Tataouine

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Tataouine
تطاوين
ⵜⵉⵟⵟⴰⵡⵉⵏ
Nachtaufnahme von Tataouine
Nachtaufnahme von Tataouine
Nachtaufnahme von Tataouine
Verwaltung
Staat Tunesien Tunesien
Gouvernement Gouvernement Tataouine
Postleitzahl 3200
Demographie
Bevölkerung 59.346 Einw. (2004[1])
Bevölkerungsdichte 1413 Einw./km²
Geographie
Höhe 245 m
Fläche 42 km²
Tataouine (Tunesien)
Tataouine (Tunesien)
Tataouine
Koordinaten 32° 56′ N, 10° 27′ OKoordinaten: 32° 56′ N, 10° 27′ O

Tataouine (arabisch تطاوين, DMG Taṭāwīn, Zentralatlas-Tamazight ⵜⵉⵟⵟⴰⵡⵉⵏ Tiṭṭawin; früher Foum Tataouine) ist die Hauptstadt des südtunesischen Gouvernements Tataouine und der Sitz zweier Delegationen. In der Stadt Tataouine leben etwa 65.000 Menschen, in den beiden Delegationen Tataouine Sud und Tataouine Nord insgesamt etwa 100.000. Der Name Tataouine bedeutet in der Sprache der Berber „Wasserquellen“; der französische Beiname des Ortes war la porte du désert („das Tor zur Wüste“).

Tataouine liegt in einer Höhe von ca. 245 m ü. d. M. und ist ca. 535 Kilometer in südlicher Richtung von der tunesischen Hauptstadt Tunis entfernt. Nahegelegene Städte sind Medenine (50 km nördlich) und Gabès (ca. 140 km nördlich).

Die sommerlichen Tagestemperaturen können durchaus 40 °C und mehr erreichen; nachts kühlt es sich bei klarem Himmel bis auf etwa 5 °C ab. Im Winter liegen die Tagestemperaturen zwischen 10 und 20 °C; Nachtfröste sind selten. Regen fällt eigentlich nur im Winterhalbjahr; die langjährige durchschnittliche Niederschlagsmenge liegt bei ca. 140 mm pro Jahr.[2]

Ca. 63 % der Bewohner Tataouines sind berberischer und ca. 37 % sind arabischer Abstammung. Die meisten sind erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts aus den umliegenden Regionen zugewandert; andere haben ihr (halb)nomadisches Leben am Rand der Wüste aufgegeben und sind sesshaft geworden.

Die Oase Tataouine war für die Handelsroute von Gabès in den Fessan und den Sudan von Bedeutung. Sie war in neolithischer Zeit bewohnt.[3] Einige der Funde befinden sich heute im Musée d'archéologie nationale in Saint-Germain-en-Laye.

Seit der mittleren römischen Kaiserzeit befand sich entlang des bis an den Rand der Sahara herangeschobenen Limes Tripolitanus eine Kette von Kleinkastellen und Wachtürmen. Auch das grenznahe Hinterland war im Bergland des Dahar mit Sperrwerken an den Passstraßen sowie weiteren rückwärtigen Garnisonsstandorten gesichert – so etwa dem größeren Kastell Talalati (Ras El Aïn Tlalet) nahe der Römerstraße zur antiken Küstenstadt Gigthis.[4] Von Talalati führte die Straße weiter nach Süden bis zum Kastell Tillibari (Remada).[5]

Im Jahr 1903 wurde von Jules Toutain vorgeschlagen, den antiken Garnisonsort Tabalati mit Tataouine zu identifizieren,[6] doch fehlen entsprechende archäologische Nachweise. Später wurde Tabalati/Talalati, wo in den Jahren 355 bis 360 propugnacula (Verteidigungsanlagen) auf Anordnung des Comes et Praeses von Tripolitanien, Flavius Archontius Nilus, entstanden,[7] allerdings nur aufgrund der Namensähnlichkeit mit Tlalet (Ras el-Ain) identifiziert.[8]

Offenbar wurden in den zahlreichen Ksur der Region spätestens unter den Hafsiden große Mengen Getreide und andere Lebensmittel gelagert, wozu die noch heute bestehenden großen Speicher (ghorfas) dienten, von denen im Süden Tunesiens noch weit über 1000 bestehen.[9] Ksar Haddada liegt 29 km von Tataouine entfernt, Ksar Ouled Soltane 20 km und Remada etwa 75 km.

Blick auf Tataouine, 1925

Die Stadt im europäischen Sinne wurde zu Beginn des französischen Protektorats gegründet, um die dortige Bevölkerung zu kontrollieren. Dazu wurde der Militärposten von Douiret hierher verlegt, was sich vor allem gegen die Ouderna richtete. Sie lebten um die Zentren Béni Barka, das als Markt von Bedeutung war, und das Grabmal des Marabouts von Sidi Abdallah Boujlida. Dieser Ort wurde von der gesamten Ouerghemma-Föderation verehrt. 1888 entstand neben dem Militärposten ein Krankenhaus mit 40 Betten.[10]

Ca. 500 m vom Militärposten entfernt entstand 1892 ein Souk mit mehr als 50 Geschäften, die auch von Djerba aus beliefert wurden. Im Jahr 1898 entstand eine Moschee, deren Minarett 1903 fertiggestellt wurde. 1911 kam ein städtischer Schlachthof hinzu, 1913 ein Postamt, 1916 eine Grundschule und ein Gerichtshof. Während des Ersten Weltkriegs entstanden eine Kirche und eine Synagoge. Bis 1938 existierte ein Bad für die Gefangenen und die Soldaten, aus dem nach der Unabhängigkeit eine Kaserne entstand.

Bis 1938 befand sich hier eine französische Strafkolonie. Die stationierten Bataillons d’Afrique disciplinaires – die Bat’d’Af[11][12] – dienten der Bestrafung durch militärischen Drill. Jo Attia[11] und Pierre Loutrel,[11] spätere Angehörige des Pariser Kriminellenmilieus und der Carlingue, waren in dieser „Schule der Sünde und des Verbrechens“.[11] Wer die Bat’d’Af’ durchlief, konnte im Rang eines Obergefreiten entlassen werden, manche fielen aber wieder in delinquente Verhaltensweisen zurück, wie dies auch im Fall eines weiteren Kollaborateurs, Georges Dubosc alias Lecoz, eintrat.[12]

Tataouine gilt als Hochburg radikaler Islamisten. Die Stadt wird von Medien als „Terrorzentrale“ bezeichnet und ist der Geburtsort des Lkw-Attentäters Anis Amri. Stadt und umliegende Region sollen der Terrormiliz des sogenannten Islamischen Staats (IS) zugleich als Rückzugsgebiet, Planungszentrum und Rekrutierungsgebiet dienen.[13][14][15][16] Im März 2015 kam es unweit der Stadt zu Unruhen und Kämpfen von Armeeeinheiten mit Terroristen des Islamischen Staats.[17]

Mit dem Ausbleiben der Touristen gingen Jobs verloren. 2016 waren 40 Prozent aller Einwohner arbeitslos. Ein Teil verdingt sich mit illegaler Immigration oder den Schmuggel von Zigaretten und Alkohol, der im Nachbarland Libyen verboten ist.[13]

Ksar Ouled Soltane, etwa 20 km südlich von Tataouine

Am 27. Juni 1931 schlug in Tataouine ein Meteorit ein, ein seltener Achondrit. Es konnten über zwölf Kilogramm Fragmente gefunden werden, in denen die Minerale Chromit, Cristobalit, Hypersten und Troilit nachgewiesen werden konnten.[18] Hauptsächlich bestand der Meteorit jedoch aus grünen Pyroxen-Kristallen (Orthopyroxen) und wurde daher als Diogenit klassifiziert.

Erneut erschien der Ort in der Weltpresse, als Filmemacher die Region entdeckten. Als George Lucas, der den Star-Wars-Film in verschiedenen tunesischen Orten drehte, den fiktiven Heimatplaneten Luke Skywalkers Tatooine nannte, erlangte der Ort Berühmtheit unter Star-Wars-Fans, was einen gewissen Tourismus auslöste.[19] Auch am Ende des Films Akte X kam der Ort Foum Tataouine vor – dort wurde eine Einrichtung für Experimente an außerirdischen Viren betrieben.

Persönlichkeiten

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Commons: Tataouine – Sammlung von Bildern
Commons: Ksour in Tunesien – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise

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  1. Institut National de la Statistique – Tataouine (Memento des Originals vom 24. September 2015 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.ins.nat.tn
  2. Tataouine und Umgebung – Klimatabellen
  3. Ginette Aumassip: Le Bas-Sahara dans la Préhistoire, Paris 1986, S. 612.
  4. Kastell Talalati bei 32° 59′ 13,29″ N, 10° 20′ 38,75″ O
  5. Pol Trousset: Recherches sur le Limes tripolitanus. Du Chott el-Djerid à la frontière tuniso-libyenne, Paris, 1974, S. 105–108.
  6. Jules Toutain: Notes et documents sur les voies stratégiques et sur l'occupation militaire du sud tunisien à l’époque romaine. In: Bulletin archéologique du comité des travaux historiques et scientifiques, 1903, S. 400 f. (Digitalisat)
  7. René Rebuffat: Au-delà des camps romains d'Afrique mineure: renseignement, contrôle, pénétration, in: Hildegard Temporini (Hrsg.): Aufstieg und Niedergang der römischen Welt Bd. 10/2, de Gruyter, Berlin 1982, S. 474–512, hier: S. 481.
  8. Pol Trousset: Recherches sur le limes tripolitanus, du Chott el-Djerid à la frontière tuniso-libyenne, Paris 1974, S. 32.
  9. Perspektiven für Tunesiens Speicherburgen, Universität Bayreuth. Dazu: Herbert Popp, Abdelfettah Kassah: Les ksour du Sud tunesien, Naturwissenschaftliche Gesellschaft, Bayreuth 2010.
  10. Benoît Gaumer: L’organisation sanitaire en Tunisie sous le Protectorat français (1881–1956). Un bilan ambigu et contrasté. Presses de l’Université Laval, S. 200.
  11. a b c d François Broche: La cavale des collabos. Nouveau Monde éditions, Paris 2023, ISBN 978-2-38094-444-0, S. 344 f.
  12. a b Éric Branca: La République des imposteurs : Chronique indiscrète de la France d’après-guerre, 1944–1954. Éditions Perrin, Paris 2024, ISBN 978-2-262-09760-8, S. 111.
  13. a b Tataouine, die Dschihadisten-Stadt des Anis Amri. In: Die Welt. Abgerufen am 2. Januar 2017.
  14. Martin Gehlen: Die Wüste der Extremisten. In: zeit.de, 23. Dezember 2016, abgerufen am 7. Januar 2018
  15. Joell Bedetti: Drehort Tunesien: Krieg der Sterne und der IS. In: nzz.ch, 22. November 2015, abgerufen am 7. Januar 2018
  16. Hanns-Georg Rodek: Tatooine und die dunkle Bedrohung des Darth Vader. In: welt.de, 21. Dezember 2016, abgerufen am 7. Januar 2018
  17. Arwa Damon, Tim Lister: Tunisian town near 'Star Wars' backdrop now features in battle against ISIS. CNN, 24. März 2015, abgerufen am 24. August 2014 (englisch).
  18. Mindat – Tatahouine meteorite, Tataouine (Foum Tatahouine), Tataouine Governorate, Tunisia
  19. „Star-Wars-Tourismus“ in Tataouine. Archiviert vom Original am 25. Juni 2008; abgerufen am 24. August 2014 (englisch).