Chlorcyan
Strukturformel | ||||||||||||||||
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Allgemeines | ||||||||||||||||
Name | Chlorcyan | |||||||||||||||
Andere Namen |
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Summenformel | ClCN | |||||||||||||||
Kurzbeschreibung |
farbloses, zu Tränen reizendes Gas[1] | |||||||||||||||
Externe Identifikatoren/Datenbanken | ||||||||||||||||
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Eigenschaften | ||||||||||||||||
Molare Masse | 61,47 g·mol−1 | |||||||||||||||
Aggregatzustand |
gasförmig | |||||||||||||||
Dichte | ||||||||||||||||
Schmelzpunkt | ||||||||||||||||
Siedepunkt |
12,9 °C[2] | |||||||||||||||
Dampfdruck | ||||||||||||||||
Löslichkeit |
löslich in Ethanol und Diethylether[1] | |||||||||||||||
Sicherheitshinweise | ||||||||||||||||
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MAK |
Schweiz: 0,3 ml·m−3 bzw. 0,8 mg·m−3[3] | |||||||||||||||
Toxikologische Daten | ||||||||||||||||
Thermodynamische Eigenschaften | ||||||||||||||||
ΔHf0 |
138,0 kJ/mol[5] | |||||||||||||||
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen (0 °C, 1000 hPa). |
Chlorcyan, auch Cyanchlorid genannt, ist ein chemischer Stoff, der als synthetisches Intermediat in Chemie und Forschung dient. Systematisch handelt es sich bei Chlorcyan um das Nitril der nicht beständigen Chlorameisensäure.
Geschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Im Ersten Weltkrieg wurde Chlorcyan als chemischer Kampfstoff eingesetzt. Es wirkt ähnlich wie Cyanwasserstoff, ist jedoch weniger giftig als dieses. Erstmals eingesetzt wurde Chlorcyan 1916 von der Entente.[6]
Gewinnung und Darstellung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Chlorcyan kann durch Reaktion von Kaliumtetracyanozinkat(II)[S 1] oder Natriumcyanid mit Chlor gewonnen werden.[7]
Eigenschaften
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Chlorcyan bildet ein farbloses Gas. Die Verbindung schmilzt bei −6,9 °C und siedet unter Normaldruck bei 12,9 °C.[2] Der Tripelpunkt liegt bei −6,9 °C und 0,449 bar.[2] Die Dampfdruckfunktion ergibt sich nach Antoine entsprechend log10(P) = A−(B/(T+C)) (P in bar, T in K) mit A = 4,66177, B = 1074,1 und C = −54.458 im Temperaturbereich von 196 bis 286 K.[8] Die mittlere molare Verdampfungsenthalpie liegt in diesem Temperaturbereich bis 32,2 kJ·mol−1.[8] Der kritische Punkt liegt bei einer Temperatur von 175 °C, einem Druck von 59,92 bar und einer Dichte von 0,273 g·cm−3.[2] Die Verbindung ist in Ethanol, Benzin, Ether und chlorierten Lösungsmitteln sehr gut löslich. Bei Kontakt mit Wasser oder Natronlauge wird das Molekül schnell hydrolysiert.[2]
Die Umsetzung mit Ammoniak ergibt Cyanamid.[9]
In Gegenwart von Spuren von Salzsäure oder Ammoniumchlorid kann eine heftige und stark exotherme Trimerisierung zum 2,4,6-Trichlor-1,3,5-triazin erfolgen.[10] Als Nebenprodukt entsteht hierbei auch ein Tetrameres als 2,4-Dichlor-6-isocyanodichlor-s-triazin.[11]
Verwendung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Chlorcyan wird verwendet, um durch Trimerisierung Cyanurchlorid herzustellen.[12] Chlorcyan und Bromcyan werden in der organischen Chemie als Reagenzien für Cyanierungen und der Synthese von Heterocyclen verwendet.[13] So kann unter Friedel-Crafts-Bedingungen an Aromaten eine Cyanogruppe direkt eingeführt werden.[11][14][15] An Alkene und Alkine erfolgt unter Säurekatalyse eine direkte Addition.[11][16][17] Mittels beider Verbindungen kann eine C-terminale Schutzgruppe von gentechnisch hergestelltem Insulin-Fusionsprotein entfernt und dadurch korrekt gefaltetes Insulin erhalten werden.[18] Die Umsetzung mit Schwefeltrioxid ergibt das hochreaktive Chlorsulfonylisocyanat.[11][19][20]
Sicherheitshinweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Chlorcyan ist flüchtig und führt schon in geringen Konzentrationen zu Atembeschwerden und starker Tränenreizung. Einwirkung größerer Mengen oder über längere Zeit führen zu einer großen Bandbreite an Vergiftungssymptomen, darunter Erbrechen, tonisch-klonische Krampfanfälle, Pupillenerweiterung, Entzündung und dunkelrote Verfärbung der Schleimhäute, allgemeine Erschöpfung, Bewusstseinsverlust und Lungenödeme.[21]
Siehe auch
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Ansyco: Infrarotspektrum von Chlorcyan
- WHO: Cyanogen Chloride in Drinking-water (PDF; 100 kB)
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ a b Eintrag zu Chlorcyan. In: Römpp Online. Georg Thieme Verlag, abgerufen am 15. Juli 2014.
- ↑ a b c d e f g h i j k l Eintrag zu Chlorcyan in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA, abgerufen am 8. Januar 2021. (JavaScript erforderlich)
- ↑ Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (Suva): Grenzwerte – Aktuelle MAK- und BAT-Werte (Suche nach 506-77-4 bzw. Chlorcyan), abgerufen am 2. November 2015.
- ↑ World Health Organization, Technical Report Series, 31, 1970.
- ↑ David R. Lide (Hrsg.): CRC Handbook of Chemistry and Physics. 90. Auflage. (Internet-Version: 2010), CRC Press / Taylor and Francis, Boca Raton FL, Standard Thermodynamic Properties of Chemical Substances, S. 5-19.
- ↑ One Hundred Years of Chemical Warfare: Research, Deployment, Consequences. Springer International Publishing, Cham 2017, ISBN 978-3-319-51663-9, S. 146, doi:10.1007/978-3-319-51664-6.
- ↑ Georg Brauer, unter Mitarbeit von Marianne Baudler u. a. (Hrsg.): Handbuch der Präparativen Anorganischen Chemie. 3., umgearbeitete Auflage. Band 1. Ferdinand Enke, Stuttgart 1975, ISBN 3-432-02328-6, S. 630.
- ↑ a b Stull, D.R.: Vapor Pressure of Pure Substances. Organic and Inorganic Compounds in Ind. Eng. Chem. 39 (1947) 517–540, doi:10.1021/ie50448a022
- ↑ Latscha, H.P.; Kazmaier, U.; Klein, H.A.: Organische Chemie - Chemie-Basiswissen II, 6. Auflage Springer-Verlag 2008, ISBN 978-3-540-77106-7, S. 309.
- ↑ P.G. Urben; M.J. Pitt: Bretherick's Handbook of Reactive Chemical Hazards. 8. Edition, Vol. 1, Butterworth/Heinemann 2017, ISBN 978-0-08-100971-0, S. 87.
- ↑ a b c d E. Gail, S. Gos, R. Kulzer, J. Lorösch, A. Rubo, M. Sauer, R. Kellens, J. Reddy, N. Steier, W. Hasenpusch: Inorganic Cyano Compounds, in: Ullmanns Enzyklopädie der Technischen Chemie, Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim 2012; doi:10.1002/14356007.a08_159.pub3.
- ↑ Wiley-VCH (Hrsg.): Ullmann's Fine Chemicals. John Wiley & Sons, 2014, ISBN 978-3-527-68359-8, S. 228–229.
- ↑ e-EROS Encyclopedia of Reagents for Organic Synthesis, 1999–2013, John Wiley and Sons, Inc., Eintrag für Cyanogen Bromide, abgerufen am 20. Januar 2015.
- ↑ E.H. Bartlett, C. Eaborn, D.R.M. Walton: Interaction of aryltrimethylstannanes with cyanogen chloride and bromide. A route to aryl cyanides in J. Organomet. Chem. 46 (1972) 267–269, doi:10.1016/S0022-328X(00)88327-8.
- ↑ R.Ch. Paul, R.L. Chauhan, R. Parkash: in J. Sci. Ind. Res. 33 (1974) 31–38.
- ↑ J.V. Bodrikov, B.V. Danova: in Zh. Org. Khim 8 (1972) 2462–2467.
- ↑ J. Iwai, T. Iwashige, Y. Yuma, N. Nakamune, K. Shinozaki: Studies on Acetylenic Compounds. XXXIX. The Addition Reaction of Cyanogen Bromide to Acetylenic Compounds in Chem. Pharm. Bull. 12 (1964) 1446–1451, doi:10.1248/cpb.12.1446, PDF.
- ↑ Beate Meichsner und Uwe Wirth: Insulin - Protein mit langer Geschichte-Der Schlüssel zur Diabetes-Therapie. In: Chemie in unserer Zeit. 2009, 43, 5, S. 340–346, doi:10.1002/ciuz.200900486.
- ↑ Roderich Graf: Chlorosulfonyl Isocyanate In: Organic Syntheses. 46, 1966, S. 23, doi:10.15227/orgsyn.046.0023; Coll. Vol. 5, 1973, S. 226 (PDF).
- ↑ Patent EP0294613B1: Verfahren und Anlage zur kontinuierlichen Herstellung von Chlorsulfonylisocyanat. Angemeldet am 13. Mai 1988, veröffentlicht am 27. März 1991, Anmelder: Hoechst Aktiengesellschaft, Erfinder: Hermann Niermann et al.
- ↑ W. N. Aldridge, C. Lovatt Evans: THE PHYSIOLOGICAL EFFECTS AND FATE OF CYANOGEN CHLORIDE. In: Quarterly Journal of Experimental Physiology and Cognate Medical Sciences. Band 33, Nr. 4, 10. Juni 1946, S. 241–266, doi:10.1113/expphysiol.1946.sp000908.
Anmerkungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Externe Identifikatoren von bzw. Datenbank-Links zu Kaliumtetracyanozinkat(II): CAS-Nr.: 14244-62-3, EG-Nr.: 238-121-8 , ECHA-InfoCard: 100.034.640 , PubChem: 61720, ChemSpider: 55620 , Wikidata: Q10925139.