Sonnwend-Wolfsmilch

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Sonnwend-Wolfsmilch

Sonnwend-Wolfsmilch

Systematik
Unterfamilie: Euphorbioideae
Tribus: Euphorbieae
Untertribus: Euphorbiinae
Gattung: Wolfsmilch (Euphorbia)
Untergattung: Esula
Art: Sonnwend-Wolfsmilch
Wissenschaftlicher Name
Euphorbia helioscopia
L.

Die Sonnwend-Wolfsmilch (Euphorbia helioscopia) ist eine Pflanzenart in der Gattung Wolfsmilch (Euphorbia) innerhalb der Familie der Wolfsmilchgewächse (Euphorbiaceae). Der botanische und der deutsche Name weisen auf die Eigentümlichkeit der Art hin, ihre Blütenstände nach der Sonne auszurichten (Heliotropismus).

Die Sonnwend-Wolfsmilch ist eine einjährige krautige Pflanze, die Wuchshöhen von bis zu 40 Zentimetern erreicht, die meisten Pflanzen werden jedoch nur 10 bis 20 cm hoch und bleiben unverzweigt oder verzweigen nur gering aus der Basis. Der zylindrische, bis etwa 3 mm dicke Stängel trägt nur wenige verkehrt-eiförmige Laubblätter, die bis etwa 2 cm lang sind. Das Längenwachstum wird mit einem Wirtel aus fünf Blättern abgeschlossen, über dem der endständige Blütenstand erscheint.

Der Blütenstand bildet den umfangreichsten Teil der Pflanze. Er ist eine fünfstrahlige Trugdolde, die dreigeteilt (trichotom) verzweigt ist. Die Hochblätter, die den größten Teil des Laubes ausmachen, sind blattförmig, häufig leicht gezähnt und gelblich-grün. Ebenfalls gelblich-grün sind die nur etwa 1 mm großen Cyathien. Die zuerst gebildeten Cyathien tragen meist fünf, die auf weiter verzweigten Blütenstandsstielen erscheinenden Cyathien meist nur vier breit eiförmige bis fast kreisrunde Nektardrüsen. Die tief gelappte, dreikammerige Kapselfrucht hat einen Durchmesser von etwa 3 mm und ragt auf einem gebogenen Stiel aus dem Cyathium heraus.

Die gesamte Vegetationsperiode liegt etwa zwischen März und November, die Blütezeit zwischen April und Oktober. Gegen Ende der Vegetationsperiode werden die Pflanzen häufig von Mehltau befallen. Spätestens mit dem ersten Bodenfrost sterben sie ab.

Die Art hat die Chromosomenzahl 2n = 42.[1]

Sonnenwend-Wolfsmilch (Euphorbia helioscopia)

Die Sonnenwend-Wolfsmilch ist meist ein Therophyt.

Die Blüten blühen durch einen Zivilisationseffekt inzwischen auch im Winter. Die Blütenstände zeigen eine Photonastie d. h., sie sind der Sonne zugewandt. Die Bestäubung erfolgt vor allem durch Fliegen. Hauptblütezeit ist von April bis Oktober.

Die dreiteiligen Spaltfrüchte zerfallen in drei „Kokken“, die sich durch einen Stoßmechanismus explosionsartig öffnen und die netzgrubigen Samen bis 2 m weit fortschleudern. Die Samen sind langlebig. Fruchtreife ist von Juli bis Oktober. Es findet auch Apomixis statt, d. h. die Bildung von Samen ohne Befruchtung.

Vegetative Vermehrung ist durch Wurzelsprosse möglich. Die Art wurzelt bis 80 Zentimeter tief.[1]

Diese Art (möglicherweise identisch mit einer früher lateinisch als Tithymallus oder titmallus bezeichneten Pflanze[2][3]) stammt ursprünglich vermutlich aus dem Mittelmeerraum und verbreitete sich im Neolithikum als Kulturfolger des Menschen (Archäophyt).[4] Das natürliche Verbreitungsgebiet der Art reicht von Nordafrika über das gesamte Europa und in Asien über Iran und Indien bis nach China und Japan. In Nord- und Südamerika sind eingeschleppte Pflanzen verwildert (Invasive Pflanze).

Die Sonnenwend-Wolfsmilch kommt verbreitet in lückigen Unkrautfluren gehackter Äcker oder in Gärten und Weinbergen vor. Sie bevorzugt stickstoff- und basenreiche, lockere Böden und zeigt Lehm und Nährstoffreichtum an.[1] Nach Ellenberg ist sie ein Frischezeiger, ein Schwachsäure- bis Schwachbasezeiger, an stickstoffreichen Standorten wachsend und eine Verbandscharakterart der Erdrauch-Wolfsmilchgesellschaften (Fumario-Euphorbion).[5]

Die ökologischen Zeigerwerte nach Landolt et al. 2010 sind in der Schweiz: Feuchtezahl F = 3 (mäßig feucht), Lichtzahl L = 4 (hell), Reaktionszahl R = 4 (neutral bis basisch), Temperaturzahl T = 3+ (unter-montan und ober-kollin), Nährstoffzahl N = 4 (nährstoffreich), Kontinentalitätszahl K = 3 (subozeanisch bis subkontinental).[6]

Die Art steigt in den Allgäuer Alpen im Tiroler Teil bei Benglerwald zwischen Holzgau und Bach bis zu 1200 m Meereshöhe auf.[7] In der Schweiz steigt die Art bis 1800 Meter, in Tirol bis 1700 Meter Meereshöhe auf.[8]

Systematik und Taxonomie

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Euphorbia helioscopia wurde 1753 von Carl von Linné in Species Plantarum erstveröffentlicht.[9]

Man kann zwei Unterarten unterscheiden:

  • Euphorbia helioscopia subsp. helioscopia: Sie kommt in Makaronesien, in Nordafrika und von Eurasien bis zum Indischen Subkontinent vor.[10]
  • Euphorbia helioscopia subsp. hiemalis A.P.Khokhr.: Sie kommt im Kaukasusgebiet vor.[10]

Die Art wurde bereits im dritten vorchristlichen Jahrtausend unter dem Kaiser Shen-Nong ärztlich verwendet.[8]

  • Siegmund Seybold (Hrsg.): Schmeil-Fitschen. Die Flora von Deutschland interaktiv. Sehen – Bestimmen – Wissen. Der Schlüssel zur Pflanzenwelt. CD-ROM, Version 2.0. Quelle & Meyer, Wiebelsheim 2004, ISBN 3-494-01368-3.
  • Oskar Sebald, Siegmund Seybold, Georg Philippi (Hrsg.): Die Farn- und Blütenpflanzen Baden-Württembergs. Band 4: Spezieller Teil (Spermatophyta, Unterklasse Rosidae): Haloragaceae bis Apiaceae. Eugen Ulmer, Stuttgart (Hohenheim) 1992, ISBN 3-8001-3315-6.
  • Ruprecht Düll, Herfried Kutzelnigg: Taschenlexikon der Pflanzen Deutschlands und angrenzender Länder. Die häufigsten mitteleuropäischen Arten im Portrait. 7., korrigierte und erweiterte Auflage. Quelle & Meyer, Wiebelsheim 2011, ISBN 978-3-494-01424-1.
Commons: Sonnwend-Wolfsmilch (Euphorbia helioscopia) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. a b c Erich Oberdorfer: Pflanzensoziologische Exkursionsflora für Deutschland und angrenzende Gebiete. Unter Mitarbeit von Angelika Schwabe und Theo Müller. 8., stark überarbeitete und ergänzte Auflage. Eugen Ulmer, Stuttgart (Hohenheim) 2001, ISBN 3-8001-3131-5.
  2. Wouter S. van den Berg (Hrsg.): Eene Middelnederlandsche vertaling van het Antidotarium Nicolaï (Ms. 15624–15641, Kon. Bibl. te Brussel) met den latijnschen tekst der eerste gedrukte uitgave van het Antidotarium Nicolaï. Hrsg. von Sophie J. van den Berg, N. V. Boekhandel en Drukkerij E. J. Brill, Leiden 1917, S. 273.
  3. Vgl. auch Werner Dressendörfer: Spätmittelalterliche Arzneitaxen des Münchner Stadtarztes Sigmund Gotzkircher aus dem Grazer Codex 311. Ein Beitrag zur Frühgeschichte des süddeutschen Apothekenwesens. Königshausen & Neumann, Würzburg 1978 (= Würzburger medizinhistorische Forschungen. Band 15), S. 220 (esula maior: Euphorbia spec. oder Tithymallus dulcis L.)
  4. Margot Spohn, Marianne Golte-Bechtle: Was blüht denn da? Die Enzyklopädie: über 1000 Blütenpflanzen Mitteleuropas. Kosmos, Stuttgart 2005, ISBN 3-440-10326-9.
  5. Heinz Ellenberg: Vegetation Mitteleuropas mit den Alpen in ökologischer, dynamischer und historischer Sicht (= UTB für Wissenschaft. Große Reihe. Band 8104). 5., stark veränderte und verbesserte Auflage. Eugen Ulmer, Stuttgart (Hohenheim) 1996, ISBN 3-8252-8104-3.
  6. Euphorbia helioscopia L. In: Info Flora, dem nationalen Daten- und Informationszentrum der Schweizer Flora. Abgerufen am 15. Oktober 2022.
  7. Erhard Dörr, Wolfgang Lippert: Flora des Allgäus und seiner Umgebung. Band 2, IHW, Eching 2004, ISBN 3-930167-61-1, S. 193.
  8. a b Gustav Hegi: Illustrierte Flora von Mitteleuropa. Pteridophyta, Spermatophyta. 2. Auflage. Band V. Teil 1: Angiospermae: Dicotyledones 3 (1) (Linaceae – Violaceae). Carl Hanser bzw. Paul Parey, München bzw. Berlin/Hamburg 1966, ISBN 3-489-72021-0, S. 163–164 (unveränderter Nachdruck von 1925 mit Nachtrag).
  9. Carl von Linné: Species Plantarum. Band 1, Impensis Laurentii Salvii, Holmiae 1753, S. 459, Digitalisathttp://vorlage_digitalisat.test/1%3Dhttps%3A%2F%2Fwww.biodiversitylibrary.org%2Fpage%2F358478~GB%3D~IA%3D~MDZ%3D%0A~SZ%3D~doppelseitig%3D~LT%3D~PUR%3D
  10. a b Euphorbia helioscopia. In: POWO = Plants of the World Online von Board of Trustees of the Royal Botanic Gardens, Kew: Kew Science, abgerufen am 20. April 2020.