Hertie-Stiftung

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Gemeinnützige Hertie-Stiftung
Rechtsform Stiftung des bürgerlichen Rechts
Bestehen Gründung 1974
Stifter Hans-Georg Karg,
Brigitte Gräfin von Norman (auf Initiative ihres 1972 verstorbenen Vaters Georg Karg, Inhaber der Hertie Waren- und Kaufhaus GmbH)
Sitz Frankfurt am Main
Zweck Wissenschaft in Forschung und Lehre, Erziehung, Volks- und Berufsbildung, Europäische Integration, mildtätige Zwecke
Vorsitz Annette Schavan
Geschäftsführung John-Philip Hammersen, Elisabeth Niejahr, Astrid Proksch, Rainer Maucher
Stiftungskapital Marktwert des Anlagevolumens rund 1 Milliarde Euro (per 31.12.2021)
Mitarbeiterzahl 50
Website www.ghst.de

Die Gemeinnützige Hertie-Stiftung ist eine deutsche Stiftung, die auf dem Lebenswerk des 1972 verstorbenen Stifters Georg Karg, Inhaber der Hertie Waren- und Kaufhaus GmbH, aufbaut.[1] Der Name Hertie beruht auf Namensteilen von Hermann Tietz, Kapitalgeber und Familienmitglied der jüdischen Unternehmerfamilie Tietz, die 1882 die Warenhäuser gründete. Die Hertie-Stiftung ist heute eine der größten weltanschaulich unabhängigen und unternehmerisch ungebundenen Stiftungen in Deutschland. Vorstandsvorsitzende ist Annette Schavan.

Tätigkeitsfelder

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Die Arbeit der Hertie-Stiftung konzentriert sich auf zwei Leitthemen: Gehirn erforschen und Demokratie stärken.

Gehirn erforschen

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Die Hertie-Stiftung stellt in ihrem Arbeitsgebiet „Gehirn erforschen“ die Funktionsweise des Gehirns und die Bekämpfung seiner Erkrankungen in den Mittelpunkt. Schwerpunkte bilden die Förderung klinischer Hirnforschung und Projekte im Bereich der Grundlagenforschung sowie die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses. Beispielhafte Förderungen und Projekte sind das Hertie-Institut für klinische Hirnforschung[2] und das Hertie Institute for AI in Brain Health,[3] das Hertie Network of Excellence in Clinical Neuroscience[4] sowie der Eric Kandel Young Neuroscientists Prize[5].

Demokratie stärken

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Debattieren, im Kommunalparlament entscheiden, Projekte professionell managen: Die Initiativen der Hertie Stiftung vermitteln Kenntnisse und Kompetenzen, die in der Demokratie wichtig sind. Zu den Programmen gehören die Hertie School, das START-Programm, Jugend debattiert, MITWIRKEN und Jugend entscheidet.

Stiftungsvermögen

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Der Marktwert des Anlagevolumens beträgt rund 1,2 Milliarden Euro (per 31. Dezember 2021). Mit einem jährlichen Fördervolumen zwischen 20 und 25 Mio. Euro gehört die Hertie-Stiftung zu den größten privaten Stiftungen Deutschlands. Seit 1998 besteht keinerlei Unternehmensbindung mehr.[6][7]

Kuratoriumsvorsitz

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Vorsitzender des Kuratoriums ist André Schmitz, Ehrenvorsitzender[8] der Schwarzkopf-Stiftung, stellvertretender Vorsitzender ist Andreas Barner, Mitglied des Gesellschaftsausschusses der C.H. Boehringer Sohn AG & Co. KG. Zum Ehrenvorsitzenden wurde Michael Endres ernannt.[9][7]

Der Vorstand leitet und überwacht die Arbeit der Stiftung. Vorsitzende ist Annette Schavan, Bundesministerin a. D., stellvertretender Vorsitzender ist Frank Mattern, selbstständiger Unternehmensberater und Aufsichtsrat. Weitere Vorstandsmitglieder sind Sabine Gräfin von Norman, Sascha Spoun, Präsident der Leuphana Universität Lüneburg, und Karl von Rohr, Vorsitzender des Aufsichtsrats der DWS Group GmbH & Co KGaA.[10]

Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten wurde die Warenhauskette der jüdischen Unternehmerfamilie Tietz arisiert und die geschäftsführende Eigentümerfamilie aus dem Unternehmen gedrängt. Der damals neu eingesetzte Geschäftsführer und spätere Inhaber Georg Karg führte daraufhin das in „Hertie“ umbenannte Unternehmen bis in die 1970er Jahre, baute die Warenhauskette aus und überführte das Unternehmen in die gemeinnützige Hertie-Stiftung.[11][12]

Die Aufarbeitungsstrategie zur NS-Vergangenheit der Hertie-Stiftung geriet im Jahr 2020 öffentlich in die Kritik.[11][13] Rund 150 aktuelle und ehemalige Studierende der Hertie School in Berlin fordern als Initiative Her.Tietz eine „offene und verantwortungsvolle Aufarbeitung“ der Stiftungsgeschichte.[14][15] Im November 2020 gab die Stiftung bekannt, dass sie für die wissenschaftliche Aufarbeitung der Vorgeschichte des Vermögens die Gesellschaft für Unternehmensgeschichte beauftragt hat.[16][17][18]

In Zusammenarbeit mit der Gesellschaft für Unternehmensgeschichte veröffentlichten die Wirtschaftshistoriker Johannes Bähr und Ingo Köhler im Dezember 2023 ihre wissenschaftliche Studie zur Geschichte des Warenhauskonzerns Hertie im Nationalsozialismus unter dem Titel Verfolgt, „arisiert“, wiedergutgemacht? Wie aus dem Warenhauskonzern Hermann Tietz Hertie wurde. In ihrer unabhängigen Forschungsarbeit gehen die Autoren den über mehrere Jahrzehnte ungeklärten Fragen zur „Arisierung“ des Hermann Tietz-Konzerns erstmals auf Grundlage umfangreicher Recherchen und unter Auswertung bislang ungenutzten Quellenmaterials, darunter das Archiv der Familie Tietz im Leo Baeck Institute New York und die Dokumentensammlung der Karg‘schen Familienstiftung, nach.[19][20] Die Studie untersucht die antisemitische Hetze gegen die Inhaber des Hermann Tietz-Konzerns, die „Arisierung“ ihres Firmenvermögens sowie das Schicksal der Familie Tietz nach der Verdrängung aus dem Unternehmen. Darüber hinaus bezieht die Studie insbesondere auch den Werdegang des Hertie-Konzerns und die Restitutionsverfahren in der Nachkriegszeit bis in die 1970er Jahre mit ein.[21] Laut Bähr und Köhler zeigte sich das größte Manko des Hertie-Konzerns im Umgang mit den jüdischen Opfern bis in die jüngste Vergangenheit darin, dass – unabhängig aller rechtlichen und finanziellen Vereinbarungen – eine moralische Verantwortung für die Verstrickungen mit dem NS-Regime versäumt wurde.[22]

Die Ergebnisse ihrer Forschungsarbeit stellten die Autoren am 5. Dezember 2023 im Jüdischen Museum Frankfurt der Öffentlichkeit vor. An der Buchvorstellung nahmen u. a. auch die Juristin Orna von Fürstenberg als Vertreterin der Jüdischen Gemeinde sowie Nachkommen der Familie Tietz teil.[23][24]

Commons: Hertie-Stiftung – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise

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  1. Jahresbericht 2019, auf ghst.de
  2. Hertie-Institut für klinische Hirnforschung wird dauerhaft gefördert. aerzteblatt.de, 17. Mai 2022, abgerufen am 5. Juni 2023.
  3. Hertie-Stiftung investiert rund 30 Mio. Euro in Demokratiestärkung und Hirnforschung. pressemitteilungen.sueddeutsche.de, 25. Mai 2023, abgerufen am 5. Juni 2023.
  4. Hertie-Stiftung: 6,5 Mio. Euro für exzellentes neurowissenschaftliches Netzwerk und Nachwuchsförderung. idw-online.de, 31. Januar 2023, abgerufen am 5. Juni 2023.
  5. Verleihungen. aerzteblatt.de, abgerufen am 5. Juni 2023.
  6. Wir über uns: Gemeinnützige Hertie-Stiftung. Abgerufen am 2. Juni 2022.
  7. a b Jahresbericht 2021. Abgerufen am 2. Juni 2022.
  8. Kuratorium und Vorstand: die Organisation der Hertie Stiftung im Überblick. Hertie-Stiftung, abgerufen am 14. Juni 2024.
  9. Mitglieder des Kuratoriums. Abgerufen am 3. Januar 2024.
  10. Abt. Kommunikation Hertie-Stiftung: Wechsel in der Führung der Hertie-Stiftung. In: www.ghst.de. Gemeinnützige Hertie-Stiftung, 23. Februar 2024, abgerufen am 23. Februar 2024 (deutsch).
  11. a b Thorsten Schmitz: Hertie und die Hitler-Diktatur – War da was? In: Sueddeutsche.de. 16. Oktober 2020, abgerufen am 4. Dezember 2020.
  12. Darius Ossami: Erinnerungskultur in Berlin: Hertie erinnert sich zu spät. In: Die Tageszeitung. 12. November 2020, abgerufen am 17. November 2020.
  13. Christoph David Piorkowski: Im Namen von Hermann Tietz: „Arisierungs“-Geschichte holt Hertie-School ein. In: Tagesspiegel.de. 13. November 2020, abgerufen am 4. Dezember 2020.
  14. Her.Tietz – Our Motivation, Goal, and Approach. In: hertietz.de. Abgerufen am 17. November 2020 (englisch).
  15. Hubert Spiegel: Hertie-Stiftung in der Kritik: Ein historisches Markenzeichen. In: FAZ.net. 26. November 2020, abgerufen am 4. Dezember 2020.
  16. Christoph David Pirokowski: Hertie-Stiftung stellt sich „Arisierungs“-Geschichte. In: Tagesspiegel.de. 30. November 2020, abgerufen am 4. Dezember 2020.
  17. Hubert Spiegel: Auf in die Archive! In: FAZ.net. 30. November 2020, abgerufen am 4. Dezember 2020.
  18. Nils Klawitter: Hertie-Stiftungsvorstand zum Nazi-Erbe: „Mir hätte das Thema Arisierung präsenter sein müssen“. In: Spiegel.de. Abgerufen am 17. Dezember 2020.
  19. Vgl. Johannes Bähr, Ingo Köhler: Verfolgt, „arisiert“, wiedergutgemacht? Wie aus dem Warenhauskonzern Hermann Tietz Hertie wurde. München 2023, ISBN 978-3-8275-0180-6, S. 337.
  20. Karen Allihn: Erpresst und ausgeplündert. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ.de). 7. Dezember 2023, abgerufen am 12. Februar 2024.
  21. Vgl. Gemeinnützige Hertie-Stiftung: Pressemeldung zur Studie zur Geschichte des Warenhauskonzerns Hertie im Nationalsozialismus. In: Website der Gemeinnützigen Hertie-Stiftung. 5. Dezember 2023, abgerufen am 12. Februar 2024.
  22. Vgl. Johannes Bähr, Ingo Köhler: Verfolgt, „arisiert“, wiedergutgemacht? Wie aus dem Warenhauskonzern Hermann Tietz Hertie wurde. Zusammenfassung der Studie der Gesellschaft für Unternehmensgeschichte. In: Website der Gemeinnützigen Hertie-Stiftung. S. 20f., abgerufen am 12. Februar 2024.
  23. Vgl. Gemeinnützige Hertie-Stiftung: Studie der Gesellschaft für Unternehmensgeschichte. In: Website der Gemeinnützigen Hertie-Stiftung. Abgerufen am 12. Februar 2024.
  24. Karen Allihn: Erpresst und ausgeplündert. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ.de). 7. Dezember 2023, abgerufen am 12. Februar 2024.