Parlevliet & Van der Plas

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
(Weitergeleitet von Doggerbank Seefischerei)
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Parlevliet & Van der Plas B.V.
Rechtsform B.V.
Gründung 1949
Sitz Katwijk, Niederlande Niederlande
Branche Fischfang
Website www.pp-group.nl

Parlevliet & Van der Plas, oft kurz P & P, ist ein niederländisches Fischereiunternehmen. Es ist weltweit im Fischfang und in der Fischvermarktung tätig und gehört zu den größten Hochseefischereikonzernen Europas.[1]

Geschäftstätigkeit

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Die Arctic Warrior
Die in Klaipėda beheimatete Margiris

P & P verfügt über eine eigene Fangflotte, welche (Stand Mai 2020) aus sieben Schiffen für die Pelagische Fischerei[2] (Schleppnetzfang) und achtzehn Schiffen für die Grundnetzfischerei[3] besteht, darunter einige der größten der Welt, beispielsweise die Margiris, die Jan Maria oder die Maartje Theadora, das derzeit größte unter deutscher Flagge fahrende Fabrikschiff. Die Schiffe fahren unter verschiedenen Flaggen. Die Fanggebiete liegen in der Nordsee, der Biskaya, rund um die britische Insel und Irland, Island, vor Westafrika und im Südpazifik. Jährlich werden bis zu 250.000 Tonnen Fisch gefangen, in mehreren eigenen Tiefkühlhäusern (u. a. im Hafen IJmuiden und Bremerhaven) gelagert, in eigenen Fabriken (u. a. in Harderwijk, Sassnitz-Mukran und auf den Färöern) verarbeitet und mit eigenen Lkw transportiert. Das Unternehmen beschäftigt rund 8000 Mitarbeiter (2022).[4] 2002 erzielte P & P 200 Millionen Euro Umsatz. Es ist Mitglied des Lobby-Unternehmensverbundes Pelagic Freezer Association.

Das bis heute in Familienbesitz befindliche Unternehmen wurde 1949 in Katwijk aan Zee von Dirk Parlevliet und den Brüdern Dirk und Jan van der Plas gegründet und entwickelte sich von einem kleinen Herings-Handel zum global operierende Fischfang-Imperium. Ende der 1950er- und zu Beginn der 1960er-Jahre expandierte das Unternehmen nach Deutschland, da der heimische Absatzmarkt zu klein geworden war. In dieser Zeit stieg es auch in die Hochseefischerei ein. 1959 schaffte man sich das erste Fabrikschiff an, die Jan Maria. Das Spektrum der gefangenen Fischarten wurde allmählich über den Hering hinaus erweitert. 1967 stellte P & P seinen ersten Tiefkühltrawler, die Annie Hillina, in Dienst. 1986 wurde in Bremerhaven die Tochterfirma Doggerbank Seefischerei GmbH gegründet, die Hering- und Makrelenfang betreibt, 1993 in Rostock-Warnemünde die Oderbank Hochseefischerei GmbH, 1998 die Mecklenburgische Hochseefischerei GmbH in Sassnitz. Eine für den Vertrieb zuständige Tochterfirma der Mecklenburger Hochseefischerei GmbH ist die 1999 gegründete German Seafrozen Fish Handelsgesellschaft mbH (GSF) mit Sitz in Bremerhaven.

2002 entstand im Katwijker Vorort Valkenburg die neue Hauptverwaltung des Konzerns. Im Februar 2009 wurde mit der Ocean Food GmbH, Bremerhaven, das bis dahin letzte in deutscher Hand befindliche Hochseefischereiunternehmen übernommen.

Maartje Theadora mit dem SkySails Start- und Landesystem (blau) am Bug des Schiffes (März 2010)

Im Oktober 2009 vereinbarte Parlevliet & Van der Plas mit dem Zugdrachen-Hersteller SkySails, den 141 m langen Trawler ROS-171 Maartje Theadora mit einem 160 m² großen SkySails-Segel auszustatten und weitere Erprobungen und ggf. Anpassungen vorzunehmen.[5]

Anfang 2011 erwarb P & P die zuvor schon geleaste Fischfabrik Kollafjord Pelagic in Kollafjørður auf den Färöer-Inseln.[6]

Im Juni 2012 wurde von Parlevliet & Van der Plas auf der Ostseeinsel Rügen im Sassnitzer Ortsteil Mukran das EuroBaltic-Fischverarbeitungszentrum in Betrieb genommen. Das zu diesem Zeitpunkt größte und modernste Fischverarbeitungswerk Europas kostete 80 Millionen Euro, wovon über 61 Millionen durch Subventionen von EU, Bund und Land aufgebracht wurden.[7] Dort werden jährlich über 30.000 Tonnen Hering, Dorsche, Flundern und Sprotten zu Fischlappen, Filets und Tiefkühlkost stark automatisiert verarbeitet (die Verarbeitungskapazität liegt bei bis zu 50.000 Tonnen, die Lagerkapazität bei 20.000 Tonnen). Einen großen Anteil liefern Fischer aus Sassnitz und Mecklenburg-Vorpommern, die ihre Fänge zu vereinbarten Festpreisen mit eigenen Kuttern, mit angemieteten Fischtankern oder per Lkw an der Pier des Verarbeitungszentrums anliefern. Der Rest kommt aus Schleswig-Holstein, Dänemark, Schweden und den Niederlanden.

Eine ebenfalls in Sassnitz ansässige Tochterfirma von P & P ist die Westbank Hochseefischerei GmbH. Weitere Tochterunternehmen von P & P befinden sich im Vereinigten Königreich (UK Fisheries Ltd, Kingston upon Hull, ein 50/50-Joint Venture mit der zum isländischen Fischereikonzern Samherji gehörenden Onward Fishing Co.) und in Litauen (Atlantic High Sea Fishing Company, Klaipėda).

Bis Ende 2013 leitete Mark Parlevliet, einer der Enkel des Gründers, als Direktor die deutsche Niederlassung von P & P, die Doggerbank Seefischerei. 2012 war er bei der Entwicklung der Fischereiaktivitäten von P&P in Namibia aktiv.[8] Im Jahr 2014 kaufte P & P den größten Garnelenverarbeiter Europas, die niederländische Heiploeg, nachdem diese Insolvenz angemeldet hatte.[9] Deren belgische Tiefkühltochter Morubel wurde abgetrennt und blieb Eigentum der Rabobank, später ging sie an Bencis Capital Partners. 2018 übernahm P & P die Deutsche See.[10]

Im November 2020 wurde eine Verbindung von Parlevliet & Van der Plas zu Samherji im Rahmen des internationalen Fishrot-Korruptionsskandals bekannt.[11]

Parlevliet & Van der Plas in Deutschland

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

P & P ist in Deutschland in der originären Fischerei, in der Fischverarbeitung und im Fischhandel aktiv.

Die Fischerei wird von der Doggerbank Seefischerei GmbH (Bremerhaven) bzw. deren Tochtergesellschaften Ostbank Hochseefischerei GmbH, Oderbank Hochseefischerei GmbH, Nordbank Hochseefischerei GmbH und Westbank Hochseefischerei GmbH (alle mit Sitz in Sassnitz) sowie der Mecklenburger Hochseefischerei GmbH (ebenfalls Sassnitz) betrieben. Hierbei werden die folgenden, in Rostock beheimateten und unter Rostocker Fischereikennzeichen fahrenden Schiffe eingesetzt (Stand: Mai 2020)[12]:

Schiffsname Fischereikennzeichen Reederei Eigner
Mark ROS 777 Mecklenburger Hochseefischerei GmbH P&P
Annie Hillina ROS 170 Ostbank Hochseefischerei GmbH P&P
Helen Mary ROS 785 Oderbank Hochseefischerei GmbH P&P
Gerda Maria ROS 786 Nordbank Hochseefischerei GmbH P&P
Maartje Theadora ROS 171 Westbank Hochseefischerei GmbH P&P

Sowohl die Doggerbank Seefischerei GmbH als auch die Mecklenburger Hochseefischerei GmbH sind Mitglied im Deutschen Hochseefischereiverband e.V.

Fischverarbeitung und -handel

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Fischverarbeitung betreibt P & P in Deutschland an den Standorten Sassnitz-Neu-Mukran (Euro-Baltic Fischverarbeitungs GmbH) und Bremerhaven (German Seafrozen Fisch Handelsgesellschaft mbH). Euro-Baltic mit einem Jahresumsatz von rund 52 Mio. EUR im Jahr 2018[13] ist spezialisiert auf die Verarbeitung von Hering. German Seafrozen mit einem Jahresumsatz von rund 73 Mio. EUR im Jahr 2018[14] verarbeitet und vertreibt seegefrorene Filets von Rotbarsch, Kabeljau, Makrele, Hering und Seelachs[15] und betreibt hierzu mehrere Tiefkühllager in Bremerhaven.

Ebenfalls in der Fischverarbeitung sowie im Handel mit Großverbrauchern aktiv ist die Deutsche See GmbH in Bremerhaven, die mit ihren 22 Niederlassungen als größter deutscher Fischverarbeiter gilt. Ihr Umsatz betrug 2017 rund 400 Mio. EUR[16].

Die Westbank Hochseefischerei GmbH wurde 2012 in Frankreich wegen illegaler Fischerei mit der Maartje Theadora zu einer Strafe von 580.000 Euro verurteilt.[17]

Die Umweltorganisation Greenpeace wirft Parlevliet & Van der Plas vor, mit ihren Supertrawlern wiederholt gegen Bestimmungen zum Schutz vor Überfischung verstoßen zu haben.

Im März 2013 berichtete das ZDF-Magazin Frontal 21 und die niederländische Sendung Zembla, die Besatzung der Jan Maria habe 2012 den Fangwert illegal erhöht, indem sie bereits gefischte, verwertbare und eingelagerte Fische tot wieder über Bord gekippt hat, um Platz für andere oder größere Fische, die mehr finanziellen Ertrag versprechen, zu schaffen.[18] Diese Praxis nennt sich „High-grading“ und wurde schon Jahre zuvor unter Strafe gestellt, um den Raubbau an der knappen Ressource Fisch zu begrenzen.[19]

Ein nautischer Offizier, der auf der Jan Maria mitgefahren war, konnte anhand zweier Dokumente, des offiziellen Fangtagebuchs für die Behörden sowie einer geheimen Fangkladde, diese Praxis der Fischvernichtung auf See belegen. Memecke erstattete Anzeige und überreichte die Dokumente der zuständigen Behörde, die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung. Demnach waren allein bei einer der vier dokumentierten Fangreisen mehr als 1,6 Millionen Kilogramm Hering vernichtet worden.[20] Nach einer zehnmonatigen Untersuchung erhielt der Kapitän eine geringe Strafe. Die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung teilte mit, „zweifelsfreie Verstöße der Reederei konnten nicht festgestellt werden“.

Ende November 2013 brachte die irische Küstenwache ein Fangschiff der Unternehmensgruppe wegen des Verdachts auf „High-Grading“ auf.[21]

Die Tatsache, dass die Fischerei nach dem Standard der Nachhaltigkeitsorganisation Marine Stewardship Council als nachhaltig arbeitend zertifiziert wurde, die das Gütesiegel trotz des Aufdeckens des illegalen High-Grading nicht aberkannte, wird von Greenpeace und anderen Organisationen zusätzlich kritisiert.[22]

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. Steffen Judzikowski, Christian Rohde: Vergeudete Fische – Was taugen die Fangquoten. (Memento vom 11. März 2016 im Internet Archive) In: Frontal 21. 19. März 2013, abgerufen am 14. Januar 2014.
  2. Parlevliet & van der Plas > Fishing > Pelagic. 1. März 2021, abgerufen am 26. August 2024.
  3. Parlevliet & van der Plas > Fishing > Demersal. 1. März 2021, abgerufen am 26. August 2024.
  4. Home. Abgerufen am 26. August 2024.
  5. Erster Fischtrawler wird mit SkySails ausgerüstet (Memento vom 16. Oktober 2010 im Internet Archive), Mitteilung der SkySails GmbH
  6. SN-Verlag, Hamburg Germany: Fischmagazin - Färöer: Parlevliet & van der Plas kauft Kollafjord Pelagic. Abgerufen am 26. August 2024.
  7. Hoffnung für die Ostseefischer. In: Hamburger Abendblatt. 22. Juni 2012.
  8. SN-Verlag, Hamburg Germany: Fischmagazin - Bremerhaven: Mark Parlevliet mit 33 Jahren gestorben. Abgerufen am 26. August 2024.
  9. Archivierte Kopie (Memento vom 9. März 2016 im Internet Archive)
  10. Trauer um Egbert Miebach Allgemeine Hotel- und Gastronomie-Zeitung, 27. Februar 2018, abgerufen am 18. März 2018.
  11. Dutch seafood giant linked to Fishrot. The Namibian, 4. November 2020., Archivlink abgerufen am 27. August 2024
  12. Schiffsflotte, deutscher-fischerei-verband.de, abgerufen am 8. Mai 2020
  13. Bilanz zum 31. Dezember 2018, veröffentlicht auf bundesanzeiger.de, abgerufen am 26. Mai 2020
  14. Bilanz zum 31. Dezember 2018, veröffentlicht auf bundesanzeiger.de, abgerufen am 26. Mai 2020
  15. GSF, seafrozen.de, abgerufen am 26. Mai 2020
  16. Firmengruppe übernimmt größten deutschen Fischverarbeiter, handelsblatt.de, abgerufen am 26. Mai 2020
  17. Deutsche Fischereigesellschaft wegen illegaler Fischerei verurteilt. 19. Dezember 2012.
  18. Skandal-Reederei Parlevliet & van der Plas. (Memento vom 24. Oktober 2013 im Internet Archive) (PDF; 93 kB), greenpeace.de, März 2013.
  19. Illegale Fischfangmethoden - EU will Raubbau an den Fischbeständen begrenzen. (Memento vom 13. April 2014 im Internet Archive) In: Nordwestradio Journal. 2. Dezember 2013, abgerufen am 14. Januar 2014.
  20. Jan Maria: Zweifelsfreie Verstöße nicht festgestellt. Abgerufen am 14. Januar 2014.
  21. Illegale Fischfangmethoden – EU will Raubbau an den Fischbeständen begrenzen. (Memento vom 13. April 2014 im Internet Archive) In: Nordwestradio Journal, 2. Dezember 2013, abgerufen am 14. Januar 2014.
  22. Fischereiskandal – deutscher Supertrawler wirft tausende Tonnen Speisefisch weg. (Memento vom 30. September 2014 im Internet Archive) In: Greenpeace Blog, 20. März 2013, abgerufen am 28. April 2014.