Conestat alfa

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Conestat alfa
Conestat alfa
Masse/Länge Primärstruktur 478 Aminosäuren (67 kDa)
Bezeichner
Gen-Name(n)
Externe IDs
Arzneistoffangaben
ATC-Code B06AC04
Wirkstoffklasse C1-Esterase-Inhibitor (C1INH)
Vorkommen
Homologie-Familie Hovergen

Conestat alfa ist ein rekombinanter, humaner C1-Esterase-Inhibitor (rhC1-INH), der zur Behandlung von akuten Attacken des hereditären Angioödems (HAE) aufgrund eines C1-Esterase-Inhibitormangels bei Erwachsenen eingesetzt wird.[2][3]

Conestat alfa (Handelsname Ruconest) erhielt im Oktober 2010 die europäische Marktzulassung und ist aktuell in allen 27 EU-Staaten sowie Norwegen, Island und Liechtenstein zugelassen.[4]

Anwendungsgebiete

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Conestat alfa wird zur Behandlung akuter Attacken des hereditären Angioödems bei Erwachsenen angewendet, bei denen ein Mangel an funktionsfähigem C1-INH vorliegt. Erwachsene bis 84 kg Körpergewicht erhalten eine intravenöse Injektion von 50 Einheiten pro Kilogramm Körpergewicht (50 E/kg), Erwachsene mit einem Körpergewicht von mehr als 84 kg Körpergewicht erhalten eine intravenöse Injektion von 4.200 Einheiten.[2]

Chemische und pharmazeutische Informationen

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Conestat alfa wird durch rekombinante DNA-Technologie produziert und aus der Milch transgener Kaninchen isoliert. So können problemlos auch größere Mengen an C1-INH produziert werden, je nach medizinischem Bedarf.[2][5] Durch insgesamt acht Aufreinigungsschritte inklusive Nanofiltration kann eine Produktreinheit von über 99 % gewährleistet werden. Die rekombinante Herstellung schließt ein Infektionsrisiko mit pathogenen humanen Erregern (z. B. Hepatitis A, Hepatitis B, humanen Parvoviren, Prionen etc.), die durch aus menschlichem Blutplasma gewonnenen Präparaten übertragen werden könnten, aus.[6]

rhC1-INH hat eine identische Aminosäuresequenz wie humaner C1-INH. Es besteht aus 478 Aminosäuren und hat eine Masse von 67 kDa. Es weist an sechs Stellen eine N-Glykosylierung und an mindestens sieben Stellen eine O-Glykosylierung auf.[2]

Wirkungsmechanismus

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Conestat alfa erhöht dosisabhängig die Plasmakonzentration von funktionellem C1-INH. Dabei konnte die Gabe von 50 Einheiten pro Kilogramm Körpergewicht bei fast allen HAE-Patienten normale Level von C1-INH wiederherstellen.[7] C1-INH übt eine hemmende Wirkung auf verschiedene Proteasen (Zielproteasen) des Kontakt- und des Komplementsystems aus. Die Wirkung von Conestat alfa auf die folgenden Zielproteasen wurde in vitro untersucht: aktiviertes C1s, Kallikrein, Faktor XIIa und Faktor XIa. Die Inhibitionskinetik war vergleichbar mit der von aus Plasma gewonnenem humanem C1-INH.[2]

Aufnahme und Verteilung im Körper

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Es erfolgt keine Ausscheidung, da Conestat alfa in der Leber durch rezeptorvermittelte Endozytose mit anschließendem vollständigen hydrolytischen Abbau aus dem Blutkreislauf eliminiert wird.[2] Die Plasmahalbwertszeit beträgt ungefähr 2 Stunden.

In einer randomisierten kontrollierten Studie setzte bei allen Patienten, die mit 50 U/kg Conestat alfa behandelt worden waren, die Symptomlinderung innerhalb von vier Stunden ein. Die Wirksamkeit von Ruconest bei der Behandlung von akuten Angioödem-Anfällen wurde durch eine signifikant kürzere Zeit bis zum Beginn der Linderung der Symptome und bis zu minimalen Symptomen sowie wenige Fälle von Therapieversagen belegt. Die Ergebnisse der offenen Studien stimmten mit den obigen Befunden überein und sprechen für die wiederholte Anwendung von Conestat alfa zur Behandlung aufeinanderfolgender Angioödem-Anfälle. Rückfälle wurden nicht beobachtet. Eine weitere Studie mit insgesamt 75 Patienten bestätigt die signifikante Wirksamkeit. Es wurden keine klinisch relevanten Antikörper gegen C1-INH oder wirtsbedingte Verunreinigungen detektiert.[2][8][9][10][11][12]

Unerwünschte Wirkungen

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Als häufige Nebenwirkungen (bei 1 % bis 10 % der Behandelten) wurden in klinischen Untersuchungen Kopfschmerzen beobachtet.[2]

Einzelnachweise

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  1. Gene Symbol Report
  2. a b c d e f g h Zusammenfassung der Merkmale von Ruconest (auf Deutsch) (PDF; 560 KB), Europäische Arzneimittelagentur (EMA)
  3. Europäischer öffentlicher Beurteilungsbericht (EPAR) (auf Englisch) Europäische Arzneimittelagentur (EMA)
  4. Pharming’s Ruconest™ For HAE Granted European Marketing Authorization (auf Englisch) (Memento vom 29. Oktober 2011 im Internet Archive) Pressemeldung von Sobi vom 28. Oktober 2010
  5. van Veen HA u. a.: Characterization of recombinant human C1 inhibitor secreted in milk of transgenic rabbits. In: Journal of Biotechnology. 17. September 2012, S. pii: S0168–1656(12)00638-4, doi:10.1016/j.jbiotec.2012.09.005. [Epub ahead of print]
  6. Smaal E u. a.: Recombinant human C1 inhibitor: production in the milk of transgenic rabbits. Poster presented at: XIX International Complement Workshop, Palermo 2002
  7. van Doorn MB u. a.: A phase I study of recombinant human C1 inhibitor in asymptomatic patients with hereditary angioedema. In: J Allergy Clin Immunol. 2005, S. 876–883, doi:10.1016/j.jaci.2005.05.019.
  8. Zuraw B u. a.: Recombinant human C1-inhibitor for the treatment of acute angioedema attacks in patients with hereditary angioedema. In: Journal of Allergy and Clinical Immunology. Band 126, Nr. 4, Oktober 2010, S. 821–827.e14, doi:10.1016/j.jaci.2010.07.021.
  9. Bernstein J u. a.: Conestat alfa for the treatment of angioedema attacks. In: Therapeutics and Clinical Risk Management. Juli 2011, S. 265, doi:10.2147/TCRM.S15544, PMC 3132097 (freier Volltext).
  10. Moldovan D u. a.: Efficacy and safety of recombinant human C1-inhibitor for the treatment of attacks of hereditary angioedema: European open-label extension study. In: Clinical Allergy. 2012, S. 929–935, doi:10.1111/j.1365-2222.2012.03984.x.
  11. Statistically significant results for primary endpoint of time to beginning of symptom relief Pressemeldung von Pharming vom 7. November 2012
  12. Hack CE u. a.: Immunogenicity assessment of recombinant human c1-inhibitor: an integrated analysis of clinical studies. In: BioDrugs. Oktober 2012, S. 303–13, doi:10.2165/11634370-000000000-00000, PMID 22928662.
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