Eisenbahnbehörde

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Eine Eisenbahnbehörde respektive Eisenbahnverwaltungsbehörde oder Eisenbahnaufsichtsbehörde ist ein staatliches Organ, das entweder den Verwaltungskörper eines staatlichen Eisenbahnbetriebes bildet oder die Aufsicht über ein privates oder auch staatliches Eisenbahnunternehmen führt. Man unterscheidet hiernach Eisenbahnverwaltungs- und Eisenbahnaufsichtsbehörden. Die Verwaltungsbehörden der Staatseisenbahnen haben teilweise auch Aufsichtsbefugnisse.[1]

In Deutschland ist nach § 5 des Allgemeinen Eisenbahngesetzes (AEG) der Bund zuständig für die Eisenbahnaufsicht über die bundeseigenen Eisenbahnen. Die Aufsicht über die nichtbundeseigenen Eisenbahnen ist zwischen Bund und Ländern geteilt; nach der Grundkonzeption wären hier die Länder zuständig, jedoch ist der Bund mittlerweile für jene nichtbundeseigene Eisenbahnen zuständig, die nach dem Recht der Europäischen Union eine Sicherheitsgenehmigung oder eine Sicherheitsbescheinigung benötigen oder die als Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU) mit Sitz im Ausland in Deutschland tätig werden. Die Unterscheidung zwischen bundeseigenen Eisenbahnen und nichtbundeseigenen Eisenbahnen geht auf Art. 87e GG zurück.

Soweit die Eisenbahnaufsicht dem Bund zukommt, ist das Eisenbahn-Bundesamt (EBA) die zuständige Eisenbahnaufsichtsbehörde. Die Länder Hessen, Niedersachsen, Berlin, Bremen und Hamburg nehmen die ihnen zukommende Eisenbahnaufsicht selbst wahr, die anderen Bundesländer haben auch die Landeseisenbahnaufsicht dem Eisenbahn-Bundesamt übertragen.[2]

Die Aufgaben der Eisenbahnaufsicht sind in den §§ 5 und 5a AEG („Aufgaben und Befugnisse der Eisenbahnaufsichtsbehörden“) näher bestimmt.

Nach dem Stand von 1911/1912 waren im Deutschen Reich die Eisenbahnbehörde als Aufsichtsbehörde das Reichseisenbahnamt; die Landeseisenbahnverwaltungsbehörden in den einzelnen Bundesstaaten meist eine (General-) oder mehrere Direktionen.[3][4]

In Preußen waren die Eisenbahnbehörden die Direktionen, die dem Ministerium der öffentlichen Arbeiten unterstellt waren; unter ihnen die Betriebs-, Maschinen-, Telegraphen-, Verkehrsinspektionen.[3][4]

Daneben wurde das staatliche Aufsichtsrecht wahrgenommen

  • in Preußen für die Privatbahnen in unterer Instanz von den Präsidenten der Königlichen Eisenbahndirektionen;
  • in Bayern von dem Ministerium des königlichen Hauses und des Äußern, für die Privatbahnen in erster Instanz von den Kreisregierungen;
  • in Württemberg von dem Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten, für die Privatbahnen in erster Instanz von der Generaldirektion der Staatseisenbahnen;
  • in Sachsen von dem Ministerium des Innern für Tarif- und Fahrplanwesen und im Übrigen von dem Finanzministerium, für die Privatbahnen außerdem durch besondere Kommissionen (Kreis- oder Amtshauptleute, bez. technisch gebildete Staatseisenbahnbeamte);
  • in Baden und Hessen vom Finanzministerium, bez. durch besondere Kommissare,
  • und in Elsaß-Lothringen für die Privatbahnen von der Abteilung IV. des Ministeriums für Elsaß-Lothringen, während die oberste staatliche Aussicht über die Reichseisenbahnen in Elsaß-Lothringen zugleich von deren oberster Verwaltungsbehörde, dem Reichsamt für die Verwaltung der Reichseisenbahnen in Elsaß-Lothringen, ausgeübt wurde.[4]

In ähnlicher Weise war den vorgenannten staatlichen Aufsichtsbehörden zugleich die oberste Leitung der Verwaltung der Staatsbahnen in den betreffenden Ländern übertragen.[4]

In Österreich wird als Eisenbahnbehörde die zur Ausübung der Aufsicht zuständige Stelle verstanden. Zuständige Aufsichtsbehörde für Hauptbahnen ist jeweils der für Verkehr zuständige Bundesminister als Oberste Eisenbahnbehörde, konkret besorgt aktuell die Gruppe IV/E im Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie diese Aufgabe.[5] Hinsichtlich der Nebenbahnen, der Straßenbahnen und der nicht-öffentlichen Eisenbahnen ist gemäß § 12 Eisenbahngesetz 1957 teilweise die Oberste Eisenbahnbehörde, jedoch überwiegend der jeweilige Landeshauptmann zuständige Eisenbahnbehörde. Die nach dem Eisenbahnrecht der Europäischen Union von der Nationalen Sicherheitsbehörde wahrzunehmenden Aufgaben liegen bei der Obersten Eisenbahnbehörde.

Einzelne Zuständigkeiten weist das Eisenbahngesetz anderen Behörden zu, so insbesondere die Regulierung des Schienenmarktes der Schienen-Control Kommission. Diese anderen Behörden werden jedoch nicht als Eisenbahnbehörde bezeichnet.

Durch die 1852 erlassene Eisenbahn-Betriebs-Ordnung[6] wurde eine Generalinspektion der österreichischen Eisenbahnen als Eisenbahnaufsichtsbehörde errichtet, die von den für die Eisenbahnverwaltung zuständigen Direktionen der Staatseisenbahnen und der privaten Eisenbahnen getrennt war. Im Jahr 1919 wurde die Generalinspektion aufgelöst, ihre Zuständigkeiten gingen auf das Staatsamt (später: Bundesministerium) für Verkehrswesen über.[7] Die Verwaltung der Staatseisenbahnen wurde 1923 auf den neugeschaffenen Wirtschaftskörper Österreichische Bundesbahnen übertragen, während die Eisenbahnaufsicht beim Bundesministerium verblieb; für die Beurteilung eisenbahntechnischer Fragen konnte es sich des Sachverstandes dazu besonders autorisierter Angestellter der Bundesbahnen bedienen.[8]

Nach dem „Anschluss“ wurden die Österreichischen Bundesbahnen in die Deutsche Reichsbahn eingegliedert; diese war Eisenbahnaufsichts- und Eisenbahnverwaltungsbehörde. Nach der Wiedererlangung der Unabhängigkeit im Jahr 1945 blieb das deutsche Recht vorläufig in Geltung. Das Behörden-Überleitungsgesetz[9] sah vor, dass eine im Bundesministerium für Verkehr und Handel einzurichtende Generaldirektion der Österreichischen Staatseisenbahnen (später: Bundesbahnen) die Verwaltung der Eisenbahnen des Bundes und die Aufsicht über die privaten Eisenbahnen übernehmen soll.

Durch das Eisenbahngesetz 1957[10] wurde das österreichische Eisenbahnrecht neu geordnet und gilt seither auch wieder für Straßen- und Seilbahnen. Das Gesetz überträgt die Eisenbahnaufsicht – außer über Material- und Kleinseilbahnen – auf den für das Verkehrswesen jeweils zuständigen Bundesminister.[11] Das das Behörden-Überleitungsgesetz unberührt blieb, bediente sich der Bundesminister weiterhin der Generaldirektion der Österreichischen Bundesbahnen.

Die Wiederherstellung einer Trennung zwischen Eisenbahnverwaltung und Eisenbahnaufsicht erfolgte durch das Bundesbahngesetz 1969[12], das die Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) in einen selbständigen Wirtschaftskörper umwandelte, die Eisenbahnaufsicht jedoch beim Bundesminister beließ. Daran änderte auch die Umwandlung der ÖBB in eine privat-rechtliche Gesellschaftsform durch das Bundesbahngesetz 1992 nichts mehr. Durch Novellen zum Eisenbahngesetz 1957 wurden Teile der Eisenbahnaufsicht in mehreren Schritten auf die Länder und Bezirke übertragen, etwa 1992 für die Anschluss- und Straßenbahnen[13] und 2002 für die Nebenbahnen[14]. Die ÖBB hatten mehrfach vergeblich die Rückübertragung der Zuständigkeiten zumindest für die dem Eisenbahnrecht der Europäischen Union unterliegenden Nebenbahnen auf den Bundesminister gefordert.[15] Seit dem Inkrafttreten des Seilbahngesetzes 2003[16] umfasst der Begriff der Eisenbahnaufsicht nicht mehr die Aufsicht über Seilbahnen.

In der Schweiz ist in Art. 10 des Eisenbahngesetzes das Bundesamt für Verkehr als Aufsichtsbehörde bestimmt.[17] Die Zuständigkeiten und Aufgaben der Behörde sind ebenfalls im Eisenbahngesetz geregelt.

In Japan gab es das Eisenbahnministerium. Es war für den Betrieb der staatlichen Eisenbahnen im Japanischen Kaiserreich verantwortlich.

In Luxemburg ist die Nationale Sicherheitsbehörde im Sinne der Richtlinie 2004/49/EG und des Gesetzes vom 22. Juli 2009 die Administration des Chemins de Fer.[18]

Regulierungsstelle im Sinne der Richtlinie 2012/34/EU und des Gesetzes vom 6. Juni 2019 ist das Institut Luxembourgeois de Régulation.[19]

Vereinigte Staaten

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In den Vereinigten Staaten ist die zuständige Aufsichtsbehörde in Eisenbahnangelegenheiten die Federal Railroad Administration.

Einzelnachweise

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  1. Röll, Enzyklopädie des Eisenbahnwesens 1912: „Eisenbahnbehörden“
  2. Landeseisenbahnaufsicht, Eisenbahnbundesamt, abgerufen am 4. August 2023.
  3. a b Brockhaus’ Kleines Konversations-Lexikon von 1911: „Eisenbahnbehörden“
  4. a b c d Meyers Konversationslexikon von 1905: „Eisenbahnbehörden“
  5. Webseite des Bundesministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie, abgerufen am 27. Dezember 2022.
  6. Kaiserliche Verordnung, mittelst welcher eine Eisenbahn-Betriebs-Ordnung für alle Kronländer erlassen wird, RGBl. Nr. 1/1852.
  7. Gesetz, betreffend Auflösung der Generalinspektion der österreichischen Eisenbahnen und Einbeziehung der Geschäfte derselben in den engeren Wirkungskreis des Staatsamtes für Verkehrswesen, StGBl. Nr. 495/1919.
  8. Bundesgesetz über die Bildung eines Wirtschaftskörpers „Österreichische Bundesbahnen“ (Bundesbahngesetz), § 16, BGBl. Nr. 407/1923.
  9. § 51 Abs. 1 des Gesetzes vom 20. Juli 1945 über die Überleitung der Verwaltungs- und Justizeinrichtungen des Deutschen Reiches in die Rechtsordnung der Republik Österreich (Behörden-Überleitungsgesetz — Behörden-ÜG), StGBl. Nr. 94/1945.
  10. Bundesgesetz vom 13. Feber 1957 über das Eisenbahnwesen (Eisenbahngesetz 1957), BGBl. Nr. 60/1957.
  11. § 12 des Eisenbahngesetzes 1957 in der Stammfassung.
  12. Bundesgesetz vom 6. März 1969 über die Bildung des Wirtschaftskörpers „Österreichische Bundesbahnen“ (Bundesbahngesetz), BGBl. Nr. 137/1969.
  13. Bundesgesetz über die Änderung von Vollzugszuständigkeiten des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr, mit dem das Eisenbahngesetz, das Eisenbahnbeförderungsgesetz, das Kraftfahrliniengesetz, das Kraftfahrgesetz, das Gefahrgutgesetz — Straße, das Gelegenheitsverkehrsgesetz, das Güterbeförderungsgesetz, das Luftfahrtgesetz, das Bundesgesetz über den zwischenstaatlichen Luftverkehr, das Seeschiffahrtsgesetz und das Schiffahrtsgesetz geändert werden, BGBl. Nr. 452/1992
  14. Bundesgesetz, mit dem Bestimmungen über einen Deregulierungsauftrag erlassen sowie das Eisenbahngesetz 1957, das Rohrleitungsgesetz und das Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000 geändert werden (Deregulierungsgesetz 2001), BGBl. I Nr. 151/2001
  15. Vgl. etwa die Stellungnahme der ÖBB zur Eisenbahngesetz-Novelle 2020.
  16. Bundesgesetz über Seilbahnen (Seilbahngesetz 2003 – SeilbG 2003), BGBl. I Nr. 103/2003.
  17. Art 10. des Eisenbahngesetzes (SR 742.101)
  18. Loi du 22 juillet 2009 relative à la sécurité ferroviaire
  19. Loi relative à la gestion, à l’accès, à l’utilisation de l’infrastructure ferroviaire et à la régulation du marché ferroviaire