Geisterstadt

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Häuser in Kolmannskuppe, Namibia
Geisterdorf Rerik-West, Halbinsel Wustrow, Mecklenburg: Sperrzone wegen Munitionsrückständen
Geisterstadt Bodie, Kalifornien

Unter einer Geisterstadt (lehnübersetzt aus dem englischen ghost town) wird eine aufgegebene, unbewohnte Siedlung verstanden. Für kleinere Orte wird auch die Bezeichnung Geisterdorf verwendet oder allgemein Geistersiedlung. Typische Geistersiedlungen entstehen durch Devastierung und bestehen aus langsam verfallenden Gebäuden.

Historisch vor langer Zeit aufgegebene, heute vollkommen zerstörte oder nur noch in Fundamenten nachweisbare Siedlungen oder Wirtschaftsflächen bezeichnet man als Wüstung. Beispiele sind die Toten Städte in Syrien.

Es gibt auch moderne Geistersiedlungen und -städte, die für eine geplante spätere Besiedelung instand gehalten werden. Solche entstanden z. B. im Zuge des Immobilienbooms in Spanien und in größerem Umfang in China.

Aufgegebene Bergbau- und Arbeitersiedlungen

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Geisterstädte sind häufig Bergbauorte, die wegen der in der Nähe liegenden Rohstoffvorkommen gegründet wurden. Aufgrund ihrer Monostruktur wurden sie von ihren Bewohnern häufig rasch wieder verlassen, nachdem die Vorkommen – etwa an Gold oder Diamanten – erschöpft waren und der Boom vorbei war. Beispiele sind die alten, heute verlassenen Diamantenstädte Kolmanskuppe und Elisabethbucht in Namibia oder viele Ghost Towns in der kalifornischen Sierra Nevada und in den goldführenden Bergbaugebieten Nevadas im Westen der Vereinigten Staaten. Pyramiden ist eine verlassene ehemalige Bergarbeiterstadt auf Spitzbergen, Fordlândia eine gescheiterte Kautschukplantage.

Ein anderer Grund für das Entstehen von Geisterstädten sind Bahnbauarbeitersiedlungen in ländlichen Gegenden der USA, die nach Fertigstellung der Bahnlinie obsolet wurden. Ein bekanntes Beispiel ist Cisco (Utah).

Eureka, Colorado; ehemalige Bergbaustadt

Halb-Geisterstädte

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Daneben gibt es „Halb-Geisterstädte“, die noch von wenigen Menschen bewohnt werden, die Jahrzehnte nach der Zeit des Goldrauschs weiterhin nach Edelmetall schürfen. Die Bewohner verdienen gelegentlich etwas Geld mit Touristen, treten bei Spielfilmen als Statisten auf, oder sie bieten Schürf- und Gelegenheitsfunde wie rohe Schmucksteine, wettergebleichte Tierschädel oder seltsam geformte Wurzeln zum Verkauf an.

Solche Halb-Geisterstädte konservieren oft wie ein Freilichtmuseum die Vergangenheit. Manchmal sind ihre Bewohner die einzigen Zeugen der bewegten Geschichte des Ortes und seiner ehemaligen Einwohner. Einige kümmern sich sorgsam um die Bewahrung des Originalzustandes der Siedlung, obwohl sie selbst diese Zeit nicht mehr erlebt haben. Solche Geisterstädte sind beispielsweise Bodie, Coloma (Gold) und Calico (Silber) in Kalifornien, Rhyolite in Nevada (Gold), Silverton und Cracow in Australien und Sewell in Chile (Kupfer).

Devastierung nach Katastrophen

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Das alte Craco, Basilikata

Sonderfälle sind Städte, die aufgrund von Katastrophen evakuiert werden mussten.

Politisch-militärische Konfliktzonen

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Verlassene Hotels in Varosha

Ein Beispiel für eine aus politischen Gründen entstandene Geisterstadt war Phnom Penh, die heutige Hauptstadt Kambodschas. Unter der Herrschaft der kommunistischen Roten Khmer wurde 1975 fast die gesamte Stadtbevölkerung aufs Land deportiert, von ursprünglich zwei Millionen Einwohnern lebten nur noch etwa 20.000 Menschen in der Stadt. Städte galten in der Ideologie der Roten Khmer als konterrevolutionär und mussten aufgelöst werden. Nach der Vertreibung der Roten Khmer durch vietnamesische Invasionstruppen im Januar 1979 erholte sich die Stadt langsam wieder.

  • Varosha auf der Insel Zypern ist ein Beispiel für die Entstehung einer Geisterstadt als Folge eines militärischen Konflikts, in diesem Fall der türkischen Invasion im Jahre 1974.
  • Ağdam ist eine wegen des Bergkarabachkonflikts verlassene Stadt, die anhaltend geplündert wird (Metall, Backsteine, Infrastruktur-Anlagen).[2]
  • Ciudad Mier war eine mexikanische Geisterstadt. Als die Drogenbande Los Zetas drohte, alle Einwohner zu ermorden, flohen die mehr als 4000 Bewohner. Inzwischen sind wieder Bewohner zurückgekehrt.

Moderne Geisterstädte

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In Irland, Spanien und den USA gab es einige Jahre lang einen Bau- und Immobilienboom (siehe auch Immobilienblase, Subprime-Krise), der durch die Finanzkrise ab 2007 endete und unbewohnte (teils nicht zu Ende gebaute) Straßen oder Stadtviertel hinterließ.[3] Seit 2010 zeichnet sich Irland durch überdurchschnittliche Wachstumsraten aus.

Geisterstädte im übertragenen Sinne

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Denkmalgeschützter Kirchturm im Reschensee

Keine Geisterstädte im eigentlichen Sinne sind untergegangene Siedlungen, die einem Stausee oder Tagebau weichen mussten und häufig an anderer Stelle neu aufgebaut wurden (Umsiedlung). Beispiele sind etwa Schulenberg im Oberharz oder Tignes in Frankreich. Entgegen populärer Klischees wurden in der Regel sämtliche Gebäude vor der Flutung abgerissen, so dass lediglich Grundmauern, Reste von Straßen und Brückenpfeiler übrig blieben. Eine Ausnahme ist der Kirchturm von Alt-Graun in Südtirol, der aus Denkmalschutzgründen erhalten wurde und noch heute aus dem Reschensee ragt.

Ebenfalls keine Geisterstädte sind Phantominseln wie die Île de Sable (‚Insel aus Sand‘, auch Sandy Island oder Sable Island, auf deutschen Karten auch kurz Sable) – eine vermeintlich im Korallenmeer zwischen Australien und Neukaledonien gelegene fiktive Insel mit einer vermeintlichen Größe von fast 120 Quadratkilometern.

Verödete Quartiere

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Der Entstehung geisterstadtähnlicher Wohngebiete in Städten durch innerstädtische Veränderungen soll das Quartiersmanagement entgegenwirken.

Beispiele in Europa

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Wollseifen im Januar 2006
  • Oradour-sur-Glane – der ursprüngliche Ort wurde nach dem Massaker zu einer Gedenkstätte.
  • Courbefy – Bussière-Galant-Kommune im Département Haute-Vienne, seit 2008 verlassen.
  • Valdeluz, Provinz Guadalajara – der Bau wurde wegen der Finanzkrise gestoppt, die Stadt hat nur etwa zehn Prozent der Einwohner, für die sie ursprünglich geplant worden war.
  • Belchite, Provinz Saragossa – die 1937 im Spanischen Bürgerkrieg zerstörte Stadt wurde an der bisherigen Stelle nicht mehr aufgebaut, sondern in der Nachbarschaft als Belchite nuevo wiedererrichtet.

Beispiele weltweit

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Geisterstadt Bodie in Kalifornien

Vereinigte Staaten

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Die chinesische Stadt New Ordos oder Kangbashi wurde für etwa 300.000 Menschen geplant, aber 2011 unterschiedlichen Angaben zufolge nur von etwa 5.000 bis 30.000 Menschen bewohnt und wird deshalb auch als Geisterstadt bezeichnet.[7][8][9] Zu dieser Entwicklung kam es, als um exportintensive Großunternehmen herum Schlafstädte aus dem Boden gestampft wurden, die erst nachträglich bevölkert werden sollten, was nicht funktionierte. Im Hinterland kam es durch den Wegzug in die Industriezentren an der Küste ebenfalls zu massiven Immobilienleerständen und Geisterstädten.[10][11]

  • Newcastle Waters, Ort im Northern Territory, der nur noch als Güterbahnhof dient.
  • Silverton, Ort in New South Wales, der durch Entdeckung viel größerer Silbervorkommen im nahen Broken Hill bald wieder aufgegeben wurde.
  • Cracow, Ort in Queensland, der infolge des letzten australischen Goldrausches entstand und einen Boom auf über 3000 Einwohner erlebte, mit Erschöpfung der Vorkommen jedoch wieder stark schrumpfte.
  • Wittenoom, eine wegen Asbestverseuchung aufgegebene Stadt.
Commons: Geisterstädte – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Geisterstadt – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

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  1. Most Popular Titles With Location Matching „Craco, Matera, Basilicata, Italy“. imdb.com, abgerufen am 14. November 2013 (englisch).
  2. André Widmer: Agdam. Die Geisterstand im Niemandsland. 20minuten.ch, 10. August 2010, abgerufen am 14. November 2013.
  3. John F. Jungclaussen: Nirgendwo sonst in der EU ballen sich Unternehmens-, Immobilien- und Finanzprobleme so massiv. zeit.de, 29. Juli 2009, abgerufen am 14. November 2013.
  4. LVZ-Online: Abriss in Kursdorf geht weiter – 27 Häuser fallen. Archiviert vom Original; abgerufen am 27. September 2017.
  5. Karla Nieraad, Laurie Schwartz: The Road to Ulm. Nachrichten aus der Geisterstadt. In: edition stadthaus. Band 25. Ulm 2024, ISBN 978-3-934727-53-3.
  6. Die verlassenen Orte um Fukushima.
  7. The ghost towns of China. Amazing satellite images show cities meant to be home to millions lying deserted. Daily Mail, 18. Dezember 2010, abgerufen am 14. November 2013 (englisch, Satellitenfotos).
  8. Michael Christopher Brown: Ordos, China. A new ghost town. Time (Magazin), abgerufen am 14. November 2013 (Fotostrecke).
  9. Chinas gigantische Geisterstadt. spiegel.de, 17. März 2012, abgerufen am 14. November 2013.
  10. German Trade & Invest, 21. Oktober 2014 (Memento des Originals vom 22. Dezember 2015 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.gtai.de
  11. Finanzen100: Manhattan-Plan in China setzt auf Zeit und spielt Schulden herunter. 25. Juni 2015, abgerufen am 20. April 2020.