Bunyavirales

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Die Einteilung der Viren in Sys­te­matiken ist kontinuier­licher Gegen­stand der For­schung. So existieren neben- und nach­einander ver­schie­dene Virus­klas­sifi­kationen sowie die offi­zielle Virus-Taxo­nomie des Inter­national Com­mit­tee on Taxo­nomy of Viruses (ICTV). Die hier be­han­delte Grup­pe ist als Taxon durch neue For­schungen ob­solet ge­wor­den oder aus an­deren Grün­den nicht Teil der offi­ziel­len Virus-Taxo­nomie.
Elliovirales, Hareavirales

Rift-Valley-Fieber-Viren in Gewebe

Systematik
Klassifikation: Viren
Realm: Riboviria[2][1]
Reich: Orthornavirae[1]
Phylum: Negarnaviricota
Subphylum: Polyploviricotina
Klasse: Bunyaviricetes
Ordnung: Elliovirales, Hareavirales
Taxonomische Merkmale
Genom: (-)ssRNA segmentiert
Baltimore: Gruppe 5
Symmetrie: helikal
Hülle: vorhanden
Wissenschaftlicher Name
Elliovirales, Hareavirales
Links

Die Bunyaviren galten ursprünglich als Familie Bunyaviridae, später als Ordnung Bunyavirales. Am 30. April 2024 hat das ICTV von diesen die neue Ordnung Hareavirales (u. a. mit den Arenaviridae) ausgegliedert und die Ordnung mit dem Restbestand in Elliovirales umbenannt.

Sie umfassen behüllte Viren mit einer einzelsträngigen, segmentierten RNA als Genom. Die RNA-Segmente sind vorwiegend negativer Polarität, z. T. jedoch auch ambisense RNA.

Die ersten Vertreter dieser Viren wurden in dem Ort Bunyamwera (Uganda) isoliert, von dem sich der Name der früheren Familie bzw. Ordnung ableitet.

Schemazeichnung eines Virions der Gattung Orthobunyavirus

Die Partikel dieser Viren haben eine runde bis unregelmäßige Gestalt und sind je nach Gattung 80–120 nm groß. In die Virushülle sind zwei 5–10 nm lange Glykoprotein-Spikes (Virusproteine Gn und Gc) eingelagert. Das Kapsid (ein Ribonukleokapsid) ist 2 bis 2,5 nm dick und je nach Länge des RNA-Stranges 200–3000 nm lang und von helikaler Symmetrie.

Genomkarte der Gattung Orthobunyavirus

Das virale Genom besteht aus je einem Molekül von drei einzelsträngigen RNAs mit negativer oder gemischter (d. h. ambisense, +/-) Polarität. Sie werden als L (large), M (medium) und S (small) bezeichnet. Die Enden der einzelnen RNA-Segmente sind jeweils komplementär, so dass sie sich zu drei nicht-kovalent geschlossenen Ringen (mit ringförmigen Kapsiden) schließen. Die Sequenz dieser terminalen RNA-Abschnitte sind innerhalb einer Gattung hoch konserviert. Durch die Segmentierung des Genoms ist ähnlich wie bei den Orthomyxoviridae (z. B. Influenzaviren) ein genetisches Reassortment (Reassortierung) möglich, was bereits bei einigen Spezies in vitro und in vivo gezeigt werden konnte.

Alle dieseViren besitzen vier Strukturproteine: die zwei Hüllproteine Gc und Gn (codiert auf dem M-Segment), dem Nukleokapsidprotein N (auf dem S-Segment) und einem großen RNA-Polymerase-Molekül L (auf dem L-Segment). Weitere 1–2 Nicht-Strukturproteine (NSm und NSs) noch wenig erforschter Funktion werden je nach Gattung auf dem M- oder S-Segment codiert; die Gattung Hantavirus besitzt kein weiteres Nicht-Strukturprotein.

Biologische Eigenschaften

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Diese Viren können sich (mit Ausnahme der Familie Fimoviridae und der Gattung Tospovirus) in Vertebraten und alternativ in Insekten vermehren. Bei der Replikation in Vertebraten-Zellen lösen sie die Zelle auf (cytolytisch) während in Insektenzellen keine oder nur geringe cytopathologische Veränderungen festzustellen sind. Die einzelnen Virusspezies sind sehr eng auf ihren Vertebraten- und Insektenwirt angepasst.

Die verschiedenen Virusspezies werden durch Stechmücken, Zecken, Sandmücken (Gattung Phlebotomus) und andere Insekten als Vektoren übertragen. Für die Hantaviren ist bislang noch kein derartiger Vektor bekannt; bei ihnen ist eine aerogene Übertragung beschrieben und eine nicht cytopathogene Persistenz in Nagetieren als Wirt. Die Gattung Tospovirus nimmt eine Sonderstellung, da sie ausschließlich Pflanzen befallen (ebenso wie die Familie Fimoviridae) und von Fransenflüglern (Thysanoptera) übertragen werden.

2016 wurde die bisherige Familie Bunyaviridae vom International Committee on Taxonomy of Viruses (ICTV) in mehrere Familien (Hantaviridae, Nairoviridae, Peribunyaviridae, Phenuiviridae, Tospoviridae) der damals neu gebildeten Ordnung Bunyavirales geteilt, die auch die Familie Arenaviridae der Arenaviren und weitere kleinere Familien mit einschließt. Ende April 2024 wurde diese Ordnung Bunyavirawles aufgeteilt in die beiden Ordnungen Elliovirales und Hareavirales.

Die hier angegebene Systematik stellt den Stand vom 30. April 2024 dar (ehemalige Typusspezies der Familien sind mit ‚(*)‘ markiert. Zu einigen ausgewählten Spezies sind zugehörige Viren beispielhaft ausgeführt.[3][4]

Struktur von Peribunyaviren (links) und TEM-Aufnahme ihres Mitglieds Kalifornien-Enzephalitis-Virus (CEV, rechts)

Ordnung Elliovirales

  • Genus Lincruvirus (ursprünglich Portunivirus) mit 1 Spezies:
  • Spezies Lincruvirus europense (früher Crustacean lincruvirus, Crab portunivirus, *) mit Wenling crustacean virus 9 (WICV-9) und European shore crab virus 1 alias Carcinus maenas Portunibunyavirus 1 (EscV-1)[5]
  • Genus Emaravirus mit 9 Spezies, darunter:
    • Spezies Feigenmosaicvirus, offiziell Fig mosaic emaravirus
    • Spezies European mountain ash ringspot-associated virus (*)[6]
  • Genus Orthohantavirus, vormals Hantavirus, mit 35 Spezies, darunter:
    • Spezies Hantaanvirus, offiziell Hantaan orthohantavirus (*) – natürliche Infektionen vor allem bei Nagetieren, von denen einige auch hämorrhagisches Fieber beim Menschen auslösen können
    • Spezies Sin-Nombre-Virus, offiziell Sin Nombre orthohantavirus – natürliche Infektionen vor allem bei Nagetieren, von denen einige auch hämorrhagisches Fieber beim Menschen auslösen können
  • Genus Loanvirus mit 2 Spezies
    • Spezies Longquan loanvirus (*)
  • Genus Mobatvirus mit 3 Spezies
    • Spezies Nova mobatvirus (*)
  • Genus Thottimvirus mit 2 Spezies
    • Spezies Thottopalayam thottimvirus (*)
  • Familie Konkoviridae
  • Familie Peribunyaviridae – hier sind die meisten der früher den Bunyaviridae zugerechneten Arten zusammengefasst:
  • Genus Orthophasmavirus mit 5 Spezies, darunter:
  • Genus Feravirus (früher in eigener Familie Feraviridae) mit 1 Spezies:
  • Genus Inshuvirus mit 1 Spezies
    • Spezies Insect inshuvirus (*)
  • Genus Jonvirus (früher als Orthojonvirus zu eigener Familie Jonviridae) mit 1 Spezies, darunter:
    • Spezies Jonchet-Virus, offiziell Jonchet jonvirus, veraltet Jonchet orthojonvirus (*)
  • Genus Sawastrivirus (früher Wastrivirus), mit Typusspecies Sanxia sawastrivirus
    • Spezies Sanxia wastrivirus (alias Water strider virus 4, SxWSV-4)[7]
  • Genus Wuhivirus mit 1 Spezies
    • Spezies Insect wuhivirus (*)
  • Genus Orthotospovirus (alias Tospovirus, Pflanzenviren)[8] mit 11 Spezies, darunter:
    • Spezies Iris yellow spot orthotospovirus (alias Iris yellow spot tospovirus)
    • Spezies Zucchini lethal chlorosis orthotospovirus (alias Zucchini lethal chlorosis tospovirus)
    • Spezies Tomatenbronzefleckenvirus, offiziell en. Tomato spotted wilt orthotospovirus, früher Tomato spotted wilt tospovirus (*)
  • Familie Tulasviridae

Ordnung Hareavirales

Lebenszyklus der Nairoviridae.
(1) Anheftung des Virions; (2) Auf­nahme des Virions; (3) Fusion von Virion und Zellmembran; (4) Transkrip­tion ; (5) Translation; (6) Replikation; (7) fertiges Virion.
Spezies Ocetevirus paratemnopterygis
  • Genus Orthonairovirus, vormals Nairovirus, mit 44 Spezies, darunter:
  • Genus Shabavirus
    • Spezies Sabavirus americanum
  • Genus Shaspivirus mit 1 Spezies
    • Spezies Shaspivirus aranei (früher Spider shaspivirus, *) mit
      • Shāyáng spider virus 1
  • Genus Striwavirus mit 1 Spezies
    • Spezies Striwavirus sanxiaense (*) mit
      • Sānxiá water strider virus 1
  • Genus Xinspivirus
    • Spezies Xinspivirus xinzhouense mit
      • Xīnzhōu spider virus

Dazu kommt Anzahl von Virenspezies, die für die eine dieser oder der früheren Ordnung Bunyavirales vorgeschlagen wurden, aber noch nicht einer Gattung zugeordnet wurden.

Einzelnachweise

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  1. a b ICTV: ICTV Taxonomy history: Akabane orthobunyavirus, EC 51, Berlin, Germany, July 2019; Email ratification March 2020 (MSL #35)
  2. ICTV Master Species List 2018b v1 MSL #34, Feb. 2019
  3. ICTV: Taxonomy Browser.
  4. ICTV: Virus Metadata Resource (VMR).
  5. a b Jamie Bojko: Animal dsRNA and ssRNA- viruses, Vorschlag 2020.002M.N.v1.Portunivirus an das ICTV vom 15. Oktober 2019 (via WebArchiv vom 10. November 2019)
  6. ICTV Emaravirus (Memento des Originals vom 7. März 2021 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/talk.ictvonline.org
  7. Claudio L. Afonso et al.: Taxonomy of the order Mononegavirales: update 2016, in: Archives of Virology, Volume 161, Nr. 8, 1. August 2016, S. 2351–2360
  8. SIB: Orthotospovirus, auf: ViralZone
  9. a b Piet Maes et al.: Expansion of the order Bunyavirales, ICTV Technical Report, Juni 2018, doi:10.13140/RG.2.2.25861.40163
  10. a b Ein alternativer Vorschlag war zuvor: Spezies ‚Tick-borne phlebovirus‘ (TBPV) der Gattung Phlebovirus; Shu Shen, Xiaomei Duan, Bo Wang, Liying Zhu, Yanfang Zhang, Jingyuan Zhang, Jun Wang, Tao Luo, Chun Kou, Dan Liu, Chuanwei Lv, Lei Zhang, Chenchen Chang, Zhengyuan Su, Shuang Tang, Jie Qiao, Abulimiti Moming, Cheng Wang, Abulikemu Abudurexiti, Hualin Wang, Zhihong Hu, Yujiang Zhang, Surong Sun, Fei Deng: A novel tick-borne phlebovirus, closely related to severe fever with thrombocytopenia syndrome virus and Heartland virus, is a potential pathogen, in: Nature: Emerging Microbes & Infections, Band 7, Artikel-Nr. 95, 25. Mai 2018, doi:10.1038/s41426-018-0093-2
  11. SIB: viralzone.expasy.org@1@2Vorlage:Toter Link/viralzone.expasy.org (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im Juni 2023. Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis., auf: ViralZone
  • C.M. Fauquet, M.A. Mayo et al.: Eighth Report of the International Committee on Taxonomy of Viruses, London, San Diego, 2004
  • David M. Knipe, Peter M. Howley et al. (eds.): Fields´ Virology, 4. Auflage, Philadelphia 2001