Ehaft
Ehaft oder Ehehaft (von althochdeutsch, mittelhochdeutsch êhaft für ‚gesetzlich, rechtmäßig‘) ist ein teilweise schon im 18. Jahrhundert veralteter Rechtsbegriff, der sich am längsten in der Schweiz und in Bayern gehalten hat und sowohl adjektivisch als auch substantivisch gebraucht wurde bzw. selten noch gebraucht wird.
Als Ehaften bezeichnete man einerseits die in gewissen mittelalterlichen Weistümern festgehaltenen Ordnungen und Rechtssatzungen, die das Zusammenleben einer Dorf- oder Siedlungsgemeinschaft regelten und den Rechtsgenossen bei den jährlich stattfindenden öffentlichen Volks- oder Gerichtsversammlungen (Ehaft-Taiding oder Thing) kundgemacht wurden.
In der Schweiz, Schwaben und Bayern waren Ehaften anderseits unter dem Feudalrecht entwickelte Realgewerberechte oder Realkonzessionen, d. h. an bestimmte Lokalitäten gebundene Gewerbe. Grundherren verlangten Konzessions- und Benützungsabgaben (Gebühren, Zinsen) für Einrichtungen (in der Regel mit Wasser- und Feuerrecht wie Tavernen, Mühlen, Schmieden, Trotten, Ofenhäuser usw.), die dem Gemeinwesen unentbehrlich waren und zu deren Benutzung sie die Gemeindeangehörigen zwingen konnten. Neue Ehaften wurden nur mit einem Bedarfsnachweis erteilt, wobei Inhaber benachbarter Ehaften einsprechen durften. Den Betreibern verschafften sie ein faktisches Monopol und eine sichere wirtschaftliche Basis. Im 19. Jahrhundert verschwanden die Ehaften allmählich aufgrund veränderter wirtschaftlicher Rahmenbedingungen und industriell-gewerblicher Produktionsweisen. Die allgemeine Handels- und Gewerbefreiheit in der Schweizerischen Bundesverfassung von 1874 schaffte die Ehaften als Realrechte endgültig ab.
Fortdauern
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Überbleibsel dieser untergegangenen – oder zumindest abgelösten – Rechtsordnung bestehen noch als ehehaftes Recht.
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Anne-Marie Dubler: Ehaften. In: Historisches Lexikon der Schweiz.
- Ehehaft, die. In: Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart. Band 1. Leipzig 1793, S. 1644–1645 (zeno.org).
- Ehehaft. In: Jacob Grimm, Wilhelm Grimm (Hrsg.): Deutsches Wörterbuch. Band 3: E–Forsche – (III). S. Hirzel, Leipzig 1862, Sp. 43 (woerterbuchnetz.de).
- ehaft, Ehafte, ehaften, Ehaftenbuch, ehaftig. In: Hermann Fischer (Bearbeiter): Schwäbisches Wörterbuch. Band II. Lauppsche Buchhandlung, Tübingen 1908, Spalten 544–548.
- ehaft, -ig und Ehaft, Ehafti, Ehaftigi. In: Friedrich Staub, Ludwig Tobler (Bearbeiter): Schweizerisches Idiotikon. Band I. Huber & Co., Frauenfeld 1881, Spalten 7–9 (idiotikon.ch).
- Ehehaft. In: Meyers Großes Konversations-Lexikon. 6. Auflage. Band 5: Differenzgeschäfte–Erde. Bibliographisches Institut, Leipzig / Wien 1906, S. 404 (Digitalisat. zeno.org).
- ehehaft, echt. In: Preußische Akademie der Wissenschaften (Hrsg.): Deutsches Rechtswörterbuch. Band 2, Heft 8 (bearbeitet von Eberhard von Künßberg). Hermann Böhlaus Nachfolger, Weimar, Sp. 1221–1222 (adw.uni-heidelberg.de – Erscheinungsdatum zwischen 1933 und 1935).
- Theodor Eisenbrand: Ehaftsordnungen im Hochstift Eichstätt. Feuchtwangen 1938.
- Dieter Werkmüller: Ehaft. In: Albrecht Cordes, Heiner Lück, Dieter Werkmüller, Ruth Schmidt-Wiegand (Hrsg.): Handwörterbuch zur deutschen Rechtsgeschichte. 2., völlig überarbeitete und erweiterte Auflage. Band I. Erich Schmidt Verlag, Berlin 2008, ISBN 978-3-503-07912-4, Sp. 1191–1192.
- Walter Hartinger: Ehaftgewerbe. In: Historisches Lexikon Bayerns. 2016 (historisches-lexikon-bayerns.de).