Extravaganz

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Extravaganz (französisch extravagance) ist ein substantiviertes Lehnwort des Adjektives extravagant für „in ausgefallener und oder in übertriebener, überspannter Weise bewusst abweichend und dadurch auffallend“.[1] Durch Paul Ricœur erhielt der Begriff einen Platz in der philosophischen und biblischen Hermeneutik.

Das Adjektiv extravagant ‘außergewöhnlich, ausgefallen, überspannt’ wurde im 18. Jahrhundert aus dem Französischen entlehnt und geht auf das mittellateinische extravagans zurück (lateinisch extrā ‘außerhalb’ und vagārī ‘umherschweifen, unstet sein’, vgl. auch Vagabund[2]) und stand auch für „ausschweifend“.[3] Im Plural wurden als extravagantes die außerhalb des bereits kodifizierten kanonischen Rechts bestehenden päpstlichen Verordnungen bezeichnet.[2] Das Verb extravagieren stand auch für 'ab-, ausschweifen; ungereimt handeln, sich albern benehmen'.[4]

Extravaganza ist seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts eine Bezeichnung für ein Ausstattungsstück im US-amerikanischen Unterhaltungstheater vor allem am Broadway und der ist Name des vierten Albums der britischen Rockgruppe Stackridge.

Extravaganz in der biblischen Hermeneutik

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Der französisch-US-amerikanische Philosoph Paul Ricoeur hat den Begriff der Extravaganz in die Exegese der Gleichnisse Jesu eingeführt.[5][6] In seinem Aufsatz "Biblische Hermeneutik"[7][8] greift Ricoeur dabei auf die von ihm entwickelte strukturalistische Hermeneutik zurück. Jesus erschließe in seinen Gleichnissen durch Elemente einer Extravaganz neue Handlungsweisen in Bezug auf die von Christen erwartete Ankunft des Reiches Gottes.[9][10] "Die Extravaganz entsteht und führt zu einem Konflikt der Weltdeutungen, und der neue Sinn entsteht, indem man auf die Lehre oder das Symbol des Reiches Gottes Bezug nimmt. Dieser Horizont führt dazu, dass die Gleichnisse nicht zu einem einfachen, logischen Widerspruch geworden sind, sondern zu Widersprüchen, die Sinn produzieren. (...) Diese Herangehensweise führt dazu, dass eine dynamische Struktur aufgedeckt wird, die auch in anderen Bereichen der Wirklichkeit anwesend ist."[11] Im deutschen Sprachraum hat Hubert Frankemölle den Ansatz Ricœurs systematisch für die Auslegung der Gleichnisse Jesu rezipiert.[12]

Wiktionary: Extravaganz – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

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  1. extravagant auf duden.de, abgerufen am 24. Juli 2011
  2. a b Wolfgang Pfeifer: Etymologische Wörterbuch des Deutschen, dtv, 1995, ISBN 3-05-000626-9, S. 313, online
  3. Friedrich Schmitthenner: Kurzes Deutsches Wörterbuch für Etymologie: Synonymik und Orthographie. Friedrich Metz, Darmstadt 1834, S. 77.
  4. Extravaganz, Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 6. Leipzig 1906, S. 231, online auf zeno.org
  5. Martina Kumlehn: Extravaganz und Grenzausdruck. Ricœurs Zugänge zur Bibel im Spiegel seiner Hermeneutik. In: Dietrich Korsch (Hrsg.): Paul Ricoeur und die evangelischea Theologie. Mohr Siebeck, Tübingen 2016, ISBN 978-3-16-153611-3, S. 1–13.
  6. Raymond Kuntzmann: L’herméneutique biblique. D’une lecture de la Bible à sa célébration OpenEdition Journals 2006, abgerufen am 10. Oktober 2024
  7. Paul Ricœur: Le Conflit des interprétations. Essais d'herméneutique. Le Seuil, Paris 1969, ISBN 978-2-02-002735-9., vgl. Paul Ricoeur: L'Herméneutique biblique. Les éditions du Cerf, 2000, ISBN 978-2-204-06331-9.
  8. vgl. Paul Ricœur: Philosophische und Theologische Hermeneutik. In: Paul Ricœur, Eberhard Jüngel (Hrsg.): Die Metapher. Zur Hermeneutik religiöser Sprache. Sonderheft Evangelische Theologie. München 1974, ISBN 3-459-00981-0, S. 25–45.
  9. Hermann-Josef Meurer: Die Gleichnisse Jesu als Metaphern: Paul Ricoeurs Hermeneutik der Gleichniserzählung Jesu Im Horizont des Symbols "Gottesherrschaft/Reich Gottes" (= Bonner biblische Beiträge 111). PHILO, Bodenheim 1997, ISBN 978-3-86572-054-2, S. 28–29.
  10. David F. Ford: Paul Ricoeur: A Biblical Philosopher on Jesus. In: Paul K. Moser (Hrsg.): Jesus and Philosophy: New Essays. Cambridge University Press, 2008, ISBN 978-0-521-87336-9, S. 169 - 193.
  11. Mihail Ungheanu: Metapher und Verstehen. Untersuchungen zu Paul Ricœurs Metaphertheorie. Inaugural - Dissertation zur Erlangung des Doktorgrades der Philosophisch-Pädagogischen Fakultät der Katolische Universität Eichstätt-Ingolstadt. VDM Verlag Dr. Müller, Saarbrücken 2006, ISBN 978-3-8364-8510-4, S. 5 f.
  12. Hubert Frankemölle: Matthäus: Kommentar. (2 Bände). Patmos, Düsseldorf 1994, ISBN 3-491-99216-8.