Jacobus de Cessolis

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Eine italienische Fassung von Jacobus’ Werk in der Handschrift Modena, Biblioteca Estense, It. 197, fol. 32v (15. Jahrhundert)

Jacobus de Cessolis[1] (latinisiert), deutsch Jakob von Cessolis genannt, war ein italienischer Dominikaner, der im 14. Jahrhundert lebte. Er schrieb mit seinem allegorischen Liber de ludo scaccorum eines der ersten Bücher über das Schachspiel.

Jacobus stammte wahrscheinlich aus der Lombardei. Seine Lebensdaten sind nicht genau bekannt. Von 1317 bis 1322 ist er als Mitglied des Dominikanerkonvents von Genua in Zusammenhang mit der Inquisition in Genua urkundlich erwähnt.

Libro di giuocho di scacchi (1493)

Bekannt wurde der vermutlich aus Cessole (in der Region Piemont) stammende Jacobus durch das vor 1330 in lateinischer Sprache verfasste Werk Liber de moribus hominum et officiis nobilium ac popularium super ludo scacchorum (etwa „Buch der Sitten der Menschen und der Pflichten der Vornehmen und Niederen, vom Schachspiel abgeleitet“). Es ist in über 100 Handschriften erhalten und damit eines der am meisten verbreiteten Werke des Spätmittelalters.[2] Die erste gedruckte Ausgabe erschien 1473 in Utrecht. Wenig später folgte eine durch William Caxton bearbeitete Übersetzung ins Englische (Game and play of the chesse). Außerdem gab es mehrere deutsche Bearbeitungen, unter anderem eine bekannte Reimfassung durch Konrad von Ammenhausen. Wenig Verbreitung fand die 1549 herausgegebene Cessolis-Übersetzung Dechado de la vida humana, moralmente sacado del juego del ajedrez von Martin Reyna (geboren in Aranda de Duero).[3] Deutsche Prosaübersetzungen und -bearbeitungen des Schachbuchs von Jacobus de Cessolis werden als Schachzabelbücher[4][5] bezeichnet.

Das Werk beruht auf von Jacobus de Cessolis gehaltenen Predigten, bei denen er das Schachspiel als Allegorie der Gesellschaft heranzog.[6] Eine seiner literarischen Vorlagen war De regimine principum von Aegidius Romanus.

„Nam in solio positus fuit purpura indutus, quae est vestis regalis, in capite coronam, in manu dextra habens sceptrum, in sinistra habens pilam rotundam. Nam super alios obtinet et accipit dignitate, quod praetendit corona capitis.“[7]

Die Schachfiguren (auf dem für Jacobus Babylon, die Stadt des Lasters und Verbrechens, darstellenden Schachbrett)[8] repräsentieren dabei die einzelnen Stände der Gesellschaft. Entscheidend ist, dass die „edlen“ Figuren (König etc.) alleine nichts ausrichten können und auf die Mithilfe auch der „gemeinen“ Figuren (Bauern) angewiesen sind. Diese werden sogar mit Berufsbezeichnungen (Schmied, Kaufmann, Arzt usw.) genannt, um ihre Rolle zu betonen. Nicht nur das Volk hat also Verpflichtungen gegenüber Adel und Klerus, sondern auch umgekehrt. Daher hat das Werk durchaus gesellschaftskritische Züge, was vielleicht seine große Beliebtheit erklärt.

Gliederung von Jakobs Schachbuch

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  • Über den Grund der Erfindung des Schachspiels (Tractatus primus de causa inventionis ludi sacaccorum)
  • Über die Offiziersfiguren (Tractatus secundus de formis scaccorum nobilium)
  • Über die Bauernfiguren und ihre Pflichten und Berufe (Tractatus tertius de formis et officiis popularium)
  • Über die Spielregeln (Tractatus quartus de motu et progressu eorum)[9]
  • De ludo scachorum niederländisch. Johannes de Vollenhoe, Zwolle um 1478/1480, urn:nbn:de:hbz:061:1-118135.
  • Ernst Köpke (Hrsg.): Jacobus de Cessolis, Liber de moribus ac officiis nobilium super ludo scaccorum. In: Mitteilungen aus den Handschriften der Ritterakademie zu Brandenburg. Nr. 59, Brandenburg an der Havel 1879.
  • Oliver Plessow: Mittelalterliche Schachzabelbücher zwischen Spielsymbolik und Wertevermittlung – der Schachtraktat des Jacobus de Cessolis im Kontext seiner spätmittelalterlichen Rezeption. Rhema-Verlag, Münster 2007, ISBN 978-3-930454-61-7.
  • Gerard F. Schmidt: Das Schachzabelbuch des Jacobus de Cessolis. O. P. in mittelhochdeutscher Prosa-Übersetzung. Berlin 1961.
  • Heinz-Jürgen Kliewer: Die mittelalterliche Schachallegorie und die deutschen Schachzabelbücher in der Nachfolge des Jacobus de Cessolis. Heidelberg 1966.
  • Karl-Sigismund Kramer: Bauern, Handwerker und Bürger im Schachzabelbuch. Deutscher Kunstverlag, München 1995, ISBN 3-422-06173-8.
  • Egbert Meissenburg: Das lateinische Schachzabelbuch des Jacobus von Cessolis, eine Bibliographie. In: Aus dem Antiquariat. Nr. 8, 1981, S. 337–340.
  • Rainer A. Müller: Der Arzt im Schachspiel bei Jakob von Cessolis. Karl Thiemig, München 1981, ISBN 3-521-04135-2.
  • Th. Kaeppeli: Pour la biographie de Jacques de Cessole. In: Archivum fratrum praedicatorum. Band 30, 1960, S. 149–162.
  • F. Lajard: Jacques de Cessoles. In: Histoire Littéraire de la France. Band 25, 1869, S. 9–41.

Einzelnachweise

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  1. Manfred van Fondern: Lexikon für Schachfreunde. Verlag C. J. Bucher, Luzern/Frankfurt am Main 1980, S. 144.
  2. A. Anderegg: Les traductions françaises du „Liber moribus hominum et officiis nobilium sive super ludo scacchorum“ de Jacques de Cessoles. Ecole Nat. des Chartes, 1957.
  3. Rainer A. Müller: Der Arzt im Schachspiel bei Jakob von Cessolis. 1981, S. 84–87.
  4. Anton Schwob: Schachzabelbücher. In: Verfasserlexikon. 2. Auflage. Band 8, Sp. 589–592.
  5. Eduard Sievers: Pfarrer zu dem Hechte, Mitteldeutsches Schachbuch. In: ZfdA. Band 17, 1874, S. 161–389.
  6. Vgl. auch Heinz-Jürgen Kliewer: Die mittelalterliche Schachallegorie und die deutschen Schachzabelbücher in der Nachfolge des Jacobus de Cessolis. 1966.
  7. Ernst Köpke (Hrsg.): Jacobus de Cessolis liber de moribus hominum et officiis nobilium. Brandenburg an der Havel 1879, S. 1.
  8. Rainer A. Müller: Der Arzt im Schachspiel bei Jakob von Cessolis. 1981, S. 12.
  9. Rainer A. Müller: Der Arzt im Schachspiel bei Jakob von Cessolis. 1981, S. 18–20.