Freiburger Schule (Kameratechnik)

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Die Freiburger Schule der Kameratechnik und Kinematographie bildete sich in den frühen 1920er Jahren in Freiburg im Breisgau. Ausgangspunkt war die 1920 von dem Ethnologen Odo Deodatus I. Tauern und dem Geologen Arnold Fanck dort gegründete Berg- und Sport-Film G.m.b.H., zu der neben dem Forscher Rolf Bauer auch bald der Arzt Bernhard Villinger als Mitgesellschafter stieß.[1][2][3][4]

Allen Beteiligten gemeinsam war die große Begeisterung für das Skilaufen, Skispringen und Bergsteigen, damals sehr ausgefallene Betätigungen, die mit teils selbstgefertigter, rudimentärer Ausrüstung ausgeführt wurden.[5] Dies erforderte einen nahezu grenzenlosen Enthusiasmus, Mut und Draufgängertum, ergo die Voraussetzungen für das, was heute als Extremsport bezeichnet wird.

Als damals einziger versierter Kameramann, der Skifahren konnte, stand der mit viel Vorerfahrung ausgestattete Sepp Allgeier im Mittelpunkt der kameratechnischen Entwicklung jener Jahre.[6] Die Freiburger Schule bildete in der Folge nicht nur weitere wagemutige Skifahrer zu Kameramännern aus, sondern entwickelte sowohl die Technik der Filmkameras als auch die Kinematographie innovativ weiter. Damit beeinflusste sie auch die Kameraindustrie, die man zur damaligen Zeit als Manufakturen bezeichnen muss. Kameramänner wie Richard Angst, Albert Benitz, Kurt Neubert, Walter Riml und Hans Schneeberger wurden in der Freiburger Schule ausgebildet.[7]

Der damals als bester deutscher Skiläufer geltende Ernst Baader junior und der als bester österreichischer Skiläufer geltende Hannes Schneider vom Arlberg wurden für Filmaufnahmen verpflichtet und bildeten die skitechnische Speerspitze der von hohen Ambitionen geprägten Kameramänner, die aus der Freiburger Schule hervorgingen.[8][9][10][11][12][5]

Freiburg im Breisgau wurde während der Zeit der Weimarer Republik zu einem Zentrum des deutschen Filmschaffens.

Ein Ergebnis der Freiburger Schule war die Entwicklung eines neuen Filmgenres: des Bergfilms.

„[…] a film genre which was exclusively German: the mountain films. Dr. Arnold Fanck, a native of Freiburg i. Br., discovered this genre and all but monopolized it throughout the republican era. He was originally a geologist infatuated with mountain climbing. In his zeal for spreading the gospel of proud peaks and perilous ascents, Fanck relied increasingly on actors and technicians who were, or became, outstanding alpinists and skiers.“

Siegfried Kracauer[13]

Einzelnachweise

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  1. Transkript der Veröffentlichung zur erfolgten Eintragung in das örtliche Handelsregister: „In das Handelsregister B, Band III, O.-B. 14 wurde eingetragen: Berg- und Sportfilm, Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit Sitz in Freiburg i. Br. Gegenstand des Unternehmens ist Herstellung und Verwertung von kinematographischen Aufnahmen sportlicher und wissenschaftlicher Art. Das Stammkapital beträgt 21 000 Mark. Geschäftsführer sind Dr. Odo Deodatus Tauern, Privat, Freiburg und Dr. Arnold Fanck, Geologe, Freiburg. Der Gesellschaftsvertrag dieser Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist am 20. Februar 1920 festgestellt. Jeder der beiden Gesellschafter ist berechtigt, allein die Gesellschaft zu vertreten. Freiburg, den 8. März 1920. 2580. Amtsgericht I.“
  2. Der Bergfilm - Anmerkungen und Einschätzungen zu einem umstrittenen Genre. In: Filminstitut Hannover, auf: geschichte-projekte-hannover.de
  3. Alexandra Ludewig: Screening Nostalgia – 100 Years of German Heimat Film, Transcript Verlag, Bielefeld 2014, ISBN 978-3-8394-1462-0, S. 81
  4. Berg- und Sport-Film GmbH (Freiburg/Br.), auf: filmportal.de
  5. a b Alexander Kluy: Visionen von Bergmassen und Schneehängen. In: Die Welt, 11. Januar 2010, auf: welt.de
  6. Heidi Ossenberg: Freiburg – Geburtsstadt des Bergfilms. In: Badische Zeitung vom 21. März 2009, auf: badische-zeitung.de
  7. Prof. Dr. Guido Knopp: Hitlers Frauen. C. Bertelsmann, München 2001, ISBN 3-570-00362-0, S. 159
  8. Frank Schwaibold: Wunder des Schneeschuhs wurde vor 100 Jahren gedreht. In: Stuttgarter Zeitung, 15. Januar 2019, auf: stuttgarter-zeitung.de
  9. Birgit-Cathrin Duval: Wie der Wächtenspringer vom Feldberg vor fast 100 Jahren das Freestyle-Skiing erfand (Memento vom 22. Juli 2020 im Internet Archive). In: Hochschwarzwald, 1. November 2014, auf: hochschwarzwald.de
  10. Ingeborg Majer O’Sickey: The Cult of the Cold and the Gendered Body in Mountain Films. In: Jaimey Fisher / Barbara Caroline Mennel (Hrsg.): Spatial Turns – Space, Place, and Mobility in German Literary and Visual Culture (= Amsterdamer Beiträge zur Neueren Germanistik, Bd. 75). Editions Rodopi, Amsterdam 2010, ISBN 978-90-420-3001-5, S. 363 f.
  11. Skipionier Hannes Schneider, auf: stuben-arlberg.at
  12. Renate Liessem-Breinlinger: Fanck, Arnold. In: Baden-Württembergische Biographien 2, Bd. 2. Kohlhammer, Stuttgart 1999, ISBN 978-3-17-014117-9, S. 121–123, auf: leo-bw.de
  13. Siegfried Kracauer: Von Caligari zu Hitler. Eine psychologische Geschichte des deutschen Films. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 1979, ISBN 3-5182-8079-1, S. 110