Critical Mass (Aktionsform)

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
(Weitergeleitet von Critical Mass (Protestform))
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Critical Mass in San Francisco (2005)

Critical Mass (engl. für „kritische Masse“, CM) ist eine weltweite Bewegung,[1] bei der sich mehrere nicht motorisierte Verkehrsteilnehmer (hauptsächlich Radfahrer) scheinbar zufällig und unorganisiert treffen, um mit gemeinsamen und unhierarchischen Fahrten durch Innenstädte, ihrer bloßen Menge und dem konzentrierten Auftreten von Fahrrädern auf den Radverkehr als Form des Individualverkehrs aufmerksam zu machen.

Entstehung und Grundzüge

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Critical Mass in Prag (2007)
Critical Mass in Budapest (2007)
Critical Mass in Sosnowiec (2018)

Die erste Critical Mass genannte Aktion fand im September 1992 in San Francisco statt. Die erste deutsche Critical Mass wurde im September 1997 in Berlin ins Leben gerufen. Seit diesem Start treffen sich Radfahrer weltweit mehr oder weniger regelmäßig zu gemeinsamen Fahrten durch die Städte. Von Stadt zu Stadt gibt es verschiedene Umgangsweisen mit Verkehrsregeln und Autos sowie der Polizei: Eine „critical mass“ hat keinen Verantwortlichen sowie keine zentrale Organisation (lediglich einen Urheber): Critical-Mass-Aktionen entstehen, wenn irgendeine Person sich einen Ort und einen Zeitpunkt überlegt und zu einer gemeinsamen Fahrt via Internet, Plakate, Mundpropaganda oder einen ähnlichen Kanal aufruft und damit Ort und Zeitpunkt bekanntgibt. Wenn sich daraufhin genügend Menschen einfinden, um gemeinsam zu fahren, findet die CM statt.

Der Begriff Critical Mass stammt aus dem Dokumentarfilm Return of the Scorcher (1992) von Ted White. Dieser erzählt von der bike culture in China und den Niederlanden im Vergleich zu jener in den USA. Im Film beobachtete George Bliss das Verhalten von motorisierten Zweirad- und Fahrradfahrern in China, die Kreuzungen ohne Lichtzeichenanlage (Ampeln) problemlos zu überqueren verstanden. Aus seinen Beobachtungen geht hervor, dass sich der Verkehr solange an diesen Kreuzungen staut, bis er eine kritische Masse erreicht hat, an der er sich über die Kreuzung drängt und so den sich kreuzenden Verkehr zum Anhalten zwingt. An diesen Begriff der Kritischen Masse sei der Name der Bewegung angelehnt.

Eng verbunden mit der Critical-Mass-Bewegung sind Fahrrad-Selbsthilfewerkstätten, so genannte Bikekitchens (engl., dt. sinngemäß Fahrradküchen) in den jeweiligen Städten. Dort werden Freakbikes (siehe Tallbikes) gebaut, die auf den Critical Mass Fahrten besondere Aufmerksamkeit erregen. Auch der ADFC unterstützt in vielen Städten die Fahrten durch Werbung und Teilnahme.[2]

Critical Mass Rides finden meist einmal im Monat (oft am letzten Freitag im Monat),[3] aber auch zu verschiedenen Anlässen wie Demonstrationen, Reclaim-the-Streets-Partys oder verschiedenen Aktionstagen sowie zu verschiedenen politischen wie sozialen Themen statt.

Ein Markenzeichen der Critical Mass ist das sogenannte Bikes-Up dabei heben die Teilnehmer und Teilnehmerinnen ihr Fahrrad überkopf nach oben. Wobei ein Bike-Up stark von der jeweiligen Stadt abhängig ist. In Hamburg ist es beispielsweise vor der Abfahrt und am Ziel üblich.

Auf der Route einer Critical Mass werden auch die Orte der jeweiligen Stadt angefahren, an denen im vergangenen Monat ein Fahrradfahrer im Straßenverkehr getötet wurde. Hierbei kann dort auch ein Ghostbike von den Teilnehmern aufgestellt werden.

Besondere Critical-Mass-Ereignisse

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Critical Mass in Tel Aviv (2008)

Zu einer der bisher größten Critical-Mass-Fahrten kam es Ende August 2004 in New York. Mehrere Tausend Teilnehmer protestierten mit ihrer Fahrradtour gegen den Parteitag der Republikaner und US-Präsident George W. Bush. Im Verlauf dieser CM wurden fast 400 Personen festgenommen, hunderte Räder konfisziert und ganze Straßenzüge für Fahrräder gesperrt.

Von 2004 bis 2014 gab es auch in Budapest zweimal im Jahr einen Critical-Mass-Fahrradumzug. Nachdem zu Beginn nur einige hundert Radler teilgenommen hatten, fuhren auf der Veranstaltung vom 22. April 2007 rund 50.000 Menschen durch die Budapester Innenstadt, am 20. April 2008 waren es schon 80.000. Die letzte Veranstaltung in Budapest fand 2013 statt mit rund 100.000 Teilnehmern.[4] Damit war die ungarische Veranstaltung die weltgrößte dieser Art. Auch in der ungarischen Stadt Pécs findet zweimal jährlich eine Critical-Mass-Veranstaltung statt. Über 1000 Aktivisten demonstrierten hier im Frühjahr 2008 für eine radfahrergerechte Verkehrsführung.

Bei den seit 2001 in zahlreichen Städten auf der ganzen Welt oft im Zusammenhang mit Critical-Mass-Rundfahrten veranstalteten World Naked Bike Rides wird mehr oder weniger ohne Bekleidung mitgefahren;[5] der größte „Ride“ in diesem Zusammenhang findet jeweils in London statt, die Gründungsstadt ist Saragossa in Spanien.[6]

Bei einer Kidical-Mass-Fahrt (Kofferwort aus kid, engl. Kind und Critical Mass) (KM) fahren möglichst viele Kinder und Jugendliche mit, als Passagiere in Fahrradanhängern, Lastenrädern, Nachläuferrädern oder selbständig auf Lauf- oder Pedal-Fahrrad. Auch Tretroller/Scooter werden genutzt. Das Tempo ist angepasst langsam. Für besonders langsame Kleine kann zwischendurch Mitnahme auf Transporträdern oder eine Abkürzungsstrecke nötig sein.[7][8][9] Im Gegensatz zur Critical Mass sind Kidical Mass in der Regel angemeldete Demonstrationen mit festen Routen und politischen Forderungen.

Critical Mass im deutschen Sprachraum

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Mehr als 15 Radfahrende können nach § 27 StVO einen „geschlossenen Verband“ bilden, welcher allerdings für andere Verkehrsteilnehmende deutlich als solcher erkennbar sein muss. Für diesen Verband gelten sinngemäß die Verkehrsregeln eines einzelnen Fahrzeugs und er hat z. B. – als wäre er etwa ein Sattelzug – in einem Zug über eine Kreuzung mit Ampel zu fahren, selbst wenn diese zwischenzeitlich auf Rot umschaltet. Dies wurde 1989 durch ein Urteil des Landgerichts Verden bestätigt.[10] Für Teile eines „geschlossenen Verbands“ gilt zudem auch nicht eine ausnahmsweise angeordnete Radwegbenutzungspflicht nach § 2 Abs. 4 StVO: Sie dürfen z. B. auch auf der Fahrbahn zu zweit nebeneinander fahren. Damit keine Kraftfahrzeuge aus querenden Straßen sich in diesen Konvoi einfädeln, werden diese durch Teilnehmer abgesperrt. Dies symbolische Absperren des Querverkehrs durch Teilnehmer wird „corken“ genannt.[11]

Ab 100 Teilnehmern muss die Critical Mass genehmigt werden (Verwaltungsvorschrift zu § 29).[12] Andernfalls gilt sie als übermäßige Straßenbenutzung und darf von der Polizei verhindert oder aufgelöst werden.[13]

Die erste deutsche Critical Mass wurde im September 1997 in Berlin ins Leben gerufen. Anfangs nahmen nur zehn bis 20 Fahrer teil. Nach einem halben Jahr waren es schon circa 400 bis 500 Menschen, die regelmäßig gemeinsam fuhren. Nach einer Pause finden in Berlin seit Dezember 2006 wieder regelmäßig Fahrten statt.[14] Seit 2011 wird am letzten Freitag im Monat gefahren, mit 550 (November 2017) bis 3000 (Juli 2017) Teilnehmern.[15][16]

Critical-Mass-Treffen in Hamburg am Planetarium (Juni 2015)
Hamburg, Critical Mass Hamburg am 28. Juni 2019: Fahrräder auf der Hamburger Straße, weiter zum Mundsburger Damm, stadteinwärts

Die Critical Mass in Hamburg findet regelmäßig am letzten Freitag im Monat statt. Startpunkt ist immer der Endpunkt der vorangegangenen Tour. Im Juli 2009 trafen sich etwa 250 Radfahrer;[17] im Sommer 2012 waren es über 1500, am 30. August 2013 wurden schon 3252 gezählt, am 30. Mai 2014 waren es 5155 und am 26. Mai 2015 etwa 4000[18] Fahrräder. Die Critical Mass Hamburg fiel im März 2020, wegen der Verfügung der Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz vom 15. März 2020 zum Schutz vor der Corona-Virus-Pandemie, aus.[19]

In Hamburg finden mittlerweile weitere Critical Mass Veranstaltungen in Altona, Bergedorf und Hamburg-Harburg statt[20].

In Nürnberg findet die Critical Mass immer am letzten Freitag im Monat ab 18 Uhr statt. Im Jahr 2018 beteiligten sich im Schnitt rund 1.500 Menschen.[21] Im April 2014 nahmen rund 450 Radler teil;[22] im April 2018[23] sowie April 2019[24] waren es jeweils rund 2.600 Teilnehmende.

Mit der Bezugnahme auf Gefahren durch das Corona-Virus wurde von der Stadt Nürnberg angekündigt, die Critical Mass zukünftig zu unterbinden, sofern diese Veranstaltung/Demo nicht ordnungsgemäß angemeldet werde. Am 31. Juli 2020 wurde versucht die Critical Mass durch Polizeieinsätze zu verhindern, Streifenwagen blockierten Wege und Straßen, einzelnen Teilnehmern wurde von Polizeibeamten die Luft aus den Reifen gelassen, um diese an der Teilnahme zu hindern.[25] Dennoch fuhr auch an diesem Termin eine kleine Gruppe ungehindert ihre Radtour.

Die Critical Mass Stuttgart findet am 1. Freitag jeden Monats um 18:30 statt und startet am Feuersee. Zwischen 2013 und 2019 hatte diese eine Gesamt-Teilnehmeranzahl von 51.203.[26] Ihr Ziel ist es zu zeigen, wie selbstverständlich die Teilnahme von Radfahrern im Stuttgarter Straßenverkehr sein kann, würden die Stadt und Autofahrer sich mehr um die Sicherheit von Radfahrern kümmern.[27]

In Österreich gibt es in Wien nach langjähriger Pause (als CM erstmals nachweisbar ab 30. April 1999[28]) seit März 2006[29] wieder jeden dritten Freitag im Monat eine CM, die zwischen 2007 und 2010 häufig um die 400 Teilnehmer erreichten. 2009 fand die bis dahin größte Critical Mass am 19. Juni mit über 600 Teilnehmern statt.[30] Im Verlauf des Jahres 2011 wuchs die „kritische Masse“ bei mehreren Anlässen auf 600 (Mai[31]), 800 (Juni[32]) und schließlich 950 (September[33]) Teilnehmer an. Beim Frühlingsauftakt 2012 im März radelten bereits zwischen 800 und 1.200 Personen mit.[34] Die Polizei toleriert die unangemeldeten Veranstaltungen in der Regel und begleitet diese mit mehreren Motor- und teilweise auch Fahrradstreifen. Bei kleineren Anlässen (etwa im Winter, z. B. Dezember 2011) zog sie teilweise frühzeitig ab. Bei besonders massiven Zusammenkünften, die auf spontanen Routen mehrere Kfz-Hauptverkehrsadern beruhigten, setzte die Polizei mitunter auch einen Hubschrauber des Innenministeriums ein, wie etwa im September 2011 oder im März 2012. In der Wiener Bikekitchen wurden zu CM-Fahrten auch schon Fahrräder dekoriert und verschiedene Gruppen von Radfahrern einheitlich maskiert (CM Wien am 21. September 2012). Diese Fahrt führte anlässlich des „autofreien Tags“ auch über ein Stück Autobahn.

Seit 2007 finden in Graz und Linz monatliche Critical-Mass-Fahrten statt, im Herbst 2008 stießen auch Innsbruck, Salzburg, Feldkirch und Wiener Neustadt dazu. In Linz findet die Critical Mass immer am letzten Freitag des Monats mit Start am Linzer Hauptplatz statt. Salzburg startet am selben Tag um 17 Uhr im Kurpark vor dem Kongresshaus,[35] auch Graz fährt am letzten Freitag, mit Treffpunkt am Südtiroler Platz neben dem Kunsthaus um 16.30 Uhr. In Innsbruck startet die Critical Mass bei der Annasäule (Maria-Theresien-Straße) um 18.00 Uhr ebenfalls am letzten Freitag im Monat.

Auch in Graz findet seit einigen Jahren die CM-Fahrt im Juni als Naked Bike Ride statt, zuletzt am 24. Juni 2016.[36] Der Protest richtet sich ernsthaft gegen Luftverschmutzung durch motorisierten Verkehr und demonstriert die Verletzlichkeit des menschlichen Körpers, insbesondere von Radfahrern im Straßenverkehr.

Die Grazer Geisterräder wurden bis dato (Mai 2015) durchwegs von Aktivisten in der Fahrradküche hergestellt, per selbstgebautem Radanhänger oder Koppeln der Gabel an ein Fahrrad im Zuge einer CM an den Unfallort gebracht und nahebei aufgestellt. Das GB am Ferdinand Porscheplatz durfte Dezember 2015 auf dem Privatgrund des EKZ Murpark auf Parkplatz-Begleitgrün aufgestellt werden, musste jedoch (wie vereinbart) nach wenigen Wochen wieder abgebaut werden. Der Abtransport erfolgte durch einen Inline-Skater mittels Tieflade-Einkaufswagen eines Baumarkts.[37]

Fahrten in Graz werden in der Regel von Musik begleitet. Häufig dabei ist ein blaues, etwa 50 Liter großes Musikfass, Selbstbau der Fahrradküche, aus einem Polyethylenfass, in dessen Deckel ein Lautsprecher von etwa 25 cm Durchmesser eingearbeitet ist. Die Musikstücke sind vorprogrammiert, digital gespeichert, Verstärker und Batterie liegen in der Box. Das Fass wird vorteilhaft liegend auf dem Gepäckträger eines Rads mit kleinem Hinterrad oder einem Lastenrad mit Ladefläche verzurrt. Dieses Soundmobil hat auch einmal eine Fahrt des Cityskating begleitet. Seit etwa 2015 begleitet wiederholt Live-Musik die Grazer CM. Einerseits eine 3er-Gruppe, die Freak Bike Junkies (FBJ) die basierend auf einem Lastendreirad plus Kinderanhänger-Chassis musiziert, die auch bei Straßenfesten, wie dem Lendwirbel auftritt und deren Lastenradfahrer selbst ein über Lenker und Frontbox montiertes Didgeridoo spielt. Andererseits auf mehrere Lastenräder geladene Musiker, wie jene von Masala Brass Band am 27. Mai 2016. Von dieser Fahrt mit insgesamt 254 Teilnehmern machte Rainer Maichin Tonaufnahmen mit Interviews für die Nachhaltigkeitssendung „morgen“ bei Radio Helsinki.[38]

Seit Sommer 2018 findet die Critical Mass regelmäßig auch in Klagenfurt statt. Jeden ersten Donnerstag im Monat treffen sich die Radfahrer um 18:00 Uhr beim Lindwurmbrunnen am Klagenfurter Neuen Platz.[39]

Wegen der Ausgangsbeschränkungen und der Distanzierung im Zuge der COVID-19-Pandemie sind die CMs ab Mitte März und bis Mitte Mai 2020 ausgefallen.

In der Schweiz darf man bei dichtem Fahrradverkehr oder in einem Verband, bestehend aus mehr als 10 Personen, zu zweit nebeneinander fahren.[40] In verschiedenen Schweizer Städten findet regelmäßig eine Critical Mass statt, unter anderem in Bern, Zürich, Genf, Winterthur, Basel, Luzern, Frauenfeld, Biel/Bienne, Freiburg, Lausanne und Schaffhausen. Die größten Critical Masses in der Schweiz finden jeweils in Genf und Zürich statt.

Im August 2021 hat die Polizei bei der Critical Mass in Genf einzelne Teilnehmende gebüßt, weil sie gegen das Strassenverkehrsgesetz verstoßen hätten. Einige davon haben Rechtsmittel eingelegt.[41] 2023 verurteilte das Bundesgericht vier Angeklagte zu Geldbussen, nicht aber wegen ihrer Teilnahme an der Demonstration, sondern wegen Verstößen gegen das Strassenverkehrsgesetz.[42]

Die erste Critical Mass in Zürich hat spätestens 1997 stattgefunden, wie aus einer Publikation zum fünfjährigen Bestehen der Critical Mass in San Francisco hervorgeht.[43] Spätestens seit Ende 2018 findet jeden letzten Freitag im Monat eine Critical Mass statt und im Jahr 2019 wurde ein starker Zuwachs an Teilnehmern verzeichnet. Ab Sommer 2019 wurden mehrmals zwischen 900 und 1000 Teilnehmer erreicht.[44][45][46][47] Am Freitag, 28. Mai 2021 sollen es sogar knapp 10'000 gewesen sein.[48][49] Am 25. Juni waren es abermals 4000 bis 5000 Teilnehmer. Diese teilten sich in mehrere Gruppen auf, um die Störung des Öffentlichen Verkehrs zu reduzieren.[50]

Im Juli 2023 wurde eine Bewilligungspflicht von der Stadt eingeführt. Am 28. Juli 2023 fand die Critical Mass dennoch ohne Bewilligung statt, da niemand eine solche einreichte.[51] Am 22. März 2024 gab es eine (bewilligte) Velodemo mit mehreren tausend Teilnehmenden. Es wurde gegen die Repression bei der Critical Mass demonstriert.[52]

Vélorution in Frankreich

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In Frankreich ist die Bewegung hauptsächlich unter dem Namen Vélorution bekannt, die direkte französische Übersetzung Masse critique wird seltener benutzt. Der Name ist ein Anagramm aus dem Wort revolution, bei dem die Buchstaben R, V und L einmal nach links rotiert sind, so dass das Wort mit vélo beginnt (frz. für Fahrrad). In vielen französischen Städten gibt es Vereine oder lose Gruppierungen unter diesem Namen, die hauptsächlich Fahrraddemos organisieren.[53] Außerdem wird der Begriff Vélorution als Beschreibung eines großen Fortschritts in der Nutzung des Fahrrads als Verkehrsmittel verwendet, wie etwa die Erweiterung des kostenlosen Fahrradverleihs[54] oder für kooperative Fahrradwerkstätten.[55] Der Ursprung des Begriffs ist umstritten. Er wird häufig auf Aguigui Mouna zurückgeführt, der während des Wahlkampfs zur französischen Präsidentschaftswahl 1974 in Paris einen Schein-Wahlkampf auf dem Fahrrad mit der Parole (frz.) „Je suis un cyclodidacte, la vélorution est en marche“ bestritt.[56]

Debatte zur Mobilitätswende

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Critical Mass auf der Weidenhäuser Brücke mit aufgemaltem Fahrradsymbol auf der Fahrbahn

Teilnehmern einer Critical Mass geht es darum, an einer „Fahrradtour durch die Stadt“[57] teilzunehmen oder „ein Stück Hauptstadtkultur“[58] zu erfahren. Durch das massenhafte Zusammenkommen sehen sich Teilnehmer bestärkt, sich außerhalb dieser Aktionsform auf verschiedenen Ebenen für eine Verkehrswende einzusetzen[59] und laut der Zeit die weltweite Bewegung zu nutzen, „um mit dem Druck der Straße mehr Rechte für Radfahrer und vor allem eine bessere Infrastruktur und mehr Platz einzufordern“. Eine Critical Mass führe demnach zur grundsätzlichen „Frage, ob öffentlicher Raum nicht dem Verkehr entzogen und ganz anders genutzt werden sollte.“[60]

Am 27. Dezember 2019 sind 17 Teilnehmer im Rahmen eines Critical Mass Fahrradverbands in Krefeld nach Auflösung durch die Polizei für eine Ausweiskontrolle festgehalten worden. Zum Ende der bereits aufgelösten Verbandsaktion wurde von der Polizei an alle 17 Teilnehmer der Vorwurf eröffnet, man habe gegen das Versammlungsgesetz verstoßen und es werde ein Strafverfahren gegen alle Teilnehmer durch die Staatsanwaltschaft eingeleitet.[61]

  • Chris Carlsson (Hrsg.): Critical Mass, Bicycling’s Defiant Celebration. Ak Press, Edinburgh/Oakland 2003, ISBN 1-902593-59-6.
  • Bettina Leibetseder: Critical Mass. Eine neue soziale Bewegung. In: Institut für Gesellschaftspolitik der Johannes Kepler Universität Linz (Hrsg.): Kontraste. Nr. 2, März 2009, S. 15–21. (PDF; 1,7 MB)

Bikenight

Commons: Critical Mass (Radfahr-Event) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
  1. Bettina Hartz: Fahrradbewegung Critical Mass: Und wohin fahren wir jetzt? In: die tageszeitung. (taz.de [abgerufen am 26. April 2016]).
  2. Critical Mass Augsburg: Critical Mass meets ADFC Augsburg. In: Critical Mass Augsburg. 18. September 2013, abgerufen am 26. April 2016.
  3. List of rides. In: Critical Mass. Abgerufen am 26. April 2016.
  4. Budapest’s last Critical Mass” sets new record (Hungary). (Memento vom 2. April 2015 im Internet Archive) In: eltis.org (englisch)
  5. Critical Mass in Austria. Abgerufen am 8. Juni 2019.
  6. worldnakedbikeride.org
  7. Kidical Mass – Startseite – Kidical Mass Kinder aufs Rad. Abgerufen am 18. Mai 2020.
  8. Kidical Mass Köln – Kinder auf das Rad. Abgerufen am 18. Mai 2020.
  9. Kidical Mass Dortmund. Abgerufen am 18. Mai 2020.
  10. LG Verden, Urteil vom 2. Februar 1989, Az. Ns Ds 2 Js 10396/88
  11. Häufig gestellte Fragen zur Critical Mass bei criticalmass.in (Memento vom 26. März 2020 im Internet Archive)
  12. Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrs-Ordnung (VwV-StVO) Vom 26. Januar 2001* In der Fassung vom 8. November 2021 (BAnz AT 15.11.2021 B1), auf verwaltungsvorschriften-im-internet.de
  13. Roland Huhn: Kritische Masse. In: Radwelt 5.20. S. 13.
  14. De:Berlin. In: Critical Mass. Abgerufen am 26. April 2016.
  15. https://www.facebook.com/CriticalMassBerlin/posts/10155826016844847
  16. https://www.facebook.com/CriticalMassBerlin/posts/10155510571859847:0
  17. Radler-Flashmob in der Innenstadt, Hamburger Morgenpost vom 5. Juli 2009.
  18. Sarah Erichsen: Protest auf dem Fahrrad : Critical Mass Hamburg: „Wir sind der Verkehr“. In: shz. Abgerufen am 26. April 2016.
  19. Critical Mass Hamburg (Memento vom 15. März 2020 im Internet Archive) bei ADFC.
  20. https://criticalmass.in/citylist
  21. Rekordbeteiligung bei Fahrrad-Demo in Nürnberg auf br.de, vom 29. April 2019, abgerufen am 9. Juni 2020.
  22. Polizei rügt Fahrrad-Veranstaltung „Critical Mass“ auf nordbayern.de, vom 29. April 2014, abgerufen am 9. Juni 2020.
  23. Rad-Demo in Nürnberg: 2600 Teilnehmer bei Critical Mass auf nordbayern.de, vom 28. April 2018, abgerufen am 9. Juni 2020.
  24. Rekordbeteiligung bei Fahrrad-Demo in Nürnberg auf br.de, vom 29. April 2019, abgerufen am 9. Juni 2020.
  25. Radler-Demo „Critical Mass“ gestoppt: Ließ Polizei Luft aus den Reifen? Abgerufen am 2. August 2020.
  26. Statistik. Abgerufen am 2. Juli 2024.
  27. Warum? Abgerufen am 2. Juli 2024.
  28. Kritische Masse. In: akin.mediaweb.at. Abgerufen am 26. April 2016.
  29. Critical Mass Vienna. In: cmvienna.at.tf. Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 5. März 2016; abgerufen am 26. April 2016.
  30. Wien : 19. Juni : 600 Radler beim naked Bikeride in Wien !! In: Critical Mass in Austria. 17. Juni 2009, abgerufen am 26. April 2016.
  31. Mai CM in Wien mit über 600 Radlas! In: Critical Mass in Austria. 15. Mai 2011, abgerufen am 26. April 2016.
  32. Naked Bike Ride in Wien mit fast 800 TeilnehmerInnen! In: Critical Mass in Austria. 8. Juni 2011, abgerufen am 26. April 2016.
  33. 16.9. – CM Wien – wir waren 900! In: Critical Mass in Austria. 30. September 2011, abgerufen am 30. April 2016.
  34. 800? 1000! 1200?! Riesige FrühlingsCM in Wien am 16.3.! In: Critical Mass in Austria. 12. März 2012, abgerufen am 30. April 2016.
  35. Critical Mass in Austria. In: Critical Mass in Austria. Abgerufen am 26. April 2016.
  36. Darum radeln am 27.6. nackte Menschen durch Graz. (Memento vom 2. Juli 2016 im Internet Archive) In: futter.at, 18. Juni 2016. – Angekündigtes Datum fehlerhaft 27.6., korrekt: 24.6.
  37. CM72: Mit Ghostbike III im Nieselregen. In: graz.radln.net (ARGUS Steiermark). November 2014, abgerufen am 30. April 2016.
  38. Rainer Maichin: Mai Critical Mass 2016 in Graz. Radio Helsinki, gesendet am 3. Juni 2016, veröffentlicht auf CBA am 4. Juni 2016, abgerufen am 8. März 2017.
  39. criticalmass.in: Critical Mass Klagenfurt
  40. Bundeskanzlei – P: SR 741.11 Verkehrsregelnverordnung vom 13. November 1962 (VRV). In: admin.ch. Abgerufen am 26. April 2016.
  41. Felicie Notter: Unbewilligter Velo-Umzug - Genf verteilt hohe Bussen an Teilnehmende der «Critical Mass» - News - SRF. In: srf.ch. 23. September 2021, abgerufen am 29. Februar 2024.
  42. Critical Mass in Genf: Teilnehmer wegen Verkehrsdelikten verurteilt. In: blick.ch. 19. Mai 2023, abgerufen am 2. April 2024.
  43. Five Years Old – Critical Mass. Abgerufen am 30. November 2019.
  44. https://criticalmass-zh.ch/august-2019.html Abgerufen am 30. November 2019
  45. https://criticalmass-zh.ch/september-2019.html Abgerufen am 30. November 2019
  46. https://criticalmass-zh.ch/oktober-2019.html Abgerufen am 30. November 2019
  47. Philipp Meier: In Schweizer Städten weht ein Hauch von Anarchie. In: SWI swissinfo.ch. 29. November 2019, abgerufen am 28. August 2021.
  48. Olivier Leu: Critical Mass in Zürich - Tausende Velos legten den Verkehr lahm – zwei Zwischenfälle. In: tagesanzeiger.ch. 28. Mai 2021, abgerufen am 9. März 2024.
  49. @1@2Vorlage:Toter Link/www.srf.ch (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im Februar 2024. Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
  50. Veloumzug hadert mit Grosserfolg – Uneinigkeit um die Blockade der Zürcher Hardbrücke. Abgerufen am 26. Juni 2021.
  51. Daniel Stern: Velos: Die kritische Masse rollt weiter. In: woz.ch. 3. August 2023, abgerufen am 21. August 2023.
  52. Martin Huber: Velo-Demo in Zürich: «Mehr Velo, weniger Repression». 22. März 2024, abgerufen am 2. April 2024.
  53. Vélorution <internet@velorution.org>: Vélorution ! – ★ Vélorution ! ★. In: velorution.org. Abgerufen am 26. April 2016 (französisch).
  54. SPIEGEL ONLINE, Hamburg Germany: Radfahren in Paris: Die Vélorution geht weiter. In: SPIEGEL ONLINE. Abgerufen am 26. April 2016.
  55. ouest-france.fr
  56. Jacques Danois: Aguigui. Les Dossiers d'Aquitaine, 1991, ISBN 2-84622-146-4, S. 69.
  57. Critcal Mass Altona – P: Critcal Mass Altona. In: www.critical-mass-altona.de. Abgerufen am 29. März 2018.
  58. criticalmass.berlin – P: Critcal Mass Berlin. In: criticalmass.berlin. Abgerufen am 29. März 2018.
  59. Anja Nehls, Anke Petermann, Andre Zantow, Manfred Hilling: 200 Jahre Fahrrad - Erobert das Rad die Städte zurück? In: deutschlandfunkkultur.de. 25. April 2017, abgerufen am 17. Februar 2024.
  60. Critical Mass: Die gesellschaftliche Revolution ist längst da. In: Die Zeit. 26. Juni 2014, ISSN 0044-2070 (zeit.de [abgerufen am 26. April 2016]).
  61. Ärger bei Fahrrad-Aktion auf dem Theaterplatz abgerufen am 31. Dezember 2019.