Der Geist hilft unser Schwachheit auf

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Der Anfang der Motette BWV 226 im Autograph

Der Geist hilft unser Schwachheit auf[1] (BWV 226) ist eine doppelchörige Motette von Johann Sebastian Bach.

Im Gegensatz zu vielen anderen Bach-Werken kann der Anlass für diese Motette eindeutig angegeben werden, da ihn Bach von eigener Hand auf der Komposition vermerkt hat: „J. J. Motetta à doi Cori bey Beerdigung des seel. Hrn. Prof. und Rectoris Ernesti di J. S. Bach.“

Johann Heinrich Ernesti (1652–1729) war bis zu seinem Tod Professor Poeseos, Assessor der Philosophischen Fakultät, Senior und Decem-Vir der Universität Leipzig und Rektor der Thomasschule. Für das Datum der Beisetzungsfeierlichkeiten Ernestis werden allerdings in der Literatur widersprüchliche Angaben gemacht: genannt werden der 20.,[2][3][4] 21.,[5][6] 23.[7] oder 24.[8][9] Oktober 1729. Die Angabe des 20. Oktober beruht auf dem Eintrag in den Ratsleichen- und Totengräberbüchern,[2] übersieht aber, dass dort nur die Anmeldung, Abrechnung und Grabbereitung verzeichnet sind, nicht aber der eigentliche Begräbnistermin.[10] Die Begräbnisfeierlichkeiten fanden möglicherweise auf mehrere Tage verteilt statt: für den Gottesdienst mit der Gedächtnispredigt von Christian Weiß gibt der Trauerdruck den 21. Oktober an,[5] für das Begräbnis aber den 24. Oktober.[8] Andererseits ist bei der letzteren Angabe auch ein Druckfehler nicht ausgeschlossen.[11][10] Datum und Umstände der Beisetzung Ernestis resultieren aus Auseinandersetzungen zwischen städtischen und universitären Behörden. Da Ernesti nicht nur Thomasrektor, sondern auch Universitätsprofessor war, fand die Trauerfeier ausnahmsweise nicht in der Thomanerkirche, sondern in der Universitätskirche St. Pauli statt.[12]

Das 1729 komponierte Werk zählt zu den Festmusiken zu Leipziger Universitätsfeiern. Von diesen Kompositionen, die Bach im Auftrag der Universität fertigte, sind heute zwölf Werke vollständig erhalten.[13] Der Geist hilft unser Schwachheit auf ist eine von zwei Bach-Motetten, deren Originalmanuskripte erhalten sind.

Die Motette ist für zwei vierstimmige Chöre (SATB/SATB) angelegt. Im originalen Stimmenmaterial wird der erste Chor von einem Streicherchor (2 Violinen, Bratsche, Violoncello), der zweite von einem Oboenchor (2 Oboen, Taille, Fagott) verstärkt. Beide Gruppen werden außerdem von einer gemeinsamen Continuogruppe begleitet. Dies war aufgrund der Aufführungssituation in der Paulinerkirche möglich, in der Instrumentalbegleitung beim Motettengesang ausdrücklich erlaubt war.[14] Der beschließende Choral ist nur für einen vierstimmigen Chor und Continuo gesetzt, instrumentale Stimmen sind nicht überliefert.

Die Aufführungsdauer beträgt etwa 9 Minuten.

Der Motettentext geht über eine Bibelstelle des Römerbriefs (Röm 8,26–27 LUT).

Der Geist hilft unser Schwachheit auf, denn wir wissen nicht, was wir beten sollen, wie sichs gebühret;
sondern der Geist selbst vertritt uns aufs beste mit unaussprechlichem Seufzen.
Der aber die Herzen forschet, der weiß, was des Geistes Sinn sei; denn er vertritt die Heiligen nach dem, das Gott gefället.

In modernen Ausgaben wird der Text üblicherweise mit einem Choral über die dritte Strophe des Kirchenliedes Komm, heiliger Geist, Herre Gott (EG 125) kombiniert, das Martin Luther 1524 geschrieben hat. Diese Choralstrophe war aber vermutlich nicht Teil der ursprünglichen Werkanlage, sondern wurde möglicherweise bei einem anderen Teil der Trauerfeier gesungen, z. B. am Grab.[15]

Du heilige Brunst, süßer Trost,
Nun hilf uns, fröhlich und getrost
In deinem Dienst beständig bleiben,
Die Trübsal uns nicht abtreiben.
O Herr, durch dein Kraft uns bereit
Und stärk des Fleisches Blödigkeit,
Daß wir hie ritterlich ringen,
Durch Tod und Leben zu dir dringen.
Halleluja, halleluja.

Weiterführende Information

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Einzelnachweise

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  1. So Bachs Schreibweise, vgl. Konrad Ameln (Hrsg.): Motetten BWV 118, BWV 225–230. Kritischer Bericht (= Johann Sebastian Bach. Neue Ausgabe sämtlicher Werke, Reihe III, Band 1). Bärenreiter, Kassel 1967, S. 77. Im Bach-Werke-Verzeichnis (1950) und in den Notenausgaben mancher Verlage ist die Schreibweise zu Der Geist hilft unsrer Schwachheit auf modernisiert.
  2. a b Martin Geck: Zur Datierung, Verwendung und Aufführungspraxis von Bachs Motetten. In: Rudolf Eller, Hans-Joachim Schulze (Hrsg.): Eine Sammlung von Aufsätzen. Werner Neumann zum 65. Geburtstag (= Bach-Studien. 5). Breitkopf & Härtel, Leipzig 1975, S. 63–71.
  3. Martin Geck: Bach. Leben und Werk. Rowohlt, Reinbek 2000, ISBN 3-498-02483-3, S. 501 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  4. Arnold Werner-Jensen: Reclams Musikführer Johann Sebastian Bach. Band 2: Vokalmusik. Reclam, Stuttgart 1993, ISBN 3-15-010387-8, S. 13 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  5. a b Die / Hülffe des H. Geistes / Bey dem / Gebeth in unserer Todes-Bereitung : Wurde [...] Den 21. Octobr. 1729. in der Pauliner-Kirche zu Leipzig / abgehandelt, / Bey dem letzten Ehren-Gedächtniß / Des [...] Johann Heinrich / Ernesti, / Poes. Prof. Publ. der Philosophischen Facultät Ass= / essoris [...] auch Rectoris der Schulen zu St. Thomae / Von D. Christian Weiß ... Richter, Leipzig 1729, slub-dresden.de.
  6. Martin Petzoldt: Der Geist hilft unser Schwachheit auf BWV 226. Booklet zur Jubiläums-Edition Leipziger Universitätsmusik, Johann Sebastian Bach: Festmusiken zu Leipziger Universitätsfeiern. Querstand 2009, S. 8 f.
  7. Bernhard Friedrich Richter: Über die Motetten Seb. Bachs. In: Bach-Jahrbuch 1912, S. 1–32.
  8. a b Bey dem / Den 24. Octobr. 1729 gehaltenen Leichen=Begängnüß / Des weyland / Hoch=Edlen, Fest= und Hoch= / gelahrten Herrn, / HERRN / Johann Heinrich / Ernesti, / […] / Wolten / Ihre Schuldigkeit gehorsamst / bezeigen / Die sämtlichen Membra des anderen Tisches / in dasigen Convictorio. Richter, Leipzig 1729, slub-dresden.de.
  9. Konrad Ameln In: Kritischer Bericht Neue Bach-Ausgabe III/1, 1967, S. 81.
  10. a b Norbert Bolin: „Sterben ist mein Gewinn“ (Phil 1,21). Ein Beitrag zur evangelischen Funeralkomposition der deutschen Sepulkralkultur des Barock, 1550–1750. Arbeitsgemeinschaft Friedhof u. Denkmal e.V., Kassel 1989, ISBN 3-924447-07-1, S. 314 f. und Anmerkungen S. 341.
  11. Klaus Hofmann: Johann Sebastian Bach. Die Motetten. Bärenreiter, Kassel 2003, ISBN 3-7618-1499-2, S. 242 Anm. 1.
  12. Christoph Wolff: Johann Sebastian Bach. Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt am Main 2000, ISBN 3-596-16739-6, S. 340.
  13. David Timm: Festmusiken zu Leipziger Universitätsfeiern.
  14. Werner Neumann im Vorwort zur J. S. Bach: Sämtliche Motetten. Neuausgabe (= EP 4592). Edition Peters, Frankfurt o. J. [1984], S. 2.
  15. Daniel R. Melamed im Vorwort zur Notenausgabe Johann Sebastian Bach: Motetten. (= Carus 31.224). Carus, Stuttgart o. J. [2000], S. 5.