Chlorphenamin

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
(Weitergeleitet von Chlorpheniramin)
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Strukturformel
Strukturformel von Chlorphenamin
Allgemeines
Freiname Chlorphenamin
Andere Namen
  • Chlorpheniramin
  • 3-(4-Chlorphenyl)-N,N-dimethyl-3-(2-pyridyl)propylamin (IUPAC)
Summenformel C16H19ClN2
Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer
EG-Nummer 205-054-0
ECHA-InfoCard 100.004.596
PubChem 2725
ChemSpider 2624
DrugBank DB01114
Wikidata Q420133
Arzneistoffangaben
ATC-Code

R06AB04

Wirkstoffklasse

Antihistaminikum

Eigenschaften
Molare Masse 274,79 g·mol−1
Aggregatzustand

fest

Schmelzpunkt

130–135 °C (Chlorphenamin·Maleat)[1]

Siedepunkt

142 °C (0,13 kPa) (Chlorphenamin)[1]

Sicherheitshinweise
Bitte die Befreiung von der Kennzeichnungspflicht für Arzneimittel, Medizinprodukte, Kosmetika, Lebensmittel und Futtermittel beachten
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung[2]

Gefahr

H- und P-Sätze H: 301
P: 301+310[2]
Toxikologische Daten

118 mg·kg−1 (LD50Ratteoral, Chlorphenamin)[1]

Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet.
Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen (0 °C, 1000 hPa).

Chlorphenamin (auch Chlorpheniramin) ist ein Antihistaminikum der ersten Generation, das chemisch zur Gruppe der Alkylamine gehört. Als Medikament wird das Maleat-Salz eingesetzt (Chlorphenaminmaleat). Es wird auch in der Veterinärmedizin eingesetzt.

Chlorphenamin wirkt am H1-Rezeptor als Antagonist, wodurch es allergischen Beschwerden wie Hautrötung, Juckreiz, Konjunktivitis und Rhinitis entgegenwirkt.

Chlorphenamin hemmt ebenfalls die Wiederaufnahme von Serotonin und Noradrenalin in Nervenendigungen (Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer), wodurch es eine antidepressive Wirkung besitzt,[3] obwohl zu diesem Einsatz keine Studien am Menschen existieren. Doch da die Affinität zum SERT mit einem Dissoziation Ki von 31 nM[4] etwa der Affinität von Imipramin entspricht und damit 30-mal schwächer als Citalopram ist, sind im Rahmen therapeutischer, d. h. antihistaminer Dosierungen (< 10 mg) keine antidepressiven Effekte oder Nebenwirkungen durch SERT-Hemmung zu erwarten.

Als unerwünschte Wirkung tritt vor allem ein sedierender Effekt auf, der Auswirkungen auf die Fahrtüchtigkeit hat. Bei Überdosierung kann es zu einem anticholinergen Syndrom mit Gesichtsrötung, Erregung, Halluzinationen, Mundtrockenheit, Fieber und Krämpfen kommen. Weiterhin muss unter besonderen Bedingungen von einer proarrhythmogenen Potenz (Torsade-des-pointes-Tachykardien) ausgegangen werden.[5]

Darüber hinaus legen die Ergebnisse einer von der University of Washington durchgeführten, prospektiven Kohortenstudie mit rund 3.500 Teilnehmern aus dem Jahr 2015 nahe, dass eine häufige oder längerfristige Einnahme von Chlorphenamin-haltigen Arzneimitteln in Dosierungen von bereits 4 mg pro Tag mit einem signifikant erhöhten Risiko für Demenzerkrankungen, wie zum Beispiel Alzheimer, verbunden ist.[6][7][8]

Da Chlorphenamin außerdem bei älteren Patienten vermutlich mehr Nebenwirkungen verursacht als die beiden anderen Antiallergika Cetirizin und Loratadin, wurde dieser Wirkstoff vom deutschen Forschungsverbund „PRISCUS“ auf die „PRISCUS-Liste potenziell inadäquater Medikation für ältere Menschen“ gesetzt und sollte daher bei älteren Personen nach Möglichkeit nicht angewandt werden.[9]

Pharmakokinetik

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Bioverfügbarkeit liegt unter 50 %, die Plasmaproteinbindung beträgt etwa 70 %, die Wirkdauer drei bis sechs Stunden. Der Abbau erfolgt hauptsächlich in der Leber durch Hydroxylierung und Konjugation. Das Verteilungsvolumen ist mit drei bis sieben Liter pro Kilogramm Körpergewicht relativ hoch. Die Plasmahalbwertszeit liegt bei 15–30 Stunden, bei Kindern kürzer.

Balkis Schnupfenkapseln Neu (D); Trimeton (I)

Kombinationspräparate: Benical (CH), Fluimucil Grippe (CH), Grippostad C (D, A), Migräne-Kranit (CH), Pecto-Baby (CH), Rhinipront (CH), Solmucalm (CH), Triocaps (CH)[10][11][12]

  • Eintrag zu Chlorphenamin bei Vetpharm, abgerufen am 5. August 2012.

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. a b c Eintrag zu Chlorphenamin. In: Römpp Online. Georg Thieme Verlag, abgerufen am 1. Juni 2014.
  2. a b Datenblatt (±)-Chlorpheniramine maleate salt bei Sigma-Aldrich, abgerufen am 22. März 2011 (PDF).
  3. A. Carlsson, M. Lindqvist: Central and peripheral monoaminergic membrane-pump blockade by some addictive analgesics and antihistamines. In: J Pharm Pharmacol. 21(7), Jul 1969, S. 460–464. PMID 4390069
  4. M. Bodmer u. a.: Dextromethorphan, chlorphenamine and serotonin toxicity: case report and systematic literature review. In: British Journal of Clinical Pharmacology. 70(6), Dez 2010, S. 794–798. PMID 21175434
  5. A. M. Nia u. a.: Torsades de pointes tachycardia induced by common cold compound medication containing chlorpheniramine. In: European Journal of Clinical Pharmacology. 66(11), Nov 2010, S. 1173–1175. Epub 2010 Jul 31
  6. Higher dementia risk linked to more use of common drugs - School of Pharmacy. In: School of Pharmacy. Abgerufen am 9. April 2016 (amerikanisches Englisch).
  7. S. L. Gray, M. L. Anderson, S. Dublin u. a.: Cumulative use of strong anticholinergics and incident dementia: A prospective cohort study. In: JAMA Internal Medicine. Band 175, Nr. 3, 1. März 2015, S. 401–407, doi:10.1001/jamainternmed.2014.7663, PMID 25621434, PMC 4358759 (freier Volltext).
  8. Sleep and Allergy Meds Linked to Dementia, Alzheimer’s. In: AARP. Abgerufen am 9. April 2016.
  9. Potenziell inadäquate Medikation für ältere Patienten. Chlorphenamin. In: Priscus-Liste priscus2-0.de. Abgerufen am 21. Januar 2023.
  10. Rote Liste Online, Stand: August 2009.
  11. AM-Komp. d. Schweiz, Stand: August 2009.
  12. AGES-PharmMed, Stand: August 2009.