Shin’ichi Fujimura

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Shin’ichi Fujimura (jap. 藤村 新一, Fujimura Shin'ichi; * 4. Mai 1950 in Kami, Präfektur Miyagi) ist ein japanischer Amateurarchäologe, der für sich in Anspruch nahm, eine Vielzahl von Artefakten aus dem jungen und mittleren Paläolithikum entdeckt zu haben. Die Funde erwiesen sich im Jahr 2000 als Fälschungen mit weitreichenden Folgen für die archäologische Erforschung der japanischen Altsteinzeit.[1]

Fujimura arbeitete nach dem Abschluss der Oberschule in Sendai in einer Tochterfirma der Tōhoku Denryoku.[2] Er war seit seiner Kindheit, in der er Keramikscherben aus der Jōmon-Zeit gefunden hatte, fasziniert von der Archäologie. Ab 1972 begann er, sich intensiv mit Archäologie zu befassen, als Helfer an Ausgrabungen, etwa in Zazaragi, teilzunehmen und nach paläolithischen Artefakten zu suchen. Durch die Teilnahme an Ausgrabungen kam er mit Amateurarchäologen sowie hauptberuflichen Forschern in Kontakt und gründete 1975 den „Gesprächskreis für Steingerätekulturen“ (石器文化談話会, Sekki Bunka Danwakai).[3] Diese Gruppe entdeckte, stets in Anwesenheit Fujimuras, auf vielen Grabungsplätzen wie Nakamine-C, Babadan-A u. a. paläolithische Stein-Artefakte, die durch stratigraphische Untersuchungen auf ein Alter von 50.000 Jahren v. h. datiert wurden.

Fujimura begann eigene Abhandlungen zu schreiben und erlangte ironischerweise als „Hand Gottes“ (神の手, kami no te) an Reputation.[4][2] In der Folge nahm er an ca. 180 Ausgrabungen, vor allem in der Präfektur Miyagi, teil. Die Artefakte, die er entdeckte, wurden kontinuierlich „älter“. Die Massenmedien Japans berichteten zeitnah über die Funde und so wurde nicht nur die Datierung des japanischen Paläolithikums geändert, die altsteinzeitlichen Entdeckungen Fujimuras gelangten sogar in die aktuellen japanischen Geschichtsschulbücher.[1] Fujimura gab 1999 seine Anstellung auf und wurde stellvertretender Vorsitzender der 1992 gegründeten Non-Profit-Organisation „Tōhoku Forschungsstelle für paläolithische Steingerätekulturen“ (東北旧石器研究所, Tōhoku Kyūsekki Bunka Kenkyūjo).[3]

Im Jahr 2000 gab Fujimura mit der Forschungsgruppe einen weiteren Fund auf der Grabungsstätte in Kamitakamori bekannt, der auf 570.000 v. Chr. datierte. Wenige Tage später gelang es einem Fotografen der Mainichi Shimbun, Fujimura zu fotografieren, als er just an jener Ausgrabungsstätte ein Steinartefakt vergrub, das er dann als Entdeckung präsentierte. Das Beweisfoto erschien samt Artikel am 5. November 2000 in der Tagesausgabe und erschütterte durch die Entlarvung Fujimuras die paläolithische Forschung in Japan.

Fujimura gestand in einer Pressekonferenz 61 der gefundenen 65 Artefakte in Kamitakamori selbst platziert zu haben.[5] Die „Archäologische Gesellschaft Japan“ schloss ihn daher von der Mitgliedschaft aus.[5] Ein Sonderuntersuchungsausschuss wurde gebildet, der nahezu alle Funde Fujimuras als Fälschungen identifizierte.[6] Fujimura hatte zwar durchaus archäologische Artefakte entdeckt, diese meist jōmonzeitlichen Steingeräte jedoch in tiefere Erdschichten eingegraben, wodurch sich die vornehmlich stratigraphische Datierung als falsch erwies.

Viele der Fundstätten, die nach Fujimuras Entdeckungen zu nationalen historischen Stätten deklariert wurden, verloren infolge der Befundfälschungen ihren Status und die damit verbundene Förderung wieder. Da sich nach geltendem Recht die Befundfälschungen nur schwerlich als Straftat einstufen ließen, blieb Fujimura weitgehend unbehelligt. Lediglich 2003 klagte ein Archäologe aus der Präfektur Fukuoka wegen „Störung der Geschäftstätigkeit“(業務妨害罪, gyōmu hōgaizai) gegen Fujimura. Die Klage wurde jedoch aus Mangel an Beweisen abgewiesen. Fujimuras Ehe wurde in der Zwischenzeit geschieden, er heiratete erneut und nahm einen neuen Familiennamen an. Fujimura soll an einer psychischen Störung leiden. Nach einer kurzen Tätigkeit bei einer Behindertenorganisation lebt er heute als Rentner in Minamisōma.

  • Zeit der Morgenröte. Japans Archäologie und Geschichte bis zu den ersten Kaisern. In: Alfried Wieczorek, Werner Steinaus, Forschungsinstitut für Kulturgüter Nara (Hrsg.): Publikationen der Reiss-Engelhorn-Museen Band 10. 1. Katalogband. Peschke Druck, München 2004, ISBN 3-927774-17-0.

Einzelnachweise

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  1. a b Charles T. Keally: How Fabrication of Two Early Palaeolithic Sites Has Damaged All of Japanese Archaeology. 14. Dezember 2000 (englisch, ne.jp).
  2. a b 旧石器捏造. Miraikoro, 6. April 2003, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 11. September 2013; abgerufen am 20. April 2013 (japanisch).  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/miraikoro.3.pro.tok2.com
  3. a b Takashi Inada: Prolog: Das Paläolithikum. In: Zeit der Morgenröte. Japans Archäologie und Geschichte bis zu den ersten Kaisern. 2. Handbuch. Reiss-Engelhorn-Museen, München 2004, ISBN 3-927774-18-9, S. 31–36 (Im Artikel wird die Institution mit „Forschungsinstitut für Paläolithische Kulturen Nordost-Honshūs“ bezeichnet.).
  4. Kristin M. Romey: “God’s Hands” Did the Devil’s Work. In: Archaeological Institute of America (Hrsg.): Archaeology. Band 54, Nr. 1 (Januar, Februar), 2001 (englisch, archaeology.org).
  5. a b Simon Kaner: Before Farming 2002/2 (4) 1-19 Trouble in the Japanese Lower and Middle Palaeolithic. In: Sainsbury Institute for the Study of Japanese Arts and Culture (Hrsg.): Before Farming. Band 2, Nr. 4, 2002, S. 1 (englisch, waspress.co.uk [PDF]).
  6. 前・中期旧石器問題調査研究特別委員会報告. Japanese Archaeological Association, 22. Mai 2004, abgerufen am 21. April 2013 (japanisch).