ↑ englisch Kazi Dawa Samdup
- ↑ vgl. taobao.com: 米拉日巴尊者传记(藏汉版)米拉日巴传 释寂凡
- ↑ vgl. tibetol.cn: Milariba zunzhe quanzhuan 米拉日巴尊者全传
- ↑ chinesisch 王尧 (藏学家)
- ↑ Wang Yao, S. 63 ("一方面,我们可以通过米拉日巴一家的悲惨命运窥探当时藏区的社会实情,是研究元以前乌思藏地区的社会、政治、经济、宗教及生活等方面的珍贵材料;另一方面,由于此书用口语体讲述,语言具有浓郁的时代特点,是研究当时藏语的鲜活材料。")