Gian Giacomo Caroldo

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
(Weitergeleitet von Caroldo)
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Gian Giacomo Caroldo (* vor 1480 in Venedig; † 3. Juni 1539) war ein Angehöriger der venezianischen Kanzlei und ein Diplomat, der eine Geschichte Venedigs von den Anfängen bis 1382 schrieb. Sie trägt den Titel Historie venete dal principio della città fino all’anno 1382.

Notar, Kanzlei im Dogenpalast, Diplomat (ab 1496)

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der in Venedig geborene Caroldo wurde zunächst Notar, trat 1496 – zu dieser Zeit musste man dafür mindestens 16 Jahre alt sein – aber in die Kanzlei im Dogenpalast ein. Er reiste mehrfach in diplomatischer Mission, darunter nach England, auf die iberische Halbinsel und nach Konstantinopel. Von letzterer Reise ist sein Bericht (relazione) vom 30. September 1503 überliefert,[1] aus dem hervorgeht, dass er als Sekretär in Diensten des Andrea Gritti stand, der wiederum mit Sultan Bayezid II. Friedensverhandlungen führte. Während des Krieges mit der Liga von Cambrai diente er auf Reisen nach Mailand und 1517 an den französischen Königshof.

Sekretär des Rates der X und beim Senat

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

1518 kehrte er zurück und erhielt den Posten eines Sekretärs des Rates der Zehn (Consiglio dei Dieci). 1507 wurde er Notar beim Senat mit einem jährlichen Salär von 50 Dukaten, 1508 war er Sekretär des Dogen. In dieser Funktion berichtete er am 22. Dezember 1508 den Pregadi vom Friedensschluss zwischen Maximilian und dem König von Frankreich, die nach Italien marschieren wollten, während er mit Brief an Zaccaria Contarini vom 30. Dezember von der Liga von Cambrai berichtete. Er riet daher zur Befestigung von Cremona.

Ausweisung aus Mailand, Unterhandlungen und Inhaftierung im Kirchenstaat (1510–1511)

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Am 9. März 1509 erhielt er vom französischen König Befehl, Mailand zu verlassen, am 18. März berichtete er in Venedig von seiner Mission. Um den Papst von der Liga fernzuhalten, reiste er zu Kardinal Francesco Alidosi von Pavia, dem päpstlichen Legaten, doch der Papst setzte Venedig eine Frist von einem Monat, wieder unter die päpstliche Obödienz zurückzukehren. Ansonsten drohte das Interdikt. Nach der Schlacht von Agnadello erhielt er vom Senat den Auftrag, sich zu Alidosi nach Bologna zu begeben.

Doch völlig überraschend ließ Papst Julius II. das gesamte Verwaltungs- und Militärpersonal in den von Venedig zuvor okkupierten Gebieten des Kirchenstaates verhaften, darunter Caroldo. Dieser erkrankte, verblieb jedoch bis Juni 1510 in Haft. 1511 war er wieder in Venedig, nachdem er die Rückgabe der päpstlichen Territorien zu Ende verhandelt hatte.

Diplomatisch-militärische Dienste, Mailand (1512–1520)

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Daraufhin sollte er zur Armee der Lega Veneto-Romana nach Ravenna reisen, um die gegen die Franzosen kämpfende Armee finanziell zu unterstützen. Am 7. August sollte er nach Mailand reisen, wo er sich noch am 29. September 1512 aufhielt. Am 20. Juli 1513 wurde Caroldos Salär um 12 Dukaten erhöht. Im Oktober 1515 begleitete er die venezianischen Redner auf einer Sondermission nach Mailand beim französischen König; in deren Vorfeld verfasste Caroldo am 5. September sein Testament, das erhalten geblieben ist. Es wurde 1922 von Vittorio Lazzarini ediert.[2] Von Mailand schickte er seinem Bruder Costantino zwei Briefe, der ihm im Amt der „scrivania di sopraconsoli“ gefolgt war; die Signoria hielt er brieflich auf dem Laufenden, wie etwa am 26. März 1517 über die wirtschaftliche Situation Frankreichs, das die Einfuhr von Goldstoffen und Seide zum Schaden von Lucca und Florenz untersagte. Im Juni kehrte Caroldo aus Frankreich nach Mailand zurück, im Gefolge des Vicomte de Lautrec, in dessen Dienst er auf Geheiß der Signoria stand. Im November 1517 informierte er diese über die Vorgänge in Bergamo, im Februar 1518 teilte er ihr die Absicht Kaiser Maximilians mit, dem Papst 4000 Mann zu stellen.

Im September 1518 ersuchte er um die Erlaubnis nach Venedig zurückzukehren, da er erschöpft von den vielen Verpflichtungen im diplomatischen Dienst sei. Der Senat lehnte dies jedoch ab, sandte ihm aber ein Geschenk in Höhe von 150 Dukaten. Noch im Oktober wurde sein Salär um weitere 25 Dukaten erhöht, womit er jährlich 110 Dukaten erhielt. 1519 berichtete Caroldo von den ersten Konflikten zwischen Karl und Franz I. wegen der Nachfolge des im Januar verstorbenen Maximilian. Ende April erhielt er Anweisung vom Senat, die Milizen in Venetien auf den Kampf gegen die Schweizer vorzubereiten, die anscheinend für Spanien Partei ergreifen würden. Am 31. August wurde Caroldos Salär um weitere 8 Dukaten erhöht, im September wurde als sein Nachfolger in Mailand Alvise Marin nominiert, der dort im Mai 1520 ankam. Doch noch am 1. Juli 1520 beklagt sich Caroldo darüber, dass er seinen Bericht nicht in Venedig hatte vortragen können. Von diesem Zeitpunkt an versah er seinen Dienst nicht mehr auf diplomatischen Reisen, sondern im Dogenpalast.

Rückkehr nach Venedig (1520), Leiter der Kanzlei

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

1523 erhielt er bereits ein Salär von 165 Dukaten. Am 25. September 1528 berichtete er von einem geheimen Treffen mit dem französischen Botschafter. Caroldo war inzwischen Leiter der venezianischen Kanzlei.

Aus seinem Privatleben ist nur bekannt, dass er seinen Bruder Costantino unterstützte, ebenso wie seine Schwester Maria, inzwischen Witwe eines Tuchhändlers, und ihre Kinder, die er dem Senat in einer Supplik 1515 empfahl.

Historie venete (bis 1532)

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Sein Hauptwerk, fertiggestellt spätestens 1532, sind die Historie venete dal principio della città fino all’anno 1382. Dieses Werk wurde später in zehn Bücher unterteilt. Dieses reichte bis zum Tod des Dogen Andrea Contarini (1382). Begonnen hatte er mit seinem Opus um 1520.[3]

Caroldos Testament wurde von Vittorio Lazzarini ediert: Il testamento del cronista Gian Giacomo Caroldo: per un'edizione della sua cronaca, in: Scritti storici in onore di Giovanni Monticolo, Padua 1922, S. 283–288. Seine relazione nach der Tätigkeit als Botschafter in Mailand findet sich bei Eugenio Alberi (Hrsg.): Le relazioni degli ambasciatori veneti. Band V,. Florenz 1858, S. 298–330.

Zur Bedeutung der Chronik vgl.:

  • Freddy Thiriet: Les chroniques vénitiennes de la Marcienne et leur importance pour l’histoire de la Romanie. In: Mélanges d’archéologie et d’histoire LXVI (1954) 266–272.
  • Raymond-Joseph Loenertz: Jean V Paléologue à Venise (1370–1371). In: Revue dés études byzantines, 1958, XIV, S. 217–232.
  • Julian Chrysostomides: John V Palaelogus in Venice (1370–1371), and the Chronicle of Caroldo: a re-interpretation. In: Orientalia Christiana Periodica, 1965, XXXI, S. 76–84.
  • Julian Chrysostomides: Studies on the Chronicle of Caroldo with special Reference to the History from 1370 to 1377. In: Orientalia Christiana Periodica, 1969, XXXV, S. 123–182.
  • Antonio Carile: La cronachistica veneziana (secc. XIII-XVI), di fronte alla spartizione della Romania nel 1204. Florenz 1969, S. 158 f.
  1. In den Diarien des Marin Sanuto, Venedig 1879–1902, Band 5, Sp. 449–468.
  2. Vittorio Lazzarini ediert: Il testamento del cronista Gian Giacomo Caroldo: per un'edizione della sua cronaca, in: Scritti storici in onore di Giovanni Monticolo, Padua 1922, S. 283–288.
  3. Emmanuele Antonio Cicogna: Delle Inscrizioni Veneziane. Band IV. Venedig 1834, S. 9.