Nagyágit

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Nagyágit
Nagyágit aus der Typlokalität Nagyág (Săcărâmb), Rumänien (Bildbreite 3 mm)
Allgemeines und Klassifikation
IMA-Symbol

Ngy[1]

Andere Namen
  • Nagyagit (nach Haidinger)
  • Nagyagererz oder Nagiakererz (nach Werner)
  • Blättererz (nach Karsten)
  • Blättertellur (nach Hausmann)
Chemische Formel
  • [Pb3(Pb,Sb)3S6](Au,Te)3[2]
  • [Pb(Pb,Sb)S2][Au,Te][3]
  • (Au,Te)3Pb3(Pb,Sb,Bi)3S6[4]
Mineralklasse
(und ggf. Abteilung)
Sulfide und Sulfosalze
System-Nummer nach
Strunz (8. Aufl.)
Lapis-Systematik
(nach Strunz und Weiß)
Strunz (9. Aufl.)
Dana

II/C.04
II/D.15-020

2.HB.20a
02.11.10.01
Kristallographische Daten
Kristallsystem monoklin[5]
Kristallklasse; Symbol monoklin-prismatisch; 2/m[6]
Raumgruppe P21/m (Nr. 11)Vorlage:Raumgruppe/11[3]
Gitterparameter a = 4,22 Å; b = 4,18 Å
α = 15,12°; β = 95,4°[3]
Formeleinheiten Z = 2[3]
Häufige Kristallflächen {010}
Zwillingsbildung multiple Zwillinge nach (001)
Physikalische Eigenschaften
Mohshärte 1,5[5]
Dichte (g/cm3) gemessen: 7,35 bis 7,49; berechnet: 7,29[5]
Spaltbarkeit vollkommen nach {010}, sehr vollkommen nach {101}[5]
Bruch; Tenazität biegsam, geringfügig verformbar
Farbe grauweiß, bleigrau bis schwarz
Strichfarbe grau-schwarz
Transparenz undurchsichtig
Glanz Metallglanz
Weitere Eigenschaften
Chemisches Verhalten in Salpetersäure unter Abscheidung von Gold, in Königswasser unter Abscheidung von Silberchlorid und Schwefel löslich

Nagyágit, veraltet auch als Blättererz, Blättertellur, Nagyiakererz oder Nagyakker-Silber bekannt, ist ein selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Sulfide und Sulfosalze“. Es kristallisiert im monoklinen Kristallsystem mit der chemischen Zusammensetzung [Pb3(Pb,Sb)3S6](Au,Te)3[2] und gehört strukturell zu den Sulfosalzen.

Nagyágit ist in jeder Form undurchsichtig (opak) und entwickelt meist grauweiße oder bleigraue bis schwarze Kristalle mit dünntafeligem bis blättrigem Habitus und metallischem Glanz, aber auch körnige bis massige Aggregate. Durch multiple Zwillingsbildung täuscht Nagyágit oft eine pseudoorthorhombische[7] bis -tetragonale[5] Symmetrie vor.

Etymologie und Geschichte

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Bereits 1782 untersuchte der österreichische Chemiker und Mineraloge Franz Joseph Müller von Reichenstein die damals noch unbekannten Minerale Nagyágit und Sylvanit in den Golderzen aus der Grube Mariahilf bei Zlatna (dt. Klein Schlatten, ung. Zalatna) nahe Sibiu (dt. Hermannstadt, Siebenbürgen, Rumänien), die weniger Gold als erwartet enthielten. Er führte dies auf das Vorkommen eines neuen, bislang unbekannten Elementes zurück, und verlieh der metallischen Phase den Namen metallum problematicum (auch aurum problematicum beziehungsweise aurum paradoxum).

1797 untersuchte Martin Heinrich Klaproth in Berlin die Proben von Reichenstein erneut, bestätigte im Jahr darauf dessen Vermutung und verlieh dem neuen Element den Namen Tellur.

Abraham Gottlob Werner führte 1789 die Bezeichnung Nagiakererz[8] bzw. Nagyakker-Silber in seiner Mineralsystematik ein und ergänzte diesen mit der Bemerkung: „Von dem Nagyakker-Silber ist mir zur Zeit noch nichts weiter bekannt, als dass es mit dem Nagyakker-Golderz den Geburtsort, wie schon der Nahme zeigt, gemein hat, auch demselben überhaupt ziemlich ähnlich, jedoch heller von Farbe ist.“[9] Dietrich Ludwig Gustav Karsten übernahm diese Bezeichnung zunächst, änderte diesen aber 1800 mit der Begründung „Der in Wien übliche Gattungs-Name Blättererz ist in mancher Hinsicht vorzüglicher als das geographische Wort Nagyakkererz.“[8]

Haidinger bezeichnete das Mineral 1845 in seinem „Handbuch der bestimmenden Mineralogie“ schließlich als Nagyagit, in Anlehnung an dessen bereits von Werner genannten Typlokalität Nagyág (heute Săcărâmb) im Kaisertum Österreich (heute Rumänien).[10]

Zum Ende des 20. Jahrhunderts wurde Nagyágit als potentieller Hochtemperatursupraleiter erneut untersucht. Erst im Zuge dieser Forschungen wurde 1999 die Kristallstruktur von Nagyágit von Mineralogen in Wien und Salzburg endgültig geklärt.

In älteren Publikationen ist der Mineralname meist in der Schreibweise Nagyagit (ohne Akut) zu finden, was allerdings nicht den Vorgaben zur Mineralbenennung der International Mineralogical Association (IMA) entspricht[11], nach der beispielsweise Minerale, die nach einem geographischen Fundort benannt wurden, darauf geachtet werden muss, dass die Schreibweise des Namens derjenigen an der Typlokalität entspricht. Die bei vielen Mineralen uneinheitliche Schreibweise ihrer Namen wurde mit der 2008 erfolgten Publikation „Tidying up Mineral Names: an IMA-CNMNC Scheme for Suffixes, Hyphens and Diacritical marks“[12] bereinigt und der Nagyágit wird seitdem international in der Schreibweise mit dem zugehörigen Akut geführt.[13]

In der letztmalig 1977 überarbeiteten 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Nagyágit zur Mineralklasse der „Sulfide und Sulfosalze“ und dort zur Abteilung „Sulfide mit M : S < 1 : 1“, wo er gemeinsam mit Calaverit, Kostovit, Krennerit, Montbrayit und Sylvanit in der Gruppe „Gold-Silber-Telluride“ mit der Systemnummer II/C.04 steht.

In der zuletzt 2018 überarbeiteten Lapis-Systematik nach Stefan Weiß, die formal auf der alten Systematik von Karl Hugo Strunz in der 8. Auflage basiert, erhielt das Mineral die System- und Mineralnummer II/D.15-020. Dies entspricht ebenfalls der Abteilung „Sulfide mit dem Stoffmengenverhältnis Metall : S,Se,Te < 1 : 1“, wo Nagyágit zusammen mit Buckhornit, Jaszczakit, Jonassonit, Montbrayit und Museumit eine unbenannte Gruppe mit der Systemnummer II/D.15 bildet.[4]

Die von der International Mineralogical Association (IMA) zuletzt 2009 aktualisierte[13] 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Nagyágit zwar auch in die Klasse der „Sulfide und Sulfosalze (Sulfide, Selenide, Telluride, Arsenide, Antimonide, Bismutide, Sulfarsenide, Sulfantimonide, Sulfbismutide)“, dort jedoch in die Abteilung „Sulfosalze mit SnS als Vorbild“ ein. Diese ist zudem weiter unterteilt nach den in der Verbindung vorherrschenden Metallen. Das Mineral ist entsprechend seiner Zusammensetzung in der Unterabteilung „Mit Cu, Ag, Fe, Sn und Pb“ zu finden, wo es als einziges Mitglied eine unbenannte Gruppe mit der Systemnummer 2.HB.20a bildet.

In der vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchlichen Systematik der Minerale nach Dana hat Nagyágit die System- und Mineralnummer 02.11.10.01. Auch dies entspricht der Klasse der „Sulfide und Sulfosalze“ und dort der Abteilung „Sulfidminerale“. Hier findet er sich innerhalb der Unterabteilung „Sulfide – einschließlich Seleniden und Telluriden – mit der Zusammensetzung AmBnXp, mit (m+n) : p = 2 : 3“ als einziges Mitglied in einer unbenannten Gruppe mit der Systemnummer 02.11.10.

Kristallstruktur

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Nagyágit kristallisiert monoklin in der Raumgruppe P21/m (Raumgruppen-Nr. 11)Vorlage:Raumgruppe/11 mit den Gitterparametern a = 4,22 Å; b = 4,18 Å; c = 15,12 Å und β = 95,4° sowie zwei Formeleinheiten pro Elementarzelle.[3]

Vor dem Lötrohr auf Kohle ist Nagyágit leicht schmelzbar, wobei sich gelbes Blei(II)-oxid und in einiger Entfernung weiße Tellurige Säure absetzt. Nach längerem Blasen wird schließlich ein Goldkorn ausgeschieden. Aufgelöst in Salpetersäure scheidet Nagyágit Gold ab, und in Königswasser Blei(II)-chlorid sowie Schwefel.[14]

Bildung und Fundorte

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Nagyágit findet sich in gold- und tellurhaltigen hydrothermalen Gängen. In der Typlokalität bei Săcărâmb tritt es zusammen auf mit Altait, Petzit, Stützit, Sylvanit, Tellurantimon, Coloradoit, Krennerit, gediegen Arsen und Gold, Proustit, Rhodochrosit, Arsenopyrit, Sphalerit und Tetraedrit. Eine andere Paragenese mit Calaverit, Gold, Tellurobismutit, Altait, Galenit, Pyrit findet sich z. B. in der Bohuliby-Mine in Tschechien.

Als seltene Mineralbildung konnte Nagyágit nur an wenigen Fundorten nachgewiesen, wobei bisher (Stand 2015) rund 70 Fundorte[15] als bekannt gelten. Neben seiner Typlokalität Săcărâmb trat das Mineral in Rumänien noch bei Baia de Arieș im Kreis Alba und in der Kupfer-Gold-Lagerstätte „Musariu“ bei Brad im Kreis Hunedoara auf.

Der bisher einzige bekannte Fundort in Österreich ist die Grube Stüblbau bei Schellgaden in der Salzburger Gemeinde Muhr und der ebenfalls bisher einzige bekannte Fundort in der Schweiz ist Gondo im Kanton Wallis.

Weitere Fundorte sind unter anderem die „El Sid Mine“ bei Koptos in Ägypten; die Farallón Negro Mine im argentinischen Departamento Belén; die armenischen Provinz Kotajk; Western Australia (Australien); die „Chelopech Au-Cu Mine“ bei Panagjurischte in Bulgarien; die „El Hueso Mine“ bei Diego de Almagro in der chilenischen Región de Atacama; die „Emperor Mine“ bei Vatukoula auf den Fidschi-Inseln; die „Kawazu Mine“ bei Shimoda in Japan; der „Olive Mabel claim“ (British Columbia) und die „Huronian Mine“ (Ontario) in Kanada; die „Sahuayacan Mine“ im mexikanischen Bundesstaat Chihuahua; die „Sylvia Mine“ bei Thames in Neuseeland; Böhmen in Tschechien; im ehemaligen Bergwerk Clogau bei Bontddu in Wales (UK) sowie in mehreren Regionen der Vereinigten Staaten (USA).[16]

Aufgrund seiner Seltenheit besitzt Nagyágit nur eine geringe Bedeutung als Golderz.

  • Yves Moëlo, Emil Makovicky, Nadejda N. Mozgova, John L. Jambor, Nigel Cook, Allan Pring, Werner Paar, Ernest H. Nickel, Stephan Graeser, Sven Karup-Møller, Tonči Balic-Žunic, William G. Mumme, Filippo Vurro, Dan Topa, Luca Bindi, Klaus Bente, Masaaki Shimizu: Sufosalt systematics: a review. Report of the sulfosalt sub-committee of the IMA Commission on Ore Mineralogy. In: European Journal of Mineralogy. Band 20, 2008, S. 7–46 (englisch, ima-mineralogy.org [PDF; 1,7 MB; abgerufen am 25. August 2024] Nagyágit ab S. 18).
  • H. Effenberger et al.: Toward the crystal structure of nagyagite, [Pb(Pb,Sb)S2][(Au,Te)]. In: American Mineralogist. Band 84, 1999, S. 669–676 (englisch, minsocam.org [PDF; 134 kB; abgerufen am 25. August 2024]).
  • John Leslie Jambor, Andrew C. Roberts: New Mineral Names. In: American Mineralogist. Band 80, 1995, S. 184–188 (englisch, minsocam.org [PDF; 486 kB; abgerufen am 25. August 2024]).
  • Hans Jürgen Rösler: Lehrbuch der Mineralogie. 4. durchgesehene und erweiterte Auflage. Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie (VEB), Leipzig 1987, ISBN 3-342-00288-3, S. 303.
Commons: Nagyágite – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise

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  1. Laurence N. Warr: IMA–CNMNC approved mineral symbols. In: Mineralogical Magazine. Band 85, 2021, S. 291–320, doi:10.1180/mgm.2021.43 (englisch, cambridge.org [PDF; 351 kB; abgerufen am 25. August 2024]).
  2. a b Malcolm Back, Cristian Biagioni, William D. Birch, Michel Blondieau, Hans-Peter Boja und andere: The New IMA List of Minerals – A Work in Progress – Updated: July 2024. (PDF; 3,6 MB) In: cnmnc.units.it. IMA/CNMNC, Marco Pasero, Juli 2024, abgerufen am 25. August 2024 (englisch).
  3. a b c d Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. Chemical-structural Mineral Classification System. 9. Auflage. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 124 (englisch).
  4. a b Stefan Weiß: Das große Lapis Mineralienverzeichnis. Alle Mineralien von A – Z und ihre Eigenschaften. Stand 03/2018. 7., vollkommen neu bearbeitete und ergänzte Auflage. Weise, München 2018, ISBN 978-3-921656-83-9.
  5. a b c d e Nagyágite. In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America. 2001 (englisch, handbookofmineralogy.org [PDF; 53 kB; abgerufen am 25. August 2024]).
  6. Nagyágite. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 25. August 2024 (englisch).
  7. Friedrich Klockmann: Klockmanns Lehrbuch der Mineralogie. Hrsg.: Paul Ramdohr, Hugo Strunz. 16. Auflage. Enke, Stuttgart 1978, ISBN 3-432-82986-8, S. 454 (Erstausgabe: 1891).
  8. a b Hans Lüschen: Die Namen der Steine. Das Mineralreich im Spiegel der Sprache. 2. Auflage. Ott Verlag, Thun 1979, ISBN 3-7225-6265-1, S. 189–190.
  9. Dietrich Ludwig Gustavus Karsten: Museum Leskeanum, regnum animale (regnum minerale) quod ordine systematico. Band 2. Müller, Leipzig 1789, S. 9 der ungezählten Tabelle am Buchanfang, 107. Nagyakker Silber (einschließlich Fußnote) (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche [abgerufen am 16. August 2020]).
  10. Wilhelm Ritter von Haidinger: Handbuch der bestimmenden Mineralogie. Verlag Braumüller & Seidel, Wien 1845, S. 563–570, hier S. 566: XIV. Ordnung Glanze. 31. Nagyagit (rruff.info [PDF; 451 kB; abgerufen am 25. August 2024]).
  11. Ernest H. Nickel, Joel D. Grice: The IMA Commission on New Minerals and Mineral Names: Procedures and Guidelines on Mineral Nomenclature. In: The Canadian Mineralogist. Band 36, Nr. 3, 1998, S. 913–926, General Guidelines for Mineral Nomenclature (englisch, cnmnc.units.it, frei verfügbar auf der Website der IMA/CNMNC [PDF; 336 kB; abgerufen am 25. August 2024]).
  12. Ernst A.J. Burke: Tidying up Mineral Names: an IMA-CNMNC Scheme for Suffixes, Hyphens and Diacritical marks. In: Mineralogical Record. Band 39, Nr. 2, 2008, S. 131–135 (englisch, rruff.info [PDF; 751 kB; abgerufen am 25. August 2024]).
  13. a b Ernest H. Nickel, Monte C. Nichols: IMA/CNMNC List of Minerals 2009. (PDF; 1,9 MB) In: cnmnc.units.it. IMA/CNMNC, Januar 2009, archiviert vom Original am 29. Juli 2024; abgerufen am 30. Juli 2024 (englisch).
  14. Johann Gottlob von Kurr, Gustav Adolf Kenngott (Überarbeitung der 3. Aufl.): von Kurr's Mineralreich in Bildern. 3. Auflage. Verlag von J. F. Schreiber, Eßlingen 1878, S. 38 (blog.mineralium.com (Memento vom 24. Februar 2014 im Internet Archive)Vorlage:Webarchiv/Wartung/Linktext_fehlt [PDF; 3,7 MB; abgerufen am 24. Juli 2024]).
  15. Localities for Nagyágite. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 25. August 2024 (englisch).
  16. Fundortliste für Nagyágit beim Mineralienatlas (deutsch) und bei Mindat (englisch), abgerufen am 25. August 2024.