Wehrlose Trespe

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Wehrlose Trespe

Wehrlose Trespe (Bromus inermis), blühend

Systematik
Commeliniden
Ordnung: Süßgrasartige (Poales)
Familie: Süßgräser (Poaceae)
Unterfamilie: Pooideae
Gattung: Trespen (Bromus)
Art: Wehrlose Trespe
Wissenschaftlicher Name
Bromus inermis
Leyss.

Die Wehrlose Trespe (Bromus inermis), auch Unbegrannte Trespe oder Unbewehrte Trespe genannt, ist eine Pflanzenart aus der Gattung der Trespen (Bromus) innerhalb Familie der Süßgräser (Poaceae).

Illustration aus Flora Batava, Band 19
Einzelnes Ährchen: am Grund des Ährchens befinden sich zwei Hüllspelzen (Glu, Gluma), darüber sitzen auf der Ährchenachse mehrere Blüten, die jeweils in eine Deckspelze (Lem, Lemma) und eine Vorspelze (Pal, Palea) gehüllt sind.
Habitus
Blütenstand

Vegetative Merkmale

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Die Wehrlose Trespe wächst als sommergrüne, ausdauernde krautige Pflanze und erreicht Wuchshöhen von bis zu 1,5 Metern.[1] Sie ist durch lange Ausläufer rasenbildend. Der Halm wird mit vier bis sechs kahlen Knoten gegliedert.[1]

Die Laubblätter sind flach, 5 bis 35 Zentimeter lang und 4 bis 8, selten bis zu 12 Millimeter breit.[1] Die meist röhrig geschlossenen Blattscheiden sowie die Blattspreiten sind kahl. Die grünlichen Blatthäutchen (Ligulae) sind unscheinbar, kurz und etwa 0,6 bis 2 Millimeter lang.[1]

Generative Merkmale

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Die Blütezeit reicht von Juni bis Juli. In einem aufrechten rispigen Blütenstand stehen vielährige Rispenäste abwechselnd auf den Seiten einer vierkantigen Achse. Der Blütenstand ist 10 bis 25 Zentimeter lang und nur zur Anthese ausgebreitet, sonst zusammengezogen, mehr oder weniger dicht und meist einseitig.[1] Die untersten fünf bis sieben Rispenäste sind bis zu 9 Zentimeter lang und gehen von der Hauptachse ab.[1] Jedes Ährchen enthält vier bis zehn, selten bis zu zwölf Blütchen und ist 18 bis 30, selten bis zu 45 Millimeter lang.[1] Die Deckspelzen sind lang eiförmig, auf dem Rücken abgerundet und 7 bis 14 Millimeter[1] lang. Sie sind unbegrannt (daher der Name), zuweilen bespitzt, seltener auch mit 2 bis 4 Millimeter langen Grannen, die kurz unterhalb der Spitze entspringen. Die untere Hüllspelze ist einnervig und 4 bis 7 Millimeter lang, die obere dagegen dreinervig und 6 bis 9 Millimeter lang.[1] Die Vorspelzen sind fast so lang wie die Deckspelzen und auf den Kielen dicht und kurz behaart.[1] Die großen Staubbeutel sind auffällig gelb und 4 bis 6 Millimeter lang.[1]

Die Chromosomenzahl beträgt 2n = 28, 42, 56 oder 76.[2]

Dieses relativ hohe Wiesengras ist ein tiefwurzelnder Kriechwurzel-Pionier.[2]

Die Wehrlose Trespe ist in den gemäßigten Klimagebieten Eurasiens verbreitet. In Nordamerika, in Neuseeland und anderen Ländern ist sie ein Neophyt.[3] Sie kommt in Europa in fast allen Ländern vor und fehlt nur in Portugal, Irland, Lettland, Estland, Nordmazedonien, Bosnien-Herzegowina und Montenegro. Sie hat aber keine ursprünglichen Vorkommen in Frankreich, der Schweiz, Großbritannien, Norwegen, Schweden, Finnland, Dänemark und Island.[4]

Die Wehrlose Trespe ist in Mitteleuropa verbreitet; sie gehörte aber vor dem 2. Weltkrieg zu den seltenen Pflanzen oder fehlte oft ganz. Durch Ansaaten zur Festigung von Straßenböschungen wurde die Art verbreitet und zeigt eine zunehmende Ausbreitungstendenz.[1] Die Wehrlose Trespe kommt in Deutschland zerstreut vor und ist in Deutschland in Ausbreitung begriffen.

Sie gedeiht in Mitteleuropa auf sommerwarmen, trockenen bis wechseltrockenen, basenreichen, gern humosen, lockeren, sandigen Lehm- und Lössböden, auch auf Kies oder Ton. Sie ist vor allem an Waldrändern, an Wegen, auf Äckern, in ruderalen Halbtrockenrasen oder Ruderalfluren zu finden. Sie ist eine Charakterart der Ordnung Agropyretalia z. B. im Convolvulo-Brometum inermis.[2] In den Allgäuer Alpen steigt sie im Tiroler Teil an der Bergstation der Jöchelspitze-Seilbahn bis zu einer Höhenlage von 1780 Metern auf.[5] In Graubünden erreicht sie bei Avens eine Höhenlage von 1960 Meter.[1]

Die ökologischen Zeigerwerte nach Landolt et al. 2010 sind in der Schweiz: Feuchtezahl F = 2w (mäßig trocken aber mäßig wechselnd), Lichtzahl L = 4 (hell), Reaktionszahl R = 4 (neutral bis basisch), Temperaturzahl T = 4+ (warm-kollin), Nährstoffzahl N = 3 (mäßig nährstoffarm bis mäßig nährstoffreich), Kontinentalitätszahl K = 4 (subkontinental).[6]

Die Erstveröffentlichung erfolgte 1761 unter dem Namen (Basionym) Bromus inermis durch Friedrich Wilhelm von Leysser in Flora Halensis, 1. Auflage, S. 16. Diese Art wurde 1973 von Josef Holub in Folia Geobotanica & Phytotaxonomica, Band 8, S. 167 als Bromopsis inermis (Leyss.) Holub in die Gattung Bromopsis gestellt.[4]

Diese formenreiche Art kann als ein Futtergras mit mittelmäßigem Futterwert verwendet werden. Vor allem in den östlichen Teilen Europas wird dieses Gras wegen seiner Dürre- und Überschwemmungsresistenz genutzt.[7]

  • Jürke Grau, Bruno P. Kremer, Bodo M. Möseler, Gerhard Rambold, Dagmar Triebel: Gräser. Süßgräser, Sauergräser, Binsengewächse und grasähnliche Familien Europas (= Steinbachs Naturführer). Neue, bearb. Sonderausgabe Auflage. Mosaik, München 1996, ISBN 3-576-10702-9.
  • E. Vogler: Gräserbestimmung nach Photos. Blackwell, Berlin, 1994. ISBN 3-8263-3018-8.

Einzelnachweise

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  1. a b c d e f g h i j k l m Hans Joachim Conert: Familie Poaceae. S. 727–729. In Gustav Hegi: Illustrierte Flora von Mitteleuropa. 3. Auflage, Band I, Teil 3, Verlag Paul Parey, Berlin und Hamburg 1996, ISBN 3-489-52020-3.
  2. a b c Erich Oberdorfer: Pflanzensoziologische Exkursionsflora für Deutschland und angrenzende Gebiete. 8. Auflage. Stuttgart, Verlag Eugen Ulmer, 2001. ISBN 3-8001-3131-5. S. 206.
  3. Datenblatt Bromus inermis bei POWO = Plants of the World Online von Board of Trustees of the Royal Botanic Gardens, Kew: Kew Science.
  4. a b B.Valdés, H.Scholz; with contributions from E. von Raab-Straube & G.Parolly (2009+): Poaceae (pro parte majore). Datenblatt Bromopsis inermis In: Euro+Med Plantbase - the information resource for Euro-Mediterranean plant diversity.
  5. Erhard Dörr, Wolfgang Lippert: Flora des Allgäus und seiner Umgebung. Band 1, IHW, Eching 2001, ISBN 3-930167-50-6, S. 202.
  6. Bromus inermis Leyss. In: Info Flora, dem nationalen Daten- und Informationszentrum der Schweizer Flora. Abgerufen am 19. August 2023.
  7. Dietmar Aichele, Heinz-Werner Schwegler: Unsere Gräser. Süßgräser, Sauergräser, Binsen. 11. Auflage. Kosmos, Stuttgart 1998, ISBN 3-440-07613-X.
Commons: Wehrlose Trespe (Bromus inermis) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien