Finanzagent

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Ein Finanzagent (auch Finanzkurier oder Financial manager) im Sinne des Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes (ZAG) ist jede juristische oder natürliche Person, die als selbständiger Gewerbetreibender im Namen eines Zahlungsinstituts oder E-Geld-Instituts Zahlungsdienste ausführt. Die Handlungen des Agenten werden dem Zahlungsinstitut oder E-Geld-Institut zugerechnet (§ 1 Abs. 9 ZAG). Zu den Zahlungsdiensten gehören auch Finanztransfergeschäfte (§ 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 ZAG).

Das Betreiben des Finanztransfergeschäftes bedarf der vorherigen Genehmigung der BaFin (§ 10 Abs. 1 ZAG).[1] Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird nach § 63 Abs. 1 Nr. 4 ZAG[2] bestraft, wer ohne Erlaubnis nach § 10 Absatz 1 Satz 1 ZAG oder ohne Registrierung nach § 34 Absatz 1 Satz 1 ZAG Zahlungsdienste erbringt.

In jüngerer Zeit ist die missbräuchliche Tätigkeit als Finanzagent zu einem Anwendungsfall der Geldwäsche (§ 261 StGB) geworden.[3]

Historische Finanzagenten

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Ursprünglich war das Tätigwerden als Finanzagent ein ehrbares Gewerbe, wie die folgenden Beispiele zeigen.[4] So hat sich im 16. Jahrhundert Sir Thomas Gresham (1519–1579) als Finanzagent für die englische Regierung betätigt und der klammen Staatskasse durch Beschaffung von Anleihen, unter anderem von den Fugger aus Augsburg, aus Geldnöten geholfen. Durch seine Finanzerfahrungen avancierte Gresham zum Berater des Königs Eduard VI. und auch der Königin Elisabeth I.

Der portugiesische König Affonso V. beschäftigte Isaak Abravanel (1437–1509) als Schatzmeister und Finanzagenten. Nach dem Tode des Königs flüchtete der Geldbeschaffer nach Kastilien, wo er bald als königlich spanischer Steuerpächter in ein verwandtes Metier wechselte.

Der Textilindustrielle Hans Heinrich Lochmann (1511–1576) wirkte in Zürich auch als Finanzagent des französischen Königs.

Giacomo Casanova war in den Jahren 1757 zunächst als Direktor der staatlichen Lotterie und 1758 zweimal in geheimer Finanzmission in Holland für Frankreich als Geldbeschaffer aktiv.

Der Deutsche Orden bediente sich in der Mitte des 18. Jahrhunderts der Brüder Baruch und Moyses Simon als Finanzagenten. Beide ließen sich in Bad Mergentheim nieder und halfen auch der dortigen jüdischen Gemeinde.

Auch Städte nahmen Hilfe bei der Suche nach Geldquellen dankbar an. So ist bekannt, dass Jakob Baruch, der Vater von Ludwig Börne (1786–1837), als Finanzagent der Stadt Frankfurt am Main fungierte.

Eine dubiose Rolle spielte Finanzagent Jacques de Reinach als Geldbeschaffer der französischen Panamakanal-Gesellschaft um Ferdinand de Lesseps. Reinach räumte ein, Gelder von 3 Millionen Francs der später konkursreifen Gesellschaft zur Bestechung von Zeitungen verwendet zu haben. Die Affäre wurde jedoch nicht aufgeklärt, weil ihn die Polizei tot in seiner Wohnung auffand.

Der US-amerikanische Bankier John Pierpont Morgan junior hat sich als „offizieller Finanzagent der Alliierten“ im Ersten Weltkrieg betätigt.

Die Bank of Cyprus ist auch heute noch der Bankier und Finanzagent der zyprischen Regierung.

Begehungsform der Geldwäsche

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Herkunft des Geldes

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Das Geld, welches durch den Finanzagenten „gewaschen“ werden soll, stammt häufig von Personen, die ihrerseits Opfer einer Straftat geworden sind.

Es kann sich um Konten anderer Privatpersonen handeln, deren Konto-Zugangsdaten etwa durch Phishing oder andere Kontomanipulationen in die Hände von Kriminellen geraten sind. Die Hintermänner machen sich durch das Ausspähen der Kontodaten nach § 202a StGB strafbar. Da schon das Herausgeben jener Daten das Vermögen des Opfers gefährdet, kommt dadurch im Einzelfall auch ein Betrug nach § 263 StGB in Betracht. Das Verwenden der Daten ist als Computerbetrug nach § 263a StGB untersagt.

Die Täter sind zwar in der Lage, das Geld des Opfers abzuheben, wollen es aber nicht einfach auf ihr eigenes Privatkonten einzahlen. Zur Verschleierung wird ein „Finanzagent“ benötigt, der das Geld „wäscht“. Hierfür geben sich die (Vor-)Täter als seriöse, oft ausländische Unternehmer aus und werben per E-Mail oder durch Internet-Spam deutsche Bankkunden als potentielle Finanzagenten, auch „Escrow Agent“, „Treuhandagent“, „Lieferungsmanager“, „Finanztransaktionsmanager“, „Projekt Koordinator“, „Prozessmanager“ oder „Regional Manager für Zahlungsbearbeitung“ an. Das Geld der Phishing-, Pharming- oder Skimming-Opfer wird sodann auf das Konto des Finanzagenten transferiert. Diese wurden instruiert, sich den Großteil des Geldes bar auszahlen zu lassen und ihn über ein Bargeldtransfersystem (regelmäßig Western Union oder MoneyGram) ins Ausland zu transferieren. Das verbleibende Geld darf als Provision behalten werden. Wird die ursprüngliche Überweisung von dem Phishing-Opfer widerrufen, hat aber der Finanzagent seinerseits die Geldbeträge bereits weiter überwiesen, bleibt er auf dem dadurch entstehenden Schaden sitzen.

Das Geld kann auch aus einem Warenbetrug stammen, bei dem die Täter eine Ware online zum Kauf anbieten, jedoch nach Vorauszahlung des Kaufinteressenten auf das Konto des Finanzagenten keine Ware liefern.[5]

Weiß der Finanzagent im Voraus um die Herkunft des Geldes, so kann er als Gehilfe (§ 27 StGB) oder Mittäter (§ 25 Abs. 2 StGB) der (Vor-)Täter bestraft werden. Erfährt er erst bei oder nach Entgegennahme des Geldes von dessen Herkunft, so kommt eine Strafbarkeit wegen Geldwäsche (§ 261 StGB) in Betracht. Leitet er das Geld wissentlich weiter, so begeht er zudem eine Strafvereitelung (§ 258 StGB) oder Begünstigung (§ 257 StGB) zugunsten der Vortäter.

In aller Regel wird sich der Finanzagent allerdings keine Gedanken über die Herkunft des Geldes machen. In diesen Fällen kommt gleichwohl eine Strafbarkeit wegen Geldwäsche in Betracht. Hierfür muss dem Finanzagenten allerdings nachgewiesen werden, dass er leichtfertig nicht erkannt hat, dass das Geld aus einer rechtswidrigen Tat herrührt (§ 261 Abs. 6 StGB).[6][7]

Wusste er nur, dass das Geld irgendwie illegal erlangt wurde, sind die Annahme und das Verwahren nicht strafbar. Allerdings beginge er durch das Verschicken des Geldes ins Ausland eine Strafvereitelung (§ 258 StGB) oder Begünstigung (§ 257 StGB).

Finanzagent und Geldwäscher ohne Wollen und Wissen

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Für das organisierte Verbrechen ist es nicht einfach, Finanzagenten zu akquirieren. Deshalb wurde folgende Methode entwickelt: Straftäter S bucht beispielsweise ein privates Urlaubsquartier und erhält vom Vermieter V dessen Bankverbindung. S schickt Geld vom Konto des Geschädigten G, zu dem er sich durch Phishing Zugang verschafft hat, auf das Konto des V. Kurz danach meldet sich S bei V, storniert das Urlaubsquartier und fordert das Geld zurück. S lässt sich das Geld auf ein ganz anderes Konto schicken. Durch die Weiterleitung des Geldes auf ein anderes Konto wurde V unfreiwillig zum Finanzagenten und Geldwäscher.

Eine Variante des Finanzagenten ist der Waren- oder Paketagent. Der angeworbene Warenagent leitet Pakete mit illegal erworbenen Inhalten weiter. Die Behörden warnen davor, auf Angebote, als Warenagent zu arbeiten, einzugehen.[8][9][10]

Zivilrechtliche Haftung

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Die Gerichte gestehen dem Opfer der Vortat einen Schadensersatzanspruch gegenüber den Finanzagenten aus Delikt (§ 823 Abs. 2 BGB iVm. § 261 Abs. 1, 2 und 5 StGB)[11] und aus ungerechtfertigter Bereicherung (§ 812 Abs. 1 S. 1 BGB) zu.[12] In letzterem Falle – also der Bereicherungshaftung – ist der (leichtfertig handelnde) Finanzagent allerdings nur zur Zahlung verpflichtet, soweit sich das Geld (oder ein entsprechender Gegenwert) noch in seinem Besitz befindet (§ 818 Abs. 3 BGB).[13]

Suchagent im Internet

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Der Begriff des Finanzagenten taucht darüber hinaus auch in speziellen Suchprogrammen des Internet auf. Diese Programme durchforsten als Nachrichten-Crawler die Datenwelt im Bereich der Finanzanlagen auf vorteilhafte Angebote und zeigen sie dem Benutzer am Bildschirm an.

  • Stefan Werner, in: Hoeren/Sieber/Holznagel, Multimedia-Recht, 37. Ergänzungslieferung (2014), Teil 13.5, Rn. 67 ff.
  • Stephan Neuheuser: Die Strafbarkeit des Bereithaltens und Weiterleitens des durch „Phishing“ erlangten Geldes, in: Neue Zeitschrift für Strafrecht (NStZ) 2008 (Heft 9), 492–497

Einzelnachweise

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  1. Bafin-Schreiben Finanztransfergeschäft (Memento des Originals vom 6. April 2007 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.bundesbank.de
  2. § 63 ZAG Strafvorschriften Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz. Abgerufen am 31. März 2021.
  3. Marco Mayer: Leichtfertige Geldwäsche durch sogenannte „Finanzagenten“. Zugleich Anmerkung zu BGH, Beschluss vom 11. September 2014 – 4 StR 312/14 HRRS-Praxishinweis, Dezember 2015
  4. Sind alle Finanzagenten Geldwäscher? börsenNEWS.de, abgerufen am 13. Juni 2017
  5. Finanzagenten Polizeiliche Kriminalprävention der Länder und des Bundes, abgerufen am 13. Juni 2017
  6. Jens Ferner: Strafbarkeit von Finanzagent beim Phishing: Wann ist leichtfertige Geldwäsche anzunehmen?@1@2Vorlage:Toter Link/ferner-alsdorf.de (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im April 2018. Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. 8. März 2015
  7. Sascha Sebastian: Materielle Voraussetzungen und notwendige Urteilsfeststellungen bei „leichtfertiger Geldwäsche“ durch einen „Finanzagenten“. Zugleich Besprechung von BGH Beschl. v. 11. September 2014 (4 StR 312/14), in: Neue Zeitschrift für Strafrecht (NStZ) 2015 (Heft 8), S. 438–442
  8. Amtliche Warnung der BaFin vom 5. Mai 2005: "BaFin warnt vor einer Tätigkeit als 'Finanzagent'". Abgerufen am 13. Mai 2013.
  9. Erneute amtliche Warnung der BaFin vom 21. November 2011: "BaFin warnt erneut vor einer Tätigkeit als "Finanzagent'". Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 5. März 2016; abgerufen am 13. Mai 2013.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.bafin.de
  10. Geldwäsche! Vorsicht vor dubiosen Jobangeboten als "Paket- oder Warenagent" Der Polizeipräsident in Berlin, abgerufen am 13. Juni 2017
  11. Sascha Sebastian: Die Schutzgesetzeigenschaft des § 261 StGB, in: Zeitschrift für Bankrecht und Bankwirtschaft (ZBB) 2014 (Heft 6), S. 382–390.
  12. Sascha Sebastian: Die Haftung des "Finanzagenten" nach §§ 812 ff. BGB. Zugleich Besprechung von BGH Urt. v. 19. Dezember 2012 (VIII ZR 302/11), in: JURA 2015 (Heft 1), 180–187
  13. LG Krefeld, Urteil vom 30. September 2016 - 1 S 30/16. Offengelassen von BGH, Urteil vom 19. Dezember 2012 - VIII ZR 302/11, Rn. 7