Erika Lust (Malerin)

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Erika Lust (April 2010)

Erika Lust (* 1961 in Leninski,[1] Kasachische SSR, Sowjetunion) ist eine deutsche Bühnenbildnerin und Malerin.

Erika Lust wuchs in der Sowjetunion auf und emigrierte 1989 nach Deutschland. Von 1977 bis 1981 absolvierte sie ein Studium an der Kunstfachschule Pensa, welches sie mit Diplom und Auszeichnung abschloss. Im Anschluss war sie bis zur Aussiedelung Theatermalerin und Bühnenbildnerin am deutschsprachigen Theater in Alma-Ata, welches 1980 gegründet worden war.[2][3] Von 1990 bis 1995 absolvierte sie ein weiteres Studium an der Hochschule für bildende Künste in Dresden, danach war sie bis 1998 Bühnenbildassistenz am Stadttheater Leipzig und am Hans Otto Theater Potsdam.

Erika Lust ist Mitglied des Künstlerbundes Dresden.

Mit dem Rechtsstreit über das Tempera-Pastell-Bild „Frau Orosz wirbt für das Welterbe“ wurde Erika Lust 2009 überregional bekannt. Das Gemälde ist ein Frauenakt und zeigte die damalige Dresdner Oberbürgermeisterin Helma Orosz. In der Szene posiert sie unbeholfen auf einem Weg vor einer Brückenauffahrt. Sie ist nackt in roten Strapsen. Ihren Hals schmückt die Amtskette. In den ausgebreiteten Armen hält sie ein pinkfarbenes Tuch.

Das Bild entstand im Frühsommer 2009 als Reaktion auf die im selben Jahr bevorstehende Aberkennung des Welterbetitels für das Dresdner Elbtal durch die UNESCO. Die im Hintergrund angedeutete Brücke ist die Waldschlößchenbrücke. Die Darstellungsform der Nacktheit bezeichnete die Künstlerin als Sinnbild für den Auftritt der Oberbürgermeisterin,[4] die vor dem Welterbekomitee während dessen entscheidender Sitzung im Juni 2009 in Sevilla keine überzeugenden Argumente vorgewiesen habe.[3]

Das Bild war zunächst im Internet in der Ausstellungsankündigung des Künstlerbundes Dresden im Rahmen eines Tags des offenen Ateliers öffentlich zu sehen. Nach einem Bericht der Bild-Zeitung[5] entfernte der Künstlerbund aus Sorge um öffentliche Fördergelder die Abbildung und erklärte: „Der Künstlerbund Dresden e.V. lehnt in dieser Situation jeglichen Beifall von Brückengegnern ab.“[6] Orosz sah in der Darstellung ihre Persönlichkeitsrechte verletzt und zog vor Gericht. Die parteilose Dresdner Stadträtin Ulrike Hinz (Fraktion Bündnis 90/Die Grünen) fühlte sich an die Zensur in der DDR erinnert und sagte: „...in diesem ungeheuerlichen Vorgang kehrt das alte System aus Zensur und Repression durch die Hintertür zurück.“[7]

In einem Eilverfahren entschied das Landgericht Dresden am 3. Dezember 2009, dass vor allem die Darstellung der Geschlechtsteile ein unzulässiger Eingriff in die Intimsphäre der Oberbürgermeisterin sei. Lust wurde unter Androhung eines Ordnungsgeldes in Höhe von 250.000 Euro untersagt, das Bild künftig im Original oder als Reproduktion öffentlich zu machen.[8] Nachdem die Künstlerin Berufung eingelegt hatte, wurde das Urteil am 16. April 2010 durch das Oberlandesgericht Dresden aufgehoben, Lusts Bild darf seither wieder uneingeschränkt gezeigt werden. Das Persönlichkeitsrecht der Klägerin habe hinter die Meinungs- und Kunstfreiheit der Beklagten zurückzutreten.[9][10]

Auch in weiteren Werken befasst sich Lust mehrfach mit der Thematik des Dresdner Brückenstreits.[11]

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. Der König ist ja nackt! – Malerei von Erika Lust in Bannewitz (Memento vom 5. September 2012 im Webarchiv archive.today), Mironde Verlag, 2006.
  2. Russland-Deutsches Theater Alma-Ata.
  3. a b Aktuelles zum „Skandalbild“ von Erika Lust, auf: erika-lust.de, abgerufen am 4. Dezember 2009.
  4. Rede der Oberbürgermeisterin vor dem Welterbekomitee. In: dresden.de. Landeshauptstadt Dresden, 25. Juni 2009, abgerufen am 16. August 2015 (Pressemitteilung).
  5. Jürgen Helfricht: Oberbürgermeisterin Orosz ganz nackt im Internet! Und das bei einem Verein, der sogar mit öffentlichen Geldern gefördert wird. In: BILD, 8. November 2009.
  6. Statement des Künstlerbundes Dresden e.V. (Memento vom 6. November 2009 im Internet Archive)
  7. Dresdner Stadträtin empört über Kunst-Zensur. In: Sächsische Zeitung. 8. November 2009, abgerufen am 8. Mai 2021.
  8. Sebastian Hammelehle: Prozess um Aktgemälde: Dresdner Bürgermeisterin darf nicht nackt gezeigt werden. In: Spiegel Online, 3. Dezember 2009.
  9. Bildnis nackter Oberbürgermeisterin von Meinungs- und Kunstfreiheit gedeckt (Memento vom 20. April 2010 im Internet Archive), Urteil Az.: 4 U 127/10 – Oberlandesgericht Dresden, 16. April 2010.
  10. Orosz verzichtet bei Nacktbild auf Verfassungsklage, auf Bild.de, 20. April 2010.
  11. Extra: Orosz trägt auf Gemälde Fledermaus-Kostüm. In: Leipziger Volkszeitung. 9. April 2010, archiviert vom Original am 8. Mai 2021; abgerufen am 8. Mai 2021.