Doktoringenieur
Der Doktoringenieur[1] oder Doktor-Ingenieur[2] (auch Doktor der Ingenieurwissenschaften, abgekürzt Dr.-Ing.) ist der in Deutschland mit einer Promotion erlangte akademische Grad eines Doktors der Ingenieurwissenschaften.
Geschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Einführung des „Doktor-Ingenieurs“ (damalige Schreibweise) erfolgte am 11. Oktober 1899[3] zusammen mit dem Diplomgrad an den Technischen Hochschulen Preußens auf „Allerhöchsten Erlaß“ (Kabinettsorder) von Wilhelm II., König von Preußen, anlässlich der Hundertjahrfeier der Technischen Hochschule Charlottenburg, die in der Tradition der 1799 gegründeten Berliner Bauakademie stand. Die erste Verleihung erfolgte an den Chemiker Ernst Kegel.[4]
In den Folgejahren wurde auch in anderen Gliedstaaten des Deutschen Reiches der Doktoringenieur eingeführt:
- im Großherzogtum Hessen am 25. November 1899,
- im Großherzogtum Baden am 10. Februar 1900,
- im Königreich Sachsen am 12. Februar 1900 für die „hiesige“ Technische Hochschule,[5]
- im Königreich Württemberg per Verordnung vom 22. Februar 1900 und
- im Königreich Bayern am 10. Januar 1901.
Wegen des damaligen Widerstandes der klassischen Universitäten gegen das Promotionsrecht im Bereich der Ingenieurwissenschaften wurde für den Grad die Schreibweise mit Bindestrich und in Fraktur festgelegt, im Gegensatz zu den Abkürzungen der sonstigen „lateinischen“ Doktorgrade in lateinischer Schrift ohne Bindestrich. Der Grad wird in Deutschland bis heute in der Schreibweise mit Bindestrich vergeben. Vor Einführung des Doktoringenieurs konnte an den Technischen Fakultäten der Universitäten nur zum Doktor der Philosophie (Dr. phil.) promoviert werden. Die Verleihung des Promotionsrechtes an die Technischen Hochschulen stellte einen wesentlichen Schritt der Emanzipation der Technischen Hochschulen gegenüber den traditionellen Universitäten dar.
In Österreich-Ungarn wurde Technischen Hochschulen die Ausübung des Promotionsactes zum Grade eines Doctors der technischen Wissenschaften mit Erlass des Ministeriums für Cultus und Unterricht vom 13. April 1901 gestattet[6] und eine zugehörige Rigorosenordnung erlassen.[7] Die Kurzform des Grades, Dr. techn., steht für Doctor technicae.[8]
Im englischsprachigen Raum wird in den Ingenieurwissenschaften in der Regel der generische Ph.D vergeben[9][10][11][12][13][14][15].
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Julius Bredt: Die Doctor-Promotion an technischen Hochschulen und die Bedeutung der wissenschaftlichen Arbeit für die organisch-chemische Technik. Rede gehalten zur Vorfeier des Geburtstages Sr. Majestät Kaiser Wilhelm II. am 26. Januar 1900 in der Aula der Kgl. Technischen Hochschule zu Aachen. Ergänzter Sonder-Abdruck aus „Zeitschrift für angewandte Chemie“ 1990 Heft 5. s. n., s. l. 1900, urn:nbn:de:hbz:82-opus-34259 (Digitalisat der Deutschen Nationalbibliothek; PDF, 925 kB).
- Wolfgang König: 100 Jahre „Dr.-Ing.“ Ein „Ritterschlag der Wissenschaft“. Das Promotionsrecht der Technischen Hochschulen und der VDI Verein Deutscher Ingenieure. Festschrift des VDI zum 100-jährigen Jubiläum der Verleihung des Promotionsrechts durch den Preußischen König Wilhelm II. im Jahre 1899. VDI, Düsseldorf 1999, ISBN 3-931384-27-6.
- Ulf Hashagen: Walther von Dyck (1856–1934). Mathematik, Technik und Wissenschaftsorganisation an der TH München (= Boethius. Texte und Abhandlungen zur Geschichte der Mathematik und der Naturwissenschaften. 47). Franz Steiner, Stuttgart 2003, ISBN 3-515-08359-6 (zugleich: München, Universität, Dissertation, 2001).
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Schreibweise laut Duden, abgerufen am 19. August 2017
- ↑ Aktiv in Verwendung Ruhr-Universität Bochum, S. 3, § 1 (3) ( des vom 22. August 2021 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. , abgerufen am 30. April 2020.
- ↑ Karl-Heinz Manegold: Geschichte der technischen Hochschulen. In: Laetitia Boehm, Charlotte Schönbeck (Hrsg.): Technik und Bildung (= Technik und Kultur. 5). VDI, Düsseldorf 1989, ISBN 3-18-400865-7, S. 204–234, hier S. 230.
- ↑ Lars Thiele: Kegel, Friedrich Moritz Ernst. In: Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde (Hrsg.): Sächsische Biografie.
- ↑ Bekanntmachung, die Erwerbung der Titel: „Doktor-Ingenieur“ und „Diplom-Ingenieur“ betreffend vom 12. Januar 1900 (GVBl. S. 5)
- ↑ RGBl. 1901/37. In: Reichsgesetzblatt für die im Reichsrathe vertretenen Königreiche und Länder, Jahrgang 1901, S. 153. (online bei ANNO).
- ↑ RGBl. 1901/38. In: Reichsgesetzblatt für die im Reichsrathe vertretenen Königreiche und Länder, Jahrgang 1901, S. 153 f. (online bei ANNO).
- ↑ Akademischer Grad. In: Doktoratsstudium der technischen Wissenschaften § 6, Bundesrecht konsolidiert.
- ↑ Computational Science and Engineering PhD | Office of Graduate Education. Abgerufen am 27. Februar 2024 (amerikanisches Englisch).
- ↑ Princeton Engineering - Degrees and Research Areas. In: Princeton Engineering. Abgerufen am 27. Februar 2024 (amerikanisches Englisch).
- ↑ PhD in Engineering | Postgraduate Study. Abgerufen am 27. Februar 2024.
- ↑ Graduate Programs. Abgerufen am 27. Februar 2024 (englisch).
- ↑ Graduate Programs. Abgerufen am 27. Februar 2024 (englisch).
- ↑ Graduate Degrees | Yale School of Engineering & Applied Science. Abgerufen am 27. Februar 2024.
- ↑ Doctor of Philosophy | NYU Tandon School of Engineering. Abgerufen am 27. Februar 2024.