Environmental, Social and Governance

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ESG als Perspektive für umweltbewusste und nachhaltige Umverteilung der weltweiten wirtschaftlichen Wertschöpfung

Environmental, Social and Corporate Governance (kurz ESG; englisch für: Umwelt, Soziales und Unternehmensführung) sind Kriterien und Rahmenbedingungen der Vereinten Nationen (UN) und Finanzinstituten für die Berücksichtigung von Umwelt-, Nachhaltigkeits- und Sozialfragen innerhalb von Unternehmensführungen, öffentlichen Körperschaften, Regierungen und Behörden.[1]

Neben den Interessen und Bedürfnissen der Unternehmen weltweit sollen laut ESG-Kriterien auch die Bedürfnisse aller Stakeholder (engl. für Interessengruppen) wie Mitarbeiter, Kunden, Lieferanten, Finanzinstitute, NGOs, Sozial- und Umweltvertreter zukünftig berücksichtigt werden. Die ESG-Kriterien sind so konzipiert, dass sie zukünftig in die Strategie aller Unternehmen weltweit eingebettet werden sollen. Die weltweite wirtschaftliche Wertschöpfung soll also zukünftig unter allen Stakeholdern umverteilt werden.[2]

Definition und Grundlagen

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ESG umfasst drei Schlüsselbereiche, die bei der Analyse der Nachhaltigkeitsleistung eines Unternehmens bewertet werden:

  1. Umwelt (Environment): Dieser Aspekt bezieht sich auf die Auswirkungen eines Unternehmens auf die Umwelt, einschließlich Themen wie Klimawandel, Energieeffizienz, Ressourcenverbrauch, Abfallmanagement und Umweltverschmutzung. Unternehmen, die sich auf umweltfreundliche Praktiken konzentrieren und ihre ökologischen Auswirkungen minimieren, werden positiv im ESG-Rating bewertet.[3]
  2. Soziales (Social): Der soziale Aspekt von ESG betrifft die Beziehungen eines Unternehmens zu seinen Mitarbeitern, Kunden, Lieferanten, Gemeinschaften und anderen relevanten Stakeholdern. Dazu gehören Themen wie Arbeitsbedingungen, Menschenrechte, Vielfalt und Inklusion, Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz sowie das Engagement in der Gemeinschaft. Unternehmen, die sozial verantwortlich handeln und sich um das Wohlergehen ihrer Stakeholder kümmern, erhalten positive Bewertungen.[4]
  3. Governance: Governance bezieht sich auf die Art und Weise, wie ein Unternehmen geführt und kontrolliert wird. Dies umfasst die Unternehmensführung, ethische Grundsätze, Integrität, Transparenz, Vorstandszusammensetzung, unabhängige Prüfung und die Einhaltung von Vorschriften. Unternehmen mit guter Governance-Struktur und -Praxis werden als vertrauenswürdig angesehen und erzielen eine höhere ESG-Bewertung.[5]

Wirtschaftliche, wissenschaftliche und politische Einordnung

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Seit 2020 gibt es zunehmende Anreize von den Vereinten Nationen (UN), ESG-Daten mit den Zielen für nachhaltige Entwicklung (SDGs) zu verknüpfen, basierend auf ihrer Arbeit, die in den 1980er Jahren begann. Der Begriff ESG wurde erstmals in einem Bericht von 2004 mit dem Titel "Who Cares Wins" populär verwendet, der auf Einladung der UN eine gemeinsame Initiative von Finanzinstituten war.[6] Innerhalb von weniger als 20 Jahren hat sich die ESG-Bewegung von einer Initiative zur gesellschaftlichen Verantwortung von Unternehmen, die von den Vereinten Nationen ins Leben gerufen wurde, zu einem globalen Phänomen entwickelt, das mehr als 30 Billionen US-Dollar an verwaltetem Vermögen repräsentiert.[7] Allein im Jahr 2019 flossen nach Angaben von Morningstar, Inc. Kapital in Höhe von insgesamt 17,67 Milliarden US-Dollar in ESG-verknüpfte Produkte, ein Anstieg um fast 525 Prozent gegenüber 2015.[8]

Die Erfassung und Analyse von ESG-Daten sowie die Verknüpfung mit den SDGs erfordern eine interdisziplinäre Herangehensweise und den Einsatz wissenschaftlicher Methoden. Forscher, Experten und Akademiker auf verschiedenen Gebieten wie Global Studies, Umweltwissenschaften, Wirtschaftswissenschaften und Rechtswissenschaften tragen zur wissenschaftlichen Erkenntnis und Diskussion im Bereich ESG bei.[9] Durch solche Forschungsarbeiten werden Erkenntnisse über die Auswirkungen von ESG-Faktoren auf Unternehmen, Märkte und die Gesellschaft gewonnen, was zu fundierteren Entscheidungen und einer nachhaltigeren Entwicklung führen kann.[10]

Bedeutung und Auswirkungen von ESG

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ESG hat in den letzten Jahren erheblich an Bedeutung gewonnen. Investoren erkennen zunehmend, dass ESG-Faktoren finanzielle Risiken und Chancen beeinflussen können. Durch die Integration von ESG-Kriterien in ihre Anlagestrategien können Investoren Unternehmen identifizieren, die langfristig nachhaltig und erfolgreich sein können.[11]

Unternehmen, die ESG-Praktiken übernehmen, können auch Vorteile wie verbesserte Geschäftsergebnisse, gesteigerte Wettbewerbsfähigkeit, besseren Zugang zu Kapital und eine stärkere Bindung an Kunden und Mitarbeiter erlangen. Darüber hinaus können sie zur Erreichung globaler Nachhaltigkeitsziele wie den Zielen für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen (SDGs) beitragen. Nachteile sind der erhöhte Kostenaufwand sowie die Marktverdrängung von Unternehmen, die ESG-Praktiken nicht umsetzen können oder wollen.

ESG-Analysten und ESG-Manager

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ESG-Analysten spielen eine entscheidende Rolle bei der Bewertung der Nachhaltigkeitsleistung von Unternehmen und Organisationen. Sie unterstützen Unternehmen bei der transparenten Berichterstattung über ihre Nachhaltigkeitsperformance. Durch die Offenlegung von ESG-Informationen können Unternehmen ihre Stakeholder über ihre Praktiken und Fortschritte informieren und das Vertrauen in ihre Geschäftspraktiken stärken. Um eine fundierte und umfassende Bewertung vornehmen zu können, ist das Wissen und die Einbindung von Nachhaltigkeits-, Wirtschafts-, Global-Studies- und Rechtsexperten von zunehmender Bedeutung.[12] Das notwendige Verständnis für komplexe globale Zusammenhänge und die Auswirkungen von Umwelt, Sozialem und Governance auf globaler Ebene benötigt eine interdisziplinäre Betrachtungsweise, um die Interessen der Gesellschaft, der Umwelt und der Wirtschaft zu berücksichtigen.[13] Vermehrte behördliche Auflagen zu Nachhaltigkeitsreportings machen ESG-Analysen zur Notwendigkeit für Unternehmen. ESG-Manager sind dafür zuständig, eine umfassende Nachhaltigkeitsstrategie zu entwickeln, die auf die spezifischen Bedürfnisse und Ziele des Unternehmens zugeschnitten ist. Sie analysieren und bewerten ESG-Risiken und -Chancen und identifizieren geeignete Maßnahmen und Ziele, um eine langfristige Nachhaltigkeitsperformance sicherzustellen.

EU-Taxonomie und ESG

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Die EU-Taxonomie ist ein wichtiges Instrument der Europäischen Union zur Klassifizierung von wirtschaftlichen Aktivitäten hinsichtlich ihrer Nachhaltigkeit. Sie dient dazu, einheitliche Kriterien festzulegen, um zu bestimmen, welche wirtschaftlichen Aktivitäten als umweltfreundlich eingestuft werden können.[14] Die Verbindung zwischen der EU-Taxonomie und ESG-Kriterien liegt in ihrer gemeinsamen Zielsetzung, Nachhaltigkeit zu fördern und Investoren, Unternehmen und Regierungen bei ihren Entscheidungen im Einklang mit den ESG-Prinzipien zu unterstützen. Durch die Verbindung von EU-Taxonomie und ESG-Kriterien entsteht ein einheitlicher Rahmen für die Bewertung der Nachhaltigkeitsleistung von Unternehmen und eine bessere Vergleichbarkeit von Informationen. Dies fördert Transparenz und Verantwortlichkeit in Bezug auf nachhaltige Praktiken und erleichtert Investoren und Unternehmen die Integration von ESG-Faktoren in ihre Entscheidungsprozesse.[15]

ESG-Finanzprodukte

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ESG-Finanzprodukte umfassen eine Vielzahl von Instrumenten wie nachhaltige Investmentfonds, grüne Anleihen, sozial verantwortliche Anlagen und ethische Investmentstrategien. Diese Produkte bieten Anlegern die Möglichkeit, in Unternehmen zu investieren, die sich für Umweltschutz, soziale Gerechtigkeit und gute Unternehmensführung einsetzen. ESG-Kriterien werden auch in die Analyse von Unternehmen für Kreditvergaben und Kreditratings einbezogen, um die Risiken im Zusammenhang mit Umwelt, Soziales und Governance zu bewerten.[16]

Die Bedeutung von ESG bei Finanzprodukten spiegelt den wachsenden Wunsch der Anleger wider, nicht nur finanzielle Renditen zu erzielen, sondern auch einen positiven Beitrag zu einer nachhaltigen Entwicklung zu leisten. Durch die Integration von ESG-Kriterien in Finanzprodukte werden langfristige Risiken minimiert, Chancen gefördert und eine nachhaltigere Wirtschaft gefördert. Jedoch ist auch darauf hinzuweisen, dass es auch Unternehmen gibt, die ESG-Zertifikate als Versuch zum Greenwashing nutzen.[17]

Immobilien, die unter ESG-Mietverträgen oder Green Leases vermietet werden, eignen sich als Kapitalanlagen für ESG-Investitionsstrategien. Solche Mietverträge verpflichten den Mieter beispielsweise, Strom aus erneuerbaren Energiequellen wie etwa aus einer hauseigenen Photovoltaikanlage zu nutzen, sich energie‑oder wassersparend zu verhalten oder die Mitarbeiter zur Nutzung von ÖPNV oder Elektrofahrzeugen anzuhalten.[18][19]

ESG-Kriterien stehen über Zweifel an nachhaltiger Entwicklung und Wachstumszwang hinaus wiederholt aufgrund ihrer relativen Unschärfe und vielfach beobachtbaren Tendenz zum Greenwashing in Kritik: Mitte 2022 nahm das Europäische Parlament Gasinfrastruktur und Kernkraftwerke in die ESG-betreffende EU-Taxonomie auf, was diese laut Rasmus Andresen „als [...] Gütesiegel für Finanzprodukte unbrauchbar“ gemacht habe.[20] Unter dem Themenfeld „Verteidigung, Resilienz und Sicherheit“ beabsichtigt die Europäische Kommission zudem die Betrachtung der Rüstungsindustrie als nachhaltige Anlage nach ESG-Kriterien.[21][22] Weitere finanzmarktnahe Akteure geben dagegen an, ESG-Kriterien widersprächen sich beispielsweise aufgrund von Zielkonflikten zwischen einer schnellen Dekarbonisierung und dem Schutz von Arbeitsplätzen in bisherigen Branchen.[23][24][25]

  • Kai C. Andrejewski, Nils Krause, Moritz von Hesberg (Hrsg.): Praxishandbuch ESG. Grundlagen, Bedeutung und Umsetzung in Unternehmen. Fachmedien Recht und Wirtschaft in Deutscher Fachverlag GmbH, Frankfurt am Main 2023, ISBN 978-3-8005-1826-5.
  • Georg Tichy, Karin Fuhrmann (Hrsg.): Handbuch ESG-Berichterstattung. Linde, Wien 2023, ISBN 978-3-7073-4796-8.

Einzelnachweise

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  1. Philipp Haberstock: Definition: ESG-Kriterien. Abgerufen am 13. Juni 2023.
  2. PricewaterhouseCoopers: Nachhaltigkeit - ESG (Environment, Social, Governance). Abgerufen am 13. Juni 2023 (österreichisches Deutsch).
  3. roxanna.schmit: ESG, wie bitte? Was hinter den Buchstaben steckt. 12. Juni 2023, abgerufen am 13. Juni 2023.
  4. ESG 101: What is Environmental, Social and Governance? Abgerufen am 13. Juni 2023 (amerikanisches Englisch).
  5. cbaumgartner: ESG: Warum soziale Themen in der nachhaltigen Geldanlage immer wichtiger werden. In: Newsroom für UnternehmerInnen - Erste Bank und Sparkasse. 2. September 2022, abgerufen am 13. Juni 2023.
  6. UN Environment Programme: Who Cares Wins. (PDF) In: Who Cares Wins: The Global Compact Connecting Financial Markets to a Changing World. Vereinten Nationen, 21. Mai 2022, abgerufen am 13. Juni 2023 (englisch).
  7. Global sustainable investing assets surged to $30 trillion in 2018 | Greenbiz. Abgerufen am 13. Juni 2023 (englisch).
  8. ESG Investing Comes of Age. Abgerufen am 13. Juni 2023 (englisch).
  9. Sustainable Finance. Abgerufen am 13. Juni 2023.
  10. Overview. Abgerufen am 13. Juni 2023 (englisch).
  11. Definition: Was bedeutet ESG (Environmental Social Governance)? In: EURAMCO. Abgerufen am 13. Juni 2023.
  12. European Global Studies. Abgerufen am 13. Juni 2023.
  13. Global study on ESG incentives in executive compensation. Abgerufen am 13. Juni 2023 (amerikanisches Englisch).
  14. EU-Taxonomie-Verordnung. Abgerufen am 13. Juni 2023.
  15. Nachhaltige Finanzen: EU-Kommission macht neue Vorschläge für EU-Taxonomie und ESG-Kriterien. Abgerufen am 13. Juni 2023.
  16. Private Anleger:innen. Abgerufen am 13. Juni 2023.
  17. PwC Deutschland: ESG-Finanzprodukte im Fokus / ESG - Der Blog zur Nachhaltiskeitsagenda / PwC Deutschland. 30. März 2023, abgerufen am 13. Juni 2023.
  18. Green Lease 2.0. Vom grünen Mietvertrag zum ESG Lease. ZIA Zentraler Immobilien Ausschuss e.V., 2024, abgerufen am 3. April 2024.
  19. Cüneyt Andac: Green Leases als Innovative ESG-Strategien in der Immobilienfondsindustrie. King & Spalding LLP, 2023, abgerufen am 3. April 2024.
  20. Europaparlament beschließt Ökosiegel für Gas und Atomkraft – Erleichterung in Energiebranche. In: Handelsblatt. 6. Juli 2022, abgerufen am 8. Oktober 2024.
  21. Aurel Eschmann: Waffenlobby: Rüstung soll als „nachhaltig“ eingestuft werden. In: Lobbycontrol. 8. Oktober 2024, abgerufen am 8. Oktober 2024.
  22. Aysel Osmanoglu: Verdrehte Nachhaltigkeit: Erst Gas und Atomkraft, nun Waffen? In: TableMedia. 6. September 2024, abgerufen am 8. Oktober 2024.
  23. Heike Buchter: ESG: Schluss mit Nachhaltigkeit. In: Die Zeit. 16. Januar 2024, ISSN 0044-2070 (zeit.de [abgerufen am 8. Oktober 2024]).
  24. Alex Edmans: The End of ESG. In: SSRN Electronic Journal. 2022, ISSN 1556-5068, doi:10.2139/ssrn.4221990 (ssrn.com [abgerufen am 8. Oktober 2024]).
  25. Thierry Philipponnat: Kritik an ESG-Ratings: Äpfel und Birnen werden addiert. In: Finance Watch. 31. Mai 2024, abgerufen am 8. Oktober 2024.