Extended Column Test

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Extended Column Test

Beim Extended Column Test (kurz ECT), übersetzt etwa "erweiterter Säulentest", handelt es sich um eine Methode, mit der die Stabilität einer Schneedecke untersucht wird, um die Lawinengefahr einzuschätzen. Dabei wird eine Schneesäule mit bestimmten Maßen isoliert und definierten Belastungen ausgesetzt. Mit dem ECT wird die Bruchinitiierung und Bruchausbreitung im obersten Meter der Schneedecke untersucht. Es können Schwachschichten erkannt werden, also Schichten, wo der darüberliegende Teil der Schneedecke schlecht mit dem Schnee darunter verbunden ist. Solche Schwachschichten sind die Voraussetzung von Schneebrettlawinen.

Entwickelt wurde der Test von Karl Birkeland und Ron Simenhois[1] als Erweiterung des einfachen Column Tests.

Video, englische Untertitel, ca. 6 min

Für den Test wird eine rechteckige Schneesäule von 90 cm entlang des Hangs und 30 cm hangaufwärts mit der Höhe von ca. 1 m freigestellt (durch Ausschaufeln eines Grabens um die Säule herum). Entsteht ein durchgehender Bruch in der Schneesäule während des Freistellens, wird das als ECTPV notiert und stellt das schlechtestmögliche Ergebnis in Hinblick auf die Schneedeckenstabilität dar.[2]

Nach dem Freistellen wird das Schaufelblatt auf einer Seite des Blocks aufgelegt und es werden 10 leichte, 10 mittlere und 10 harte Schläge auf das Schaufelblatt ausgeführt. Leichte Schläge bedeuten das Fallenlassen der Hand aus dem Handgelenk, mittlere aus dem Ellenbogen und starke aus der Schulter.[1] Die Schläge werden durchgezählt, das heißt, der erste aus dem Handgelenk ist die 1, der erste aus dem Ellenbogen die 11 und der erste aus der Schulter die 21.

Wird ein Bruch erzeugt, wird die Nummer des Schlags notiert. Wenn ein Teilbruch auftritt, wird ebenfalls die Schlagzahl notiert und beobachtet, wie viele weitere Schläge es braucht, um den Bruch fortzupflanzen.[2] Für jeden Bruch wird ebenso die Tiefe der Schwachschicht in cm notiert.

Abkürzung Ergebnis
ECTPV Komplette Bruchausbreitung während des Freistellens des Blocks.
ECTP## Komplette Bruchausbreitung bei Schlag Nummer ##. Oder Teilbruch beobachtet bei Schlag ## und Bruchausbreitung bei Schlag ##+1.
ECTN## Bruch beobachtet bei Schlag Nummer ##, keine Bruchausbreitung über gesamten Block bei Schlag ## oder Schlag ##+1.
ECTX / ECT31 Kein beobachteter Bruch in der Schneedecke.

Ein Teilbruch einer Schwachschicht beim 13. Schlag, 25 cm unter der Schneeoberfläche würde demnach folgendermaßen angegeben: ECTN13@25↓. Wichtig ist, ob die Position der Schwachschicht von oben nach unten oder von Boden aufwärts angegeben wird. Die Observation guidelines and recording standards for weather, snowpack and avalanches setzen die Angabe von oben nach unten, also von der Schneeoberfläche weg als Standard.[2]

Die Interpretation der Testergebnisse hat sich seit Vorstellung des Tests verändert. Durch wachsende Datensätze konnte im Lauf der Zeit eine deutliche Konkretisierung der Auswertung erzielt werden.

2008 wurde vom Entwickler des Tests noch allgemein bei einem ECTP## von instabilen und bei ECTN von stabilen Verhältnissen gesprochen.[3]

2009 wird von Winkler und Schweizer vorgeschlagen, die Anzahl der Schläge als Stabilitätskriterium aufzunehmen.[4]

2020 wird von Frank Techel et al. eine Einteilung in 4 Stabilitätsklassen vorgeschlagen:

  • poor - ECTP ≤ 13
  • poor to fair - ECTP > 13 to ECTP ≤ 22
  • fair - ECTP > 22 oder ECTN ≤ 10
  • good - ECTN > 10

Die Einteilung in vier Klassen erfolgte, um eine Vergleichbarkeit mit der Einteilung des in der Schweiz stark verbreiteten Rutschblocks zu ermöglichen.[5]

2023 wird vom Lawinenwarndienst Bayern das Faltblatt Schneebrettgefahr? herausgegeben. Hier wurden aus didaktischen Gründen folgende Abstufungen für die Interpretation des ECTs gewählt: Für die Bruchinitiierung wurde 0–11 Schläge als sehr schlecht, 12–22 als mittel und 23–31 Schläge als gut interpretiert. Wird dies mit der Bruchfortpflanzung ECTP – schlecht, ECTpp – mittel und ECTN – gut kombiniert, wird daraus auf die Stabilitätsklasse geschlossen.[6]

Einschränkungen

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Der ECT hat sich international schnell als gut durchführbar und zuverlässig erwiesen und wird seit geraumer Zeit sehr häufig angewendet. Daher sind auch die Einschränkungen des Tests bekannt. Schwachschichten die tiefer liegen als 1 m sind mit diesem Test schlecht ansprechbar. Ebenso wird angegeben, dass sehr weiche Schichten im oberen Schneedeckenbereich dazu führen, dass hier mögliche Schwachschichten bzw. deren Brüche nicht erkannt werden.

Einzelnachweise

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  1. a b Ron Simenhois, Karl W. Birkeland: The extended column test: a field test for fracture initiation and propagation. In: Proceedings of the International Snow Science Workshop. 2006 (researchgate.net).
  2. a b c Canadian Avalanche Association: Observation guidelines and recording standards for weather, snowpack and avalanches. Hrsg.: Canadian Avalanche Association. 2016, ISBN 978-0-9685856-3-4, S. 39.
  3. Ron Simenhois, Karl W. Birkeland: The Extended Column Test: Test effectiveness, spatial variability, and comparison with the Propagation Saw Test. In: Cold Regions Science and Technology. Band 59, Nr. 2-3, November 2009, S. 210–216, doi:10.1016/j.coldregions.2009.04.001.
  4. Kurt Winkler, Jürg Schweizer: Comparison of snow stability tests: Extended column test, rutschblock test and compression test. In: Cold Regions Science and Technology (= International Snow Science Workshop (ISSW) 2008). Band 59, Nr. 2, 1. November 2009, S. 217–226, doi:10.1016/j.coldregions.2009.05.003.
  5. Frank Techel, Kurt Winkler, Matthias Walcher, Alec van Herwijnen, Jürg Schweizer: On snow stability interpretation of extended column test results. In: Natural Hazards and Earth System Sciences. Band 20, Nr. 7, 10. Juli 2020, S. 1941–1953, doi:10.5194/nhess-20-1941-2020.
  6. Lawinenwarnzentrale Bayern: Schneebrettgefahr? Gefahreneinschätzung mit dem analytischen "Blick in die Schneedecke". Hrsg.: Bayerisches Landesamt für Umwelt. 1. Auflage. November 2023.