Perchlorsäure

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Strukturformel
Struktur von Perchlorsäure
Allgemeines
Name Perchlorsäure
Andere Namen
  • Hydrogen-tetraoxochlorat(−I)
  • Chlor(VII)-säure
  • Überchlorsäure
Summenformel HClO4
Kurzbeschreibung

farblose, ölige, hygroskopische, an der Luft rauchende Flüssigkeit[1]

Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer 7601-90-3
EG-Nummer 231-512-4
ECHA-InfoCard 100.028.648
PubChem 24247
ChemSpider 22669
Wikidata Q193956
Eigenschaften
Molare Masse 100,46 g·mol−1
Aggregatzustand

flüssig[1]

Dichte

1,77 g·cm−3[2]

Schmelzpunkt

−112 °C[2]

Siedepunkt

130 °C[3]

Dampfdruck

40 hPa (20 °C)[2]

pKS-Wert

−10[4]

Löslichkeit

mischbar mit Wasser, Essigsäure, Chloroform, Nitromethan, Benzol, Dichlormethan, Dichlorethen und Acetonitril[1]

Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung aus Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 (CLP),[5] ggf. erweitert[2]
Gefahrensymbol Gefahrensymbol Gefahrensymbol Gefahrensymbol

Gefahr

H- und P-Sätze H: 271​‐​290​‐​302​‐​314​‐​373
P: 210​‐​280​‐​301+330+331​‐​303+361+353​‐​305+351+338+310​‐​314[2]
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet.
Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen (0 °C, 1000 hPa).

Perchlorsäure (HClO4) ist eine der Sauerstoffsäuren des Chlors. Ihre Salze heißen Perchlorate.[6] Es ist eine farblose Flüssigkeit, die an der Luft raucht. Sie zählt zu den stärksten Säuren überhaupt und ist hochreaktiv.

Die Verbindung wurde erstmals im Jahr 1816 vom deutschen Chemiker Friedrich von Stadion bei der Umsetzung von Schwefelsäure und Kaliumchlorat als wässrige Lösung erhalten.[7] 1830 stellte der französische Chemiker Georges Simon Serullas feste Perchlorsäure, als das Perchlorsäure-Monohydrat her.[8] Die wasserfreie Säure wurde erstmals 1862 vom englischen Chemiker Henry Enfield Roscoe dargestellt.[9][10]

Perchlorsäure wird durch Zugabe von starken Säuren, z. B. Schwefelsäure, aus ihren Salzen, z. B. Kaliumperchlorat, freigesetzt. Kaliumperchlorat lässt sich durch Disproportionierung aus elektrolytisch hergestelltem Kaliumchlorat KClO3 beim Erhitzen erzeugen:[11]

Perchlorsäure entsteht ebenfalls aus der Reaktion von Natriumperchlorat und konzentrierter Salzsäure:[3]

Eine weitere Möglichkeit, Perchlorsäure darzustellen, ist das Erhitzen von Kaliumperchlorat mit konz. Schwefelsäure und anschließenden Abdestillieren der Perchlorsäure im Vakuum:[12]

Wasserfreie Perchlorsäure ist eine farblose, sehr bewegliche Flüssigkeit, die stark oxidierend wirkt, an Luft raucht und hygroskopisch und flüchtig ist. Sie ist mit Wasser mischbar und hat in konzentrierter Lösung eine ölige Konsistenz. Im Vakuum lässt sie sich unzersetzt destillieren, zerfällt aber beim Erhitzen unter Normaldruck explosionsartig.[6] Beim Erwärmen, vor allem von Perchlorsäure mit über 50 Prozent Massenanteil und in Gegenwart geringster organischer Verunreinigungen (Staub)[6][3], besteht Explosionsgefahr, ebenso beim Einengen oder Konzentrieren mit Trocknungsmitteln. Wasserfreie Perchlorsäure kann sich bereits bei Raumtemperatur spontan zersetzen. Zusammen mit einer Vielzahl anderer Stoffe kann es zu stark exothermen Reaktionen, Hitzeentwicklung, Entzündung, Explosion oder Bildung explosiver Gase und Dämpfe kommen. Bei Berührung mit brennbaren Stoffen besteht Brandgefahr, da die Säure wegen ihres hohen Sauerstoffanteils brandfördernd ist. Perchlorsäure ist eine sogenannte Supersäure, also eine extrem starke Säure (pKS = −10). Sie verursacht schwere Verätzungen und ist hochreaktiv.[12][1]

Das Anhydrid der Perchlorsäure ist Dichlorheptoxid (Cl2O7). Es kann durch vorsichtige Umsetzung von Perchlorsäure mit Phosphorpentoxid mit einer sich anschließenden Vakuum-Destillation dargestellt werden. Dichlorheptoxid ist hochexplosiv und reagiert mit Wasser wieder zu Perchlorsäure.

In der Analytischen Chemie wird Perchlorsäure zusammen mit Salpeter- oder Schwefelsäure zur Oxidation von organischen Stoffen genutzt. Dabei ist jedoch mit explosionsartiger Zersetzung bei Einwirkung von Schlag oder Hitze zu rechnen.

Sie kann auch als Aufschlussmittel für Stähle, Legierungen, Erze, Minerale und keramische Erzeugnisse genutzt werden.

Weitere Verwendungen wären die Nutzung als Katalysator bei Veresterungen im Labormaßstab sowie als Hilfsmittel beim Galvanisieren und Elektropolieren und bei der Herstellung des Raketentreibstoffes Ammoniumperchlorat.[1]

Sicherheitshinweise

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Perchlorsäure wirkt stark ätzend auf Haut, Atemwege und Schleimhäute. Sie ist in der Lage, lebendes Gewebe zu zerstören. Als starkes Oxidationsmittel wirkt sie brandfördernd. Zusammen mit einer Vielzahl anderer Stoffe kann es zu stark exothermen Reaktionen, Hitzeentwicklung, Entzündung, Explosion oder Bildung explosiver Gase und Dämpfe kommen. Verdünnte Perchlorsäurelösungen sind weniger gefährlich und stabiler.[1][12][2]

Einzelnachweise

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  1. a b c d e f Eintrag zu Perchlorsäure. In: Römpp Online. Georg Thieme Verlag, abgerufen am 10. Februar 2024.
  2. a b c d e f Eintrag zu Perchlorsäure in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA, abgerufen am 10. Februar 2024. (JavaScript erforderlich)
  3. a b c A. F. Holleman, E. Wiberg, N. Wiberg: Lehrbuch der Anorganischen Chemie. 101. Auflage. Walter de Gruyter, Berlin 1995, ISBN 3-11-012641-9, S. 480.
  4. A. F. Holleman, E. Wiberg, N. Wiberg: Lehrbuch der Anorganischen Chemie. 102. Auflage. Walter de Gruyter, Berlin 2007, ISBN 978-3-11-017770-1.
  5. Eintrag zu Perchloric acid im Classification and Labelling Inventory der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA), abgerufen am 1. Februar 2016. Hersteller bzw. Inverkehrbringer können die harmonisierte Einstufung und Kennzeichnung erweitern.
  6. a b c Helmut Hofmann, Gerhart Jander: Qualitative Analyse. Walter de Gruyter, 2011, ISBN 978-3-11-083488-8, S. 265 (books.google.com).
  7. F. v. Stadion: Von den Verbindungen des Chlorine mit dem Sauerstoff in Gilbert's Ann. 52 (1816) 197, 339.
  8. G. S. Serullas: Sur l'Acide perchlorique (chlorique oxigéné) in Ann. Chim. Phys. 45 (1830) 270.
  9. H. E. Roscoe: in Proc. Roy. Soc. 11 (1862) 493.
  10. Rolf Werner Soukup: Chemiegeschichtliche Daten anorganischer Substanzen, Version 2020, S. 113 pdf.
  11. G. Brauer (Hrsg.), Handbook of Preparative Inorganic Chemistry 2nd ed., vol. 1, Academic Press 1963, S. 318–20.
  12. a b c Perchlorsäure. In: Spektrum. Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH, 1998, abgerufen am 11. Februar 2024.