Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
(Weitergeleitet von DTBD)
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Die Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland ist eine mehrbändige Schriftenreihe, die zu erstellen von der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder empfohlen wurde. Ihr Ziel ist, die Baudenkmäler in Deutschland vollständig zu erfassen und einheitlich darzustellen. Die ersten Bände erschienen 1981 und 1982 in Bremen, Hessen und Niedersachsen.

Das Konzept der deutschen Denkmaltopographie wurde – etwa gleichzeitig mit der Neuordnung des Denkmalrechts durch die Bundesländer – Anfang der 1970er Jahre erprobt. Es löste das seit dem 19. Jahrhundert verfolgte Konzept der Großinventare ab, das eine sehr detaillierte Erfassung und Beschreibung der Kulturdenkmale und ihrer einzelnen Elemente bis hin zu Raumausstattungen vorsah. Dieses Konzept war gescheitert, weil sich der Denkmalbegriff seit dem 19. Jahrhundert stark erweitert hatte und die für Großinventare erforderliche umfangreiche Arbeit für die große Zahl der Denkmäler nicht mehr leistbar war.[1]

Die Ergebnisse der Erprobung gingen 1978 in den Beschluss der Kultusministerkonferenz zu einer Dokumentation „Baudenkmäler in der Bundesrepublik Deutschland“ ein.[2] Der Titel „Denkmaltopographie“ wurde 1980 auf der 65. Amtschefkonferenz der Landesdenkmalämter beschlossen.[3] Um den Beschluss in der Praxis umzusetzen, erarbeiteten die Denkmalämter der Länder Richtlinien, die sie 1981 veröffentlichten.[4] Noch im selben Jahr erschien der erste Teilband der Denkmaltopographie.[5] Allerdings haben sich in der Praxis nicht diese deutschlandübergreifenden Richtlinien durchgesetzt, vielmehr haben Denkmalämter einzelner Bundesländer eigene Richtlinien aufgestellt,[6] die sich zwar an den übergreifenden Richtlinien anlehnen, aber voneinander abweichen. Damit weichen auch die Gestaltungen der Topographien der Bundesländer im Einzelnen voneinander ab. Dies führte sogar zu der Beurteilung, dass eine einheitliche Reihe nicht vorliege.[7]

In der Denkmaltopographie werden die Kulturdenkmale nach Art, Verteilung und struktureller Beziehung dargestellt: „In sinnvoller Verbindung von Text und Abbildung hat sie die Denkmalstrukturen sowohl der zu bearbeitenden topographischen Einheit als auch die der einzelnen kartographischen Darstellungen zu erläutern.“[8] Zudem verfolgt die Denkmaltopographie einen aufklärerischen Ansatz: „Die Allgemeinheit soll damit auf ihre Verantwortung für das historische Erbe hingewiesen und zu dessen Erhaltung verpflichtet werden.“[8]

Mit dem Werk wird eine flächendeckende Wiedergabe der Kulturdenkmale in Deutschland angestrebt.[9] Es werden sowohl Einzeldenkmale als auch Flächendenkmale (Ensembles) dargestellt. Alle Positionen sollen nach Gauß-Krüger-Koordinaten identifizierbar sein. Diesem Ziel dienen topographische Karten im einheitlichen Maßstab 1:50.000, parzellenhaft auch im Maßstab 1:5.000 und in Ausnahmefällen im Maßstab 1:10.000.[8] Jeder Band enthält eine Übersichtskarte des jeweiligen Bundeslandes, in der das dargestellte Gebiet gekennzeichnet ist. Den einzelnen Bänden vorangestellt finden sich Aufsätze, die in das jeweilige Bearbeitungsgebiet historisch-topografisch einführen.[10] Die Bände schließen in der Regel mit Register, Literaturverzeichnis und Glossar.[11]

Nicht aufgenommen werden „abgegangene“, also zerstörte oder verlorene Denkmale, und – mit wenigen Ausnahmen – Bodendenkmale.

Erscheinungsform

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Bände erscheinen länderübergreifend in einheitlichem DIN-A4-Format und einem schwarzen Einband mit dem Titelfoto eines repräsentativen Denkmals aus dem jeweiligen Band. Auch die Signatur der Bände ist länderübergreifend einheitlich. Denkmale werden durch folgende Farbsignaturen unterschieden:

Gleichwohl gelang es nicht, die Bände länderübergreifend einheitlich zu gestalten und sie weichen sowohl in der Objektauswahl als auch in der Art der Darstellung erheblich voneinander ab. Das wird sowohl von den unterschiedlichen Rechtsgrundlagen[Anm. 1] als auch von unterschiedlichen Erfassungstraditionen der einzelnen Länder verursacht.[12] Andere Änderungen scheinen eher willkürlich das ursprünglich einheitlich gedachte Erscheinungsbild zu durchbrechen, so etwa ein blauer Einband in Baden-Württemberg[13] oder ein dreibändiger „Vorspann“ zur Denkmaltopographie der Stadt Freiberg[14], was das übliche Format vollständig sprengte.[15]

Die Bände erscheinen in der Regel in der Verantwortung der örtlich zuständigen Denkmalfachbehörde (Landesamt für Denkmalpflege), die auch als Herausgeber auftritt.

Bearbeitungsstand

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Bundesland 1988[16] 1997[16] 2005[17] 2011[18] 2018
Baden-Württemberg[Anm. 2] 1[Anm. 3] 6
Bayern[Anm. 4] 4 12 19 26
Berlin 4 7 12[Anm. 5]
Brandenburg 3 8 11
Bremen 3 3 3 3
Hamburg 2 3 5 5
Hessen 6 17 22 51 59[19]
Mecklenburg-Vorpommern 8 14 19 22
Niedersachsen[Anm. 6] 8 14 20 22
Nordrhein-Westfalen[Anm. 7] 2 2 3
Rheinland-Pfalz 5 16 23 30
Saarland 0
Sachsen 1 4 4
Sachsen-Anhalt 12 + 1[Anm. 8] ?
Schleswig-Holstein 1 2 4
Thüringen 0 5

Für eine flächendeckende Gesamterfassung wird ein Umfang von etwa 800 Bänden erwartet[16], was nach bisheriger Geschwindigkeit der Publikation um das Jahr 2100 erreicht werden könnte.[20] Ob es je dazu kommen wird, erscheint angesichts des relativ langsamen Fortschritts des Projekts fraglich. Zum einen gibt es inzwischen elektronische Formen der Veröffentlichung[21], die dafür weit besser geeignet erscheinen. Zum anderen ist jetzt schon zu erkennen, dass die in den älteren Bänden dargestellten Kulturdenkmäler zum Teil verändert oder beseitigt wurden, aber auch neue hinzugekommen sind, weil jüngere Objekte, die damals noch nicht als Kulturdenkmäler eingestuft wurden, inzwischen als solche bewertet werden. Die älteren Bände zeigen so nicht mehr den tatsächlichen Bestand an Denkmälern.

Die Reihentitel-Zusätze in den einzelnen Ländern werden durch die jeweiligen Landesdenkmalschutzgesetze beeinflusst, die Bezeichnungen wie Denkmäler oder Kulturdenkmale vorgeben.

Sekundärliteratur

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

nach Autoren / Herausgebern alphabetisch geordnet

  • Marcus Cante: Denkmaltopographie Land Brandenburg – Richtlinien. In: Kommunalwissenschaftliches Informationszentrum (Hg.): Situation der Denkmalpflege und Denkmaltopographie = Soziale Fragen und Kultur 02/2005, S. 159–163.
  • Claus-Peter Echter: Zur Denkmaltopographie als Instrument der Denkmalerfassung. In: Kommunalwissenschaftliches Informationszentrum (Hg.): Situation der Denkmalpflege und Denkmaltopographie = Soziale Fragen und Kultur 02/2005, S. 135–137.
  • Claus-Peter Echter: Die Denkmaltopographie als Erfassungsinstrument und kulturgeschichtliches Unternehmen. Deutsches Institut für Urbanistik, Berlin 2006. ISBN 978-3-88118-409-0
  • Achim Hubel: Die Denkmaltopographie der Bundesrepublik Deutschland. Kritischer Vergleich und Resümee. In: Kommunalwissenschaftliches Informationszentrum (Hg.): Situation der Denkmalpflege und Denkmaltopographie = Soziale Fragen und Kultur 02/2005, S. 167ff.
  • Achim Hubel: Inventare: Geschichte – Wandlungen – Perspektiven. In: Birgit Franz und Gabi Dolff-Bonekämper: Sozialer Raum und Denkmalinventar. Vorgehensweisen zwischen Erhalt, Verlust, Wandel und Fortschreibung = Veröffentlichungen des Arbeitskreises Theorie und Lehre der Denkmalpflege 17 (Jahrestagung in Leipzig, 4. Bis 6. Oktober 2007). Sandstein, Dresden 2007. ISBN 978-3-940319-42-5, S. 45–52.
  • Mario Titze: Vom Experiment zur Schwerpunktaufgabe. Die "Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland" als Zukunftsprojekt. In: Die Denkmalpflege 1/2011, S. 49–57.
  1. Vgl.: Denkmalschutzgesetz.
  2. Die Reihe ist auf 44 Bände konzipiert (vgl.: Hubel: Die Denkmaltopographie, S. 168).
  3. Zuvor waren zwischen 1984 und 1998 21 Hefte der dann eingestellten Reihe Ortskernatlas Baden-Württemberg erschienen (vgl.: Hubel: Die Denkmaltopographie, S. 168).
  4. Die Reihe ist auf 101 Bände konzipiert (vgl.: Hubel: Die Denkmaltopographie, S. 168).
  5. Hubel: Die Denkmaltopographie, S. 168, nennt abweichend die Zahl 4.
  6. Die Reihe ist auf 54 Bände konzipiert (vgl.: Hubel: Die Denkmaltopographie, S. 168).
  7. Die Reihe ist auf 34 Bände konzipiert (vgl.: Hubel: Die Denkmaltopographie, S. 168).
  8. Sonderband zum Dessau-Wörlitzer Gartenreich.

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. Echter: Zur Denkmaltopographie, S. 135.
  2. Hubel: Inventare, S. 48.
  3. Vereinigung der Landesdenkmalpfleger in der Bundesrepublik Deutschland (Hrsg.): Arbeitsblatt 24. Inventarisation der Bau- und Kunstdenkmäler. 2005. Online (PDF; 40 kB)
  4. Vereinigung der Landesdenkmalpfleger in der Bundesrepublik Deutschland (Hg.): Richtlinien der Vereinigung der Landesdenkmalpfleger in der Bundesrepublik Deutschland zur Erstellung einer Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland. In: Deutsche Kunst und Denkmalpflege 39 (1981), S. 69.
  5. Hubel: Inventare, S. 48.
  6. So z. B. Brandenburg. Siehe: Cante: Denkmaltopographie.
  7. Hubel: Die Denkmaltopographie, S. 167.
  8. a b c Hans-Herbert Möller (Hrsg.): Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland. Baudenkmale in Niedersachsen. Band 10.1: Stadt Hannover. Verlag Friedrich Vieweg & Sohn, Braunschweig/Wiesbaden 1983, ISBN 3-528-06203-7. S. 11
  9. Echter: Zur Denkmaltopographie, S. 135.
  10. Echter: Zur Denkmaltopographie, S. 135f.
  11. Echter: Zur Denkmaltopographie, S. 136.
  12. Hubel: Inventare, S. 48f.
  13. Wolfgang Kaiser u. a.: Regierungsbezirk Freiburg. Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald = Teil: 1. Stadt Staufen, Münstertal, Schwarzwald = Bd. 1. Theiss, Stuttgart 2002. ISBN 978-3-8062-1708-7
  14. Yves Hoffmann und Uwe Richter: Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland / Denkmale in Sachsen. Stadt Freiberg. Bd. 1: Sax-Verlag, Beucha 2002. ISBN 978-3-936784-00-8; Bd. 2: 2003, ISBN 978-3-936784-01-5; Bd. 3: 2004: ISBN 978-3-936784-02-2
  15. Echter: Zur Denkmaltopographie, S. 137.
  16. a b c Deutsches Institut für Urbanistik: Difu-Berichte 1/2006 – Die Denkmaltopographie als Erfassungsinstrument und kulturgeschichtliches Unternehmen.
  17. Hubel: Die Denkmaltopographie, S. 168.
  18. Bibliografie Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland. Vereinigung der Landesdenkmalpfleger in der Bundesrepublik Deutschland, Juni 2011, abgerufen am 13. Februar 2015.
  19. Dieter Griesbach-Maisant: Zum Stand der Ermittlungen II. Das Projekt Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland. Kulturdenkmäler in Hessen. In: Denkmalpflege und Kulturgeschichte 1/2018, S. 40–45 (44).
  20. Hubel: Inventare, S. 50.
  21. Vgl. auch in der deutschsprachigen Wikipedia die unter Kategorie:Liste (Kulturdenkmale in Deutschland) verzeichneten Aufstellungen.