Elektromagnetischer Impuls

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Der elektromagnetische Impuls oder auch elektromagnetische Puls (englisch electromagnetic pulse, abgekürzt EMP) bezeichnet eine kurzzeitige breitbandige elektromagnetische Strahlung, die bei einem einmaligen, hochenergetischen Ausgleichsvorgang abgegeben wird.

Ein energetisch hoch angeregtes System klingt unter Aussendung des elektromagnetischen Impulses in den Grundzustand ab. Ursache sind meist elektrostatische Aufladungsprozesse etwa durch Gewitter oder Kernwaffenexplosionen, aber auch in speziellen elektrischen Schaltungen. Im sichtbaren Spektrum kann dieser Prozess als Lichtblitz wahrgenommen werden.

Durch die Wechselwirkung der niederfrequenten elektromagnetischen Strahlungsanteile mit freien Ladungsträgern in Metallen und Halbleitern werden dort starke, kurzzeitig schwankende Ströme induziert. In nicht oder unzureichend abgeschirmten elektrischen Geräten kann dies zu Fehlfunktionen bis hin zum Totalausfall oder sogar zur Zerstörung einzelner elektronischer Bauteile führen. Für technische Anwendungen wird der Begriff meist auf das hier relevante Frequenzspektrum mit Wellenlängen zwischen 10 mm und 10 km beschränkt.

Boeing E-4B in einem NEMP-Simulator

Der Begriff Impuls ist in diesem Kontext nicht mit dem Begriff des mechanischen Impulses aus dem Bereich der Physik zu verwechseln.

Mathematisch ist ein Impuls als eine einmalige Zeitfunktion f(t) (vgl. Impulsfunktion) einer physikalischen Größe wie Feldstärke, Spannung oder Druck darstellbar. Wird ein Impuls mit der Periode T laufend wiederholt, spricht man von einem Puls mit der Pulsfrequenz f = 1/T. Diese Begriffsdefinition folgt der deutschsprachigen Fachliteratur; insbesondere sei dazu auf Theoretische Elektrotechnik[1] von Karl Küpfmüller sowie die Normung[2][3] verwiesen.

In der englischsprachigen Literatur wird hingegen meist kein Unterschied zwischen den Begriffen Impuls und Puls gemacht. Die im Deutschen übliche begriffliche Trennung hat jedoch Vorteile für das Verständnis. Insbesondere kann ein Puls durch eine Überlagerung einer diskreten Reihe harmonischer Schwingungen dargestellt werden. Für einen Impuls benötigt man eine kontinuierliche Überlagerung von harmonischen Schwingungen. Ein einzelner Impuls weist somit ein kontinuierliches Spektrum auf, während die periodisch wiederholte Impulsfolge ein diskretes Linienspektrum aufweist.

Natürliche Quellen und ihre Auswirkungen

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Blitze sind natürliche Entladungsvorgänge in der Atmosphäre, welche zu einer massiven elektromagnetischen Beeinflussung vor allem im Bereich des Blitzkanals und des Einschlagpunktes führen. Diese Wirkung kann durch metallische Leitungen weitergeleitet werden und somit weitreichende Schäden bewirken. Dieser elektromagnetische Impuls wird auch englisch Lightning Electromagnetic Pulse, abgekürzt LEMP, genannt.

Magnetohydrodynamischer EMP

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Magnetisiertes Plasma aus einer Sonneneruption kann über Minuten bis Stunden niederfrequente Ströme in räumlich weitflächig ausgedehnten Energieversorgungsnetzen induzieren, was beispielsweise zu Sättigungserscheinungen in Leistungstransformatoren führen kann. Die Folge können Stromausfälle sein.

Künstliche Quellen und ihre Auswirkungen

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Geschaltete Induktivitäten

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Durch hohe Stromimpulse in Spulen lassen sich starke magnetische Impulse erzeugen. Sie werden zur Untersuchung der Wirkung von hohen Magnetfeldern auf Materie oder zum Beispiel zur Magnetumformung benutzt. Solche Spulen können Feldern bis etwa 100 Tesla widerstehen, bei höheren Feldern werden sie jedoch zerstört. Zum mechanischen Schutz und zur magnetischen Abschirmung sind entsprechende Labore in massiven Stahlbetongebäuden untergebracht. Die durch Kondensatorentladung erzeugten Stromimpulse erreichen einige 100 Kiloampere, die Dauer liegt im Bereich von Millisekunden.

In Railguns und Wirbelstrombeschleunigern liegen ähnliche Verhältnisse vor.

Durch Impuls-Teslatransformatoren werden starke elektromagnetische Felder im Mittelwellenbereich erzeugt.

Auch das Abschalten von Induktivitäten wie Spulen führt zu elektromagnetischen Impulsen. Durch das Bestreben des elektrischen Stromes, beim Ausschaltvorgang weiter durch die Induktivität zu fließen (vgl. Lenzsche Regel), können an ihr je nach Kürze des Ausschaltvorgangs sehr hohe Spannungen entstehen, die ggf. zur Funkenbildung führen, sich als Störimpulse über die mit der Induktivität verbundenen Leitungen ausbreiten und damit unter Umständen ähnliche Signalstörungen wie elektrostatische Entladungen verursachen. Impulse dieser Art treten beispielsweise beim Abschalten von Elektromotoren, Schützen und anderen induktiven Bauteilen oder dem Versuch, sie mittels Phasenabschnittsteuerung zu dimmen, auf. Zu den verbreitetsten potenziellen und deshalb entsprechend zu entstörenden Störquellen dieser Art dürften die sogen. Zündspulen von Otto-Motoren gehören, in denen der Effekt des Spannungsanstieges jedoch wie bei einem Funkeninduktor beabsichtigt ist und zum Zünden des Kraftstoff-Luft-Gemischs genutzt wird.

Zu erwähnen ist auch und besonders der Flusskompressionsgenerator, der zusammen mit einem Vircator EMP im zweistelligen Gigawattbereich im Zeitbereich 0,1…1 µs erzeugt.

Auch starke Laserpulse lösen bei der Wechselwirkung mit Materie einen EMP aus. Laboratorien zu Forschungszwecken mit Laser-Strahlungsleistungen bis in den Petawattbereich weisen daher einen Strahlenschutz und entsprechende weitere Maßnahmen zum Schutz der Kommunikationsnetze auf.

Waffen und ihre Auswirkungen

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Nuklearer elektromagnetischer Impuls (NEMP)

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Militärisches EMP-Testgelände ATLAS-I mit einer Boeing B-52 als Testobjekt auf der Kirtland Air Force Base, USA
Das Bild zeigt die Wirkungskette eines in über 100 km eingesetzten Nuklearsprengkopfes und die Entstehung des daraus folgenden EMP.

Ein nuklearer elektromagnetischer Impuls, abgekürzt NEMP (engl. nuclear electromagnetic pulse) oder auch HEMP (high altitude nuclear electromagnetic pulse), wird indirekt als Folge von intensiver Gammastrahlung in einigen 100 km Höhe über der Erdatmosphäre im Zusammenhang mit dem Erdmagnetfeld in der Atmosphäre durch den Compton-Effekt ausgelöst. Eine solch starke transiente Gammastrahlungsquelle ist derzeit nur durch eine Kernwaffenexplosion zu erzeugen.

Bis zum Verbot oberirdischer Kernwaffentests fanden solche Explosionen tatsächlich statt und beschädigten oder zerstörten in den betroffenen Gebieten Versorgungsnetze und Schiffe, so beim Kernwaffentest Starfish Prime über dem Pazifik am 9. Juli 1962.

Durch hochenergetische Gammaquanten im Energiebereich von einigen MeV aufwärts, die bei einer solchen Nuklearexplosion emittiert werden, kommt es an den Molekülen der obersten Schichten der Erdatmosphäre zu einer als Stoßionisation bezeichneten schlagartigen Ionisierung. Dabei werden aus den Molekülen Elektronen herausgeschlagen, von denen ein großer Anteil die ursprüngliche Bewegungsrichtung des aufgetroffenen Gammaquants erhält und sich somit in Richtung dichterer Atmosphärenschichten bewegt. Ein Teil dieser freien Primärelektronen verursacht wegen ihrer hohen Energie weitere Stoßionisationen und setzt dabei weitere Sekundärelektronen frei. Die auf die Erde zufliegenden negativen Elektronen und die zurückgebliebenen positiven Luftionen bilden einen transienten elektrischen Dipol. Aufgrund der Ablenkung der bewegten Ladungsträger im Erdmagnetfeld als Folge der Lorentzkraft entsteht dabei ein transienter magnetischer Dipol.

Diese zeitlich und räumlich schnell veränderliche Ladungs- und Stromverteilung der Dipole in oberen Atmosphärenschichten erzeugt ein breitbandiges, transientes Wellenfeld, welches erst den eigentlichen elektromagnetischen Impuls ergibt, der für Beeinträchtigungen von elektronischen Geräten und elektrischen Anlagen verantwortlich ist.

Ein NEMP ist im Unterschied zum LEMP (engl. lightning electromagnetic pulse) durch die besonders steile Anstiegsgeschwindigkeit und somit Breitbandigkeit gekennzeichnet. Bereits nach 4 ns werden 90 % des Maximalwerts erreicht.

Der genormte NEMP, wie er in Prüflaboratorien zum Prüfen von Abschirmungen verwendet wird, weist als Maximalwert eine elektrische Feldstärke von 50 kV/m und eine magnetische Feldstärke von 133 A/m auf.

Ähnliche Effekte treten auch bei nuklearen Explosionen in Bodennähe auf. Dort ist die Wirkung des NEMP allerdings auf einen kleineren räumlichen Bereich beschränkt und wird durch die thermischen und mechanischen Effekte der Nuklearexplosion überlagert.

Nicht-nukleare EMP-Waffen

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Waffen, deren Wirkung auf einen elektromagnetischen Impuls bei minimalen anderen Schadwirkungen optimiert ist, werden auch als E-Bomben oder EMP-Bomben bezeichnet.[4][5] Elektromagnetische Impulse können elektrische und vor allem elektronische Bauteile im Wirkungsbereich zerstören und werden daher vom Militär auch in Form bodengebundener EMP-Waffen oder als von Flugzeugen abgeworfene EMP-Bomben eingesetzt (siehe auch: Elektronische Kampfführung). Als Strahlungsquelle dient hierfür z. B. die gerichtete Mikrowellenstrahlung von Magnetrons, die, aus Kondensatoren gespeist, Spitzenleistungen im Terawattbereich liefern. Man nimmt an, dass EMP-Bomben von der US-Luftwaffe erstmals 2003 im Irakkrieg eingesetzt wurden.[6]

Gefahrensituation

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Die Schutzkommission beim Bundesminister des Innern schrieb 2011:

„Der EMP kann alle elektronisch gestützten Maschinen vom Flugzeug bis zum Herzschrittmacher stören oder zerstören, er gefährdet die zentralen Systeme von Rundfunk, Rettungswesen, Krankenhäusern, Energieversorgung und Bahntransport – mit entsprechender Gefahr für das Warnwesen, die Patientenversorgung und Evakuierungen.“[7]

Zu einem vergleichbaren Ergebnis kam eine amerikanische Kommission 2008.[8]

Der Schutz vor EMP wird auch als EMP-Härtung bezeichnet.[9] Vor allem räumlich weit ausgedehnte elektrische Leiter, wie Energieversorgungs- und Kupfer-Telekommunikationsnetze, sind durch LEMP bzw. NEMP gefährdet. NEMP gefährden auch metallene Rohrleitungen. Während Energieversorgungsnetze kaum geschützt werden können, kann man in Kommunikationsleitungen Trennübertrager oder -verstärker einbauen oder sie durch Glasfasernetze ersetzen.

Rohrleitungen kann man zum Schutz stellenweise oder ganz aus isolierenden Werkstoffen herstellen. Anlagen können durch einen Faradayschen Käfig und Schutzschaltungen (Galvanische Trennung, Überspannungsableiter) auf allen elektrischen Zuleitungen geschützt werden. Bei Funkanlagen lässt sich die Abschirmung allerdings nur teilweise erreichen, da deren Antennen nicht abgeschirmt werden dürfen, damit sie die elektromagnetischen Felder zum Detektor leiten können, was ihre primäre Aufgabe ist.

Flugzeuge sind durch ihre exponierte Lage während des Fluges in bestimmten Situationen, wie in der Nähe von starken Radaranlagen, auch in regulären und zivilen Anwendungsfällen stärkeren elektromagnetischen Impulsen ausgesetzt. Die zum Schutz nötigen Maßnahmen und Grenzwerte sind unter dem Begriff HIRF für englisch High Intensity Radiated Fields zusammengefasst.

EMP in den Medien

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In diversen Film- und Fernsehproduktionen sowie Videospielen kommen immer wieder EMPs, üblicherweise in fiktiver Form, vor. Beispiele dafür sind die Kinofilme James Bond 007 – GoldenEye und Matrix, die Fernsehserien 24, in deren vierter und achter Staffel ein EMP schwere Schäden verursacht, und Dark Angel, wo ein EMP im Pilotfilm dafür sorgt, dass die USA entwicklungstechnisch zurückgeworfen werden, wie auch in der deutschen Serie Einstein, in deren Finale der ersten Staffel zwei elektromagnetische Impulse ausgelöst werden.

Auf Englisch gibt es eine ganze Reihe von Büchern, die sich literarisch mit dem EMP beschäftigen, so beispielsweise das 2009 erschienene One second after (deutsch: Welt ohne Strom) von William R. Forstchen, das die Folgen eines EMP in einer amerikanischen Kleinstadt beschreibt.

  • Reinhard Breuer, Hans Lechleitner: Der lautlose Schlag. München 1982
  • Adolf J. Schwab: Elektromagnetische Verträglichkeit. 6. Auflage, Springer Verlag, 2011
  • Johannes Wilhelm e. a.: Nuklearer-elektro-magnetischer Puls (NEMP): Entstehung, Schutzmaßnahmen, Messtechnik. expert-Verlag, 1985
  • EMP protection for emergency operating centers. US Defense Civil Preparedness Agency, Washington D.C., 1972
  • The EMP threat: fact, fiction, and response part 1, part 2 thespacereview.com, abgerufen am 8. März 2012
  • Digitaler Stillstand: Die Verletzlichkeit der digital vernetzten Gesellschaft – Kritische Infrastrukturen und Systemperspektiven, ÖAW/Institut für Technikfolgen-Abschätzung/Projektbericht Nr. 2017-01 [1]

Einzelnachweise

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  1. Karl Küpfmüller, Gerhard Kohn: Theoretische Elektrotechnik und Elektronik. 14. Auflage. Springer Verlag, Berlin 1993, ISBN 3-540-56500-0.
  2. DIN 5483-1:1983-06 Zeitabhängige Größen
  3. DIN IEC 60469-1:1991-05 Impulstechnik – Impulsbegriffe und -definitionen
  4. Elektromagnetische Wirkungen auf den Seiten des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe, abgerufen am 21. Mai 2021
  5. Norbert Lossau: Physik: Wie man ein Land mit einer Blitzwaffe lahmlegt. In: DIE WELT. 15. Dezember 2012 (welt.de [abgerufen am 26. Mai 2021]).
  6. Vier Angriffswellen auf Bagdad, Der Spiegel, 27. März 2003
  7. Schutzkommission beim Bundesministerium des Innern: Vierter Gefahrenbericht. In: Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (Hrsg.): Schriften der Schutzkommission. Band 4, 2011, ISBN 978-3-939347-35-4, S. 31 (bund.de [PDF; 7,2 MB]).
  8. Report of the Commission to Assess the Threat to the United States from Electromagnetic Pulse (EMP) Attack. (PDF; 7,2 MB) In: empcommission.org. April 2008, abgerufen am 5. Mai 2019 (englisch).
  9. Schlafender Drache - DER SPIEGEL 34/1981. In: spiegel.de. 17. August 1981, abgerufen am 5. Mai 2019.