Lie-Algebren-Kohomologie
In der Mathematik ist die Lie-Algebren-Kohomologie ein technisches Hilfsmittel, welches insbesondere in Differentialgeometrie, Mathematischer Physik und der Theorie der Lie-Gruppen Anwendung findet. Sie wird definiert als Kohomologie des Koszul-Komplexes. Für kompakte Lie-Gruppen ist die algebraisch definierte Lie-Algebren-Kohomologie der Lie-Algebra isomorph zur De-Rham-Kohomologie der Lie-Gruppe.
Definition
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Sei eine Lie-Algebra. Auf der äußeren Algebra des dualen -Vektorraumes definieren wir für alle einen Operator
- wie folgt.
Sei
- ,
dann definieren wir
durch
- .
Der Komplex heißt Koszul-Komplex. Für alle gilt
- .
Die Lie-Algebren-Kohomologie von ist definiert als Kohomologie des Koszul-Komplexes, also als
- .
Lie-Gruppen und Lie-Algebren-Kohomologie
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Für eine Lie-Gruppe mit Lie-Algebra ist der Koszul-Komplex kanonisch isomorph zum Komplex der -invarianten Differentialformen auf :
- ,
die Lie-Algebren-Komologie von ist also isomorph zur Kohomologie des Komplexes .
Élie Cartan hat bewiesen, dass für kompakte Lie-Gruppen die Inklusion
einen Isomorphismus der De-Rham-Kohomologie-Gruppen induziert. Für kompakte Lie-Gruppen gilt also
- .
Lie-Algebren-Kohomologie bzgl. einer Darstellung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]C. Chevalley und S. Eilenberg haben zu einer Lie-Algebren-Darstellung die folgende Kohomologie-Konstruktion durchgeführt.[1]
Für sei der Raum der -linearen, alternierenden Abbildungen , für k=0 sei . Ferner sei durch
- .
In der angegebenen Arbeit von C. Chevalley und S. Eilenberg wird noch durch dividiert, was im unten angegebenen Lehrbuch von Hilgert und Neeb nicht der Fall ist. Man zeigt , das heißt, es liegt ein Kokettenkomplex vor, den man auch den Chevalley-Eilenberg-Komplex nennt. Die Elemente aus
nennt man wie üblich k-Kozykel, diejenigen aus
heißen k-Koränder. Damit sind die Kohomologiegruppen
definiert, wobei im Falle der Korandoperator als 0 definiert ist. Man spricht genauer von der Chevalley-Kohomologie von mit Werten in bzgl. .[2]
Elemente aus dem Chevalley-Eilenberg-Komplex treten in natürlicher Weise auf. So ist zum Beispiel durch die Formel
eine Darstellung definiert, die für weitere Untersuchungen der Lie-Algebra herangezogen werden kann. Man kann weitere Folgerungen ziehen, wenn ist, das heißt, wenn die 1-te Chevalley-Kohomologie verschwindet. Daher sind die folgenden beiden sogenannten Lemmata von Whitehead von besonderem Interesse[3]:
1. Lemma von Whitehead: Ist eine halbeinfache, endlichdimensionale, reelle oder komplexe Lie-Algebra und ist eine endlich-dimensionale Darstellung, so ist .
2. Lemma von Whitehead: Ist eine halbeinfache, endlichdimensionale, reelle oder komplexe Lie-Algebra und ist eine endlich-dimensionale Darstellung, so ist .
Folgender Satz ist eine Konsequenz aus dem 1. Lemma von Whitehead und der obigen Konstruktion von Darstellungen auf :
- Ist eine halbeinfache, endlichdimensionale, reelle oder komplexe Lie-Algebra und ist eine kurze exakte Sequenz von endlichdimensionalen -Moduln, so zerfällt diese, das heißt, es gibt einen -Modul-Morphismus mit .
Dieser Satz kann als wesentlicher Schritt im Beweis des Satzes von Weyl angesehen werden.[4]
Das 2. Lemma von Whitehead ist ein wichtiger Baustein zum Satz von Levi.[5]
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- C. Chevalley, S. Eilenberg: Cohomology theory of Lie groups and Lie algebras. Trans. Amer. Math. Soc. 63 (1948), 85–124.
- J. L. Koszul: Homologie et cohomologie des algèbres de Lie. Bull. Soc. Math. France, 78 (1950) pp. 65–127
- Gerhard Hochschild, Jean-Pierre Serre: Cohomology of Lie algebras. Ann. of Math. (2) 57, (1953). 591–603. JSTOR:1969740
- J. C. Jantzen, Representations of Algebraic groups, Pure and Applied Mathematics, vol. 131, Boston, etc., 1987 (Academic).
- J. C. Jantzen: Restricted Lie algebra cohomology. Lecture Notes in Math. 1271 (1986), 91–108.
- Joachim Hilgert, Karl-Hermann Neeb: Lie-Gruppen und Lie-Algebren, Vieweg, 1999, ISBN 3-528-06432-3, Kapitel II.5: Lie-Algebra-Kohomologie
- A. W. Knapp, Lie groups, Lie algebras and cohomology, Mathematical Notes, Princeton University Press, 1988, 509 pp.
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ C. Chevalley, S. Eilenberg: Cohomology theory of Lie groups and Lie algebras, Trans. Amer. Math. Soc. 63 (1948), Kapitel IV: Cohomology Groups associated with a representation
- ↑ Joachim Hilgert, Karl-Hermann Neeb: Lie-Gruppen und Lie-Algebren, Vieweg, 1999, ISBN 3-528-06432-3, Definition II.5.3
- ↑ Joachim Hilgert, Karl-Hermann Neeb: Lie-Gruppen und Lie-Algebren, Vieweg, 1999, ISBN 3-528-06432-3, II.5.12, II.5.14
- ↑ Joachim Hilgert, Karl-Hermann Neeb: Lie-Gruppen und Lie-Algebren, Vieweg, 1999, ISBN 3-528-06432-3, II.4.16, II.5.5, II.5.12
- ↑ Joachim Hilgert, Karl-Hermann Neeb: Lie-Gruppen und Lie-Algebren, Vieweg, 1999, ISBN 3-528-06432-3, II.4.8, II.5.7, II.5.14