Belnaps vierwertige Logik (kurz: ) ist ein logisches System mit vier Wahrheitswerten, welches parakonsistentes Schlussfolgern ermöglicht. Sie wurde 1975 von Nuel D. Belnap entwickelt. Belnaps vierwertige Logik verwendet im Gegensatz zur klassischen Logik vier Wahrheitswerte: , , und . In diesem System lassen sich auch aus klassisch logisch inkonsistenten Mengen Schlussfolgerungen ziehen.
Eine Konsequenzoperation wird parakonsistent genannt, wenn aus einer inkonsistenten Menge aussagenlogischer Formeln nicht ausschließlich die gesamte logische Sprache gefolgert werden kann. Es sind also sinnvolle, logische Schlussfolgerungen aus inkonsistenten Formelmengen möglich.
Sei eine aussagenlogische Sprache mit Signatur eine Menge von Formeln dieser Sprache. Eine Konsequenzrelation heißt parakonsistent, wenn es eine Formelmenge aus gibt, so dass nicht
gilt.
Belnaps vierwertige Logik legt im Gegensatz zur klassischen Logik, welche nur die Wahrheitswerte und kennt, zwei weitere Wahrheitswerte und zugrunde. drückt dabei Inkonsistenz aus, also einen Überschuss an Wissen. hingegen beschreibt den Mangel an Wissen, auch als unvollständig bezeichnet.
Wahrheitswert
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Repräsentation
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(1, 0)
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(0, 1)
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(1, 1)
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(0, 0)
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Analog zur klassischen Logik werden diese Werte mit Hilfe von Zahlen repräsentiert.
Auf Basis der vier Wahrheitswerte werden zwei Vergleichsrelationen definiert.
vergleicht zwei Werte bezüglich ihres Wahrheitsgehaltes,
vergleicht den Wissensgehalt.
Vergleiche zweier Wahrheitswerte mittels dieser Relationen sind definiert durch:
- gdw. und .
- gdw. und .
Somit ist und . Die Werte und sind bezüglich unvergleichbar, analog sind und bezüglich unvergleichbar.
Die Auswertungsfunktion ist definiert durch
und liefert Interpretationen für atomare logische Formeln.
Neben Interpretationen für atomare Formeln werden Auswertungen der logischen Junktoren , und , sowie für (starke Implikation) rekursiv festgelegt.
Seien A und B Formeln.
und
- .
Daneben werden abgeleitete Junktoren definiert, ähnlich der aussagenlogischen materiellen Implikation:
Mit Hilfe der Interpretationsfunktion können logische Ausdrücke in Belnaps vierwertiger Logik ausgewertet werden, indem jeder atomaren Formel ein Wahrheitswert zugeordnet wird und dabei die Formeln rekursiv interpretiert werden.
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[1] |
[2] |
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Zwei Werte aus werden als wahr interpretiert und zu einer Menge von designierten Werten zusammengefasst:
Eine Interpretation erfüllt eine Formel ,
- ,
wenn gilt
- .
Man sagt auch ist ein Modell von . Die Menge aller -Modelle einer Menge aussagenlogischer Formeln wird als bezeichnet.
Wie in der klassischen Aussagenlogik wird für eine Inferenzrelation definiert, mittels derer aus vorliegendem Wissen auf neues Wissen geschlossen werden kann.
Seien , eine Menge von -Formeln, bzw. ein -Formel.
gilt, wenn jedes -Model von auch ein -Model von ist, also wenn
- .
Die Konsequenzrelation ist monoton, kompakt und parakonsistent.
Das logische System hat ähnliche Eigenschaften wie die klassische Aussagenlogik.
Wie in der Aussagenlogik gilt:
In existieren keine Tautologien. Insbesondere ist
keine Tautologie.
Wie in der Aussagenlogik definiert kann auch in die materielle Implikation
verwendet werden. Allerdings verliert sie ihre Stärke und die Formelmenge
kann designiert (wahr) sein, auch wenn B nicht designiert ist. Das Gesetz vom ausgeschlossenen Dritten gilt in also nicht. Die starke Implikation wurde in eingeführt um diesem Missstand abzuhelfen.
Zwischen der starken Implikation und der Inferenzrelation existiert ein ähnlicher Zusammenhang wie in der Aussagenlogik zwischen und .
Sei eine Menge von -Formeln; , -Formeln. Es gilt:
- gdw.
Im Folgenden werden die drei Atome , und verwendet, welche mit folgenden Bedeutungen interpretiert werden können:
Atom |
Bedeutung
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kann fliegen
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Pinguin
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Vogel
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Die Formel
ist in der klassischen Logik inkonsistent.
In allerdings existieren -Interpretationen, mit denen designiert ist, also
Beispiele für solche Belegungen sind:
Mit Hilfe der materiellen und starken Implikation lassen sich verschiedene Arten von Folgerungen modellieren. Die materielle Implikation modelliert dabei Folgerungen mit Ausnahmen, die starke Implikation hingegen ausnahmsloses Wissen.
Die Formelmenge hat 6 -Modelle:
Modell |
F |
P |
V
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M1 |
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M2 |
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M3 |
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M4 |
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M5 |
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M6 |
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- ↑ Ofer Arieli, Arnon Avron: Definition 1, Seite 4. Abgerufen am 1. April 2023 (englisch).
- ↑ Ofer Arieli, Arnon Avron: Definition 1, Seite 4. Abgerufen am 1. April 2023 (englisch).