DENIC

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
(Weitergeleitet von Denic)
Zur Navigation springen Zur Suche springen
DENIC eG

Logo
Rechtsform Eingetragene Genossenschaft
Gründung 17.12.1996
Sitz Frankfurt am Main, Deutschland Deutschland
Leitung
  • Thomas Keller
  • Martin Küchenthal
  • Andreas Musielak
  • Sebastian Röthler
Branche Domainverwaltung
Website www.denic.de
Logo von 2010 bis 2014
Logo bis 2009

Die DENIC eG (kurz für Deutsches Network Information Center) ist eine eingetragene Genossenschaft mit Sitz in Frankfurt am Main. Ihre Aufgaben sind der Betrieb und die Verwaltung der Top-Level-Domain .de sowie alle damit einhergehenden Aktivitäten.[1] Außerdem hat sie 2004 in Kooperation mit dem DE-CIX den ersten Root-Nameserver in Deutschland aufgebaut.[2]

Nach Einführung von .de am 5. November 1986 wurde die Top-Level-Domain ab 1988 zunächst durch Rüdiger Volk und Kollegen an der Informatikrechner-Betriebsgruppe (IRB) der Universität Dortmund verwaltet. Volk führte den Namen „DE-NIC“ ein, und es wurden die Grundlagen für die spätere Genossenschaft gelegt. Der IRB folgte ab 1994 die Universität Karlsruhe, die einen Vertrag mit dem sogenannten Interessenverbund Deutsches Network Information Center (IV-DENIC) unterhielt. Darin waren knapp zwei Dutzend deutsche Internet Service Provider zusammengeschlossen. Im Dezember 1996 wurde eine Genossenschaft gegründet, die dem Betrieb der deutschen Top-Level-Domain einen langfristig zuverlässigen Rechtsrahmen gab.[3][4][5] Im Gegensatz zu anderen Organisationen, beispielsweise Verisign für .com und .net, wurde die DENIC von Anfang an als Non-Profit-Organisation konzipiert.[6]

Nach Einrichtung einer Geschäftsstelle in Frankfurt am Main bis Juli 1997 übernahm die DENIC schrittweise alle mit .de in Verbindung stehenden Aufgaben. Dies schließt insbesondere den Umzug der Nameserver von Karlsruhe nach Frankfurt am Main im August 1998 ein. Die offizielle Übernahme der Top-Level-Domain durch die DENIC erfolgte dann zum 1. Januar 1999, im Oktober des Jahres wurde die einmillionste .de-Domain registriert. Binnen zwei Jahren stieg die Anzahl der .de-Domains von einer auf fünf Millionen bei inzwischen mehr als 150 Mitgliedern. Das Wachstum flachte in der Folgezeit ab, pendelte sich aber auf einem relativ stabilen Niveau von durchschnittlich einer Million pro Jahr ein.

2002 begann die DENIC mit Einführung der ENUM-Technik, mit der Telefonnummern auf Domains abgebildet werden können. Im Mai des Jahres begann der Testbetrieb für die Adresszone 9.4.e164.arpa, welche zuvor vom ITU-Büro für technische Standardisierung zugelassen wurde.[7] Aufgrund der rechtlichen Unklarheiten schloss die DENIC im August 2003 einen Vertrag mit der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post, um der Einführung von ENUM einen korrekten Rahmen zu geben. Die Testphase selbst wurde im Herbst 2005 beendet.[8]

Ebenfalls 2005 unternahm die DENIC einen Schritt in Richtung einer stärkeren Internationalisierung: Die Genossenschaft kündigte an, sich um .net zu bewerben, das bislang durch Verisign verwaltet und erneut ausgeschrieben wurde.[9] Auf der Generalversammlung im November 2005 stimmte eine Mehrheit der Mitglieder für eine Bewerbung um die generische Top-Level-Domain, auch wenn die Geheimhaltung des Prozesses kritisiert wurde. Allerdings konnte sich die DENIC letztendlich nicht durchsetzen: In einer Auswertung der ICANN landete die Genossenschaft nur auf dem vierten von fünf Plätzen.[10] Beispielsweise wurden die vorgesehenen Standorte für die .net-Nameserver negativ beurteilt.[11]

Im April 2007 trat Sabine Dolderer als Vorstand der DENIC überraschend zurück, nachdem sie die Genossenschaft mehrere Jahre geleitet hatte. Als Grund wurden damals Differenzen über die weitere Ausrichtung der DENIC genannt.[12] Infolgedessen legten auch zwei Mitglieder des Aufsichtsrats ihr Mandat nieder, woraufhin Dolderer schon im September desselben Jahres ihren ursprünglichen Posten wieder innehatte.[13] Am 23. September 2013 gab Dolderer ihren endgültigen Rückzug aus der Chefetage der DENIC bekannt.[14]

Bedeutend für die Geschichte der DENIC war auch ein Urteil vom April 2008: Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main entschied, die Genossenschaft müsse Volkswagen die Registrierung der Domain vw.de gestatten, auch wenn die Richtlinien der DENIC eigentlich mindestens drei Zeichen voraussetzten.[15] Nachdem eine Wiederauflage des Verfahrens vor dem Bundesgerichtshof abgelehnt worden war, sah sich die DENIC gezwungen, die Vergabe von zweistelligen Domains für jedermann zu öffnen. Dies geschah mit Wirkung zum 23. Oktober 2009, auch reine Zifferndomains wurden erstmals zugelassen.[16]

Der BGH entschied in zwei Rechtsstreitigkeiten, an denen die DENIC beteiligt war, grundlegende Fragen zur Pfändung einer Internet-Domain. 2005 entschied er, dass eine Domain pfändbar ist, 2018 entschied er, wie diese Pfändung abläuft.[17]

2007 wurden der Bürobetrieb und das Rechenzentrum der DENIC räumlich getrennt. Letzteres wurde im September 2007 an einem neuen Standort eröffnet, der über eine direkte Anbindung an den Knotenpunkt DE-CIX verfügt.[18] Zu diesem Zeitpunkt waren elf Millionen .de-Domains registriert, die ohne Störung in das neue Rechenzentrum übertragen werden konnten. Um einen ausfallsicheren Betrieb zu gewährleisten, wurde bis 2008 außerdem ein Mirror in Amsterdam aufgebaut, der bei Problemen als Ersatz für das deutsche Rechenzentrum dienen kann. Amsterdam wurde nach eigenen Aussagen als Standort gewählt, da es ausreichend weit entfernt ist, um Katastrophen in Frankfurt am Main zu überstehen, aber dennoch nah genug für eine problemlose Erreichbarkeit durch Techniker der DENIC.[19]

Die DENIC selbst unterhält weltweit 20 Nameserver an 18 Standorten: Amsterdam (2), Berlin, Frankfurt am Main (2), Hamburg, Hongkong, Johannesburg, London, Los Angeles, Miami, Moskau, München, Paris, Peking, São Paulo, Seoul, Sydney, Stockholm und Wien.[20]

Jahr

(Daten per 31.12.)

Registrierte Domains Mitglieder Mitarbeiter
1997 105.344 43 2
1998 288.191 65 8
1999 1.384.361 92 26
2000 3.738.732 129 43
2001 5.147.297 158 61
2002 6.003.101 186 71
2003 6.950.166 200 76
2004 8.266.466 217 84
2005 9.378.395 233 92
2006 10.422.702 240 107
2007 11.673.389 255 113
2008 12.447.938 263 113
2009 13.313.425 266 119
2010 14.038.066 275 119
2011 14.740.277 280 120
2012 15.283.687 290 116
2013 15.592.379 291 114
2014 15.811.430 311 110
2015 16.009.814 318 112
2016 16.114.504 305 108
2017 16.314.502 295 111
2018 16.204.745 293 109
2019 16.324.855 287 106
2020 16.700.855 285 104
2021 17.160.504 286 105
2022 17.420.367 286 105

Theoretisch kann jedes Unternehmen Mitglied der DENIC werden, das .de-Domains registrieren oder damit zusammenhängende Dienstleistungen erbringen möchte. Voraussetzung für eine Aufnahme in die Genossenschaft ist lediglich, dass ein Interessent mit maximal zwei anderen Mitgliedern wirtschaftlich verbunden ist und über die finanzielle Stabilität keine Zweifel bestehen.[21]

Die DENIC besitzt knapp 300 Mitglieder. Unter diesen befinden sich praktisch alle bedeutenden nationalen und internationalen Internet Service Provider, beispielsweise die Deutsche Telekom, United Internet, Strato, Vodafone Deutschland oder auch Verizon Deutschland. (Gesamtliste DENIC-Mitglieder)[22]

Der DENIC wurde immer wieder mangelnde Transparenz bei ihren Entscheidungen vorgeworfen – auch aus den Reihen der Mitglieder der Genossenschaft. Die Kritik gipfelte im Juli 2005 in Form einer außerordentlichen Generalversammlung, in der der damals amtierende Aufsichtsrat abgewählt werden sollte.[23] Entsprechende Anträge wurden zwar mehrheitlich abgelehnt,[24] jedoch beschlossen die Mitglieder eine Änderung des Statuts zur Besetzung des Vorstands. Auch ehrenamtliche Vorstände wurden seitdem direkt durch die Generalversammlung gewählt.[25]

Eine mangelhafte Informationspolitik war auch beim sogenannten NASA-Projekt (.net-Application and Strategic Alternatives) Grund für Kritik: Obwohl 2005 eine Mehrheit der Mitglieder für die Bewerbung um .net stimmte, gab die DENIC die entscheidenden Details ihrer Bewerbung nicht an die Öffentlichkeit. Als Grund wurde unter anderem genannt, dass der Konkurrent Verisign – selbst Mitglied der DENIC – dadurch möglicherweise einen Vorteil hätte erlangen können.[26] Erst auf massiven Druck hin gab die DENIC im Februar 2005 weitere Details bekannt.[27]

Nach Freigabe ein- und zweistelliger Adressen sowie reiner Zifferndomains wurde kritisiert, die DENIC habe die Vergabe nicht fair durchgeführt. Zwar hatte die Vergabestelle eine Beschränkung von maximal vier Bestellungen pro Minute für jedes Mitglied eingeführt, die jedoch durch eine Kooperation mehrerer Registrare und technische Probleme ausgehebelt werden konnte, ohne dass die DENIC eingeschritten war.[28] Im November 2009 gelangte eine interne Mitteilung an WikiLeaks, in der Hintergrundwissen über das Verfahren öffentlich wurden, woraufhin die DENIC ihr Vorgehen erneut rechtfertigte. Einige Probleme, beispielsweise mit dem Mail-Server Exim, wurden aber eingestanden.[29]

Im Jahr 2010 geriet die DENIC in die Kritik, nachdem mehrere Millionen .de-Domains nicht erreichbar waren. Grund war eine technische Panne im Betrieb der Nameserver der Vergabestelle, sodass diese eine nicht vollständige Zonendatei erhalten hatten. Für einen großen Teil aller .de-Domains wurde beim Aufruf zurückgemeldet, die entsprechende Adresse sei überhaupt nicht registriert. Die DENIC konnte den Fehler erst nach zwei Stunden korrigieren, die zögerliche Kommunikation des Ausfalls wurde angemahnt.[30]

Aufgrund immer wieder aufkommender Kritik von Datenschützern führte die DENIC zum 25. Mai 2018, zeitgleich mit dem Inkrafttreten der DSGVO, ein neues Whois-Konzept ein.[31] Seitdem werden weniger Daten erfasst. Name und Anschrift des Domaininhabers sind der DENIC weiterhin bekannt, jedoch nicht mehr öffentlich abrufbar. Auskünfte hierzu werden nur noch unter bestimmten Umständen und nicht mehr automatisch erteilt.[32]

  • Ralf Klühe: Die Verantwortlichkeit der DENIC e.G. bei der Registrierung und Benutzung rechtswidriger Domain-Namen. In: Universität Münster (Hrsg.): Juristische Schriftenreihe. Band 250. Münster (Westfalen) 2005, ISBN 3-8258-8872-X (Dissertation).
  • Sabine Böger, Barbara Blum: Die Regulierung des Internets. Strukturen, Aufgaben und Arbeitsweisen von ICANN, DENIC, CENTR, CORE und ORSN. Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages, 2005.

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. Die Aufgaben der DENIC eG im Überblick. DENIC, abgerufen am 6. Dezember 2024.
  2. Sponsoring des ersten Rootnameservers in Deutschland. DENIC, abgerufen am 19. Juni 2013.
  3. Missing Link: Der Herr der Routen - vom funktionierenden Netz und den Grundlagen, heise online, 2020-12-06.
  4. About DENIC. How it all Started: The Birth of .de and the Founding of the Cooperative, denic, accessed: 2020-12-06.
  5. Geschichte der DENIC eG. DENIC, abgerufen am 19. Juni 2013 (Hintergrund).
  6. Florian Hitzelberger: Happy Birthday, DENIC! In: domain-recht. 29. April 2004, abgerufen am 19. Juni 2013.
  7. Monika Ermert: Denic darf ENUM-Versuch starten. In: heise online. 17. Mai 2002, abgerufen am 20. Juni 2013.
  8. Florian Hitzelberger: ENUM geht in Wirkbetrieb über. In: domain-recht. 10. Oktober 2005, abgerufen am 20. Juni 2013.
  9. Daniel Dingeldey: Bewerbung als .net-Registry? In: domain-recht. 11. November 2004, abgerufen am 20. Juni 2013.
  10. Florian Hitzelberger: DENIC schneidet schlecht ab. In: domain-recht. 31. März 2005, abgerufen am 20. Juni 2013.
  11. Monika Ermert: DeNIC bei Bewerbung um .net-Registry abgeschlagen. In: heise online. 29. März 2005, abgerufen am 20. Juni 2013.
  12. Jens Ihlenfeld: Sabine Dolderer verlässt die DENIC. In: Golem. 26. März 2007, abgerufen am 22. Juni 2013.
  13. Daniel Dingeldey: CEO-Comeback von Sabine Dolderer. 20. September 2007, abgerufen am 22. Juni 2013.
  14. Dominik Schleidgen: Sabine Dolderer verlässt die DENIC. In: InterNetX Blog. 23. September 2013, abgerufen am 12. Februar 2022.
  15. Marc Störing: Gericht: Denic muss Domain mit zwei Buchstaben zuteilen. In: heise online. 18. Juni 2008, abgerufen am 22. Juni 2013.
  16. Florian Hitzelberger: Spektakuläre Wende in der .de-Vergabepraxis! In: domain-recht. 16. Oktober 2009, abgerufen am 22. Juni 2013.
  17. Bundesgerichtshof schafft (endlich) Rechtssicherheit bei Domainpfändungen. In: zpoblog.de. 18. Dezember 2018, abgerufen am 7. November 2019.
  18. Sven-Olaf Suhl: DeNIC migriert elf Millionen .de-Domains in neues Rechenzentrum. In: heise online. 10. September 2007, abgerufen am 22. Juni 2013.
  19. Florian Hitzelberger: 11 Millionen .de-Domains ziehen um. In: domain-recht. 24. September 2007, abgerufen am 22. Juni 2013.
  20. Der DENIC-Nameservice – Navigationssystem für das deutsche Internet. DENIC, abgerufen am 12. Dezember 2023.
  21. Wer kann Mitglied werden? DENIC, abgerufen am 22. Juni 2013.
  22. Mitgliederliste. DENIC, abgerufen am 8. Mai 2023.
  23. Florian Hitzelberger: Meuterei bei der DENIC? In: domain-recht. 17. Juni 2005, abgerufen am 18. Juni 2013.
  24. Florian Hitzelberger: Genossen-Meuterei verläuft im Sand. In: domain-recht. 14. Juli 2005, abgerufen am 19. Juni 2013.
  25. Tätigkeitsbericht 2005. (PDF) DENIC, 5. Mai 2006, S. 7, abgerufen am 18. Juni 2013 (1,1 MB).
  26. Florian Hitzelberger: DENIC pocht auf Geheimhaltung. In: domain-recht. 3. Dezember 2004, abgerufen am 20. Juni 2013.
  27. Florian Hitzelberger: DENIC geht in die Offensive. In: domain-recht. 10. Februar 2005, abgerufen am 20. Juni 2013.
  28. Florian Hitzelberger: Kurz-Domains mit Holper-Start. In: domain-recht. 29. Oktober 2009, abgerufen am 19. Juni 2013.
  29. Florian Hitzelberger: DENIC verteidigt Einführungsprozess. In: domain-recht. 12. November 2009, abgerufen am 19. Juni 2013.
  30. Florian Hitzelberger: Technische Panne bei der DENIC eG. In: domain-recht. 24. Mai 2010, abgerufen am 18. Juni 2013.
  31. Monika Emert: Domain-Daten und Whois beim Denic: Sag zum Abschied leise Servus. 24. Februar 2018, abgerufen am 25. Februar 2018.
  32. https://www.denic.de/service/whois-service/anfragen-dritter-zu-inhaberdaten/

Koordinaten: 50° 6′ 27,4″ N, 8° 39′ 58,3″ O